Depressive dürfen alles!

jep

Depressive dürfen alles!

Beitrag von jep »

Liebe Angehörige,
ich habe als Betroffene gerne auch mal in den Angehörigenteil hineingeschaut.

Teils, weil mich aus Eigeninteresse interessiert, wie Angehörige diese Erkrankung aus ihrer Warte sehen, teils weil ich denke, das Betroffene Angehörigen was zu sagen haben und umgekehrt, und dies aus dem Abstand eines Forums heraus eventuell klarer zu sehen ist.

Jetzt wiederholen sich hier manche Geschichten im Aufbau auf eine Weise, die ich für jeden Depressiven schlicht als diskriminierend empfinde. Grob zusammengefasst und etwas überspitzt lauten sie so:

"Mein depressiver Partner/Partnerin behandelt mich wie den letzten Dreck.

Er/Sie hilft mir nix.

Er/Sie beleidigt und/oder betrügt mich.

Er/Sie behandelt unser/mein Kind schlecht.

Er/Sie gibt mir die Schuld an seinem Verhalten/ unserer schlechten

Beziehung /seiner/Ihrer Krankheit/ an allem was schief läuft.

Er/Sie will/hat mich verlassen.

Ich liebe Ihn/Sie trotzdem.

Ich will Ihm/Ihr helfen.

Er/Sie lässt sich nicht helfen.

Ich will die Trennung nicht akzeptieren- was muß ich tun, um Ihn/ Sie zurückzubekommen?"

Ich als Betroffene fühle mich durch solche Berichte aufs höchste beleidigt.

Hier wird jedes Scheißverhalten mit Depression erklärt, und noch nicht mal eindeutige Aussagen wie "Lass mich in Ruhe", "Ich möchte nicht mehr mit dir Zusammensein" usw. werden ernstgenommen, sonder als "krankheitsbedingt" eingestuft und der Betroffene damit ein weiteres mal abgewertet- als jemand, der so krank ist das man ihm helfen muß und seine Aussagen einfach vom Tisch fegen kann.

Und als jemand, der ohne seine bessere Hälfte zum Untergang verurteilt ist, auf den man aufpassen und den man beschützen muß wie ein kleines Kind.

Da frage ich mich, wer hier mehr krank ist- es gibt ja auch Diagnosen wie "Abhängige Persönlichkeitsstörung" und "Helfersyndrom".

So langsam glaube ich echt an den Satz(ich weiß nicht von wem):

"Diagnose ist nichts als üble Nachrede".

Ich erwarte jetzt viel empörte Aufschreie- vielleicht gibst ja trotzdem einen Denkanstoß.

Übrigends, ich habe Depressionen- aber ich habe weder eine Eingeschränkte Urteilsfähigkeit noch Probleme, zu wissen was ich will!

Viele Grüße
annette fee
Sockenmonster
Beiträge: 66
Registriert: 5. Sep 2011, 13:14

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Sockenmonster »

Liebe Anette,

ich weiß nicht ob ich nun schreiben "darf" dass ich hier ziemlich schmunzeln musste, beim Lesen deines Beitrages, aber so ist es.

Du hast recht dass sich viele Geschichten wiederholen und ganz ehrlich, ich kann manchmal bei mir selbst auch nicht sagen was Charakter und was manchmal Krankheitsbedingt wäre, ich bin ja beides, betroffen und angehörig.

Depressive dürfen meiner Meinung nach nicht alles, aber es ist auch nicht in allen Bereichen einfach mit ihnen umzugehen.

Ich gehe einfach mal von meinem Fall aus:

Mein Mann unterstützt mich kaum, das schiebe ich nicht auf seine Krankheit, das hat er auch in guten Phasen nicht gemacht. Manchmal kann er es wirklich nicht, wenn er nicht aus dem Bett kommt, dafür habe ich tatsächlich kein Verständnis, denn ich musste auch aufstehen als ich ganz unten war.
Aber ok, ich bin auch ein Angehöriger der mitunter auch mal Druck macht.

Manchmal bin ich als Angehöriger durch den Wind, es gibt Phasen da ist es nicht so leicht den Menschen anzunehmen so wie er gerade ist und ich suche entschuldigungen für dieses oder jenes Verhalten um mich selbst besser und stärker zu fühlen.

Als Betroffene erwarte ich aber auch, dass akzeptiert wird wenn ich sage - ich kann etwas nicht, denn ich bin ja nicht matschig in der Birne. Und in einer Zeit in der ich gefühlsmäßig am Hungertuch nagte habe ich auch meinem Mann gesagt, dass ich gerade einfach nur meine Ruhe möchte und mir Beziehungsleben zu viel ist, ohne Empfindungen jeglicher Art funktioniert das eben nicht. Ich fand es aber auch wichtig zu erklären warum. Das war schwer, aber besser als ständig immer wieder sich wiederholen zu müssen.

Vielleicht liegt da manchmal auch das Problem, das warum wird nicht erklärt. Es heißt nur, ich brauche Abstand. Es macht es wahrscheinlich für alle beteiligten einfacher eine Sache zu akzeptieren, wenn man auch den Grund kennt.

Menschen verändern sich im laufe der Zeit, ich bin heute nicht mehr die, die ich noch zum Kennenlernen war, manchmal ist es nicht einfach Veränderungen zu akzeptieren. Diagnosen helfen sozusagen als Erklärung des Unerklärlichen.

Ich selbst halte nichts von Diagnosen, ich habe ein paar Diagnosen, bis auf die rezidivierende Depression sind die immer Unterschiedlich. Es bringt nichts jemanden oder sich selbst darüber zu definieren.

