Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

otterchen
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von otterchen »

Hi Bianca,

huch, ich staune auch - sowas habe auch ich hier nirgends gelesen.
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Sommerland
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von Sommerland »

Hi Otterchen:

ich bin gedanklich gestolpert über deinen Beitrag:

"... sie hat Verächtlichkeit in sich.
Die bekommst Du zu spüren.
Vielleicht erlaubt sie sich selbst irgendwas nicht und würde sich (falls sie es rausließe) dafür verachten... und diese Eigenschaft sieht sie in Dir und verachtet jetzt DICH dafür.
...
Es ist IHRE Eigenschaft, und die hat mit mir nichts zu tun. Ich spüre sie nur..."


Viele Grüße
Bianca
Irgendwas is ja immer...
otterchen
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von otterchen »

Hi Bianca,

da Du das missverstanden hast, hier vielleicht nochmal zur Verdeutlichung (auch für andere):

wenn ich z.B. auf Dich wütend wäre,
hatte ich ... logo... Wut in mir.
Das ist MEINE Wut.
Sie hat mit DIR nichts zu tun.
Es heißt also nicht, dass an Dir unbedingt etwas wäre, dass mich wütend machen "müsste", sondern die Wut ist in MIR entstanden.

Durch diese Betrachtungsweise kann man besser trennen zwischen den Gefühlen des anderen und dem Drang, sich unwillkürlich jeden "Schuh anziehen" zu wollen.

Dies ist jedoch nur ein Aspekt.
Der andere wäre, dass man ein Gefühl auf jemanden überträgt.
Wenn ich mir irgendetwas nicht erlaube, dann kritisiere ich das (ggf. sogar vehement) an anderen.
Wenn ich mich selbst dafür verachte, dass ich manchmal so schrecklich bedürftig bin, dann könnte die Bedürftigkeit eines anderen ebenso Verachtung demjenigen gegenüber in mir auslösen.

Ich habe jedoch weder gesagt noch gemeint, dass derjenige wegen seiner/ihrer Verachtung ebenfalls verachtenswert wäre!


Jetzt klarer?

Ich hoffe, alle Missverständnisse sind ausgeräumt.
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Sommerland
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von Sommerland »

Hallo Otterchen,

ich glaube, du meinst das Ding mit der Projektion (auf andere). Das versteh ich soweit.

Allerdings gebe ich zu bedenken, dass die gefühlte Verachtung für die eigene Person eben auch nur eine Art von Übertragung ist -
evtl. aus Angst, sich einzulassen ... So ein Selbstschutzdingsbums eben.

Da dreht sich dann die Katze im Kreise und am Ende isoliert man sich selbst immer mehr.

ABER - und darauf kommt es mir eigentlich an - vielleicht entspricht die eigene Wahrnehmung gar nicht der Realität!

Frech ausgedrückt, unterstellt er ihr ein negatives Verhalten. Denn er weiß es ja nicht, was in ihr vorgeht.
Er kennt nur seine eigene Wahrnehmung - und kann damit falsch liegen.

Vielleicht hatte sie nur einen schlechten Tag oder schaute komisch, weil sie gerade vom Zahnarzt kam oder
noch über gute Vorsätze gegrübelt hat...

Vielleicht hast du ja auch recht und beide agieren mit Projektion und Rückzug....

Da ich keinen von beiden kenne, stell ich mir das jetzt mal rein theoretisch vor...
Nein! Lieber doch nicht!!!

Ich stell mir lieber vor, dass sich beide mal auf ein leckeres Heissgetränk an einem neutralen Ort verabreden und einfach
mal so drauflosquatschen - über die letzten Monate und den nächsten Urlaub reden und mal kucken, wie es sich so anfühlt...

Wenn sie nicht will - weiß er zumindest, dass an er seiner eigenen Wahrnehmung trauen kann. Verstehen muss er seine Ex ja nicht ...


