Keine Kraft mehr.

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LadyFreeZe
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Keine Kraft mehr.

Beitrag von LadyFreeZe »

Hallo,

jetzt melde ich mich auch mal wieder, nach längerer Zeit. Ich weiss, ich schreibe immer nur wenn es mir gerade schlecht geht bzw. ich ein Problem habe. Das tut mir leid...

Seit Montag gehe ich wieder zur Schule und möchte eigentlich so mein Fachabitur nachholen. Dies ist schon der zweite Versuch, denn letztes Jahr musste ich nach 2 Unterrichtstagen abbrechen, weil es mir extrem schlecht ging.
Jetzt dachte ich eigentlich über das letzte Jahr hinweg genug Kraft gesammelt zu haben (durch meinen Klinikaufenthalt, ambulante Psychotherapie...)um es noch einmal zu versuchen. Ich bin auch sehr stolz darauf, dass ich die letzten 3 Tage durchgehalten habe und es vor allem geschafft habe ohne Probleme sehr früh aufzustehen (der Unterricht beginnt schon um 7:20 Uhr).
Das Problem ist nur: Ich fühle mich seit dem Schulbeginn total allein gelassen und um mich herum erscheint plötzlich alles wieder grau, kalt und aussichtslos. Dabei ging es mir die letzten Wochen um einiges besser. Ständig frage ich mich warum ich mir den ganzen „Stress“ überhaupt antue und ob es nicht noch mal so wie letztes Jahr machen könnte – einfach nicht mehr hingehen.

Doch eigentlich weiss ich sehr genau „Warum“. Weil ich was für mich erreichen möchte, weil ich später studieren möchte und weil ich nicht ewig von dem Geld meines Vaters leben möchte. Das muss ich mir laufend vorsagen um nicht wieder aufzugeben. Vor allem, tut es mir ja gut unter Leute zu gehen und nicht den ganzen Tag zu Hause rumzuhängen.

Nur, das alles kostet mich sehr viel Kraft – Kraft von der ich dachte ich hätte sie. Wohl doch nicht...
Das Schlimme ist, dass ich in meiner Klasse niemanden kenne. Eigentlich sind dort lauter nette Leute. Menschen, die mir zum großen Teil sehr sympathisch sind und mit denen ich mich sicher auch gut verstehen würde, wenn ich nur wüsste was ich mit ihnen reden soll.

Früher hätte ich gedacht: „Die mögen mich nicht, weil ich so hässlich, fett, dumm,... bin.“ Aber heute weiss ich sehr genau, dass ich liebenswert bin und viele Menschen mich mögen, wie ich bin. Früher hätte ich die Schuld den Anderen oder Dingen gegeben, die nicht änderbar sind.
Heute weiss ich, dass der Fehler bei mir liegt. Dass ich selbst daran Schuld bin, dass ich mich alleine fühle und keine richtigen Freunde habe.
Wer unterhält sich schon gerne mit jemanden der mit verschränkten Armen dasteht oder kaum ein Wort sagt?
Aber was soll ich sagen? Wie soll ich den anderen entgegenkommen?

Steffi
"Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten.

In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis." (by Woody Allen)
Conny37
Beiträge: 244
Registriert: 24. Mai 2003, 21:34

Re: Keine Kraft mehr.

Beitrag von Conny37 »

Hi Steffi!

Nicht so schnell aufgeben, es sind doch erst 3 Tage. Natürlich ist es nicht einfach, wenn man niemanden kennt. Das macht jedes Kind durch dass umgeschult wird. Und siehe da, in 3- 4 Wochen sind die ersten Kontakte geknüpft. Lass den Kopf nicht hängen und versuch, nicht aufzugeben. Es ist der Mühe bestimmt wert. Ich selbst weiss, was es heiss mit einer Depri früh aufzustehen.

Liebe Grüsse
Conny
mia
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Registriert: 20. Mär 2003, 18:16

Re: Keine Kraft mehr.

Beitrag von mia »

Hallo Steffi,

Erstmal: Ich find´s ne klasse Leistung, dass Du Dich nicht entmutigen läßt, und das mit dem Fachabitur nochmal probierst. Und wie´s aussieht, gibt´s ja auch einige nette Leute in Deiner neuen Klasse. Sicherlich sind die auch neugierig auf Dich und möchten Dich kennenlernen.
Du hast eine Menge Zeit, Deine Mitschüler kennenzulernen, warum nimmst Du sie Dir nicht? Wahrscheinlich kommt Dir das jetzt so leicht von mir dahingesagt vor, aber versuch Dich nicht so sehr unter Druck zu setzen, dass jetzt in der Schule alles klappen muß. Genauso ist das mit den Gesprächen: Irgendwo muß man mit "Belanglosigkeiten" einsteigen, auch wenn Du Dir dumm vorkommst, Dich über´s Wetter zu unterhalten. Dass Du Interesse an den anderen zeigst, ist viel wichtiger.
Ein gute "Restschulwoche" wünscht Dir
Mia
LadyFreeZe
Beiträge: 89
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Re: Keine Kraft mehr...

