Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

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Annika
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Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Annika »

Hallo liebe Forianer,

es ist schon viele Jahre her, dass ich regelmäßig hier im Forum geschrieben habe. Seit einigen Monaten beschäftigt mich aber eine Frage und da habe ich mich erinnert, dass es hier viele krisenerprobte, tiefsinnige Menschen gibt, von denen mir vielleicht der ein oder andere helfen kann.

Ich habe mittlerweile zehn Jahre mit Therapien hinter mir und ich habe das Gefühl, dass ich langsam verstehe, warum es mir so geht, wie es mir geht. Jetzt fehlt "nur" noch die praktische Umsetzung und das ist eine ziemlich Hürde .

Im Moment knabbere ich gerade sehr an der Beziehung zu meiner Mutter. Ich habe das Buch von Susan Forward gelesen (Vergiftet Kindheit) und auch von Alice Miller (Das Drama des begabten Kindes) und ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Mutter mich als Kind emotional missbraucht hat und immer noch stark nach ihren Wünschen manipuliert. Vor einem Jahr habe ich es geschafft, mich nicht mehr von Schuldgefühlen und Vorwürfen unter Druck setzen zu lassen und meine Meinung zu äußern und zu ihr zu stehen. Die Folge ist, dass ich seit einem Jahr keinen Kontakt zu meiner Mutter habe. Ich habe ihn nicht direkt abgebrochen, ich habe nur gesagt, nicht mehr, wenn ich mich selbst immer zurück nehmen muss und sonst nur Aggressionen zu spüren bekomme.

So, das ist sozusagen die Vorgeschichte. Susan Forward schlägt in ihrem Buch vor, dass man die Eltern konfrontieren soll mit dem, wie man sich in der Kindheit gefühlt hat und wie sie dazu beigetragen haben. Am Schluß soll man sagen, wie man sich den Kontakt jetzt wünscht. Sie sagt, dass dies schwer ist und man auf jeden Fall Unterstützung dafür braucht.
Einerseits habe ich das Bedürfnis, meiner Mutter und auch meinen Geschwistern mal die (meine) Wahrheit über meine Kindheit zu sagen, wie ich mich gefühlt habe, damit das ewige Theaterspielen mal aufhört und ich mir auch endlich mal selbst glaube. Ich werde einfach nicht gesund werden, wenn ich nicht zu mir selbst stehe!
Andererseits habe ich so etwas wie einen Zensor in mir, der mir das verbietet und der mir wieder Angst und Schuldgefühle macht, wenn ich die "Familienharmonie" störe und etwas Negatives über meine Mutter sage. Vielleicht ist es ja gar nicht nötig, das direkt auszusprechen?

Und jetzt wollte ich einfach mal fragen, was ihr meint und ob vielleicht jemand in einer ähnlichen Situation ist. Kein Kontakt ist für mich auf die Dauer keine Lösung, aber so wie bisher geht es nicht weiter.

Danke und viele Grüße
Annika
FönX
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Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von FönX »

Hallo Annika,

Susan Forward räumt aber auch offen ein, dass die Konfrontation mit den Eltern ein äußerst frustrierendes Erlebnis sein kann. Ähnliches haben Missbrauchsopfer in zahlreichen anderen Dokumentationen berichtet. Ich habe mich lange damit getragen, meinen Vater mal mindestens ansatzweise mit dem zu konfrontieren, wie er mit mir umgegangen ist. Letztes Jahr ist er gestorben, und ich bin froh, es nicht gemacht zu haben. In den Therapien habe ich auch gelernt, mich eher auf das hier und jetzt und morgen zu konzentrieren. Und darauf, selbst die Verantwortung für mein Leben zu übernehmen. Wird auch Zeit mit 57, nicht?

Davon unberührt ist deine Entscheidung, den Kontakt zu deiner Mutter abzubrechen oder zu begrenzen. Wenn es für dich besser ist, weil sie eine giftige Person ist, halte dich von ihr zurück. Aber sag ihr, falls sie fragt, dass du nicht möchtest. Die Lüge "ich habe einen Termin", wenn man keinen hat, hat, wie alle anderen, kurze Beine und ist schwach.

