Tochter trotz Depris Motorradführerschein

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nymi
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Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von nymi »

Einen schönen guten Morgen,

ich bin "flammneu" hier u. wende mich an euch, weil ich überhaupt nicht weiß, wie ich mit der Situation umgehen soll.

Eine meiner Töchter ist 26, hat vor wenigen Monaten geheiratet (Tramhochzeit, Traumflitterwochen) u.ist mit ihrem Mann sehr glücklich.
Wenige Wochen später war sie krank geschrieben mit der Diagnose Depris. So weit, so schlecht.
Womit ich nun überhaupt nicht klar komme, ist, dass ich ihr ÜBERHAUPT nichts anmerke. Wir haben häufig Kontakt, telefonieren mehrmals wöchentlich lange, gehen zusammen essen, shoppen, ins Kino etc... kurz, in meinen Augen führt sie ein völlig normales Leben, außer dass sie derzeit arbeitet.

Was mich aber vollends irritiert hat, ist die Tatsache, dass sie während ihrer Arbeitsunfähigkeit innerhalb von 2 Monaten den Motorradführerschein gemacht u. sich ein Motorrad gekauft hat.

Auch wenn das gemein klingt, aber ich habe 2 Seelen in meiner Brust.
Die eine ist total besorgt u. sagt, wenn sie wirklich Depris hat u. dann als Neuling Motorrad fährt, halte ich das für unendlich gefährlich u. mache mir Sorgen.
Die andere flüstert unaufhörlich, was, wenn sie einfach nur keine Lust hat, zu arbeiten? Sie ist Beamtin auf Lebenszeit, privat versichert u. sehr clever, was das Aneignen von Kenntnissen, auch im Bereich Krankheiten, betrifft.
Hinzu kommt, dass sie sich seit Jahren ständig mit ihren Kolleginnen streitet u. unter dem vergifteten Arbeitsklima (zu dem sie selber auch beigetragen hat) leidet.

Ich bin ehrlich hin- u. hergerissen. Gestern nach einem Kinobesuch habe ich noch lange mit ihr geplaudert. War bisher jahrelang mein Mann (bin in 2. Ehe verheiratet u. er ist nicht der Vater meiner Kinder) in ihren Augen der Buhmann, so ist es derzeit ihre Oma (meine Mutter). Nun lässt sie an ihr kein gutes Haar mehr. Sie betonte jedoch wieder, wie glücklich sie in ihrer Ehe ist.

Habt ihr einen Rat für mich, wie ich mich ihr gegenüber verhalten soll? Meine Zweifel an ihrer Erkrankung habe ich ihr gegenüber natürlich nicht erwähnt!

Schon mal herzlichen Dank im voraus!
Nymi
Tinerfeno
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Registriert: 15. Okt 2010, 07:22

Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von Tinerfeno »

Hallo Nymi,

da Du diese Zweifel und Ängste hast, würde ich sie auch der Tochter gegenüber aussprechen. Natürlich nur vis-à-vis in einem persönlichen Gespräch und nicht am Telefon.

Ich mach' das bei meiner Tochter, eh' ich mich selbst verrückt mache und die Zweifel mich und womöglich meine Haltung zu meiner Tochter vergiften. Das bedeutet dann natürlich nicht immer, dass meine Tochter mir offen und ehrlich die Karten auf den Tisch legt. Schließlich entscheidet jeder selbst, worüber er mit wem spricht oder nicht. Und wir sind schließlich selbst Töchter und haben Mütter, mit denen wir vielleicht auch nicht über bestimmte Sachen sprechen wollen:-)

Aber für mich selbst ist es auf jeden Fall eine Entlastung, wenn ich über meine Zweifel/Ängste spreche! Dann habe zumindest ich die Karten offen auf den Tisch gelegt und ein Gesprächsangebot gemacht.

Wie Du damit umgehst, sollte aber immer Deinem eigenen Bauchgefühl entsprechen!!!

Alles Gute
nymi
Beiträge: 4
Registriert: 12. Okt 2010, 14:56

Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von nymi »

Danke für deine Antwort.
Aber ich kann doch nicht hingehen u. meiner Tochter sagen: Du hör mal, irgendwie hab ich das Gefühl, dass du deine Depris einfach simulierst, weil du keinen Bock auf die Arbeit mit deinen Kolleginnen hast.

