Selbsthilfegruppe

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Lusie
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Selbsthilfegruppe

Beitrag von Lusie »

Hallo Ihr,
immer wieder wird hier in den verschiedenen Beiträgen darauf hingewiesen oder empfohlen, dass es sinnvoll ist bzw. hilfreich sein kann, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Ich habe mich jetzt befragt, und in meiner Umgebung gibt es "nur" eine Selbsthilfegruppe für die Zielgruppe "Angehörige psychisch Kranker". Ich bin jetzt ein wenig verunsichert, ob ich da richtig bin. Zum einen dürften Depressionen zu den verbreitesten psychischen Erkrankungen zählen, so dass ich davon ausgehen kann, dass auch "mein" Problem (Depression des Lebenspartners) zur Thematik zählt. Andererseits hemmt mich dieser breit gefasste Themenbereich, bei der Selbsthilfegruppe vorbeizuschauen. Ich bin normalerweise gar nicht zögerlich, aber diesmal verspüre ich eine sehr hohe Hemmschwelle. Einerseits weiß ich, dass ich mir nur Klarheit verschaffen kann, wenn ich mal hingehe und mich umsehe. Andererseits hab ich Angst schlicht und ergreifend fehl am Platz zu sein.
Wer von Euch kann mich ein wenig an seinen Erfahrungen teilhaben lassen und mir Mut machen? Der nächste Termin ist heute Abend um 19 Uhr, und ich hatte mir - eigentlich - fest vorgenommen hinzugehen. Doch jetzt merke ich, dass ich zögere......
Alles Liebe von bear
JeKo
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von JeKo »

Hallo!
Bin selber noch neu hier...Mein Mann ist auch depressiv und ich bin letztens auch das erste Mal in eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von psychisch Kranken gegangen. Laß Dich nicht abschrecken, da sind auf jeden Fall auch welche bei die ähnliche Probleme wie Du haben. Denke ich mal. Es lohnt sich in jedem Fall!
Schau mal vorbei und versuch offen zu sein, wenns gar nicht passt gehst Du halt nicht mehr hin. Ich habe es nicht bereut und werde wieder hingehen!

LG Jes
Lusie
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von Lusie »

Hallo jes,
danke für Deine schnelle und ermutigende Antwort. Mich würde allerdings interessieren, wie Dein erstes Treffen verlaufen ist. Hast Du Dich zunächst als Zuhörer im Hintergrund gehalten oder wurdest Du aufgefordert, von Dir zu erzählen? Ich stelle es mir ja so vor, dass es mir selbst überlassen sein wird, ob ich passiv bleibe oder selbst einen Beitrag leiste. Dass ich also völlig wertfrei an der Sitzung teilnehmen und mir meine Meinung bilden kann. Was umso mehr dafür spricht, mich einfach mal auf das Abenteuer einzulassen, oder nicht?
Worin siehst Du den Gewinn für Dich, wenn Du die Gruppe weiter besuchen willst? Hast Du Dich gut aufgenommen gefühlt?
Lieben Gruß von bear
skip
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von skip »

Hallo,

aus eigener Erfahrung sage ich: Hingehen, Ansehen und dann entscheiden ob man wiederkommt*zwinker*

Bin letzte Woche auch das erste mal in solch einer Gruppe gewesen und es hat mir sehr gut gefallen))))

Ob es etwas für dich ist, kannst du wirklich nur vor Ort entscheiden, aber wenn du Interesse hast gehe auf jedenfall hin und schau es dir an))))

Ob du etwas sagst oder nicht bleibt eh dir überlassen und dort wirst du von niemanden gezwungen.