Forward schreibt ja auch, man könne einen Brief an die Mutter schreiben, den man aber nicht losschickt, oder eben später oder in Version 3.0 oder so. Zumindest bist du dann erstmal deine Emotionen los.

Das waren so anderthalb Gedanken vom
FönX

Bei riesigen Nebenwirkungen essen Sie die Packungsbeilage oder schlagen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.
Rosenkranz
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Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Rosenkranz »

Hallo Annika

Ich kann mich nur den Worten von Fönx anschließen.

Du hast 10 Jahre lang Therapie gemacht, und soweit ich verstanden habe auch erkannt, warum du depressiv geworden bist u.a.
Meine eigene Meinung dazu ist, du kannst an der Vergangenheit nichts mehr ändern, du kannst nur dein Verhalten selber ändern, damit du nicht wieder in alte Strukturen verfällst. Es ist doch schon mal gut für dich, das du die Probleme in der Therapie bearbeitet hast, also nicht mehr in dir trägst. Wenn du jetzt die alten Wunden wieder aufreist denke ich, gibt es nur böses Blut. Damit kannst du die Vergangenheit auch nicht wieder rückgängig machen und du kannst sie jetzt auch nicht mehr ändern, ich meine jetzt deine Mutter.

Ich weiß nicht ob du selber Kinder hast, aber ich sehe das jetzt auch etwas anders, es ist bei mir auch nicht so gelaufen, wie ich mir es für meine Kinder gewünscht hätte, schon wegen der Depression, die ich seit meinen 17 Lebensjahr offiziell habe. Ich will jetzt deine Mutter nicht in Schutz nehmen, aber vielleicht gab es auch Gründe, warum sie so gewesen ist bzw. jetzt noch so ist, versuche das mal zu hinterfragen, vielleicht bekommst du für dich antworten.

Wenn sie dir jetzt immer noch Schuldgefühle macht, bleibe bei deinen Standpunkt, hinter dem du stehst, mache einfach nur kurze Besuche und gehe wieder wenn es dir zuviel wird.

lg Rosalie
CHF
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Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von CHF »

Hallo,

ich kann dich sehr gut verstehen.

Als ich das erste Mal im Krankenhaus gewesen bin, hat mein Arzt mit das Buch auch zu lesen gegeben. Es gab nicht ein einziges Kapitel in dem ich mich nicht wiedererkannt habe.

Kurz meine Geschichte:

Zuerst Kinderheim, Vater der mich und meine Schwester nicht wollte (war zu der Zeit mit einer Frau zusammen die 5 Kinder hatte). Meine richtige Mutter - Alkoholikerin. Vieles erlebt in diesem Kinderheim, was ein Kind nicht haben muss.

Dann Pflegeeltern. Zuerst nur Schulferien. Da war ja noch alles ok. Dann fest. Und dann ging das Drama los. Totale Unterdrückung und auch wieder Sachen die ein Kind oder eine Jugendliche wirklich nicht braucht.

Mein Arzt hat mir damals gesagt, dass er noch nie einen Fall hatte, wo die gesamte Palette von Widerlichkeiten zusammen kamen.

Meine Pflegeeltern setzten mich insgesamt 30 Jahre lang unter Druck. Und dies ganz ganz massif. Ich durfte noch nicht mal als ich schon verheiratet war, machen was ich durfte.

Mein Mann hat mir damals geholfen. Er hat es fertig gebracht, dass ich den Kontakt zu diesen Leuten abbrechen konnte.

Mit der Therapie in der ich auch immer noch gehe, mittlerweile auch schon seit 5 Jahren, lerne ich ganz allmählich keine Schuldgefühle mehr zu haben und zu lernen eigene Entscheidungen zu treffen. Nicht mehr versuchen alles und jedem zu gefallen.

Ich habe es jedenfalls nicht alleine geschafft den Kontakt zu diesen Leuten abzubrechen.