Liebe Grüße
Bianca
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Gromit
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von Gromit »

Hi otterchen, Hi Bianca,

ich wollte nochmal auf Eure letzten Beiträge eingehen.

@otterchen

> Durch diese Betrachtungsweise kann man besser trennen zwischen den Gefühlen des anderen und dem Drang, sich unwillkürlich jeden "Schuh anziehen" zu wollen.

So plausibel das ist, so wenig habe ich das bislang wirklich so gesehen. Danke! Das werde ich mir zum Mantra machen bis es endgültig verinnerlicht ist. Ich habe mir lange genug so viele Schuhe angezogen bis ich kaum mehr laufen konnte. Erlernt wahrscheinlich in meiner Kindheit. Meine geschiedenen Eltern haben - jeder auf seine Weise - selbst ein gewaltiges Maß an Bedürftigkeit. Und es hat fast vierzig Jahre gedauert bis ich endlich erkannt habe, dass es gar nicht meine Aufgabe ist deren Bedürftigkeit zu bedienen. Selbstsicherheit wurde mir als Kind nicht gegeben, sondern genommen. Meine eigenen Bedürnisse wurden so oft in Abrede gestellt bis ich schließlich für Jahrzehnte dicht gemacht hab. Ich habe den Kontakt zu beiden Elternteilen erst vor einigen Monaten abgebrochen. Erklärt hab ich es beiden, kapiert hat es keiner. Der Eine ist der Überzeugung jemand hätte mich "verdreht", die Andere findet ich habe mich sehr "negativ verändert" Hier muss unbedingt ein Lach-Smiley hin, anders ist soviel Ignoranz auch kaum zu ertragen. Den Schuh ziehe ich mir also schon mal nicht mehr an.

Dieses Forum ist einfach mit Abstand das Beste. Sehr viele Sichtweisen hier (auch in anderen Beiträgen natürlich) haben so viel Substanz und Wahrheit dass ich mich immer wieder fast wundern muss, dass "WIR" die Probleme haben und nicht die "Normalen". Aber hier greift wohl mal wieder mein Lieblingszitat von Bertrand Russell, welcher meinte: "Das Ärgerlichste auf dieser Welt ist, dass die Dummen immer todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind!". Wer hier wer ist dürfte klar sein und ein wenig Selbstbeweihräucherung kann ja auch nicht schaden

@Bianca
Vielen Dank für die Blumen! Ich schick Dir einen bunten Strauß hiermit zurück!

> Hab ich so bei einem Mann selbst noch nie erlebt.

Mensch Bianca, jetzt hab ich kürzlich beim Bügeln grad darüber nachgedacht ob das eigentlich weibisch ist und jetzt sagst Du noch sowas

Aber im Ernst, es ist natürlich auch brutal schwer sich damit auseinanderzusetzen. Am Anfang steht für mich erst mal die eigenen unterdrückten Gefühle überhaupt wahrzunehmen. Schwerer noch diese dann auch zuzulassen. Ich musste mir erst mal (muss teilweise immer noch) verinnerlichen, dass diese nicht objektivierbar sind. Ich denke viele hier können das sicher nachvollziehen. Ein Außenstehender würde mich wahrscheinlich in eine Zwangsjacke stecken wollen dafür dass ich mir solche Gedanken mache wie "Darf/Muss ich in dieser oder jener Situation eigentlich traurig sein?" oder "ist die Wut die in mir grad aufsteigt adäquat? Würden andere unter diesen oder jenen Bedingungen eigentlich auch wütend werden?". Und last but not least tue ich mir (noch) schwer diese dann auch zu vermitteln. Mir fällt da spontan z.B. ein, dass ich meiner Ex oft gesagt habe "Lass Dich doch mal fallen!", was bekanntlich einen Imperativ darstellt und so kam es womöglich auch an. Dabei meinte ich eigentlich "es macht mich irgendwie traurig wenn ich sehe dass Du Dich so stressen musst und ich habe Angst dass Du Dich damit vielleicht kaputt machst". Das ist eine Ich-Botschaft und da stecken gleich zwei Gefühle drin. Letzteres hat eine ganz andere Qualität und wäre viel authentischer.