Liebe Grüsse und etwas mehr Mut
Gaby
Der Weg war schon immer das Ziel
JeKo
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von JeKo »

Hallo!
Ich kann mich da nur Gabi anschließen. Ich habe schon erstmal zugehört. Nicht jeder ist immer da und so weiß auch nicht jeder genau wer neu ist. Deshalb wurde dann mal gefragt, ob jmd. zum ersten Mal da war. Habe kurz gesagt warum ich da bin (Partner depressiv) und dann ergibt sich schnell so eine Art "Smalltalk", weil man eben sehr ähnliche Erlebnisse hat. Sie fragen einen aber nicht aus, immerhin wissen sie ja wie es Dir geht.
Bei uns ist die Gruppe grad im Umbruch(struktuell). D.h. es ist momentan keine homogene Gruppe, wird sich aber bald ändern. Ich finde es ne gute Sache und gehe wieder hin. Endlich wird man auch mal "bemitleidet" und kann sich auskotzen (sonst muß man ja den ganzen Tag rücksichtsvoll sein);-)

LG jes
tommi
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von tommi »

Liebe Bear,

schön, wieder mal von dir zu lesen . Wie geht es dir? Bist du nun zur Selbsthilfegruppe gegangen? Wenn ja, wie hat es dir gefallen? Wenn nein, warum nicht?

Lieben Gruß
Tom
Lusie
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von Lusie »

Hallo Tom,
nachdem ich in den vergangenen Monaten sämtliche emotionalen Höhen und Tiefen durchlebt habe, die die Krankheit Depression für Angehörige denn so mit sich bringt, muss ich sagen, dass ich mich momentan doch stabil fühle. Das Forum hier mit all seinen Beiträgen - vielen vielen Dank dafür - hat mir sehr viel geholfen. Insbesondere hab ich es durch die Beiträge immer wieder -mal mehr mal weniger gut - geschafft, den Blick auf das wesentliche zu richten, mich selbst zurückzunehmen und auf die Liebe meines Partners zu vertrauen. Meine Beziehung zu ihm ist so wie Du es bei Dir und Deiner Frau beschreibst sehr viel intensiver und inniger geworden als sie es ohnehin schon war.
Momentan wird er auf ein neues Medikament umgestellt und wir haben beide den Eindruck - jeweils aus unterschiedlicher Warte - , dass es ihm sehr viel Druck nimmt und er eine Linderung verspürt. Das bedeutet gleichzeitig eine Zeit sehr schöner und inniger Gespräche, eine Zeit der Nähe und eines vertrauensvollen Miteinanders. Trotzdem weiß ich, dass ich mich nicht darauf verlassen darf, dass jetzt einfach "alles gut" wird. Und um mich weiter zu wappnen möchte ich den Weg in eine Selbsthilfegruppe unbedingt ausprobieren. Die Gruppe am Montag ist leider ausgefallen, doch ich werde im nächsten Monat (die Gruppe findet nur einmal monatlich statt)noch mal einen Versuch starten und mir das ansehen. Ich denke schon, dass es mir gut tun könnte, wenn ich noch ein weiteres Standbein hätte, das mir hilft, mit der Krankheit besser umzugehen. Was mir gut tut, tut ihm gut - und umgekehrt. Deshalb will ich es auf alle Fälle versuchen. Ich werde zu gegebener Zeit gerne über meine Erfahrungen berichten.

Alles Gute für Dich und Dein Frau und weiterhin viel Kraft und Zuversicht an alle Forumsteilnehmer wünscht

bear
cd
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von cd »

Hallo Bear,

ich habe mich gestern ebenfalls bei einer Selbsthilfegruppe für "Angehörige psychisch Erkrankter" angemeldet. Der erste Termin ist am 5. April. Ich habe die Information erhalten, dass ich erst einmal nur zuhören kann und nur etwas zu meiner Situation sagen muss, wenn ich das will. Ich habe auch nachgefragt, ob ich in der SHG richtig aufgehoben wäre und erhielt die Antwort, dass Depression eine weitverbreitete Krankheit ist und aus diesem Grund immer Angehörige in der Gruppe wären. Gerne werde ich dir berichten wie es war.

Viele Grüße
Laura
skip
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Registriert: 18. Feb 2006, 18:59

Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von skip »

Ich wünsche euch das ihr diesen Schritt wirklich angeht, denn wie schon geschrieben bin ich eine Befürworterin von diesen Treffen mit Gleichgesinnten))))

Es ist auch sehr schön, wenn jemand etwas positives Berichten kann, denn das motiviert andere wieder weiter zu machen*zwinker*

Eine Selbsthilfegruppe wenn sie gut ist sollte nicht nur aus schwachen, sondern auch aus starken Personen, die vielleicht gerade eine gute Zeit erleben zusammengesetzt sein. So können akute Probleme gut aufgefangen werden und wenns beim nächsten mal vielleicht dem heutigen starken schlecht ergeht, kann er sich in sicherheit wiegen von den anderen aufgefangen zu werden.