Sie will z.B. meiner Mutter (ihrer Oma) auf keinen Fall davon erzählen (die Oma weiß bis heute nicht, dass meine Tochter seit über 2 Monaten nicht arbeitet) mit dem Argument: "Wenn die Oma das erfährt, dann sagt sie doch nur, trink dir einen warmen Kakao u. die Welt ist wieder in Ordnung. Die kapiert das doch sowieso nicht u. behauptet, ich hätte doch gar nichts."

Also kann ich mir vorstellen, wie sie dann auf mich reagieren wird. Vor allem bleiben bei mir ja doch Restzweifel, ob sie nicht doch ernsthaft krank ist. In dem Fall würde ich ihr fürchterlich unrecht tun u. das könnte ich mir nie verzeihen.

Lieben Gruß
Nymi
Alma21
Beiträge: 57
Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von Alma21 »

Hallo Nymi,

deine Zweifel kann ich nur zu gut verstehen. Mich plagen auch Zweifel, ob das, was mein Mann mir tagtäglich präsentiert oder sagt, wirklich Depressionen sind. Er ist einerseits gut gelaunt, gut drauf, locker, macht Späßchen - und erzählt mir, daß er nicht arbeiten kann. Ein Außendienstler, der jahrelange Erfahrung und Erfolge im Terminieren hat will mir jetzt erzählen, daß er Angst vorm Telefonieren und Angst vor Ablehnung hat. Hallo? Für mich prallen täglich zwei Welten aufeinander. Andererseits - würde es ihm so gut gehen, hätte er vor genau 10 Wochen wahrscheinlich nicht versucht, sich umzubringen. Seit diesem Tag ist nichts mehr wie es war und ich merke, daß ich als Angehörige jeden Tag mehr in ein schwarzes Loch reinrutsche, und keine Kraft mehr habe, dieses Rutschen aufzuhalten. Diese Tat hat mein Leben vollkommen aufgewirbelt wie ein Hurrikan der Kategorie 5. Die Angst fährt jeden Tag mit mir auf die Arbeit, die Existenzangst schnürt mir jeden Tag ein bißchen mehr den Hals zu und ich komme mit der Gesamtsituation nicht zurecht.

Tut man seiner nahestehenden Person jetzt großes Unrecht oder schafft man es nicht, dieser vermeintlich vertrauten Person hinter die Fassade zu schauen und die Krankheit zu erkennen? Unter einem grippalen Infekt kann man sich was "greifbares" vorstellen - die Depression scheint 1.000 Gesichter zu haben.

Vielleicht öffnet sich deine Tochter dir gegenüber und du hast Möglichkeiten sie zu fragen, wie es in ihr ganz tief drinnen aussieht. Welche Ängst sie hat, was sie fühlt, wo sie eine Fassade präsentiert (und keinen Einblick HINTER die Fassade gewährt).

Ich wünsche dir viel Kraft. Seit nunmehr knapp 9 Jahren erlebe ich es live mit und mein persönliches Ergebnis: ich stehe vor den Trümmern unseres Lebens und kriege es nicht mehr geregelt. Ausgelutscht wie ein Guzi. Ohne jede Hoffnung oder Perspektive. Wie sagt man im Roulette so schön: nichts geht mehr.
nymi
Beiträge: 4
Registriert: 12. Okt 2010, 14:56

Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von nymi »

Hallo Gismo,

bei einem Selbstmordversuch bekommt das Ganze natürlich eine völlig andere Dimension. Ich glaube, in so einem Moment wären bei mir jegliche Zweifel, ob es sich um eine Krankheit handelt, wie weg gefegt.
War es denn eher ein Zufall, dass du deinen Mann rechtzeitig gefunden hast?