...und jetzt hab ich grad mein Kinn auf meine Hand gestützt und mich gefragt was daran eigentlich so schwer sein soll. Und mir fällt dabei auf dass ich damit wohl eine Nähe herstellen könnte die mir scheinbar irgendwie unangenehm ist...

Das war jetzt wohl ziemlich Laut-Gedacht in aller Öffentlichkeit Aber vielleicht ist's dem Ein oder Anderen der das hier liest ja auch eine Anregung.

Lg, Gromit
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Sommerland
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von Sommerland »

Moin Gromit,

ich weiß noch nicht so genau, wie ich deinen letzten Beitrag "lesen" möchte...

Ich verstehe Folgendes:
Du möchtest Halt, Stärke und Vertrauen geben.

Wenn sich dir jemand öffnet, fühlst du dich emotional angenommen.

Reicht das?

Du lädst dir ziemlich viel Verantwortung auf, finde ich. Für die eigene Kontrolle und die Bedürfnisse einer Partnerin. Wenn du eine Frau findest, die sich gern anlehnt und einen starken Mann sucht, bist du so ganz gut gerüstet...

Bei wem kannst du dich fallen lassen?

Wer akzeptiert dich so wie du bist?

Liebe Grüße
Bianca
Irgendwas is ja immer...
Gromit
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von Gromit »

Hallo Bianca,

ich glaube da kam mein letzter Beitrag etwas anders an als ich ihn eigentlich verstanden haben wollte. Zunächst möchte ich aber trotzdem mal auf Deine Ausführungen eingehen...

> Ich verstehe Folgendes: Du möchtest Halt, Stärke und Vertrauen geben.

und

> Wer akzeptiert dich so wie du bist?

Ich finde nicht dass sich das gegenseitig ausschließt. Müsste es?

Akzeptanz und Vertrauen darf in einer Partnerschaft natürlich keine Einbahnstraße sein. Und eine Partnerin die mich nimmt wie ich bin gibt mir alleine dadurch schon mehr als genug Rückhalt.

Vor Allem aber ist mir wichtig dass man sich auf Augenhöhe bewegt. In meiner soeben frisch geschiedenen Ehe war das leider nicht so. Für nahezu jeden Sch... habe ich praktisch alleine die Verantwortung tragen müssen. Meine eigenen Bedürfnisse waren abgemeldet. Am Ende hab ich mich gefühlt wie eine ausgepresste Zitrone. Nach meiner angekündigten Trennung hat mich meine Ex-Frau dann noch mit S...ankündigungen auf Trab gehalten. Zur Verbesserung meines eigenen seelischen Zustandes hat das nicht grade beigetragen.

Damit habe ich genug Lehrgeld bezahlt um mich nie wieder auf eine einseitig abhängige Beziehung einzulassen. Aber Rückhalt und Unterstützung kann ich doch auch einer mir ebenbürtigen, unabhängigeren Partnerin geben, falls nötig, ohne dabei selbst zu kurz kommen zu müssen.

Eigentlich ging es mir aber in meinem letzten Posting gar nicht darum. Du hast dabei wohl das Beispiel mit meiner Ex (Ex-Freundin war hier nebenbei bemerkt gemeint, nicht Ex-Frau) aufgegriffen. Da hätte auch ein x-beliebiges anderes Beispiel stehen können, aber dieses fiel mir eben grad ein.

Was ich damit sagen wollte war, dass mein Verhalten und meine Botschaften die ich aussende zu oft nicht mit dem korrespondieren was ich eigentlich zum Ausdruck bringen will. Und das liegt daran dass ich ständig versuche meine Gefühle (sofern ich mir derer selbst überhaupt bewusst bin) zu verstecken oder zu relativieren, um souveräner, kontrollierter oder abgeklärter zu wirken. Ich sage dann so blöde Dinge wie "Ich habe eigentlich keine Lust Dich zu verlieren", meine aber "Ich habe furchtbar Angst dass ich Dich verlieren könnte".