Ich wünsche euch eine solch tolle Gruppe in der ihr euch aufgehoben fühlt.

LG gaby
Der Weg war schon immer das Ziel
Lusie
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von Lusie »

Hallo Laura,
danke für Deine Informationen. Das hilft mir doch schon ein Stück weiter. Der nächste Termin "meiner" Selbsthilfegruppe findet am 10.04. statt, so dass ich mich freuen würde, wenn Du mir vorab von Deinen Erfahrungen (am 05.04.) erzählen würdest. Ich habe mir fest vorgenommen, die Gruppe auszuprobieren, denn letztlich hat man ja nix zu verlieren. Entweder man fühlt sich angesprochen, dann kann man sich einbringen und wiederkommen. Oder aber man geht halt einfach das nächstemal nicht mehr hin. Aber Du machst mir Mut, die Sache auch durchzuziehen. Vielen Dank.
Liebe Grüße von bear
cd
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Registriert: 9. Nov 2005, 15:49

Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von cd »

Liebe Bear,

du hast mir mit deinem Thread auch Mut gemacht. Ich bin im Augenblick auch an dem Punkt, dass ich glaube, dass nur ein "Neuanfang" für uns beide Sinn macht. Du hast es offensichtlich geschafft und das macht mir Hoffnung.

Liebe Grüße
Laura
cd
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von cd »

Hallo Bear,

gestern war der erste Termin "meiner" Selbsthilfegruppe. Sehr viel hat er mir nicht gebracht, da gestern ein Fachreferat zur Wiedereingliederung von psychisch Kranken in den Beruf stattgefunden hat. Die Gruppe bestand am gestrigen Tag ausschließlich aus Eltern mit psychisch erkrankten erwachsenen Kindern. Vor dem Vortrag waren noch etwa 15 Minuten Zeit. Ich wurde gefragt, ob ich zunächst nur zuhören möchte oder ob ich etwas zu meiner Situation erzählen möchten. Ich habe mich für die zweite Variante entschlossen. Die Anwesenden bestätigten mich in meinem Weg, den ich vor drei Wochen beschlossen habe zu gehen - zu respektieren, dass es im Augenblick so ist und ich es mit nichts ändern kann. Ich hatte von Anfang an das Gefühl verstanden und auch aufgefangen zu werden. Es tat einfach gut, dass ich mit Menschen sprechen konnte, die durch die Belastung entstandene Zerrissenheit nachvollziehen können.

Was ich nicht bedacht hatte, dass mich das Schicksal der anderen Anwesenden sehr mitnehmen könnte. Manche der Anwesenden leben seit mehr als 10 Jahren mit der Krankheit ihres Angehörigen. Diese Erkenntnis hat mir im ersten Augenblick richtig Angst gemacht, aber im nächsten Moment habe ich gesehen, wie stark die Angehörigen mit der Zeit geworden sind. Die Gruppenleiterin sagte mir im Anschluss, dass sobald der Erkrankte gesundet ist, die Angehörigen nur noch selten an der Gruppe teilnehmen würden. Somit würde sich mir das Bild verfälscht darstellen, dass die Krankheit bei allen über Jahren andauern würde.

Alles in allem habe ich mich angesprochen gefühlt und werde auch nächsten Monat wieder hingehen. Von meiner Seite kann ich dieses zweite Standbein empfehlen.

