Spitritualität und Depression

igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

Guten Abend, Thomas!

Ich hoffe, dass mir das auch bewusst bleibt. So kann man natürlich auch unabhängiger bleiben bzw. braucht nicht immer andere Personen, um sich selbst etwas wert zu sein.

Wenn ich meine nächste krisenhafte Zuspitzung habe weil ich mich wieder zurückgewiesen fühle, sei es nun hier im Forum oder auch in meinem persönlich Umfeld, kannst Du mich dann vielleicht daran erinnern?!

Ich habe in den letzten Tagen bemerkt, wie sehr ich noch die Therapie brauche. Ohne sie ist bei mir doch alles sehr unstrukturiert. Na ja, am 15.08. gehts ja wieder los.

Aber ich habe auch gemerkt, dass ich in der Gruppentherapie gar nicht so an diese Themen herankomme bzw. sie für mich nicht "ausarbeiten" kann, weil die anderen Patientinnen irgendwie oberflächlichere Sorgen mitbringen. Wer weiss, vielleicht bin ich hier auch wieder vorschnell, ich habe noch fast ein Jahr Gruppe vor mir. Bin ja immer schon ein paar Schritte weiter gewesen mit meinem Kopf als andere. Als Kind habe ich, wenn die Nachbarmädchen draussen gespielt haben, auf dem Balkon gestanden und aufgeschrieben, was sie da machen. Verrückt.

Liebe Grüsse,
igel
igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

Hallo Ben!

Wie wahr - der hat die Schnauze so voll, voller gehts schon gar nicht mehr!!!
igel
igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

O.k., Ben - keine Antwort von den Experten.

Ich wage es zu behaupten, dass uns aus therapeutischen Gründen die Bestätigung unseres narzistischen Wunsches verwährt wird.

Bleibt die Frage, wie wir nun damit umgehen werden. Werden wir bockig/zickig, ungeduldig, uns in die "keiner hat mich lieb Haltung" zurückziehen, werden wir auf alle Welt schimpfen? Im schlimmsten Fall weht uns angesichts dieses Konflikts ein depressiver Wind um die Ohren.

Wo bleibt das "sich selbst umarmen?"

Siehst Du, in manchen Situationen können wir es eben doch nicht. Aber die Umarmungen anderer können auch niemals ausreichen, weil
unser Hunger danach gar nicht zu stillen ist.

Bin gespannt, was wir daraus machen.....

Liebe Grüsse,
igel
tomroerich
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von tomroerich »

Hi Ben,

hattest du eine Antwort erwartet? Ich nicht. Was sollen die Experten auch dazu sagen. Religion ist nichts für Experten sondern für Philosophen. Außer vielleicht C.G. Jung wäre mir auch kein Experte bekannt, der je versucht hätte, diese beiden Welten miteinander zu verbinden. Zu schwammig, zu abgründig was dabei herauskommt.

@Igel
Du hast wirklich aufgeschrieben, was du beobachtet hast? Das ist bemerkenswert und erschreckend zugleich. Erschreckend deshalb, weil es ja vermutlich dem verzweifelten Wunsch entsprungen ist, dir eine geordnete Welt zu schaffen, in der man sich orientieren kann.
Wie war das bei dir, wie hast du deine Eltern erlebt: Als unzugänglich, keine-grenzen-setzend, nur mit sich beschäftigt in ihrem Narzismus? Haben sie dir die Welt nicht erklärt?