Menschen die mir emotional sehr nahe stehen oder solche mit sehr sensiblen Antennen (und die meisten Frauen haben diese, imho) bemerken schnell Unstimmigkeiten zwischen dem was ich ausstrahle und dem wie ich mich gebe. Damit wirke ich dann natürlich auch wenig authentisch. Meine Therapeutin weist mich z.B. oft darauf hin dass ich immer lächle wenn ich etwas berichte das mich eigentlich leidvoll bewegt.

Ich arbeite hart daran, aber einfach ist es eben nicht mir meine eigenen Gefühle zunächst mal überhaupt als zulässig zu erlauben und diese dann auch ohne kosmetische Korrekturen so zu senden.

Lg, Gromit
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Sommerland
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von Sommerland »

Hallo Gromit,

Halt, Stärke und Vertrauen geben und so akzeptiert werden wie man ist, schließen sich bestimmt nicht aus!!! Da hast du absolut recht und ich bin total deiner Meinung! Es wäre sogar absolut wünschenswert! Dazu gehören aber immer zwei!!!

Und wenn du in der Ehe praktisch alleine die Verantwortung tragen musstest und deine Bedürfnisse abgemeldet waren - dann hast du daran einen Anteil.

Du hast das mit dir machen lassen. Bis du dich gefühlt hast wie eine ausgepresste Zitrone. Du hast deine Bedürfnisse unterdrückt und zurückgesteckt.

Du möchtest selbst nicht mehr zu kurz kommen. Weißt aber, dass dein Verhalten und deine Botschaften nicht authentisch sind. Du hast eine Maske für Authentizität und Stärke.

Das ist, was ich sagen wollte:
Scheinbar reicht es dir (zunächst), Vertrauen aufzubauen und jemanden dazu zu bringen, sich dir zu öffnen. Darin siehst du Akzeptanz für deine Person. Bestärkt wirst du dann noch in deinem Gefühl, der starke Beschützer zu sein. Und das ist von Anfang an der Anfang vom Ende. Denn auf Dauer reicht das nicht und ist sehr einseitig! Das ist die eigentliche Einbahnstraße! Denn irgendwann hast du den Zeitpunkt verpasst, auf deine Bedürfnisse zu bestehen. Auch darauf, in der Beziehung schwach sein zu dürfen...

Ich glaube, du ziehst die "Falschen" Frauen an. Nämlich die, die auf deine Maske fliegen (oder reinfallen?).

So eine Maske hätte ich übrigens auch gern! Dann müsste ich nur noch lernen, sie bei Bedarf als Teflonschicht für meine Seele einzusetzen.

Die Idee so einer Maske finde ich grundsätzlich gar nicht so falsch. Die Menschen sind heute einfach nicht mehr authentisch! Und wer sich öffnet, macht sich eben auch angreifbar. Das muss wohl dosiert sein! Vielleicht kannst du lernen, deine Maske nach deinem Bedarf zu benutzen - sie kann bestimmt auch als "Eintrittskarte" herhalten.

Aber ein Leben mit so einer Maske ist am Ende eben auch nur eine Maskerade.

Schön, wenn man einen Menschen hat, bei dem man die Maske nicht braucht! Auch dazu gehören zwei. Und ich glaube, dazu braucht man Vertrauen und das kommt nicht einfach so - das muss wachsen. Ich wünsche dir so einen Menschen - mit dem man konstruktiv streiten, lieben und wachsen kann. Ich finde, der Mix machts!