Da ich ja nicht mit meiner Tochter zusammen lebe, trifft es mich nicht ganz so hart wie dich, sondern in erster Linie ist ihr Mann betroffen.
Natürlich unterhalten wir uns oft über ihre Gefühle. Aber dabei kam bisher eigentlich immer nur raus, dass alle Menschen in ihrer Umgebung das Falsche tun, nur sie nicht.
Egal, ob es sich um die Familie handelt, um Freunde oder Arbeitskollegen. Immer sind die anderen schuld.
Ich selber bin, hauptsächlich um meine Ehe zu klären, vor einigen Monaten zu einer Beratungsstelle gegangen. Dort kamen wir sehr schnell auch auf die gesamte Famile zu sprechen. Ich erzähle dort der Therapeutin sehr ehrlich u. offen alle Begebenheiten, auch wenn ich selber mal nicht so gut dabei weg komme. Dennoch sagt sie u.a. über meine Tochter, dass diese einen sehr manipulativen Eindruck auf sie mache, zumindest aus meinen Schilderungen. Meine Tochter wisse genau, welchen Knopf sie bei mir drücken müsse, um bei mir Schuldgefühle zu wecken.
Ich habe der Therapeutin beim letzten Gespräch von den vermeintlichen Depris meiner Tochter erzählt, aber nennenswert beeindruckt schien sie davon nicht. Vielmehr bestärkte sie mich darin, endlich mal mein Hauptaugenmerk auf mich selber zu richten.

Dennoch bin ich aber nicht in der Lage, einfach so locker darüber weg zu gehen. Aber, um noch mal auf meine Eingangsfrage zu kommen, wie kann ein Mensch, der Depris hat u. deshalb nicht arbeiten kann, in kürzester Zeit mit Bravour den Motorradführerschein machen? Irgendwie passt das für mich nicht zusammen.

Lieben Gruß
Nymi
Alma21
Beiträge: 57
Registriert: 11. Aug 2010, 15:07

Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von Alma21 »

Hally Nymi,

dieses Lied "alle anderen sind Schuld" - es quillt mir aus den Ohren. Das höre ich schon genau so lange, wie ich mit meinem Mann zusammen bin - also seit knapp 9 Jahren. Es sind die anderen, die alles falsch machen, es sind die bösen Mitmenschen, die für alles ursächlich gemacht werden. Das ist ein Umstand, mit dem ich auch so meine Probleme hab. So wie's in den Wald reinruft, kommt's auch wieder zurück. Und eine Person, die verbale Faustschläge austeilt, braucht sich m. E. nicht zu wundern, wenn ein Faustschlag zurück kommt. Man könnte hier auch von Aktion und Reaktion sprechen.

Tja, was die Fähigkeit zu einem Führerschein angeht: ich schätze, damit hat sich deine Tochter selbst bewiesen, daß sie was wert ist und das sie was kann. Hat so also für ein persönliches Erfolgserlebnis gesorgt. Depressive Menschen können durchaus noch denken und handeln - ich schätze allerdings, daß diese Fähigkeit nur auf die eigene Person beschränkt ist. Ich zumindest erlebe es so, daß Denken und Handeln vollkommen auf der Strecke bleiben, wenn es um Themen außerhalb der eigenen Person geht - wie z. B. Verantwortung übernehmen, "Pflichten" nachkommen, etc. So ganz habe ich da auch noch nicht durchgeblickt.

Manipulation ist ein immer wieder gern genommenes Hilfsmittel, um eigene (bitte entschuldige die direkte Ansage) Vorteile möglichst schnell und effektiv umzusetzen. Aber ich denke, diese Fähigkeit hat jeder Mensch - man braucht einfach nur an die eigene Kindheit denken und was man (in guten Zeiten) tun mußte, um die Eltern um den kleinen Finger zu wickeln. Bis zu einem gewissen Punkt kann das ja auch ganz nett und charmant sein - gemein wird's, wenn man auf diese Weise schändlich ausgenutzt wird. Und da ist es aufgrund eigener Schuldgefühle oftmals nicht mehr möglich, die "Notbremse" zu ziehen oder eine ganz klare Grenze zu setzen. Und wie bei jedem zwischenmenschlichen Spiel - es gehören immer zwei dazu. Fragt sich jetzt nur, ob deine eigenen Schuldgefühle so groß sind, daß deine Tochter dieses Manipulationsspiel gnadenlos einsetzen kann oder ob du für dich selbst erkennst, daß du es zwar immer gut gemeint, aber vielleicht selbst nicht besser gewußt oder umsetzen konntest. Dann sind diese Schuldgefühle nämlich ziemlich schnell verpufft und hast so die Möglichkeit, ein ganz klares "STOP"-Schild zu setzen.