Triefnass,

Thomas
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Teman
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von Teman »

Erich Fromm fällt mir dazu noch ein.
igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

igel
tomroerich
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von tomroerich »

Hallo Igel,

da gibt es ja ganz erstaunliche Parallelen zwischen unseren Geschichten! Ob wir uns deshalb so gut verstehen?
Natürlich sind die Geschichten ganz verschieden aber sie sind durch das gleiche Problem belastet: Kinder zum Symptomträger der ehelichen Probleme zu machen. Mir war das bis zu meinem Zusammenbruch 1994 überhaupt nicht klar, wie sehr ich dazu missbraucht wurde, als Schuldiger für das Unglück meiner Mutter zu dienen.
Noch als 20-Jähriger "musste" ich mit meinem Stiefvater nach Italien reisen, weil der dort eine Geliebte hatte und meinte, da könne er Unterstützung brauchen. Und meiner Mutter durfte ich damit dienen, ihr Bericht zu erstatten. Es war einfach völlig normal, mich für solche Aufgaben, die mich ja in die fürchterlichsten Gewissenskonflikte stürzten, zu gebrauchen. Und das Verrückteste ist, schon meine Zeugung fand nur ganz gezielt deshalb statt, weil meine Mutter kurz zuvor ein Mädchen verloren hatte, das im 6. Monat tot geboren wurde. So war mein erster schwerer Fehler, ein Junge zu sein.
Muss hier leider unterbrechen und habe auch den Faden verloren, weil ich zur Abwechslung mal was gearbeitet habe

Thomas
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

igel
ben1
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von ben1 »

Zu den Experten nochmals ...

Du hast sicher recht, Thomas. Das ist ein Thema, um das sich Experten gerne rumwinden, weil mit Studien und "wissenschaftlicher" herangehensweise nicht viel auszusagen ist.

Und dennoch beobachte ich mit Freude einen (wenn auch kleinen) Wandel in der Wissenschaft. Ich habe gute Bücher von Jungianern gelesen, die dessen Ansatz noch weitergestrickt haben - auch die Entstehung der "transpersonalen Psychologie" verfolge ich mit großem Interesse.

Es hat schon einen Touch von Größenwahn, wenn man glaubt, vor Freud konnten die Menschen nicht denken. Wie lange gibts die wissenschaftliche Psychotherapie schon? Und was taten die Menschen vorher? Die haben auch überlebt und hatten sicherlich auch Ihre Probleme.

Schön wäre es, wenn beide Seiten mal aufeinander zugehen würden - das ganze Wissen in einen Topf und neu umrühren.

Ken Wilber versucht das zum Beispiel (Buchtipp: Ken Wilber : Wege zum Selbst - hier erleutert er sehr anschulich, welche Therapie zu welchem Bewußtseinszustand passt - und er erklärt auch sehr schön, das die spirituellen Theorien nie den Nutzen "normaler" Psychotherapeutischer Verfahren verkennen - ganz im Gegenteil. Es kommt aufs Problem an, das man hat)

Ben
ben1
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von ben1 »

Noch ein für mich wertvoller Gedanke für alle Experten, für alle, die meinen, in der wissenschaftlichen Denkweise alles erklären zu können

NUTZEN, WAS NICHT IST

Dreißig Speichen laufen in der Nabe zusammen;
Was nicht ist, macht das Rad brauchbar.
Ton wird geformt und gehölt zum Topf;
Was nicht ist, macht den Topf brauchbar.
Fenster und Türen bricht man heraus beim Bau des Zimmers;
Was nicht ist macht das Zimmer brauchbar.

Ziehe also Deine Vorteile aus dem, was ist,
Indem Du gebrauch machst von dem, was nicht ist.

Tao Te King

Vielleicht (hoffentlich nicht) das Schlußwort zu diesem wunderbaren Thread ...


Ben
tomroerich
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von tomroerich »

Liebe Igel,

ich schaffe es nicht mehr, dir auf den letzten Beitrag zu antworten. Der Vorurlaubsstress hat mich im Griff und noch dazu hat ein Virus einige PCs zerstört, für die ich mir noch ganz schnell was einfallen lassen muss morgen. Mein Kopf ist nicht frei und dann kann ich nicht schreiben. Aber wir setzen das fort, ja? Halt du hier die Stellung, Ok?

Bis bald (14 Tage)

Thomas
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igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

Lieber Thomas,

warscheinlich liest Du das hier nicht mehr, weil Du schon unterwegs bist. Ich will trotzdem kurz antworten.