Liebe Grüße
Bianca
Irgendwas is ja immer...
Gromit
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von Gromit »

Hallo Bianca,

danke für Deinen letzten Beitrag. Du hast sicherlich recht. In der Vergangenheit hab ich bestimmt die "falschen Frauen" angezogen bzw. mir diese ausgesucht. Fast alle waren nicht mit mir auf Augenhöhe und ich mit der Situation überfordert für mich selbst und dann auch noch die Partnerin Verantwortung zu übernehmen. Eine sagte mir mal, sie wolle ein Kind, ein Haus, nicht mehr arbeiten müssen und den ganzen Tag in der Sonne liegen (kein Teenager, sie war immerhin 28). Und ich soll dafür alleine sorgen (abgesehen vom Kind natürlich Anstatt die Flucht zu ergreifen hab ich mir den Kopf darüber zermartert wie mir es gelingen wird ihr das zu ermöglichen. Ich war der festen Überzeugung mir Liebe und Zuneigung nur durch Leistung verdienen zu können. Heute mache ich um solche Frauen einen ganz großen Bogen.

Meine letzte Freundin ist durchaus auf meinem Level und sie wusste praktisch auch vom ersten Tag an von meiner Dysthymie, daraus habe ich überhaupt keinen Hehl gemacht. So richtig öffnen konnte ich mich trotzdem noch nicht. In sozialen Beziehungen im Privatbereich möchte ich mich nicht mehr maskieren und mit Leuten bei denen ich es müsste, gebe ich mich einfach nicht mehr ab. Ich habe lange genug geglaubt mich mit den niederträchtigsten Gestalten messen zu müssen.

Ich empfehle Dir so eine Maske nicht, Bianca, denn sie ist sehr durchlässig. Sie hält ja nur den schönen Schein aufrecht, die Seele kann sie letztlich nicht vor Schaden bewahren. Und sich nicht jedem gleich zu öffnen heißt ja deswegen nicht "unecht" zu sein.

Lg, Gromit
Schweigen ist Silber - Reden ist GOLD
SadSadie
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von SadSadie »

Hallo Gromit,

ich würde gern auch meinen Senf dazu geben (Erfahrungen), habe aber keine Zeit - denn es wird wohl etwas mehr...

Aber eines stach mir bei Deinem letzten Eintrag ins Auge.

"So richtig öffnen konnte ich mich trotzdem noch nicht."

Ich kann das grundsätzlich verstehen. ABER: damit hast du natürlich auch eine Blockade gebaut um dich herum. Vielleicht nur eine kleine, dünne - aber sie war da. Und meine Theorie ist eigentlich, dass man sich ohne nachzudenken öffnet, wenn man der Meinung ist, dass der Partner, in den man verliebt ist, wirklich auf einem Level ist, wo man meint, das passt alles perfekt. Ich entnahm deinen Beiträgen, dass du ja bei ihr das Gefühl hattest.

Hast Du nicht vielleicht sie auch etwas auf ein Podest gesetzt - so gedanklich? Vielleicht, weil es ja schön war, wieder eine Beziehung zu haben.
Sprich: dass mehr das Gefühl siegte, das da jemand ist. Aber weniger dass es der Mensch ist, zu dem man wirklich Nähe spürt. Denn wenn man sich nicht richtig öffnet, kann man sich emotional und auch geistig nicht wirklich nah sein - wie es sein sollte in einer guten Beziehung.

Mehr heute Abend... vielleicht hab ich noch ein paar Ansätze aus meiner "Beziehungs-Praxis" und Gedanken aus weiblicher Sicht, die dir nützlich sein könnten.

LG, Sadie
SadSadie
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von SadSadie »

Hallo Gromit,

In so einigen Punkten erinnerte mich dein Eintrag an ein Erlebnis von mir, das mich noch sehr lange beschäftigt hat - ja sogar heute immer mal in mein Gedächtnis kommt, aber mit anderem Hintergrund.