Ich fände es auch manchmal schöner zu lesen, wenn nicht alles mit einer Diagnose entschuldigt wird oder was ich wichtiger finde, wenn auch mal gesagt wird, dass man nicht alles akzeptieren und hinnehmen muss nur weil der Mensch krank ist. Denn krank oder nicht, deswegen habe ich doch trotzdem das Recht meine Meinung zu äußern und eben auch mal auszudrücken wenn ich was grade scheiße finde. Mir fällt es schwer mich in dieser Rücksichtnahme zu üben, ich habe sie auch nicht bekommen während meiner Tiefphasen und fand das auch gut. Denn wie soll ich etwas überdenken oder vielleicht einen anderen Blick darauf werfen, wenn es mir vorenthalten wird.

Hmm, ok, viel Text, es ist früh und ich weiß gar nicht, ich glaube ich bin am Thema vorbei, aber hier wenigstens kein empörter Aufschrei.

Liebe Grüße
von einer müden Socke




- - Wer im Glashaus sitzt, soll ruhig mit Steinen werfen, Scherben bringen Glück. - -
Kontiki
Beiträge: 120
Registriert: 11. Jan 2013, 21:28

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Kontiki »

Hallo Annette, ich fand Deinen Beitrag auch sehr interessant, vor allem ist es schön, mal aus Sicht eines Betroffenen etwas zu erfahren. Aber ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, warum Du Dich beleidigt fühlst, dafür gibt es meiner Meinung nach überhaupt keinen Grund.

Das, was Du beschrieben hast, was den Angehörigen durch den Kopf geht, was sie hier schreiben etc, zeigt doch nur die totale Unsicherheit der Angehörigen. Und es ist nun mal so, daß Depressionen keine Krankheit sind, die man von außen total offensichtlich wahrnimmt wie eine Erkältung, wo man weiß: Die und die Behandlung, dann ist der Kranke wieder gesund. Es ist eine Krankheit, die soviele Erscheinungsformen haben kann, daß man ja noch nicht einmal immer 100 % sagen kann, derjenige ist 100 % depressiv, oft spielen auch noch andere psychische Leiden eine Rolle. Warum ist da die Unsicherheit der Angehörigen so schwer zu verstehen, daß sie oft nicht wissen, wie sie etwas aufnehmen / verstehen sollen. Erst recht, wie Socke sagt, ohne weitere Erklärungen des Warums. Das hab ich am eigenen Leib erfahren. Es gab bei mir auch keine richtige Erklärung. Ich hab es inzwischen dennoch akzeptiert, weil mir nichts anderes übrig bleibt und ich meinem Ex, egal ob depressiv oder nicht oder noch irgendwas anderes, nicht nachlaufen kann und will. Wie Sadie oft genug sagt: Depressive sind krank, aber nicht doof oder gehirnamputiert, daher kann man nicht alles mit der Krankheit entschuldigen..
Insofern ist es doch klar, daß Angehörige sich oft fragen, hat dieses oder jenes Verhalten etwas mit der Krankheit zu tun oder ist es ein Verhalten, das dieser Mensch vielleicht auch ohne Erkrankung gezeigt hätte?
Und warum Dich das alles beleidigen sollte, kapier ich beim besten Willen nicht, vielleicht solltest Du noch ein paar mehr Geschichten hier lesen, denn viele sind vor den Kopf gestoßen worden, akzeptieren es aber dennoch und versuchen nur noch, irgendwie zu verstehen und damit klar zu kommen, das kannst Du sicher niemandem verdenken. Wenn man dann für sich selbst Erklärungen sucht und meint zu finden, auch wenn sie aus Deiner bzw. Betroffenen-Sicht völlig falsch sind, dann muß Dich das nicht beleidigen, sondern sollte eher dazu führen, aus Deiner Sicht mögliche Erklärungen zu bieten oder zu erläutern, daß das sicher nichts mit der Krankheit zu tun hat. Deshalb sind wir doch in diesem Forum, um irgendwie damit umzugehen und auch, um diese Krankheit verstehen zu lernen..
Oder seh ich das falsch?

Beleidigen wollte Dich/Euch sicher niemand, das liegt hier allen Angehörigen sehr fern!

Kat.
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von chrigu »

Hi Annette,

jo, genau das denke ich auch oft! Bislang habe ich mich zwar noch nicht beleidigt gefühlt dadurch, aber dachte auch fast immer: die arme Depression, für welchen Mist die immer so als Erklärung herhalten muss...

Aber der Prozess dahinter ist glaube ich gar nicht so schlecht: erstmal sucht man nach einer Ursache für ein Verhalten, das man nicht verstehen kann und will. Da kommt eine Krankheit, die in ihren Symptomen und Ausprägungen unglaublich heterogen ist, als Erklärung ganz gelegen. Blöd ist, an diesem Punkt zu verharren und einen Haken an die Sache zu machen. Gut ist, hier zu posten und dann zu erfahren, dass Lug, Betrug und Arschlochgehabe nichts mit Depressionen zu tun haben, so sehr man sich das vielleicht auch wünscht. Und dann kommt der schmerzhafte Teil, sich nämlich damit auseinanderzusetzen, dass ein Partner zwar depressiv ist, darüber hinaus aber tatsächlich die Regeln des menschlichen Miteinanders derart verletzt, dass man Konsequenzen ziehen muss, wenn man sich selbst etwas wert ist.

Diese letzte Konsequenz ist superschwer, weil sie so vielschichtig ist, weil es dabei um Selbstwert geht, darum dass man sich vielleicht jahrelang hat täuschen lassen und und und. Deshalb kann ich gut nachvollziehen, dass einige an dieser Stelle geneigt sind zu sagen, dass das alles nicht sein kann, dass das alles doch nur einer Krankheit geschuldet sein kann.