Ich hatte gestern schon wieder einen kurzen Anfall von "warum schreibt er nicht zurück?"

Habe dann das Distanz-nehmen und Beobachten geübt und plötzlich war das Vertrauen da. Fortschritt!!!! Ich umarme mich jetzt selbst.

Wünsche Dir einen schönen Urlaub und Erholung, freue mich auf das "Wiedererkennen"!

Alles gute,
igel
igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

Hallo Ben!

Im Moment stimmen mich Deine Worte nur nachdenklich. Obwohl das ja auch schon eine Menge ist.

Was anderes.

Ich habe vorhin so gedacht, dass der Weg, den wir gehen, irgendwie bestimmt ist, ohne dass wir es zunächst einmal verstehen.

Mir ist eingefallen, dass ich mit meinem Freund zweimal Urlaub in Thailand gemacht habe und mich das Leben der Mönche dort sehr fasziniert hat. Mir ging es zu dem Zeitpunkt gut - glaubte ich zumindest -. Ich hätte nie geglaubt, dass ich einmal so ins Straucheln gerate würde und mir den Sinn des Lebens vergegenwärtigen muss.

Ich glaube, es hat einen tieferen Sinn, sich ausgerechnet so ein Land als Urlaubsort auszusuchen. So wie alles einen tieferen Sinn hat, dass wir jetzt dort stehen, wo wir stehen.

Gut, man kann natürlich nicht in alles und jeden etwas hereindeuten. Warum beschleicht mich ein unheimliches Gefühl dabei? Vielleicht, weil ich etwas noch nicht verstehe.

Diese Mönche dort haben einen Ort gesucht, um zu lernen, in sich selbst zu wohnen. Und da ist mein Zusammenhang. Es hat mich offensichtlich damals schon unbewusst angesprochen, obwohl ich nicht wusste, dass ich mich verloren habe.

Und ich habe mir allen Schutz geholt. Es gibt dort für jeden Tag einen Buddha,der dich beschützen soll. Es hat auch jeder seinen eigenen Buddha; ich habe anhand des hundertjährigen Kalenders meinen Buddha herausgefunden und ihn mit nach Hause genommen. Es ist ein Buddha, der in meditierender Haltung auf einer Schlange sitzt.

Gruss,
igel
tomroerich
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von tomroerich »

Doch Igel, ich habs noch gelesen. Musste mir aber schon gestern mal den Rücken freihalten und mich vom "Erwartungsdruck" befreien denn den spüre ich gerade so massiv, dass mir schwindelig wird (ich meine nicht dich damit). Jedenfalls:
Habe dann das Distanz-nehmen und Beobachten geübt und plötzlich war das Vertrauen da. Fortschritt!!!! Ich umarme mich jetzt selbst.

Ich bin stolz auf dich !

Bis bald,

Thomas
Betroffene für Betroffene

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ben1
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von ben1 »

Hallo Igel

Glückwunsch!!!

Distanz nehmen und beobachten - ja, es geht, wenn es auch anfangs sehr, sehr ungewohnt ist. Aber das geht irgendwann so selbstverständlich, das man das in allen Alltagssituationen auch anwenden kann - und das ist wirklich lehrreich.
Magst Du schildern, was da in Dir vorging - würde mich interessieren.

Ben
ben1
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von ben1 »

Nochmal zu Igel

eine spannende Frage - ist unser Leben irgenwie vorbestimmt? Wenn ich so zurückschaue, hatte ALLES, was ich erleben durfte und mußte einen SINN, auch wenn man den oft erst sehr, sehr viel später erkennt. Ich glaube fest daran, das unser höheres selbst (ich schreib hier bewußt "unser", weil meins und deins und das aller anderen Menschen eins ist) den Weg kennt - und ich denke, wir können ihn nur ergründen, indem wir das erleben, was für uns vorgesehen ist. Und das geht wiederum nur, wenn wir uns auf unsere Gefühle verlassen und den ganzen "Denk- und Machapparat" auch mal ausschalten können.