Kannst du mir, wenn du willst, erklären, was du mit "dem Theaterspielen" meinst. Ich glaube zwar zu verstehen, bin mir aber nicht sicher.

Vielleicht kannst du auch ein bisschen genauer werden, was passiert ist, dass du dich als emotional missbraucht fühlst und nach den Wünschen deiner Mutter manipuliert fühlst.

Man muss tatsächlich nicht unbedingt den Kontakt abbrechen.

Wenn man eine Chance sieht, die Person(en) zu konfrontieren...

Am besten bewerkstelligt sich dies in meinen Augen auch wirklich mit der Unterstützung eines guten Therapeuten. Oder wenn du andere Menschen hast, die dir eine gute Unterstützung geben können. Ehepartner? Freundin?

Der Therapeut kann dich begleiten und dich aufbauen, wenn Probleme auftreten, wie z.Bsp. wieder Agressionen. Dir Tipps geben, wie du vielleicht vorgehen kannst, damit es nicht zum grossen Fehlschlag kommt.

Ich würde dir jedenfalls raten, die Konfrontation vorher mit jemandem zu besprechen. Dann bist du dir vielleicht sicherer im Umgang mit der Situation. Denn dies ist ganz wichtig. Denn wenn nicht eine gewisse Sicherheit besteht, läufst du gleich Gefahr wieder untergebuttert zu werden.

Was die Methode mit dem Brief betrifft, könnte das auch eine Möglichkeit sein auf eine Vorbereitung dieser persönnlichen Konfrontation.

Ich habe das mit dem Brief auch probiert, bin aber leider nicht weiter gekommen. Denn ich konnte meine Gedanken nicht sortieren. Und es tat mir einfach nur zu weh, wenn ich alleine mit meinen Gedanken war.

Ud wenn diese Familienharmonie sich für dich eh nicht richtig anfühlt, dann ist es für dich auch Zeit etwas dagegen zu unternehmen, ehe du daran zerbrichst.

Ich hoffe von dir zu hören, und vielleicht magst du uns ja auch auf dem Laufenden zu halten, damit wir versuchen können dich ein bisschen zu unterstützen.

Drücke dich einmal
LG
CHF
Zarra
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Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Zarra »

Hallo Annika,

>habe ich so etwas wie einen Zensor in mir, der mir das verbietet und der mir wieder Angst und Schuldgefühle macht, wenn ich die "Familienharmonie" störe und etwas Negatives über meine Mutter sage. Vielleicht ist es ja gar nicht nötig, das direkt auszusprechen?
... das ist für mich von Deinem Schreiben her wiederum der einzige Punkt, weshalb ich es eventuell wichtig oder gerade nötig fände, daß eine "Konfrontation" stattfindet. - Meines Erachtens muß es möglich sein, auch mal die Familienharmonie zu stören, muß es möglich sein, auch mal etwas Negatives über die eigene Mutter zu sagen. Vielleicht nicht gerade mit einem angenehmen Gefühl, aber ohne eigentliches Schuldgefühl.

Soweit.

Ansonsten würde ich eher zur Vorsicht, und zwar ganz im eigenen (!!) Interesse bei solchen Vorhaben raten!! Das kann nämlich sehr nach hinten losgehen.

Was erwartest Du Dir denn davon? - Das ist für mich die zentrale Frage. Und falls es z.B. eine bestimmte oder mögliche Reaktionen Deiner Mutter und/oder Deiner Geschwister sind, so frage Dich ernsthaft, ob dies überhaupt möglich ist. Z.B. vom Alter und Zustand Deiner Mutter her. Von ihrer "Gestricktheit" her. Du tust Dir wahrscheinlich nichts Gutes, wenn Du Dir nur eine weitere "Abfuhr" einhandelst.

Du hast in meinen Augen einen wichtigen praktischen Schritt durch Deine Distanzierung getan.

... und anscheinend kam da ja leider von der anderen Seite kein Wunsch nach einem (möglichst für beide Seiten angenehmen) Kontakt??