Grüße Gizmo
Tinerfeno
Beiträge: 6
Registriert: 15. Okt 2010, 07:22

Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von Tinerfeno »

Hallo Nymi,

das mit dem Motorradführerschein hängt vielleicht auch von der Schwere der Depression Deiner Tochter ab - falls sie denn eine hat?!? Als meine Tochter im Mai 2009 erkrankte, hat sie relativ schnell eigenständig ihre Medikamente abgesetzt, und war nur noch auf Achse, sprühte über vor Ideen und Plänen, dass mir manchmal schon vom Zuhören schwindelig wurde. Seit April 2010 hat sie eine schwere Depression und ist völlig handlungsunfähig.

Du schreibst, dass Deine Tochter nicht möchte, dass die Oma Bescheid weiß.

Meine Tochter will auch nicht, dass irgendjemand darüber Bescheid weiß - auch nicht die Oma. In Bezug auf andere halte ich mich daran; ich habe ihr aber gesagt, dass ich ihre Oma (meine Mutter) auf jeden Fall auf dem Laufenden halte, weil sie sonst vor Sorge umkommt! Meine Tochter, meine Mutter und ich stehen uns sehr nahe und da sich meine Tochter mittlerweile sozial völlig isoliert hat und seit 6 Monaten wieder bei mir lebt (sie hat zwar ihre eigene Wohnung in der Nachbarstadt, ist auch nicht gekündigt worden, kommt aber allein auf sich gestellt überhaupt nicht mehr zurecht), ist es für sie auch wichtig, dass sie mal bei der Oma Dampf ablassen kann, wenn Sie auf mich wütend ist und ich auch, wenn ich nicht mehr weiter weiß. Das ist auch o.k. so - finde ich.

Wenn Du Deine Tochter nicht direkt mit Deinen Zweifeln konfrontieren möchtest, habe ich dafür vollstes Verständnis! Außerdem hat Deine Tochter ihren Ehemann wahrscheinlich als engsten Vertrauten. Als meine Tochter noch mit ihrem Partner zusammen war, war es für mich auch fast unmöglich an sie ranzukommen. Das lag auch daran, dass sie zum einen versucht hat so lange wie möglich die "Fassade" nach außen hin zu wahren und alles was irgendwann anfing nur noch schief zu laufen, selbst in den Griff zu kriegen - wie sie mir erst viel später selbst erzählt hat. Zum anderen spürte ich irgendwann - wenn ich dann mal Gelegenheit bekam, sie zu treffen, dass es ihr nicht so gut ging, wie sie mich glauben lassen wollte. Und dann hat es noch einmal viel Zeit gebraucht, bis sie es geschafft hat sich aus der Partnerschaft zu lösen. Naiv wie ich war, dachte ich, dass es jetzt wieder mit ihr bergauf gehen würde. Aber es hat nur ein paar Wochen gebraucht, da ist sie völlig zusammengebrochen. Ich bin so froh, dass sie sich damals nicht geweigert hat, mit zu mir zu kommen.

Ich hoffe für Deine Tochter und Dich, dass es nicht soweit kommt. Und glaub' mir, mittlerweile wäre ich froh, ich könnte sagen: Meine Tochter ist einfach nur faul und hat keine Lust zu arbeiten. Das fände ich zwar auch nicht gut, aber Faulheit ist zumindest nicht lebensgefährlich.

Hallo Gizmo,

ich habe schon einiges über Dich und Deinen Mann gelesen (noch längst nicht alles) und ich kann nur sagen: Wenn es nicht um meine Tochter ginge, sondern um Partner oder Freundin, ich hätte schon längst den Flitz gemacht! Unter diesen Bedingungen unter einem Dach zu leben ist der absolute Horror! Und die Hoffnung, die immer mal wieder aufblitzt, wird so schnell wieder durch das Tun oder Unterlassen des Angehörigen zerstört. Und alles dreht sich nur um ihn und seine Befindlichkeit - das hält man auf die Dauer nicht aus, ohne selbst Schaden zu nehmen. Das steht fest!!!

Ich wünsche uns allen viel Kraft und Mut, uns nicht in diesem Strudel zu verlieren und mitabzusaufen!
feuerfisch
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Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von feuerfisch »

Hai nymi

ich bin selbst depressiv und auch Angehörige.

Ich möchte dir als Depressive antworten.
Ich gelte als chronisch schwer depressiv - und bin voll handlungsfähig. Die meiste Zeit gehe ich auch arbeiten. Und keiner - außer meinem Partner - merkt es mir an.