Ist es aber nicht. Und an dieser Stelle sollte man sagen: Wenn Depressive alles dürfen, dann Angehörige auch! Zum Beispiel sagen, dass sie nicht mehr können. Oder den (oft gar nicht wirklich depressiven, sondern irgendwie anders "kranken") Partner achtkantig rauswerfen.

Viele Grüße
Chrigu
Phosphor
Beiträge: 194
Registriert: 5. Dez 2010, 14:19

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Phosphor »

Liebe Annette,

ein wichtiger Punkt Deines Eingansposts ist offenbar die Kritik an der Einteilung:

hier der Depressive (krank) ./. dort der Angehörige/Partner (gesund.

Darüber muss geredet werden, und zwar ohne Schuldzuweisungen.

Ich war gleichzeitig beides: erkrankt und führte eine Partnerschaft mit einem ebenfalls Erkrankten. Und da bin ich wohl nicht der Einzige.

Möglicherweise gibt es bestimmte "nicht-so-gesunde" Charakterzüge, die einander jeweils anziehen...
SadSadie
Beiträge: 114
Registriert: 17. Jan 2013, 04:55

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von SadSadie »

Hallo,

was ich nur noch anmerken möchte, hat mit meinen Erfahrungen zu tun, ist, dass es trotz der vielen ähnlichen Geschichten doch auch Unterschiede gibt.

Ich kenne nicht nur eine an Depressionen erkrankte Person. Und was mir ganz stark auffiel/auffällt ist der Unterschied zwischen Mann und Frau. Es mag nicht generell so sein (gibt ja immer Ausnahmen), aber Frauen akzeptieren eher die Krankheit, suchen und nehmen therapeutische Hilfe eher an, wenden die erlernten Lösungen auch zu Hause an - und rasten weniger aus. Männer hingegen haben Probleme, diese "Schwäche" für sich anzunehmen und zuzugeben bzw. Therapieansätze dann auch einzuhalten/anzunehmen.
Männer sind von Geburt aus bequem und oft sogar faul. Sie lassen sich gern von ihren Partnerinnen verwöhnen (vorher war Mutti zuständig). Und vieles wird ihnen in einer Beziehung abgenommen bzw. sie sind nur für die "Männersachen" da. Und wenn dann diese schlimme Krankheit dazu kommt...

Und ganz speziell hatte ich den Fall, dass die Meinung von heute auf morgen gewechselt hat. Eben je nach Stimmung. Einmal war ich die Frau, auf die er nicht mehr verzichten könnte, die ihm ja ach so gut tat... Und am nächsten Tag wollte er nur seine Ruhe haben und alle Frauen sind dreist und schlecht. Und er will so gar keine Beziehung mehr. Einen Tag später war alles wieder ganz anders, dann war ich wieder die Beste - und er so froh, mich gefunden zu haben.

Ein anderer Fakt: Nicht ich habe in all sein Verhalten die Depression gedeutet - ich war immer im Zweifel, wenn er so wankelmütig war. Aber: ER war es, der in ALLEM der Depression die Schuld gab. Wenn er "ausgerastet" ist, wenn es ihm schlecht ging, er Schmerzen hatte, er mir nicht antworten konnte auf ganz normale Fragen etc.
Er war es, der immer alles mit der Krankheit entschuldigte.
Und ich war doch stark im Zweifel.
Ja, Zweifel... deswegen suchte ich hier nach Antworten oder Erfahrungen, die andere gemacht haben - Angehörige wie Betroffene.
Und nach wie vor sehe ich es so, dass man nicht jedes respektlose Verhalten entschuldigen kann, denn der Kranke hat noch ein Hirn - und das benutzt er anderswo ja auch... z.B. im Job.

Liebe Annette Fee, ich will Dir ja nicht zu nahe treten. Aber wenn Du unseren Austausch so auf Deine Person beziehst, dass Du Dich beleidigt und angegriffen fühlst, dann zeigt es eigentlich nur, wie es mit Deinem Selbstwertgefühl ausschaut - und Du selbst wohl genug Baustellen hast.

LG, Sadie
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von chrigu »

Hi Sadie,

es mag sein, dass es Unterschiede in der Ausprägung der Depression und dem Umgang damit gibt, der auch mit dem Geschlecht zu tun hat.

Aber prinzipiell geht es immer um ein Individuum! Und so Aussagen wie "Männer sind..." und "Frauen sind..." (und dann auch noch "von Geburt an"!) finde ich weder hilfreich noch richtig. Die sorgen nämlich nur dafür, dass dieser ganze Geschlechterdifferenzierungskram sich in unseren Köpfen verfestigt und wir am Ende mit Aussagen dastehen wie "Jo, ist halt ein Mann, der kann nicht anders" - und das ist auf der gleichen Schiene und genauso doof wie "Ja, ist halt depressiv, kann nicht anders". Auch hier ist Differenzierung und Sensibilisierung angesagt, aber sowas von!

Viele Grüße
Chrigu
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bigappel »

Liebe Annette,

darf ich Dir ganz, ganz herzlich applaudieren!

Ich bin Angehörige und auch ich könnte hier teilweise nur noch schreien! Vor einiger Zeit hatte auch ich als Angehörige sowas inhaltlich von mir gegeben.....
Schreien hilft nicht wirklich.

Ich glaube, einen Deiner Sätze: vielleicht sollten die Angehörigen mal überdenken, ob sie nicht selber psychisch krank sind (so sinngemäß), trifft so ziemlich - des öfteren - den Kern.

Problem ist nur: solange ich mit der Krankheit meines Freundes / Mannes beschäftigt bin, solange "muss" ich keine Verantwortung für mich, mein Denken, mein Handeln erstmal übernehmen.

Richtig ist, dass auch mir als Angehöriger vieles der psychischen Krankheit "fremd" war, schwer verständlich.
Vieles musste ich lernen mit der Zeit;
auch bin ich manches Mal böse, ungerecht zu meinem Mann; aber auch das gehört in einem gewissen Rahmen zum Angehörigendasein und dies sollte hier auch geäußert werden dürfen.