Liebe Grüße
Laura

Hier noch ein Tipp aus der Gruppe:
Mit dem bundesweiten Filmfestival AUSNAHME|ZUSTAND wollen IRRSINNIG MENSCHLICH E.V. und EYZ das Thema Seelische Gesundheit / Krankheit ins Gespräch bringen, informieren, aufklären und unterhalten. Im populärkulturellen Kontext des Kinos sollen in Kooperation mit Betroffenen und Angehörigen die Hindernisse von Stigma, Diskriminierung und Ausgrenzung überwunden werden. Weitere Informationen unter www.ausnahmezustand-filmfest.de
Lusie
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von Lusie »

Hallo Laura,
es ist wirklich lieb, dass Du daran denkst, mir über Deine Erfahrungen mit der SHG zu erzählen. Auch wenn die Sache mit dem Vortrag ärgerlich war denke ich, dass Du zu Recht ein gutes Gefühl mit nach Hause nimmst und mit gutem Grund daran denkst, Deine Besuche in der Gruppe fortzusetzen. Auch wenn die Schicksale der anderen möglicherweise krass erscheinen, so hilft es doch, das eigene Probleme wieder aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und zu hinterfragen, so dass man sich eine neue Energiequelle erschließen kann. Und Energie ist ja ein so dringender Bedarf bei uns allen hier.

Bei mir selbst sieht es leider momentan gar nicht gut aus, so dass ich gar nicht genau weiß, wie ich in Zukunft mit meiner Situation umgehen soll und ob die SHG für mich überhaupt noch Sinn macht. Die Situation ist einfach die, dass mein Partner alle Vereinbarungen und Grundsätze über Bord geworfen und den totalen Rückzug angetreten hat. Es sind wieder die Worte, die viele hier kennen und gehört haben: er könne mir nicht länger weh tun, er sei für mich nicht zumutbar, er sei nicht beziehungsfähig, es habe einfach keinen Sinn mit ihm, mein Leiden müsse ein Ende haben, weshalb er mich "frei" gebe. Er sehe keine Aussicht auf Besserung. Eigentlich kann ich es schon nicht mehr hören, aber ich muss zugeben, dass es mich diesmal ganz besonders getroffen hat, da ich dachte, dass zumindest dieses totale "Aus" auch für ihn mittlerweile ein Tabu ist. So bin ich jetzt sehr verletzt, sehr enttäuscht, und neige dazu seinen neuerlichen Rückzug und sein "Aus" zu akzeptieren. Ich habe einfach keine Kraft mehr, über diese für mich wirklich ernsthafte Grenzüberschreitung hinweg zu gehen. Und verwirrt wie ich nun eben mal bin, denke ich mir, dass es in dieser Situation im Grunde auch keinen Sinn mehr hat, am kommenden Montag die SHG zu besuchen. Was soll ich dort, wenn es doch "aus" ist???? Meine Gedanken fahren Karussell, ich kann keine wirklich klaren Gedanken fassen, weil meine verletzten Gefühle den Verstand dominieren. Was soll ich doch wenn die "Freiheit" winkt? (Ironie).

Diese Krankheit ist wirklich furchtbar. Und ich stehe mal wieder an dem Punkt, an dem ich mir selbst keinen Rat mehr weiß.

Eine sehr traurige bear
tommi
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von tommi »

Liebe Bear,

es tut mir leid, dass es dir nicht gut geht und du so traurig bist.
Aber gerade jetzt würde ich zu der Gruppe gehen, damit du mit ihnen dein Problem besprechen kannst. Auch wenn du dich nicht mehr als Angehörige fühlst, bist du es wohl trotzdem.

Vielleich tut es dir ja gut, alles herauszulassen. Auch wir hören dir gerne zu.

Liebe Grüße
Tom, der dich drückt
cd
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von cd »

Liebe Bear,

es tut mir sehr leid zu lesen, dass es auch bei euch wieder zur Trennung gekommen ist und es ist absolut verständlich, dass bei dir die Kraft irgendwann nachlässt. Nach der letzten Trennung habe ich die gleichen Gefühle gehabt, war leer, abgekämpft und einfach nur traurig, konnte und wollte nicht mehr daran denken, nichts mehr davon hören und auch nicht mehr darüber sprechen und habe mir erst einmal Abstand von allem verordnet. Mir hat das sehr geholfen, da mir während der zwei Wochen Abstand bewusst geworden ist, dass es für mich so nicht weitergeht. In dieser Zeit habe ich aber auch beschlossen zur SHG zu gehen und zwar für mich. Ich kann es dir nur empfehlen auch wenn du jetzt denkst, was soll ich denn da noch. Die SHG ist für dich! Da kannst du über deine Gefühle und Ängste reden und dort wirst du, genau wie hier, von Menschen aufgefangen, die dich verstehen.

Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, warum unsere Partner immer wieder meinen sie müssten uns vor sich schützen und ich denke das liegt an den Schuldgefühlen, die wir bei ihnen auslösen. Ich denke auch, dass wir diese Schuldgefühle nicht verhindern können, egal welche Absprachen wir treffen, die Krankheit ist nicht berechenbar.

Ich wünsche dir alles Gute und ganz viel Kraft, alles Liebe und fühle dich in den Arm genommen

Laura
Lusie
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Registriert: 29. Aug 2005, 11:01

Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von Lusie »

Liebe Laura, lieber Tom
vielen Dank für Euer Mitgefühl und Eure lieben Worte, von denen ich weiß, dass sie ehrlich gemeint sind. Ich werde jetzt die nächsten Tage damit verbringen zur Ruhe zu kommen, denn ich glaube, wenn mein Verstand wieder die Oberhand gewonnen hat, dann wird auch mir klar sein, dass die SHG zumindest ein Versuch wert ist. Am kommenden Montag ist der nächste Termin, bis dahin ist noch ein bißchen Zeit, damit ich fangen kann.

Aber was mich noch interessieren würde, Laura, Du hast von zwei Wochen Abstand gesprochen. Und was war danach? Hast Du wieder Verbindung mit ihm aufgenommen? Wie geht es jetzt weiter? Bei mir ist es jetzt so, dass er mir so belanglose SMS schreibt wie "Wie geht es Dir" oder "Ich wünsche Dir einen schönen Abend" oder "Hast Du gut geschlafen", irgendwie smalltalk halt, aber ich weiß natürlich, dass er damit zum Ausdruck bringt, dass er an mich denkt. Ich weiß auch, dass es ihm sehr sehr schlecht geht. Aber ich konnte trotzdem nicht wieder auf die SMS eingehen. Ich wollte es einfach nicht. Musste immer denken, wenn er was von mir will, soll er mich anrufen. Ich habe einfach keine Lust mehr, mich per SMS mit ihm zu "unterhalten". Und mit dieser Haltung bin ich nicht bockig oder beleidigt, sondern einfach vollkommen resigniert, enttäuscht und irgendwie auch ohne Hoffnung.

Als heute Nachmittag wieder eines dieser SMS kam habe ich ihn angerufen und ihm gesagt, dass ich diesmal sein Handeln als wirklich große Grenzüberschreitung empfinde, weshalb ich nicht mehr von mir aus auf ihn zukommen würde. Ich habe ihm aber auch gesagt - wissend wie schlecht es ihm geht und aus Angst, dass er sich aufgeben könnte - , dass er mich jederzeit kontakten könne, wenn er mich braucht. Ich denke mehr kann ich nicht mehr für ihn/uns tun. Oder was meint Ihr?

Trotzdem habt Ihr Recht: Es tut gut hier über seine Gefühle zu schreiben, ich danke Euch wirklich sehr dafür. Es ist auch gut zu wissen, nicht alleine da zu stehen, und ich denke, dass mir diese Erfahrung durchaus Motivation gibt, den SHG-Versuch zu starten.

Alles Liebe für Euch von einer immer noch sehr traurigen bear
cd
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von cd »

Liebe Bear,

nein, ich habe keine Verbindung mit ihm aufgenommen. Nach einer Woche Sendepause kam täglich eine eher unverbindliche SMS von ihm. Ich war aber ebenfalls an dem Punkt, dass ich nicht sofort darauf reagieren konnte, sondern habe teilweise erst 24 Stunden später geantwortet. Das hatte auch nichts bockig oder Spielchen zu tun, ich konnte einfach nicht. Nach zwei Wochen rief er mich dann an, um mir zu erzählen, wie seine Zeit war. Dieses Telefonat verlief von meiner Seite aus eher zurückhaltend. Das hat ihn ziemlich beschäftigt und er bat um ein Treffen, welchem ich zustimmte. Als er dann vor mir stand, drohte es sich wieder so zu entwickeln, wie die Male zuvor. Ich habe mir immer wieder die Worte von Tom ins Gedächtnis gerufen „nicht weitermachen, wie bisher“. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht mehr so kann und will. Dass es für mich nur einen Neuanfang gibt, der beinhaltet, was ich ihm bereits bei der letzten Trennung gesagt habe – nämlich Therapie und vor allem mit mir reden. Er hat diese Woche die Therapie begonnen und ich bin wirklich froh, dass er sich dazu entschlossen hat. Alles Weitere muss man sehen.