Im Gegenteil, ich bin seit Jahren hart am kämpfen dass ich meine Maske losbekomme. Inzwischen kann ich es sogar manchmal andere spüren lassen wie es mir geht.

Hinsichtlich Prüfungen: da bin ich ein 1-er-Kandidat. Weil ich sämtliche Reserven dafür einsetze zu lernen. Zu kurz komme dabei dann nur ich, so dass es kein anderer Mensch merkt.

Und.....ich muss Gizmo vollkommen Recht geben:

>>>die Depression scheint 1.000 Gesichter zu haben. <<<
das hat sie. Obwohl manch ähnlich Symptome auftauchen, ist doch jede Depri anders, wie auch jeder Mensch anders ist.

Dementsprechend muss ich dann auch diesem Stz widersprechen:

>>>Ich zumindest erlebe es so, daß Denken und Handeln vollkommen auf der Strecke bleiben, wenn es um Themen außerhalb der eigenen Person geht - wie z. B. Verantwortung übernehmen, "Pflichten" nachkommen, etc.<<<

Denn auch hier gibt es enorme Unterschiede. Ganz viele Depris `leben´ quasi nur nach den Bedürfnissen anderer, stellen sich selbst hinten an, auch das führt in die Depression.
Aber dieser Fall scheint euch nicht zu tangieren, darum ist es müssig sich darüber auszutauschen. Ich wollte nur erwähnen dass es auch anders sein kann.

Liebe Grüße

feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
Alma21
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Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von Alma21 »

Hallo Feuerfisch,

du schreibst, daß gerade die Anforderungen, es ANDEREN recht zu machen, in die Depression führen kann. Ich denke, daß du meine Auführung mit "Pflichten" und "Verantwortung" übernehmen etwas falsch gedeutet hast. Ich rede hier nicht von der Verantwortung anderen gegenüber, sondern die von der Eigenen.

Wenn ich heute ohne Androhung körperlicher Gewalt ein Arbeitsverhältnis eingehe, bin ich lt. Arbeitsvertrag verpflichtet, für das monatliche Gehalt auch eine Leistung zu bringen. Es liegt also in meiner Verantwortung, diese zu bringen.
Wenn ich heute im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte Kinder in die Welt setze und das Eheverhältnis scheitert, habe ich trotz allem eine Verantwortung übernommen, der ich auch nachkommen muß, und wenn es Form der Unterhaltsverpflichtung ist.
Wenn ich heute ohne Pistole auf der Brust ein Haus kaufe, dann habe ich die Verantwortung, das Gebäude einigermaßen in Schuß zu halten und die Verpflichtung, von der Bank geliehenes Geld pünklich zurückzuzahlen.

Es zwingt einen kein Mensch dazu, Kinder in die welt zu setzen, ein Haus zu kaufen oder Arbeiten zu gehen. Nur wenn ich mich als Mensch für einen dieser Wege entscheide, und zwar freiwillig und aus eigenem Antrieb heraus, dann übernehme ich die Verantwortung für eben dieses, mein Handeln und bin gleichzeitig eine Verpflichtung eingegangen. Und selbst wenn ich krank werde und bin, dann bleibt, und das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, sowohl die Verantwortung, als auch die Pflicht - oder siehst du das in der Form, daß sich mit der Krankheit die aus freien Stücken übernommene Verantwortung dann in Luft auflöst?

Da würde mich mal deine Denkweise interessieren, bzw. ob und wie du deine persönlichen Verantwortungen delegiert hast - oder ob du diese nicht trotz deiner Krankheit trägst.

Viele Grüße
Gizmo01
feuerfisch
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Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von feuerfisch »

Hai Gizmo

Autsch! Da muss ich wohl irgendwie einen empfindlichen Nerv bei dir getroffen haben. Entschuldige, das wollte ich nicht.

Und ich stimme dir zu dass man Verpflichtungen die man annimmt auch wahrnehmen, bzw. erfüllen muss.

Aber ich denke das es auch Einschränkungen geben kann. Als ein etwas unbeholfenes Beispiel möchte ich mal wieder den oft hergezerrten Fall des Beinbruchs anbringen: wie soll ein Kraftfahrer es schaffen mit Gips noch zu arbeiten?

Na, das ist kein Vergleich, wirst du dir vielleicht sagen...
Aber denke doch zumindest mal darüber nach.