Allerdings empfinde auch ich diverse Statements mittlerweile als kaum aushaltbar......

Was ich schade finde ist, die persönliche Komponente, die Du Dir selber zuschreibst.

Du solltest Dich nicht (oder die psychisch Kranken allgemein) so sehr beleidigt fühlen (zumindest nicht tiefer gehend); ich finde es richtig, richtig klasse, dass Du Dich genau so hier zu Wort gemeldet hast, aber vermutlich wirst Du nicht alle erreichen..... da hilft dauerhaft nur noch: freu Dich, gesünder zu sein und bereits viel, viel mehr erkannt zu haben .

Danke Dir für Deine Offenheit!

Herzlichst
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
jonojo

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von jonojo »

Hi Annette,

viele Diskussionen in diesem Forum beschreibst du sehr treffend.

Bei den Depressiven, die ich persönlich kennengelernt habe, liegt die Depression ganz klar in der Persönlichkeitsstruktur begründet.

Insofern macht diese Trennung zwischen "dem Menschen" und "der Depression" für mich generell wenig Sinn.

Im Betroffenenforum wird diese Unterscheidung leider auch sehr gerne getroffen.

LG,
Norbert



"Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu."
Ödön von Horváth
sonntagsfahrer
Beiträge: 64
Registriert: 28. Aug 2012, 10:11

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von sonntagsfahrer »

Liebe Annette,

Ich finde auch wichtig, dass Angehörige nicht jedes Verhalten mit der Depression entschuldigen. Auch wenn wir krank sind, sind wir doch viel mehr als das, selbst wenn wir unsere anderen vielfältigen Charakterfacetten nicht immer zeigen können. Auf der anderen Seite ist die Depression (für mich!) momentan Teil meiner Persönlichkeit, ich arbeite deswegen auch daran, mich zu ändern. Ich persönlich bin im Umgang mit meiner Familie z.B. total genervt davon, dass ich nach meiner Diagnose nur noch bevormundet werde und man mir nicht mehr zutraut, irgendeine Entscheidung selber zu treffen. Richtig ist, dass ich leicht überfordert bin, wenn ich relevante Entscheidungen zu treffen habe, v.a. wenn es viele sind, nichtsdestotrotz habe ich durch die Depression ja nicht mein Hirn verloren (wie man mir im Streit schon mal unterstellen wollte).

Liebe Grüße!
ecureuille

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von ecureuille »

Annette Fee, Chrigu,

ich bin euch unendlich dankbar für eure Beiträge. Ich sehe das ähnlich.
Mich stört dies auch sehr und das auf zwei Weisen.

Einerseits habe ich manchmal das Gefühl, dass hier psychische Erkrankungen vorgeschoben, herbeigeredet werden, damit man eine Erklärung dafür hat, warum das Gegenüber ein Idiot ist oder einen verlässt oder anderweitige Beziehungsprobleme hervorruft. Leute, ganz ehrlich, wenn ihr verlassen werdet oder euer Gegenüber sich nicht so verhält wie ihr euch das wünscht, heißt das nicht zwangsläufig, dass er psychisch krank ist. Also spart euch so Fragen wie "Er hat mich verlassen, ist er depressiv?".

Andererseits, wenn mein Partner/meine Partnerin tatsächlich psychisch krank ist, ist das zum einen keine Entschuldigung dafür, wenn er sich sch... verhält. Depression hin oder her, manches Verhalten geht einfach nicht und das muss ich mir auch nicht gefallen lassen oder so hinnehmen.

Ich leide selber auch unter einer PS, was mich in der Vergangenheit nicht gerade zum Meister innerhalb zwischenmenschlicher Beziehungen gemacht hat. Das heißt aber noch lange nicht, dass meine Umwelt das so hinnehmen muss.

Und gerade jetzt merke ich, wie gut es mir tut, wenn mein Partner, bei allem Verständnis und Geduld, die er mir entgegenbringt, mir eben auch mal klare Grenzen setzt.

Angst vor Trennung und der damit verbundenen Angst alleine zu sein ist kein guter Ratgeber.
Und ich glaube nicht, dass es für die Beteiligten gut ist, eine Beziehung aufrecht zu erhalten, die nicht funktioniert-aus welchen Gründen auch immer.

Und aus Sicht einer Angehörigen eines psychisch kranken Vaters muss ich sagen, dass man den Menschen nicht ändern kann. Man kann auch niemandem zu seinem vermeintlichen Glück zwingen. Irgendwann muss man einfach akzeptieren, dass sich jemand in seiner Welt eingerichtet hat, das heißt aber noch lange nicht, dass er damit unglücklich ist, nur weil mir das so erscheint, es nicht meinem Konzept von einem glücklichen Leben entspricht.

Jeder muss letztendlich selbst für sich entscheiden, ob er Hilfe braucht und will. Wenn man dann da ist, ist es gut. Aber mehr geht nicht.

Gruß
ecureuille
julcas
Beiträge: 569
Registriert: 11. Mär 2011, 17:57

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von julcas »

Hallo,

ich denke, das die Betroffenen sich auf keinen Fall beleidigt fühlen sollen. Das liegt hier allen sehr fern. Wir Angehörige stehen erstmal der Erkrankung völlig hilflos gegenüber und mancher braucht einfach etwas länger, um zu lernen und das Gelernte auch anzuwenden.

Ich stimme zu, das einige Angehörige, sagen wir mal, sehr resistent gegen alle möglichen Ratschläge und Hinweise sind. Das könnte daran liegen, wie Pia schreibt - winke winke, das wenn ich alles auf die Depression schiebe und damit erkläre, ich mich nicht mit mir auseinander setzen muss.