Es war eine Bekanntschaft, aus der sich gerade eine Beziehung entwickelte. Es war alles perfekt, fühlte sich wunderbar an. Und dann kam der Tag, an dem ich am Abend eine SMS bekam mit der Mitteilung, dass er nicht das Gefühl hatte, dass aus uns mehr werden könnte. Puh... ich war geschockt.
Ich bin eigentlich ein sehr empathischer Mensch, ähnlich wie bei dir verlassen sich Freunde/Familienangehörige gern auf meine Meinung als Ratgeber und Beobachter. Und hier bin ich sowas von gescheitert! Ich habe nicht ein Signal seinerseits bemerkt.
Wie Frau nun so ist, wollte ich Klarheit haben. Ich wollte den wahren Grund wissen, der ihn so denken ließ. Aber er reagiert einfach nicht mehr, nicht einen meiner Anrufe nahm er entgegen. Ich war echt am Verzweifeln und Leiden. Hatte sogar überlegt, ob ich ihn vor seiner Haustür abfangen sollte. Hab ich aber nicht getan.
Ich habe dann meine Versuche aufgegeben - und habe gegrübelt und nachgedacht. Ich habe unabhängig mit Freunden darüber gesprochen - vornehmlich männliche, weil ich dachte, die könnten sich besser in die Sache hineinversetzen.
Dann - nach 4 Wochen - habe ich es nochmal versucht mit einem Kontakt. Er antwortete mir sogar. Ich hatte immer noch Redebedarf, hab ihm das aber nicht gesagt, habe ihn nur zu einem Date eingeladen. Was dann kam, war nicht das, was ich erwartet hatte. Er hatte Angst, sich zu treffen, weil (ich sag's mal kurz) er mir wieder verfallen könnte!
So ist es mit dem Treffen nichts geworden. Und ich war nur wieder megaaufgewühlt.

Meine Freunde sagten mir, dass ich viel zu viel investiert hatte, dass ich viel zu viel unternommen habe, dass ich ihn zu sehr verwöhnt habe. Damit war er wohl einfach überfordert. Und um mir nicht weh zu tun (das meinen Männer), hat er sich eben so schnell wie möglich aus der Sache rausgenommen, bevor das Wir-Gefühl noch größer wurde.

Ich habe nur Vermutungen und Thesen, aber keine Klarheit. Das hat mich genauso genervt. Wie bei dir... Ich bin auch ein Mensch, der immer alles ergründen muss. Das ist generell so, in allen Dingen. Ich würde mich aber nicht als Kontroll-Freak sehen.

Er hat sich danach immer mal wieder gemeldet per Mail oder SMS. Wir haben auch mal gechattet, aber immer, wenn es in Richtung Treffen ging, hat er dicht gemacht und sich wieder für Tage, Wochen und Monate zurückgezogen. Und das ist bis heute so... Nur jetzt sehe ich es mit Abstand, ich bin lange darüber hinweg und lass es nicht mehr an mich ran. Und mein Herz hab ich an einen Anderen verschenkt.

Heute nach langen Überlegungen und Analysen denke ich, dass er ein psychisches Problem hat. Er hat sich seine kleine Welt gebaut aus Job, Wohnung und Sport. Mehr gibt es nicht. Er lebt isoliert und ohne soziale Kontakte. Er war schlichtweg mit mir überfordert, denke ich. Denn es war schwierig, in seine kleine Welt Zugang zu erhalten...

Manchmal ist es so, dass Menschen einfach irrational handeln.
Und ein Problem unserer Gesellschaft: Es gibt so viele, die selbst nicht wissen, was sie wollen. Ich nahm immer an, es sei ein Phänomen der Jugend. Nein, ist es nicht. Ganz oft anzutreffen bei Menschen, die in ihrer Lebensmitte stehen und schon lange Beziehungen hatten.
Und dann entstehen diese Up & Downs... heute ist man total verliebt... dann doch wieder am liebsten Single und allein.