Und ich möchte auch nicht das ein Depressiver damit von allen Verpflichtungen befreit wird, denn: auch der Mensch mit dem Gipsbein ist durchaus in der Lage noch Kaffee zu kochen....

>>>Da würde mich mal deine Denkweise interessieren, bzw. ob und wie du deine persönlichen Verantwortungen delegiert hast - oder ob du diese nicht trotz deiner Krankheit trägst.<<<
Ja, ich trage zum größten Teil meine persönlichen Verantwortungen. Ich arbeite, ich nehme Rücksicht auf meine Umwelt, ich nehme meine Verantwortung größtenteils wahr.

Aber ich schaffe das auch nicht komplett. Ich falle hin und wieder auf der Arbeit zur Zeit aus, fühle mich manchmal überfordert dabei, unter anderem deshalb weil ich nicht `Nein´ sagen kann und darum schlicht und einfach zu viel zu tun habe. Aber dagegen kann ich mich auch nicht wehren, ich schaffe es nicht `Nein´ zu sagen. Dem folgen natürlich Versagensgefühle, die mich zu noch mehr antreiben. Nach wie vor brauche ich auch jemanden der mir sagt das es legitim ist wenn ich mich krank schreiben muss. Zur Zeit bin ich übrigens auch krank geschrieben, unter anderem auch weil ich zu allem Überfluß auch noch gegen Mobbing kämpfen muss.

Und noch etwas von meinen Verantwortungen kann ich nicht tragen: die Selbstfürsorge.
Ja, ich wasche mich, meine Kleidung ect., denn sonst wäre ich gewiß eine Zumutung für meine Umgebung. Aber ich sorge mich nicht im Geringsten um meine körperliche Gesundheit, ignoriere Fehlfunktioen, überarbeite mich, usw.

Resümee: ich stimme dir zu - und doch wieder nicht. Nicht alle Menschen sind gleich, nicht alle Krankheiten sind gleich und auch die Depression ist nicht gleich.

Ich verstehe deine Verbitterung und wünsche dir wirklich für die Zukunft alles Gute!
Aber, wie gesagt, es sind nicht alle gleich, wir sind nicht alle gleich.

Alles Liebe auch dir!

feuerfisch
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nymi
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Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von nymi »

Vielen Dank für eure Antworten.
Für mich kann ich daraus nur den Schluss ziehen: Mir als Laien wird die Diagnose weiterhin unklar bleiben. Ich muss mich also auf das Urteil ihres Arztes verlassen, auch wenn ich selber bei ihr keinerlei Anzeichen einer ernsthaften Erkrankung erkenne.
Sie hat noch vorige Woche erwähnt, wie herrlich es ist, statt zu arbeiten zu Hause zu sein u. in Ruhe den Haushalt zu machen.

So gesehen habe ich dann auch Depris. Denn ich wünsche mir in meinem Alter nichts sehnlicher, als endlich beruflich kürzer treten zu können u. mehr Zeit für die Familie u. mich zu haben, weil mir oft alles über den Kopf wächst u. ich vor Stress Migräne bekomme...sorry, dass das jetzt ironisch klingt.
Aber wenn Depris bedeuten, man fühlt sich sehr oft überlastet, hat manchmal das Gefühl, seinen Alltag nicht zu schaffen, ist nervös u. niedergeschlagen, weil man die Balance zwischen Beruf u. Haushalt nicht mehr findet, macht sich verrückt, weil seit 2 Wochen die Bügelwäsche da liegt u. man weiß, dass man die in der kommenden Woche auch zeitlich nicht erledigt bekommt....wenn DAS die Symptome sind, dann sollte ich auch mal zum Arzt gehen.

Jetzt mal im Ernst: Ich sitze jetzt beim Schreiben tatsächlich hier u. kämpfe mit den Tränen, weil mir plötzlich bewusst wird, was ich alles an Belastungen spüre.
Da ist einmal das gerade Erwähnte (Beruf + Haushalt), dann die Sorge um meine Tochter, auch wenn ich versuche, ihr Simulieren unterzujubeln, meiner anderen Tochter habe ich am Wochenende beim Umzug geholfen u. dabei feststellen müssen, dass meine Tochter hoffnungslos verdreckt u. zugemüllt lebt, tja, u. meine Ehe ist auch nicht grad zum Besten.
Da kann einem echt die Freude vergehen. Liegt vielleicht aber auch nur daran, dass es mir heute nicht gut geht. Besagte Migräne hat, wenn auch in leichter Forn, mal wieder zugeschlagen. Aber statt zu Hause zu bleiben, hat mich mein Pflichtgefühl natürlich in die Firma getrieben.