Ben
Sunshine
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von Sunshine »

Hallo Ben,
ich verfolge diesen Thread und ich finde das Thema sehr interessant. Ich hätte gerne schon voher etwas geschrieben aber mir fehlte bis jetzt der Ansatz meine Gedanken richtig artikulieren zu können.
Wie kommst Du auf die Idee das die Sachen die uns im Leben passieren einen Sinn machen müssen? Ist es nicht eher so, dass wir es gern so hätten um die Geister die uns verfolgen zu beruhigen. Es ist schwerer zu ertragen das das Unglück das in unserem Leben passiert ist, einfach nur so passiert, als zu hoffen das sich irgendwann mal herausstellt das es nur zu unserem Besten war. Aber was für ein Sinn soll z.B. darin liegen, dass ein Kind in Afrika an Hunger stirbt oder das Menschen sich gegenseitig oder sich selbst umbringen? Wo liegt denn hier der Sinn? Oder leben diese Menschen nur um als Beispiel für uns zu dienen?
Ich selbst bin auch ein Mensch der gerne nach Logik in Zusammenhängen sucht, weil vieles viel eher zu begreifen ist wenn man eine Begründung dafür hat.
Es ist die Suche oder in Deinem Fall Hoffnung auf Gerechtigkeit oder Belohnung (für gutes Verhalten oder Märtyrertum) im Leben.
Das Leben hat mich gelehrt das Gerechtigkeit im Leben reiner Zufall ist.
Ich finde das selbst sehr ungerecht und hadere aber das nützt weder mir noch anderen.
Was den Sinn unseres Lebens ausmacht kann nur jeder für sich selbst festlegen.Es gibt niemand anderen der für unser Leben verantwortlich ist ausser uns selbst.
Für mich selbst heisst dass, das ich mich bemühe das Leben und die Menschen so anzunehmen wie es ist, wenn ich es nicht ändern kann.(Menschen kann man sowieso nicht ändern). Wenn wir alles und jedes hinterfragen bringt uns das keinen Schritt vorwärts. Irgendwo müssen wir entscheiden wo wir etwas zurücklassen und akzeptieren um weiterzukommen. Natürlich heisst das nicht, zu resignieren wenn mir etwas nicht gefällt, sondern nach Lösungen zu suchen.
Leider schlagen meine Bemühungen oft fehl. Ich stehe mir oft selbst im Weg . Aber auch hierzu versuche ich Lösungen zu finden. Es gibt Fortschritte und Rückschläge und es dauert schon so lange, dass ich manchmal Aufgeben will. Vielleicht ist dieser Kampf um mich selber der Sinn meines Lebens.

Sunshine
igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

Hallo Ben!

Na, konntest Du nicht schlafen? Wahnsinns-Zeit, um die Du noch hier warst. Aber nachts ist ja oft am schlimmsten und die Gedanken überschlagen sich....

Ich glaube, ich habe das Gefühl damit gekoppelt, das ich soviel von mir preisgegeben habe. Weil ich eben einfach von mir erzählt habe. Als dann nicht sofort eine Reaktion kam, dachte ich:"Siehst Du, jetzt hast Du ihn überfordert, so wie du immer allen zur Last wirst, wenn du über dich sprichst." Habe mir dann klar gemacht, dass es ja auch eine Fülle von Informationen ist.

Und ich habe mir klar gemacht, dass das die Denkweise der "kleinen Igel" ist. Dann war Platz für die positiven Erfahrungen, die ich hier bereits gemacht habe und ich wurde gelassener.