Noch dazu hast du geschrieben, dass die Dame auch selbst in Therapie ist. Wie schlimm sind ihre Depris? Weisst du das?
Das könnte nämlich auch sehr an Depressionen liegen, die sie so handeln lassen.
Ich kenne das aus eigener Erfahrung seit einigen Monaten (es gibt halt nicht den perfekten Mann, wo nichts ist). Ich erlebe Tage der kompletten Ablehnung, wenn er nicht mal mit mir telefonieren will. Muss mir anhören, dass er ja gar keine Beziehung mehr will, dass alles sinnlos ist. Oder dann auch wieder die Momente, wo er mir zig Mal Danke sagt, dass ich ihm zuhöre und für ihn da bin, dass ich sein einziger Halt bin, dass er mich lieb hat, sich mir so nah fühlt (was mir dann auch wieder ganz viel gibt).
Und das kann sogar täglich wechseln.
Und eins möchte ich da noch anmerken. Du hast erwähnt, dass mit dir alles anders war im Leben dieser Frau und sie damit nicht klar kam. Das habe ich auch so erfahren.
Mein Freund hat mich schon mehrfach gefragt, warum ich mir das antue mit ihm (er ist mir wichtig, ich empfinde viel für ihn, das ist wohl Liebe), es hat sich noch nie jemand gekümmert um seine Probleme und Sorgen, weder seine Ex, noch seine Familie. Die haben höchstens gesagt, er solle sich nicht so anstellen. Oder haben ihn als Looser betrachtet und belächelt.

Vielleicht ist die Frau, die dir da solch Kopfschmerzen macht, einfach nur von ihren eigenen Depressionen so gefangen. Wäre eine Erklärung für ihr Verhalten. Und dann vielleicht noch gepaart mit einer generellen Anti-Haltung.

Dann kommt noch die Trennung von ihrem Mann hinzu.
Hat er sie verlassen?
Frauen haben das selten innerhalb eines Jahres verkraftet und verarbeitet. Männer schon, aber verlassene Frauen nicht. - Sagt jeder Beziehungsratgeber/Psychologe.
Vielleicht ist sie einfach noch nicht so weit, dass sie eine neue Beziehung eingehen kann. Möglicherweise fühlte sie sich dazu bereit - aber es ging dann doch nicht.
Durch das Kind ist der Mann ja noch irgendwie präsent. Kann es sein, dass sie ein bisschen zum Männerhasser geworden ist? (Soll sehr oft vorkommen).

Eine Beziehung muss auf Geben und Nehmen funktionieren. Jeder muss seinen Teil dazu beitragen. Wenn das in Schieflage gerät, sollte man sich wehren.
Und: lege deine Maske ab!!! Lass deine Gefühle zu und äußere sie ehrlich und direkt. Eine Frau, auf die du bauen kannst, wird das anerkennen und sich unwahrscheinlich angenehm berührt fühlen!

Und zum eigentlichen Thema:
Suche nochmal den Kontakt zu Deiner Ex-Freundin, wenn dir so viel daran liegt. Aber nicht schriftlich! Das schafft nur wieder Mißverständnisse. Angesicht zu Angesicht wäre am besten. Mindestens Telefon.
Und wenn sie ein Treffen ablehnt, dich nicht sehen möchte, dann versuche, von ihr loszukommen.
Eine Idee hatte ich (die bei mir auch schon mal ganz gut funktioniert hat) als ich mich jetzt nochmal durch deine Beiträge las:
Mach eine Liste - auf die eine Seite schreibst du die Dinge auf, die du an dieser Frau besonders mochtest. Auf der anderen Seite die, die das Bild einer "Traumfrau" verblassen lassen (und davon hast du im Ansatz schon ganz viel geschrieben) - ich bin mir sicher, die schlechte Seite wird mindestens so lang wie die gute, wenn nicht länger.
Das kann helfen, seine Objektivität zurück zu gelangen. Und ein wenig den Liebeskummer zu vertreiben.

LG, Sadie
Gromit
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Re: Von Liebe zu Verachtung, einfach so...?

Beitrag von Gromit »

Hallo Sadie,

vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich kann leider jetzt erst darauf antworten.