Wie auch immer, jeder muß seinen eigenen Weg finden.

lg julcas
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von chrigu »

Hi Norbert,

ich möchte Dir widersprechen:
>Insofern macht diese Trennung zwischen "dem Menschen" und "der Depression" für mich generell wenig Sinn.
Doch, absolut! Ich bin und war nie meine Depression, sie ist nicht Teil von mir! Sie gehörte vielleicht für einen Teil meines Lebens zu mir und hat mir etwas gezeigt und mir auch ziemlich viel beigebracht, teilweise auf die sehr harte Tour.

Die Trennung zwischen Mensch und Depression aufzuheben würde für mich bedeuten, dass sie immer da ist, dass sie ein Bestandteil von mir ist. Das ist sie nicht! Sie ist Bestandteil meines Lebens, aber kein Bestandteil von mir.

Möglich, dass ich Persönlichkeitsstrukturen habe, die Depressionen bedingen. Aber dann habe ich die Wahl, an und mit diesen Strukturen zu arbeiten. Nehme ich jedoch die Depression als Bestandteil meiner selbst wahr, dann kann ich - ganz ähnlich, wie das die Partner einiger hier schreibender Angehöriger machen - mich zurücklehnen und sagen: Tja, so bin ich halt, ich bin krank, ich bin die Krankheit, da kann man nix machen. Das ist kurz vor: Ich bin depressiv, ich darf alles.

Nicht umsonst heißt es "Depression haben" und nicht "Depression sein".

Viele Grüße
Chrigu
sonntagsfahrer
Beiträge: 64
Registriert: 28. Aug 2012, 10:11

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von sonntagsfahrer »

Hi chrigu,

es heißt aber auch "depressiv sein". Für mich gehört die Depression zu mir, ist kein Fremdkörper. ABER: Sie ist ein Teil von mir, an dem ich arbeiten kann, der sich verändern kann, vielleicht eines Tages kleiner wird und immer mehr verschwindet. Ansonsten würden meine depressiven Gedanken ja nicht zu mir gehören und ich könnte sie nicht beeinflussen. Durch positive Affirmation & die Hinterfragung meiner Denkmuster kann man das jedoch. "Ich bin momentan so, aber ich kann mich ändern".

Muss nicht stimmen, ist nur meine Art des Umgangs mit der Krankheit.
bodenlos
Beiträge: 218
Registriert: 31. Aug 2011, 10:54

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bodenlos »

Hallo,

ich habe jetzt zwei Stunden hin und her überlegt, ob ich schreiben soll oder nicht!

Ich sehe es ähnlich wie Pia....bei manchen Beiträgen und Fragen schlage ich innerlich die Hände über dem Kopf zusammen und denke mir: "Lass dir professionell helfen, du kommst mit DIR SELBST nicht klar." Zuweilen zeigen sich hier einige User sehr beratungsresistent, wo ich schon lang die Lust verloren habe, zu schreiben, weil wirklich immer und immer wieder dieselbe Frage im Raum steht, ohne dass erkennbar ist, dass sich der Blickwinkel in irgendeiner Form weitet oder ändert. Nun gut.

Allerdings ist es etwas "anmaßend" hier alle über einen Kamm zu scheren. Beispielsweise die Frage "mein Partner hat mich verlassen, ist er depressiv"....wenn sie so hier steht, ist es sicher eine Ausnahme! In der Regel haben die Partner der Meisten hier die Diagnose "schwarz auf Weiß" und loten nicht selbst aus, ob die Krankheit eine Möglichkeit für das Verhalten ist.

Was ich nicht wirklich nachvollziehen kann, dass sich die Betroffenen dadurch angegriffen und sogar beleidigt fühlen. Ich bin sehr sehr sicher, dass nie jemand in Betracht gezogen hat, Erkrankten schlechte Gefühle zu vermitteln.

Häufig geht es doch in den Threads um die Befindlichkeiten der Angehörigen - wie sie mit bestimmten Situationen zurecht kommen und nicht darum, die eigenen Partner oder andere Betroffene "fertig zu machen" oder sich auf diagnosesuche zu machen. Wie im Betrroffenenforum streichelt man sich zuweilen hier dann auch den Kopf und versucht, Hilfestellung zu geben, die Dinge auch einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten oder auch mal konkret zu warnen, das eigene Ich nicht zu vergessen.

Es gibt ganz sicher Verhaltensweisen, die auf jeden Fall durch die Krankheit hervorgerufen bzw. bestimmt werden. Das muss ich als Angehörige akzeptieren, möchte ich mit meinem Partner zusammen sein. Agressivität oder gar Herabschätzen meiner Person muss ich jedoch nicht, und vor allem nicht über einen längeren Zeitraum, gefallen lassen. Es ist dann durchaus abzuwägen, was ist Symptom und was Charakter.

Ich musste so etwas zum Beispiel nicht erleben, eine Freundin meiner Mutter schon. Und die hat vorher zehn Jahre mit ihrem Mann zusammengelebt, ohne Beleidigungen, Gebrüll und Vorwürfen. Ich denke schon, dass man dann als Angehöriger schon überlegen darf, inwiefern diese Wesensveränderung mit der Depression zusammenhängt, ohne dass sich alle Betroffene als agressive Personen bezeichnet fühlen.

Außerdem sollte man auch nicht vergessen, dass die Betroffenen oft selbst nicht erklären und verstehen können, was gerade mit ihnen passiert und warum sie nicht mehr so und so sind oder dieses und jenes tun bzw. nicht mehr tun. Wie soll der Angehörige es dann raffen?! Es liegt doch in der Natur der Liebe, dass man sich sorgt und versucht, den Dingen gedanklich auf den Grund zu gehen. Wenn wir als Angehörige alles hinnehmen müssen, ist denn dann Beziehung zwischen Betroffenen und Angehörigen überhaupt möcglich??? stell ich jetzt mal provokativ in den Raum.