Ich freue mich richtig darüber, dass es einmal praktisch funktioniert hat! Bislang war ja eher alles erstmal Theorie. So wie ich eigentlich immer alles mit dem Kopf lösen wollte. Ohne den Versuch, meine Gefühle einzusetzen bzw. zu nutzen. Negative Gefühle schon gleich gar nicht! Die habe ich nämlich konsequent ausgeblendet bzw. nicht beachtet. . Ich erninnere mich daran, wie ich als Kind geheult und geschrien habe, weil ich Angst vor Dunkelheit hatte. Ich hatte aus der Angst heraus, nicht mehr aufzuwachen, Angst überhaupt einzuschlafen.



Machst Du im Moment eigentlich Therapie? Ich habe mich ja noch nicht so eingelesen.

Liebe Grüsse,
igel
ben1
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von ben1 »

Hallo Igel,

meine Therapie ist vorbei, aber ich arbeite weiter an den Ergebnissen. Übrigens war ich nicht wach, weil ich nicht schlafen konnte, sondern weil ich da erst heimkam.

Versuch das unbedingt weiter mit der Distanz, das ist sehr, sehr wichtig und wertvoll

Ben
maggy
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von maggy »

Hallo Sunshine,

der Sinn meines Lebens hat mich jahrelang beschäftigt. Bis ich ein einschneidendes Erlebnis hatte: Wenn ich zu Hause auf's Klo ging war meist die Toilettenpapier-Rolle leer. Mit dem letzten bisschen an Humor, der mir in der Zeit noch zur Verfügung stand, beschloß ich: Der Sinn meines Lebens ist leere Klopapier-Rollen durch volle zu ersetzen. So und dann passierte folgendes: Egal wo ich hinkam: Restaurants, Autobahnraststätten, Freunde...wenn ich auf's Klo ging waren die Klopapier-Rollen leer. Da wurde mir bewußt, dass ich mir den Sinn meines Lebens selber gebe. Das, worauf ich meine Aufmerksamkeit lenke, das wächst. Ab da beschloß ich meine Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was mir gut tut.
Es funktioniert bis heute .

Alles Liebe
von
Maggy
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Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
ben1
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von ben1 »

Zu Gefühlen

Es gibt 3 Arten, auf Gefühle zu reagieren bzw. mit ihnen zu arbeiten

a) Du kannst sie verleugnen/verdrängen/unterdrücken

b) Du kannst Sie ausleben

c) Du kannst Sie beobachten und aus ihnen lernen, ohne auf sie zu reagieren

Je mahr man auf negative Gefühle achtet, um sie zu verändern, um so mehr Energie verwendet man - das ist meiner Meinung nach sinnlos.

Beobachten, vorbeiziehen lassen, akzeptieren und nicht identifizieren

Ben
ben1
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von ben1 »

Hallo Sunshine

ich habe Deinen Beitrag beim ersten Mal überlesen und deshalb nicht geantwortet - tschuldigung, war nicht persönlich gemeint!

Du hast erstmal völlig recht - auf der Welt passiert so viel Schreckliches, das der simple Satz "Alles macht Sinn" schon beinahe sarkastisch wirkt.

Interessanter wirds, wenn wir uns dem Problem auf der Seite der Ursachen der Tragödien zuwenden. Warum töten Menschen andere Menschen? Warum gibt es Krieg oder Hunger, wo wir theoretisch so weit sind, das es ein Kinderspiel ist, die ganze Welt zu ernähren?