Zunächst mal würde mich interessieren ob ich Dich richtig verstanden habe!? Du hattest also einen Freund der Eure Beziehung von jetzt auf Gleich gekappt hat da er scheinbar Angst hatte vor Nähe, der sich eingerichtet hat in seiner kleinen Welt, wenig soziale Kontakte hat und sich scheut sich mit Dir zu treffen um nicht Gefahr zu laufen Dir wieder zu verfallen. Right? Also eindeutig hat er wohl schon ein größeres Problem.
Dann hast Du also Dein Herz an einen Anderen verschenkt wie Du schreibst. Und dieser ist selbst auch depressiv und Eure Beziehung gestaltet sich auch wieder schwierig und er stellt diese regelmäßig in Frage. Er fragt Dich selbst warum Du Dir das antust... und ehrlich gesagt frage ich mich das auch!? Man liest sowas hier ja öfter und ich finde das immer wieder unglaublich! Also wenn ich Dein Freund wäre, Du mein einziger Halt wärest und ich ständig unsere Beziehung in Frage stellen würde, dann würde ich mich keine Sekunde darüber wundern wenn Du die Flucht ergreifst und außer einer Staubwolke ganz schnell nichts mehr von Dir zu sehen ist.
Wie hältst Du das aus, zumal Du ja vermutlich mit Dir selbst schon genug beschäftigt bist?? Alle Achtung! Ich selbst bin schon dankbar um einen Bruchteil dieses Verständnisses bei Menschen die mir wichtig sind.

Um Deine Frage zu beantworten wie stark die Depressionen meiner Ex sind: Zu meiner Zeit hatte sie keine Depressionen meines Erachtens nach. Seelische Probleme natürlich schon. Ich habe sie aber nie konkret danach gefragt warum genau sie Psychotherapie in Anspruch nimmt. Wenn man Ihre Vita kennt erübrigt sich diese Frage aber auch. Sie war innerhalb von fünf Jahren fünf mal schwanger, die ersten vier waren Sternenkinder. Erst im fünften Anlauf und mit Hilfe einiger medizinischer Wunder hat es dann geklappt. Danach ist sie in eine tiefe Depression gefallen und das verwundert auch kaum. Ca. zweieinhalb Jahre nach der Geburt der Kleinen hat sie sich dann von Ihrem Mann getrennt. Etwa ein Jahr später kamen wir zusammen. Ihr Ex-Mann spielt aber in Ihrem Leben immer noch eine sehr wichtige Rolle. Für meine Begriffe etwas zu wichtig und mir, nein uns beiden, war von Anfang an klar dass ich ein schweres Erbe antrete. Und daran ist es dann hauptsächlich auch gescheitert. Im Grunde war das absehbar, aber Liebe macht eben oft blind. Mein eigenes Verhaltensmuster und viele Ängste haben sicherlich ihr Übriges getan.

Mein Ursprungs-Thread hat aber auch nicht die Frage nach dem Grund der Trennung behandelt, sondern Erklärungen dafür gesucht warum sie sich rund 4 Monate später aus heiterem Himmel sehr beleidigend und verächtlich über mich geäußert hat und auf Nachfragen bis heute nicht reagierte.

Ich glaube auch nicht dass ich sie auf ein Podest stelle, denn sie hat mehr als genug "Fehler". Nur ist Liebe eben kein sich aus einer Art Bilanz ergebender Saldo! Ich habe selten zuvor so eine Seelenverwandschaft gespürt wie bei ihr. Und dass es eben nicht geklappt hat ist schon sehr schwer verdaulich. Aber dann noch, aus meiner Sicht grundlos, missachtet und gradezu verachtet zu werden ist für mich kaum erträglich. Wenn es mir nur darum ginge nicht allein sein zu wollen, hätte ich ehrlich gesagt eher weniger Probleme. Nur kann man Gefühle leider nicht auf Knopfdruck an- und ausschalten. Und so macht sich bei mir eben seither eine tiefe Verzweiflung breit mit der ich aufgrund meiner Disposition (noch) nur schwer bis gar nicht umgehen kann.

Lg, Gromit
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