Ich denke grundsätzlich ist die Krankheit unglaublich verschieden ausgeprägt. Genauso unterschiedlich sind alle Betroffenen und dasselbe wiederum gilt für die Gruppe der Angehörigen. Ich gehöre zu denen, die sich nicht mehr gemeldet oder hier gefragt hätten, ob ich noch hoffen soll, dass er wiederkommt, wenn er mir schon zweimal gesagt hätte, es geht nicht mehr, ich muss allein sein. Aber es gibt eben auch Menschen, die können sich nicht so abgrenzen und laufen einer fixen Idee nach. Traurigerweise vielleicht mit dem Ergebnis, dass sie mit einem Therapeuten aufarbeiten müssen, warum sie nicht allein sein oder nicht besser auf sich achten können.

Ich finde es auch furchtbar, wenn Angehörige die Samthandschuhe auspacken und dann eventuell schon bevormundend mit ihren Partner umgehen. Aber die Betroffenen müssen es in meinen Augen klar kommunizieren, was sie wollen oder nicht wollen....das geht auch ohne Agression und Gebrüll.
Das Erste, was ich zu meinem Freund gesagt habe, als er die Diagnose hatte, war, dass ich ihn nicht mit Samthandschuhen anfassen werde. Monate später habe ich ihn gebeten, mir zu kommunizieren, was er sich konkret im Umgang mit mir wünscht...um auch abschätzen zu können, ob ich so leben will. Das war vor 1,5 Jahren....ich habe bis heute keine Antwort bekommen. Anfang der Woche habe ich mich getrennt.

Vermutlich schweife ich grade ab. Ich habe mich durch den Anfangsbeitrag nicht besonders angesprochen gefühlt, aber irgendwie hat der "agressive Unterton" nen dicken dicken Kloß bei mir hervorgerufen, auch wenn ich Vieles davon durchaus nachvollziehen kann und genauso sehe.
Aber ich bin eben auch eine Angehörige (gewesen)und stecke damit mit Gemeinschaftstopf.

Ich wünsche mir, dass die Betroffenen sich weniger getroffen fühlen und manche Angehörige bisschen mehr auf sich als auf den Partner achten....um gesund zu bleiben oder zu werden....

Hascherl
chrigu
Beiträge: 2081
Registriert: 20. Mär 2006, 12:20

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von chrigu »

Hi Sonntagsfahrerin,

ja, das stimmt, aber es heißt ja auch "fröhlich sein", "traurig sein", "hungrig sein" etc. Das sind alles Adjektive, Zustandsbeschreibungen. Zustände gehen vorbei. Aber bei Nomen assoziere ich das eher nicht mit Zuständen, sondern mit Gleichsetzung, so wie "Mutter sein", "Mensch sein" etc. (es gibt vermutlich Gegenbeispiele, aber die Mehrheit ist so wie beschrieben).

Zurück zum Topic: Ich finde, dass man als Angehöriger Zeit braucht um das zu erkennen und zu erfühlen, was hier beschrieben wird. Ich glaube, am Anfang ist man einfach nur heillos überfordert, unwissend und hoffend. Das ist absolut menschlich. Ich finde aber auch, dass, wenn man einiges erkannt und erfühlt hat, die Konsequenzen daraus ziehen sollte. Das ist der Punkt, an dem ich dann nicht mehr nachvollziehen kann, warum einige Angehörige ihrem Partner immer noch ständig verzeihen und alles der Krankheit zuschreiben, obwohl sie es eigentlich schon besser wissen.

By the way: Ich wäre damals nicht gerne meine Angehörige gewesen!


Chrigu
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Lerana »

Hallo ihr Lieben,

oh, ich mag ja solche Diskussionen, denn oft geht es dann ans Eingemachte.

Ich bin Angehörige und (Ex-)Betroffene, kann also durchaus beides sehen. Aus meiner Sicht ist einfach ganz viel dran an der These, dass es sich loht, zu fragen, warum habe ich diesen Partner. Was ist das Erhaltende an diesem Beziehungssytem? Nun, um den Aufschrei der jetzt hier bei all den vielen starken und tollen Menschen durch die Runde geht, gleich zu dämpfen: Nein, ich meine nicht, dass ich als Angehörige "Schuld" an der Depression habe und auch nicht, dass ich als Angehörige zwingend meinen depressiven Partner "brauche" um gebraucht zu werden.

Aber jetzt mal ganz persönlich von mir gesprochen. Meine Beziehungsmuster waren mindestens so krank wie die meines Partners und unser System extrem selbsterhaltend. Er, der chronisch überforderte, depressive, kreative, unkonventionelle Kopf und ich, die sich kümmernde, bevormundende, regelnde, machende, heilige Mama. Ich brauchte meinen Partner, um mich gut und selbstlos zu fühlen. Dass dahinter ein depressives Muster der völligen Selbstabwertung steckt, nämlich zu glauben, ich sei so schlecht, dass ich es durch Selbstlosigkeit wieder gut machen müsste, sah ich nicht.

Noch weniger aber sah ich, dass ich abhängig war von dem Spiegeelbild, der ewig Guten, das mein Partner mir zuzuwerfen hatte. Wehe es bleib aus, wehe, er war nicht dankbar für meine aufopferungsvolle Hilfe, wehe, er wollte etwas anders, wo ich doch wusste, was gut für ihn war... denn dann konnte ich zur emotionalen Erpresserin werden.
Jetzt lasse ich hier wenig gute Haare an mir und sicherlich kann ich ähnlich "schlecht" über meinen Partner sprechen, wie er mich manipulierte, zu tun, was ihn entlastete, welche Tasten auf meiner Klaviatur er anschlagen kann, um mich zur Unterstützerin zu machen, aber ich bleibe jetzt mal bei mir.