Wieso bin ich jetzt eigentlich von meiner Tochter auf mich selber gekommen...?
Tut mir leider, wenn das jetzt alles ziemlich wirr rüberkommt, aber ich hab einfach drauf los geschrieben.

Liebe Grüße
Nymi
feuerfisch
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Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von feuerfisch »

Hai Nymi

ja, das bei dir klingt auch nach einer Überlastung. Die ganze Situation klingt nicht gut.

Aber dennoch gibt es Unterschiede zwischen einer `normalen´ Überlastung und echten Depressionen. (oft sagen Leute "Ich bin heute ein bißchen Depri..." und wissen gar nicht wie sehr sie damit die echte Krankheit Depression verharmlosen - das sollte nur ein Nebeneinwurf sein, ich lese bei dir da nix davon).

Wirklich abklären kann das nur ein Arzt/Therapeut, da gehört wesendlich mehr dazu als nur ein paar Auszüge. Vor allem das eigene Erleben. Aber es gibt Möglichkeiten auch hier im Internet zumindest grob abzuklären ob man besser mal zum Arzt gehen sollte oder auch nicht.

Du könntest mal zur Startseite gehen und dort auf "Für Betroffene" klicken - da gibts auch einen kurzen Test, sowie weitere Informationen. Das kann für die reine Information über diese Krankheit sinnig sein, aber auch für dich selbst.

Ansonsten kann ich dir nur sagen das es häufig so ist, dass, wenn man einen an Depression erkrankten in der Familie hat, es nicht unwahrschinlich ist das sich noch mehrere innerhalb der Familie finden (siehe deine andere Tochter, auch sie könnte an Depris leiden).

Und so ganz im Allgemeinen möchte ich dir ans Herz legen dass du für dich einen Ausgleich findest. Das kann ein Hobby sein, eine Runde in aller Ruhe in der Badewanne mit Kerzen, Düften ect., oder auch etwas ganz anderes. Egal wie viel du zu tun hast - reserviere dir eine feste Zeit am Tag, zu der du dich nur um dich kümmerst und um keinen sonst!

Liebe Grüße

feuerfisch
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flora80
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Re: Tochter trotz Depris Motorradführerschein

Beitrag von flora80 »

Hallo Nymi,

ob deine Tochter nun depressiv ist oder nicht, das kann hier wohl keiner beantworten. Was ich dir allerdings noch zu bedenken geben möchte ist, dass auch Eltern (sprich: du als Mutter) nicht alles wissen und deine Tochter dir evtl. auch nur einen ganz geringfügigen Teil ihres Problems erzählt. Meine Eltern wissen bis heute nicht viel, auch wenn sie mir zum Glück geglaubt haben, dass ich krank war. Manchmal hat man sehr gute Gründe, Eltern nicht mit ins Boot zu holen und als erwachsener Mensch muss deine Tochter das ja auch gar nicht, auch wenn Mütter immer das Bedürfnis haben, alles über ihr "Kind" wissen zu wollen. Ich kenne das von meiner Mutter und mir hilft es ehrlich gesagt, mich da deutlich abzugrenzen, auch wenn das für Mütter schmerzhaft ist.

Vielleicht trifft es euer Problem gar nicht, aber das kam mir so in den Sinn. Weißt du wirklich, wie es deiner Tochter geht, wenn du nicht dabei bist? Depressiv sein heißt häufig nicht, gar nichts mehr zu können (wie ja auch einige schon geschrieben haben). Trotzdem kann man manchmal nicht arbeiten, auch über lange Zeit nicht. Und was für Angehörige sicher schwer zu verstehen ist ist, dass man nicht immer gleich depressiv ist, sondern es häufig Schwankungen auch während eines Tages gibt. Oder man wirkt vielleicht nach außen hin nicht depresiv, kann aber den Druck auf der Arbeit nicht aushalten. Oder oder oder. Es gibt tausend mögliche Erklärungen. Es ist eher selten, dass Ärzte jemanden krank schreiben, der gar nichts hat... So toll kann man gar nicht schauspielern und die allermeisten stellen recht gezielte Fragen.

Grüße von Flora
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