Durch den Abstand habe ich wieder zu mir gefunden und mich nicht nur mit ihm beschäftigt. Ich denke, dass war gut für mich, denn nur so kam ich aus diesem Vermeidungsverhalten und der falschen Rücksichtnahme heraus und ich hatte die Chance wieder ich selber zu werden. Ich muss dazu sagen, dass ich mir das gegönnt habe, was mir schon immer geholfen hat den Kopf frei zu bekommen und Kraft zu tanken. Ich bin alleine zum Skifahren in die Berge. Wenn es auch bei dir etwas gibt, was dir wirklich gut tut und nicht nur kurzweilig ablenkt, tue es für dich!

Alles Liebe,
Laura
tommi
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von tommi »

Liebe Laura,

ich freue mich für dich, dass er endlich eine Therapie macht . Das ist ein riesengroßer Schritt und birgt die Hoffnung, dass er besser mit der Krankheit umgehen kann und somit auch eure Beziehung gelebt werden kann.

Ich finde es toll, dass du ihm die "Pistole auf die Brust gesetzt" hast. Auch finde ich es toll, dass du dich wieder in den Vordergrund gestellt hast und du ihm deutlich deine Grenzen aufgezeigt hast.

Ich hoffe, dass die Therapie ein Erfolg wird und ihr für die Zukunft einen innigen gemeinsamen Weg finden könnt.

Gruß
Tom
Lusie
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von Lusie »

Hallo Laura,
der Sonntag geht jetzt langsam zu Ende und immer noch kreisen meine Gedanken um die Frage, ob ich morgen die SHG besuchen soll und will. Mein Freund schreibt mir derzeit täglich eine SMS, in denen es im Wesentlich um "Wie geht es Dir", "Hattest Du einen schönen Sonntag" etc. Er hat mich in der letzten Woche auch angerufen, ich habe gespürt, dass es ihm wichtig war, mit mir zu sprechen. Ich kann daraus sehen, dass er an mich denkt, dass ihm alles leid tut....

Doch wenn ich in mich selbst hineinhöre, spüre ich, dass mich diese Gespräche zwar sehr bewegen und aufrühren, dass ich momentan aber einfach nicht aufnahmebereit bin für seine Probleme. Ich kämpfe noch immer mit den mir zugefügten Verletzungen und der damit einher gehenden Enttäuschung. Irgendwie hab ich momentan einfach nichts anderes als das Bedürfnis, vom Thema Depression nichts mehr zu hören und zu sehen. Das klingt jetzt vielleicht egoistisch, ich weiß. Aber ich kann und will nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, ihm einmal mehr "verzeihen" und so tun, als ob nix mit mir und in mir geschehen wäre. Kannst Du das verstehen? Ich glaube wirklich mehr und mehr, dass ich dringend, sehr dringend das brauche, was Du für Dich mit Abstand bezeichnet hast.

Während ich früher sofort und auf der Stelle auf seine SMS geantwortet habe, fühle ich momentan gar keinen Impuls, diese Form des Smalltalks mit ihm zu führen. Ich habe einfach das Gefühl, dass er momentan gar nicht ermessen kann, was er mir durch sein zeitweise unsägliches Verhalten antut. Und möglicherweise geht er wirklich davon aus, dass ich mich schon wieder beruhige und dann - wie immer - zu ihm hingelaufen komme und alles ist "gut". Das WILL ich nicht mehr. Und dieses Gefühl ist sehr stark.