Ich denke, das ganze Problem steht und fällt mit dem Egoismus, mit dem Ich, mit dem wir uns (fälschlicher Weise!) identifizieren und das einfordert, uns zuallererst und vor allem ausschließlich um uns selbst kümmern zu müssen. Was würde passieren, wenn die Menschen erkennen würden, das wir alle wie in einem Netz miteinander verbunden sind (wenn das nicht so wäre, hättest Du kein Mitgefühl mit Deinen Mitmenschen, oder?). Dann wäre es ein leichtes, die Welt so zu verändern, das alle Menschen zufrieden Leben könnten. Ich weis, das das sehr utopisch klingt und vielleicht auch ist - dennoch finde ich es bemerkenswert, das sich gerade in Wohlstandsgesellschaften Depressionen immer stärker ausprägen - man hat alles, was man zum Leben braucht (auch wenn man von der Sozialhilfe lebt - ich polarisiere wieder mal) und ist dennoch unglücklich - weil was fehlt! Wenn Du erkennst, das alles, was Du anderen schenkst oder wegnimmst auch Dir etwas schenkt oder eben wegnimmt, hast Du Deinen Part erledigt! Du und ich, wir werden die Welt nicht verändern, aber wir können unseren Teil der Verantwortung übernehmen - nicht mehr und nicht weniger! (ich z.B. spende 20 Euro monatlich für Hilfsorganisationen - das ist nicht viel, aber besser als nichts! Kritiker sagen "Das ist zur Gewissensberuhigung" - und ich sage "mehr kann ich nicht tun, und wenn das jeder andere auch tun würde, wäre es perfekt" Außerdem lebe ich gewaltfrei - so, daß ist mein Part - mehr geht nicht (ich bin nur ein Mensch ) Ob sich alles mal zum Guten wenden wird, weiß ich nicht (wie schon oben "Utopie" - aber wenns ich nicht versuche, wer dann?)

Freue mich, von Dir zu hören

Ben
igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

Hallo, lieber Ben!

Vor allen Dingen das sich-nicht-identifizieren ist sehr schwer. Warscheinlich Übungssache.

Kennst Du aus Deiner Depression Entfremdungserleben? Ich fühle mich seit Tage wieder als sei ich irgendwohin "abgetaucht".Ich laufe durch die Welt und bin gar nicht dabei. Mein Freund und ich waren gestern einkaufen und er fragte mich etwas. Ich habe das gar nicht gehört. So wie ich in letzter Zeit vieles nicht höre, es dringt sozusagen nicht durch.

Plötzlich habe ich gemerkt, dass ich im Laden stehe und habe mich gefragt, wo ich eigentlich (mit meinen Gedanken?) war.Ich hatte Thomas geschrieben, dass ich als Kind die Nachbarmädchen beim spielen beobachtet und aufgeschrieben habe, was sie da tun. Mir fällt auf, dass ich das jetzt auch wieder mache, hier im Forum. Wobei es natürlich nicht um ein Spiel geht. Ich beobachte mich und schreibe auf.

Mein Therapeut in der Klinik meinte, ich bräuchte hin und wieder jemanden, der mich wieder auf den Teppich holt. Ich weiss jetzt, wie das gemeint war und es ist hier auch schon passiert. Beispielsweise anhand Thoma´s Frage nach meinen Erwartungen.

Kennst Du dieses Entfremdungserleben?

Gruss,
igel
ben1
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von ben1 »

Kenn ich, kenn ich. Meine besten Erfahrungen habe ich dann damit gemacht, etwas ganz bewußt zu tun, also wirklich mit allen Sinnen dabei zu sein - mal zu sehen, hören, riechen, fühlen was die Situation hergibt. Die Beobachetrperspektive einnehmen muß ja nicht automatisch heißen, mich vom Körper zu distanzieren. Ich seheh meinen Körper dann eher als "Brille" oder "Hörgerät" - der Körper bietet also meinem Bewußtsein die Möglichkeit, Erfahrungen zu machen. Kann man das verstehen?

Ben
igel
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Re: Spitritualität und Depression

Beitrag von igel »

Ja, das kann ich nachvollziehen. Deshalb meinte mein Arzt warscheinlich beim letzten Gespräch auch, ich solle joggen gehen oder heiss und kalt duschen (grins).Das ist so irre. Ich habe mich mit Händen und Füssen dagegen gewehrt, zu joggen oder heiss und kalt zu duschen. Weil

a) heiss und kalt duschen meiner inneren
Verfassung entspricht

b) joggen meiner inneren Rennerei entspricht.


Sag mal, das hat doch was psychotisches, das derart umzudeuten, oder? Irgendwie muss ich gerade ein wenig über mich selbst lächeln....

Alles Liebe,
igel
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