Beitrag von LadyFreeZe »

Hallo, liebe Conny und liebe Mia,

erstmal vielen Dank für euere Antworten und für euer Verständnis.
Genau das ist es was ich im Moment am meisten brauche - Verständnis und Mitgefühl. Hab ich das überhaupt verdient? Ich kann ja noch nicht mal damit umgehen. Sobald mir jemand was Gutes will muss ich anfangen zu heulen. Gestern Abend stand, zum Beispiel, meine beste Freundin total überraschend vor meiner Haustür und bringt mir wunderschöne Blumen mit...und ich kann nichts anderes tun als heulen. Genauso gings mir, als ich euere Beiträge gelesen habe.

Es ist für mich der reinste Alptraum jeden Tag mit ansehen zu müssen, wie meine Mitschüler (alles Leute in meinem Alter, zwischen 19 und 23) total locker miteinander umgehen und lachen. Irgendwie wird mir so ständig vorgehalten was ich die letzten Jahre alles verpasst habe.
Ich bin nicht mal fähig mit jemanden ein "normales" Gespräch über Belanglosigkeiten anzufangen. Ich hock in den Pausen nur da und starr vor mich hin. Die halten mich bestimmt schon alle für arrogant, weil ich nie was sage. Eigentlich weiss ich ganz genau wie es geht...ich kriegs nur nicht hin...
Ich bin so froh, wenn endlich Wochenende ist und ich ein paar Tage zum abschalten habe.
Danke nochmal,
Steffi
"Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten.

In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis." (by Woody Allen)
FireWoman
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Registriert: 15. Sep 2003, 14:13

Re: Keine Kraft mehr.

Beitrag von FireWoman »

Hallo Steffi!

Du setzzt Dich selbst ja ganz schön unter Druck. Kannst Du den anderen vielleicht sagen, was in Dir vorgeht? Daß Du gern reden möchtest, aber keinen anfang findest. Vielleicht können sie dann ja auf Dich zugehen.

Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man keine Kraft hat, ich bin im Moment auch in so einer Lage. Ich habe 2 Dinge verloren, die mir sehr wichtig waren, und dir mir ein Halt waren. Meine Beziehung und mein Job wurden mir genommen. Ich komm damit auch nicht zurecht, und ich weiß, wie schwer es ist, die Kraft zu finden, einfach nur aus dem Bett zu kommen.

Aber Du gehtst den richtigen Weg. Du weißt, worfür Du es tust, und Du hast ein Ziel. Daran halt Dich fest und denk daran, wenn es Dir schlecht geht.
Timmy
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Re: Keine Kraft mehr.

Beitrag von Timmy »

Hallo Steffi,

zuerst muss ich dir sagen, dass ich es ganz toll finde, dass du einen Anfang gewagt hast. Das ist wirklich eine Leistung, die du nicht runterreden solltest und auf die du auch wirklich stolz sein kannst!!!
Ich kann mich meinen Vorrednerinnen nur anschließen: Setzt dich gerade jetzt am Anfang nicht so selbst unter Druck. Lass dich nicht so herunterziehen, dass du selbst noch nicht so locker und ungezwungen mit deinen Mitschülern/innen umgehen kannst, wie sie es können. Du musst dir wirklich mehr Zeit gehen, denn so etwas kann man eben nicht von heute auf morgen lernen.
Versuche wirklich, es durchzuhalten, auch wenn jetzt die Anfangszeit ziemlich hart für dich sein wird. Das mag für dich zum jetzigen Zeitpunkt noch unglaubwürdig erscheinen, aber es wird bestimmt besser werden, dass du später auch auf deine Mitschüler zugehen kannst und sicherlich auch neue Freunde finden wirst. Du darfst halt gerade jetzt nicht schon zu viel von dir selbst verlangen, denn dann wirst du bestimmt ziemlich schnell wieder ins „Loch“ fallen, wenn es nicht so klappt, wie du es dir vorgestellt hast.

Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute für den Rest der Woche, dann kannst du ja erst mal wieder zwei Tage ausspannen!

Timmy
_____________________


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(Trent Reznor, NIN)
LadyFreeZe
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Re: Keine Kraft mehr...

Beitrag von LadyFreeZe »

Hallo liebe Sonja und lieber Timmy!

Vielen Dank für eure Postings!
Mir gehts schon viel besser, als in der ersten Schulwoche (davon abgesehen, dass ich eine dicke Erkältung eingefangen habe ).
Langsam fange ich an, mich in der Klasse wohl zu fühlen und mit den anderen ins Gespräch zu kommen. Zwar ist das noch immer nicht so wie ich es mir wünsche/vorstelle, aber ich glaube und hoffe, dass es von Tag zu Tag besser wird.

Den anderen etwas von meinen "Problemen" erzählen möchte ich nicht. Ich will nicht, dass jeder gleich weiss, dass ich Depressionen habe. Die meisten verstehen das doch eh nicht, halten dich für verrückt oder man wird nur bemitleidet. Ich will einfach "normal" leben...lachen können und Spass haben ohne ständig darüber nachdenken zu müssen, was passiert oder passieren könnte. Zu viel verlangt?

Liebe Grüsse,
Steffi
"Das Schwierigste am Leben ist es, Herz und Kopf dazu zu bringen, zusammenzuarbeiten.

In meinem Fall verkehren sie noch nicht mal auf freundschaftlicher Basis." (by Woody Allen)
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