An diesem Wochenende habe ich ihn einmal mehr sehr vermisst und ich war versucht, ihn anzurufen, seine Stimme zu hören etc. Aber jetzt ist es das erste Mal, dass mein Kopf mir rät, es zu lassen, weil die Gespräche, wie ich sie erstrebe, letztlich nicht geführt werden. Vorwürfe im klassischen Sinn soll ich ihm nicht machen (die macht er sich ja schon selbst genug); andererseits weiß ich, dass ich sie ihm nicht ersparen würde. Da ist es doch besser, man lässt die "Sache"
einfach mal ruhen, oder nicht?

Ich habe jetzt in der letzten Woche für mich Heilfasten gemacht; und wie immer in dieser Zeit fühle ich mich seelisch sehr gut und ausgeglichen. Und selbst in dieser psychischen Ausgeglichenheit verspürte ich das Bedürfnis dafür zu sorgen, selbst zur Ruhe zu kommen. Ich habe endlich mal wieder regelmäßig Sport gemacht, wurde von meinen Sportskollegen sehr lieb aufgenommen und diese Wärme, dieser "normale" Umgang mit Menschen, die von meinem Problem letztlich nix wussten, hat mir sehr gut getan. Ich habe einfach mal ein "normales" Leben geführt (leider ohne den Mann, den ich liebe). Und ich möchte diese Linie für mich noch eine Weile beibehalten. Ich hab mir schon überlegt, ob ich mit ihm ganz bewusst eine Auszeit vereinbaren sollte, z.B. 2 Wochen, in denen weder er noch ich von mir hören lassen. Andererseits will ich aber - im Notfall - weiter für ihn da sein. Am besten ich lass es jetzt einfach mal so wie es ist.

Na ja, langer Rede kurzer Sinn, ich habe beschlossen, meine Entscheidung, zur SHG zu gehen, noch um einen Monat zu verschieben. Vielleicht bin ich dann wieder so weit mit mir im Reinen, dass ich bereit bin, mich wieder mit dem Problem Depression auseinanderzusetzen. Ich glaube ich brauche diese Zeit um mir klar zu machen, wohin mein Weg führt.

Danke allen fürs Zuhören.

Alles Liebe von bear.
JeKo
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von JeKo »

Liebe Bear!
Ich glaube, ich kann Dich s e h r gut verstehen. Du hast mir praktisch aus der Seele geschrieben, was ich heute mal wieder gedacht und empfunden habe und selbst irgendwie nicht so ganz formulieren konnte. Und ich finde es keineswegs egoistisch!
Ich denke eher das es vielleicht der natürliche Selbstschutz ist?!
Bei uns läuft es immer so hinterher: alles wieder gut, Leben geht weiter... Und das kann ich nun nach 4 Jahren auch nicht mehr. Das ist nämlich totschweigen (zumindest bei mir) und das ist sehr schlimm in der Familie, finde ich.
Leider kann ich dir keinen guten Rat geben, weil ich den gerade selber für mich suche, aber wenn ich könnte, würde ich mir auch eine Auszeit nehmen (räumlich etc.). Ich denke das kann gut tun. Und das mit dem "normalen" Leben - ich sehne mich auch förmlich danach und das Thema Depression macht mich "kirre". Das sind dann die Punkte wo ich resegniere...

LG Jes
cd
Beiträge: 140
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von cd »

Hallo Bear,

was du beschreibst kann ich absolut nachempfinden. Ich glaube, dass ist der Punkt an dem man angelangen muss, um sich wieder um sich selber zu kümmern. Es steht zwar überall geschrieben und es wird einem immer wieder dazu geraten, dennoch ist es aufgrund der Belastung sehr schwer umzusetzen. Rückblickend habe ich mich eigentlich immer nur abgelenkt und nicht dafür gesorgt, dass es mir gut geht. Nun bin ich dort angekommen, dass ich wieder ein Stück „Normalität“ mit guten Gefühlen und Spaß am Leben habe. Und es tut nach den vielen Monaten einfach nur gut.

Wir haben eine enorme Belastung, die sehr viel Kraft gekostet hat erfahren müssen, einen nicht enden wollenden Schmerz und das müssen auch wir erst einmal verarbeiten. Wenn du den Wunsch nach Ruhe hast, dann gehe diesem Wunsch nach. Das ist - wenn überhaupt -gesunder Egoismus, der meiner Meinung nach jedem zusteht. Die SHG würde ich persönlich jedoch nach wie vor besuchen, da sie ausschließlich für dich ist. Dieser eine Termin bei der SHG hat mir insofern geholfen, dass ich mich nun nicht schlecht fühlen muss, nur weil ich mich jetzt auch um mich kümmer und die Situation respektiren muss, da sie im Augenblick nicht zu ändern ist. Du siehst, es war nur für mich.