Diese Muster haben mich depressiv gemacht. Und jetzt heute, nach viel harter Arbeit sehe ich meine Anteile an der Erhaltung unserer Krankheit, sehe ich meine Übergriffigkeit und ja auch seine Hartnäckigkeit über meine Bedürfnisse hinwegzugehen.

Heute glaube ich, dass man im Leben nicht ankommt und es nicht richtig ist, auf den vermeintlich glücklichen Zustand hinzuleben, die Heilung, die Versöhnung oder was auch immer. Ankommen heißt für mich mittlerweile bei MIR anzukommen und immer wenn ich feststelle, genau da zu sein, jetzt bei mir vielleicht sogar mit jemandem gemeinsam, dann ist es gut. Dann ist es sogar gut, wenn es gerade furchtbar oder traurig oder, oder ist. (Kann man mir überhaupt noch folgen?)

Klar auch ich frage mich, ist er krank oder doof. Mitterweile weiß ich für mich: Man kann auch beides sein, krank und doof.

Und nebenbei, wer ist nicht schon mal doof. Ich bin´s allemal! Wann den Schlusstrich ziehen, bleibt jedem selber überlassen. Aber bei einem bin ich mir sich: Es lohnt sich, bei sich zu gucken, sich zu fargen, was fehlt, was bracuhe ich, was kann ich geben, ohne in die moralische Überlegenheit zu verfallen, die mein Gegenüber klein und machtlos macht.

Wenn ihr schon selbstlos und aufopferungsvoll sein wollt, dann seid es richtig, dann erwartet keine Gegenleistung, kein, wenn es dann mal besser wird, dann soll er aber... Wenn ihr aber heimlich doch erwartet, dass er zurückgeben soll, dass ihr etwas zurückwollt, dann sagt es!! Ich erwarte von meinem Partner auch und das ist normal. Man darf erwarten, denn ansonsten geht man unter. Nur eins darf man nicht: heimlich erwarten, denn das macht krank, mich und meinen Partner!

Ich hoffe das macht irgendwie Sinn.

Herzliche Grüße
Lerana

PS. @Sadie: Deine pauschalen Aussagen finde ich auch daneben. Männer sind von Geburt an....! Bitte, echt jetzt??? Noch unheimlicher als Nichtwisser sind mir übrigens Wisser!

In diesem Sinne bleibe ich hoffentlich Suchende und das ein Leben lang, denn nur wer suchet, der findet. Vielleicht für einige glückliche Momente sich selbst.

Sorry, im Moment leicht emotional und salbungsvoll. Ich hoffe ich klinge nicht selber zu wissend.

PPS. @hascherl: "(gewesen)" - Ich drücke dich!!!!!!
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
jonojo

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von jonojo »

Hi Chrigu,

soweit sind wir nicht auseinander. Oder vielleicht gar nicht?

Gerade dadurch, dass die Depression in meiner Persönlichkeit begründet liegt, habe ich die Möglichkeit etwas zu ändern und gesund zu werden.

Häufig lese ich im Forum von der Depression als einer Krankheit, die einen auf wunderliche, unerklärliche Weise befällt und gelegentlich wird gesagt: Für meine Depression gibt es keine Gründe.
Das meine ich mit Trennung von Mensch und Depression und genau das führt zu einem "So bin ich halt".

LG,
Norbert

Ergänzung:
Irgendwie wundere ich mich immer noch wie du aus meinem Beitrag "Ich bin die Depression" liest.
Tabarka1
Beiträge: 267
Registriert: 10. Feb 2013, 13:34

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Tabarka1 »

Hallo Annette,
Ja so kommen manche Menschen bei anderen Menschen an und es ist gut, dies auszusprechen, aufzuschreiben und wirklich wahrzunehmen.
Es gibt bei der Depression die sogenannte "male depression", also männliche Depression. Diese zeichnet sich u.a. durch unangepasstes aggressives Verhalten aus. Und auf der anderen Seite stehe dann z.B. ich. Der Mann den ich kannte, der nach zwei Arbeitslosigkeiten und einer fast gescheiterten Umschulung nicht mehr wieder zu erkennen war. Was tun? Ärzte haben mir als Angehörige geraten, Verständnis für die Krankheit zu haben und keine wichtige Entscheidung zu treffen. Unterstützung habe ich überhaupt keine erhalten, eher im Gegenteil (s.o.)
Der "Kranke" erhält Unterstützung, ich als Angehörige werde ausgeschlossen und werde zu aktivem Warten aufgefordert.
Ja ich brauchte und brauche Hilfe. Bin ich krank? Ich weiß es nicht. Jedenfalls ist das Zusammenleben mit einem Menschen, der in meiner Wahrnehmung,fast zufällig, immer wieder nicht da ist - mindestens emotional - hoch belastend. Aggressive Impulse machen dies noch schlimmer. Wobei sie bei meinem Mann "nur" verbal waren. Ob es krank ist, daran zu glauben, dass er wieder gesund wird?
Mir ist es letztlich egal, wieviel davon Depression ist. Ich weiß heute, und der Weg war und ist schwer, ich muss mich selbst schützen, für meine Bedürfnisse selbst sorgen und sein Elend nicht zu meinem machen. Und es ist jeden Tag wieder eine Herausforderung in den Spiegel zu schauen.
Lieben Gruß
Tabarka
Wann, wenn nicht heute... ?
Blümli
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Registriert: 18. Jan 2011, 18:41

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Blümli »

Hej Ihr Lieben hier,

jetzt will ich doch ( bin ja eigentlich gar nicht mehr hier ) Dir liebe Lerena sagen, dass Dein Post - zumindest für mich - großen Sinn macht ! Vielen herzlichen Dank für Deine klaren Gedanken.