Ich wünsche dir alles Liebe
Laura
tommi
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Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von tommi »

Liebe Bear, liebe Jes, liebe Laura,

nach euren Leidensgeschichten von Egoismus zu sprechen, kann ich wirklich nicht sehen.

Was ihr in der Vergangenheit mitgemacht habt, zeugt eigentlich vom Gegenteil. Ihr habt euch eher selbst vergessen. Ihr habt in eure Beziehungen recht viel investiert und immer versucht, der Krankheit Beachtung zu schenken. Vielleicht zu viel Beachtung?

Wenn ihr nun an euch denkt und das tut, was euch gut tut, solltet ihr dabei kein schlechtes Gewissen haben. Wenn ihr eure Beziehungen aurechterhalten wollt, könnt ihr das nur, wenn ihr auch dazu die Kraft habt.

Auch soielt die Verantwortung der Partner euch gegenüber eine große Rolle. Es genügt nicht, wenn nur einer an der Beziehung arbeitet, sondern es gehören immer zwei dazu.

Mir ist es klar, dass es unseren Partnern nicht immer gelingt, die Arbeit daran aufzunehmen, sie sind halt krank. Allerdings muss man trotzdem erwarten, dass sie ihr Möglichstes tun, wenn sie tatsächlich am Fortbestand der Beziehung interessiert sind.

Für mich wäre es eine Katastrophe, wenn sich meine Frau von mir zurückzieht und keinerlei Zeichen gibt, dass sie im Moment nicht anders kann und sie gerade kämpft. Dieses ist ihre Arbeit, die sie dann leisten muss, ich kann ihr dabei nicht helfen, sondern sie nur unterstützen. Das ist dann meine Arbeit.

Ich verstehe euch verstehen, wenn ihr deswegen euch zurückzieht und nicht mehr so weiter machen könnt und wollt, wie bisher. Ich bin fest davon überzeugt, dass es auch anders geht, nur müssen eben beide daran arbeiten.

Liebe Grüße
Tom
cd
Beiträge: 140
Registriert: 9. Nov 2005, 15:49

Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von cd »

Lieber Tom,

lieben Dank, dass du das so siehst und uns mit deinen Worten stärkst. Für uns es sicherlich sehr schwer, unser Verhalten nicht als egoistisch zu betrachten.

Dass es auch anders gehen kann erfahre ich gerade. Was du gerade geschrieben hast, habe ich meinem Freund bei der letzten Trennung recht ungeschont gesagt, weil ich einfach nicht mehr konnte und wollte und bereit war die Trennung endgültig zu akzeptieren. Dadurch ist ihm klargeworden, wie es um mich steht und das ich nicht mehr die Kraft habe, alleine zu kämpfen. Er hat sich dazu entschlossen mit daran zu arbeiten, unsere Beziehung wieder lebbar zu machen. Ich spüre auch, dass meine zurück gewonnene Kraft auf ihn ausstrahlt und dadurch die Schuldgefühle mir gegenüber sich langsam aber sicher reduzieren. Vielleicht schaffen wir es doch noch.


Liebe Grüße
Laura
tommi
Beiträge: 1008
Registriert: 22. Sep 2004, 17:38

Re: Selbsthilfegruppe

Beitrag von tommi »

Liebe Laura,

ich finde es schön, dass ihn deine Worte erreicht haben und ich hoffe, dass es ihm gelingt das weiter umzusetzten.

Es wird immer Rückschritte geben, er wird weiter Phasen haben, die er nicht beeinflussen kann, aber genau da fängt die Arbeit an. Bei ihm und bei dir. Du musst das Gefühl haben, dass er dich liebt und alles tut, damit er da wieder herausfindet. Das gibt die Sicherheit, die beide in den Momenten brauchen. Reden, reden ... .

Liebe Grüße
Tom
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