Ansonsten würde ich gerne einfach nur anmerken, dass ICH persönlich genau in diesen Ein- und Zuteilungen: krank - gesund ; gut - schlecht ; normal - unnormal ; männlich - weiblich ... - lassen sich in unserem üblichen gesellschaftlichem Denken fast endlos fortsetzen - eine Hauptproblematik sehe, dass wir ganz allgemein so große Akzeptanz- und Toleranzprobleme haben und dadurch dann wohl auch Beziehungsprobleme.
Doch unser Leben besteht hauptsächlich aus Beziehungen und genau daran ist leider zu beobachten, dass wir damit große Probleme haben, egal um welche Beziehungsformen es sich handelt.

Vielen Dank annette, dass Du diese Diskussion angezettelt hast

Herzliche Grüße

vom Blümli

P.S Ich bin übrigens auch der Meinung, dass es KEINE Schwarze; Weiße; Behinderte; Alte; Depressive... (lässt sich ebenfalls endlos fortsetzen) gibt, sondern nur Menschen, die eine weiße Hautfarbe haben, Menschen, die alt sind, oder eben Menschen, die eine Depression haben. Weil, in erster Linie sind sie eben doch MENSCHEN, die "nur" eine bestimmte ( von der Gesellschaft leider meist bewertete ) Eigenheit haben, die je nachdem aus welchem Blickwinkel man sie betrachtet, eben nur eine Eigenschaft darstellt, die im einzelnen sogar einen großen Nutzen ( für die Gesellschaft) darstellt.
^^ Vielleicht muss man die Liebe gefühlt haben, um die Freundschaft richtig zu erkennen^^ Nicolas Chamfort
bigappel
Beiträge: 1488
Registriert: 10. Dez 2010, 08:10

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bigappel »

@ Hascherl:

och mensch!

hilflos schulterzuckend
Pia
Ein Tier zu retten, verändert nicht die Welt, aber die ganze Welt ändert sich für dieses Tier.
SadSadie
Beiträge: 114
Registriert: 17. Jan 2013, 04:55

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von SadSadie »

@Lerana

Ich habe nicht pauschalisiert, ich habe nur von meinen Eindrücken, die ich im Laufe der Zeit im Kontakt mit Betroffenen mit (diagnostizierten) Depressionen gewonnen habe, berichtet. Und dass es generelle Unterschiede in emotionaler und psychischer Hinsicht zwischen Mann und Frau gibt, wird jeder Verhaltensforscher/Therapeut/Psychologe bestätigen.

Es tut mir leid, dass ich hier meine eigenen Gedanken aufgeschrieben habe... dachte immer, das Forum ist dazu da.
bodenlos
Beiträge: 218
Registriert: 31. Aug 2011, 10:54

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von bodenlos »

@Sadie

"Es tut mir leid, dass ich hier meine eigenen Gedanken aufgeschrieben habe... dachte immer, das Forum ist dazu da."

so eine Reaktion finde ich ein bisschen kindisch....ich hab´s anfangs auch ähnlich wie Lerana empfunden. Wenn Missverständnisse entstehen oder unterschiedliche Meinungen vorherrschen, kann man das doch sachlich angehen....sorry, aber wie der oben zititerte Satz, so sprechen meine Schüler, die sich wegen allem angegriffen fühlen und mit "kritik" noch nicht umgehen können.

Das Forum ist natürlich für jeden da und es darf auch entsprechend der Regeln hier alles gesagt werden.
Lerana
Beiträge: 2088
Registriert: 4. Feb 2012, 18:42

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von Lerana »

Guten Morgen Sadie,

Es braucht dir nicht leid zu tun, deine Gedanken aufzuschreiben. Klar ist das dein gutes Recht. In diesem speziellen Fall sehe ich das halt anders. Das habe ich geschrieben, sonst nichts.

Das Form hat für viele Ideen Platz. Da werden wir wohl unser Plätzchen finden und wenn wir uns dabei hin und wieder auf die Füße treten, dann sind das doch die Momente, in denen es spannend wird, in denen wir sehen können ob wir nebeneinander stehen bleiben, wer auf Seite geht, ob wir zusammenrücken oder uns den Rücken zuwenden.

Es lebe die Diskussion. Ich steh halt im allgemeinen einfach nicht auf pauschale Aussagen. Sie erscheinen mir zu einfach. Das ist alles, das klingt mir zu sehr nach, So ist nunmal die Welt.

Herzliche Grüße
Lerana
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. (Francis Picabia)
jep

Re: Depressive dürfen alles!

Beitrag von jep »

Hallo ihr Lieben,

erstmal muß ich mich ein bißchen schämen(aber nur gaaanz wenig), weil ich hier sozusagen ein bißchen Feuer gelegt habe und mich dann zurückgezogen habe....

Ich muß aber Montag eine Hausarbeit abgeben, die ich vor einem Jahr wegen depris nicht schreiben konnte. Jetzt machts Spaß, aber ich bin noch ein bißchen langsam in der Birne.

Ich kann jetzt nicht auf die einzelnen Antworten eingehen, ich finde alle gut und wichtig, weil das Thema einfach wichtig ist, und finde die Diskussion gut, weil sie bisher sachlich und fair läuft.

Ich habe mit meinem Post natürlich nicht alle Angehörigen gemeint, die hier schreiben, sondern wollte auf genau die Problematik hinweisen, die ich beschrieben habe- und die ja offensichtlich auch anderen aufgefallen ist.

So, jetzt werde ich mich weiter meiner Hausarbeit widmen, sonst kann ich Rente beantragen, wenn ich das Studium endlich geschafft habe

Liebe Grüße

annette fee
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