Ich bin skeptisch hinsichtlich des "Aufwühlens" der Vergangenheit. - In sogar eher harmloseren Belangen bekam ich von meiner alten (aber keineswegs dementen) Mutter schon zu hören, daß es gar nicht so gewesen sei, daß ich mir das nur so zu Herzen nähme etc.

Wichtiger und sehr angebracht finde ich das Ansprechen, wie Du Dir den Kontakt jetzt vorstellst. - Als ich bei meiner Mutter da sehr konkret und klar (und konsequent!) wurde, hat das erstaunlicherweise wirklich etwas bewirkt. Ich bin nicht mehr das Kind, das alle Bedingungen hinnehmen muß.

Wenn Dir ein nicht abgeschickter Brief helfen könnte, ist das sicher eine gute Möglichkeit, die keinem schadet.

Liebe Grüße, Zarra
Zarra
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Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Zarra »

P.S.

>und ich mir auch endlich mal selbst glaube. Ich werde einfach nicht gesund werden, wenn ich nicht zu mir selbst stehe!
Du solltest zu Dir selbst und Deiner Wahrnehmung stehen können - UNABHÄNGIG davon, ob Deine Eltern und Deine Geschwister das nachvollziehen oder gar teilen können. - Vielleicht hilft Dir die "Konfrontation" dabei, vielleicht brauchst Du sie auch nicht?

LG, Zarra
ADS
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Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von ADS »

Hallo,

sicher kennt Ihr auch das Buch über " emotionale Erpressung" von Susan Forward. Ich habe sehr viel aus diesem Buch an Hilfestellung erfahren, um das Verhältnis mit meiner Mutter zu "überleben".
Die brutal versuchte, meinen Vater und mich ständig ihren Drohungen für sich gefügig zu halten ( Suizid-Erpressungsversuchen, also sie nimmt Benzos und alk bis zum Delir, Haus beleuchtet, Polizei muß die Tür aufbrechen - und ich werde dann angerufen und im Grunde hat mir alles die "Schuld" zugewiesen, und verlangt, mich zu kümmern.

Da ich das lange genug getan hatte und mir liebe Menschen sagten, "Kümmere Dich um Dich selbst, Du nimmst Schaden!", habe ich den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen und sie danach nur noch ca 3-4x im Jahr besucht, mehr konnte ich nicht ertragen. Sie hat dann endlich eingesehen, daß ich nicht mehr erpressbar bin, und sich zufrieden gegeben.

Ich glaube nicht, daß eine Konfrontation mit ihr etwas Positives gebracht hätte, weil sie so völlig überzeugt war, NUR sie ist im Recht, alle anderen nicht bzw verrückt.

Ich würde befürchten, so eine Konfrontation kann einem nur neue Narben zufügen, und nichts heilen.

Wenn man soweit ist, seine Mutter loszulassen " Mach, was Du mit Deinem Leben machen willst, aber DU allein trägst Verantwortung! Kein anderer !" - Diese "Harte Gangart" hat bei ihr dazu geführt, daß sie nie wieder sowas probiert hat. Vorher alle paar Jahre wieder....da war ich noch empfindsamer bzw mein Vater hat ihr nichts entgegen zu setzen gehabt, der Arme.

Loslassen und neu beginnen, so habe ich den Weg aus dieser seit Jahren "vergifteten " Mutterbeziehung gefunden.

Es hat mich gestärkt, diesen Schnitt gemacht zu haben.Das wünsche ich Dir auch, einen Schnitt machen und neu anfangen!

liebe Grüße von

Ghazal
gfb
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Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von gfb »

Hi @all,

auch wenns hart klingt:

"Mutter" ist in meinem Wortschatz ein anderes Wort für emotionalen Terror der härtesten Sorte...

(Ich meine damit natürlich nicht DIE Mütter aus dem KND - und davon kenne ich mittlerweile einige...)

Die Frau, bei der ICH Kind war... also die ist Dezember 1992 gestorben (und nein: ich habe ob ihres Todes noch nicht EINE Träne vergossen!) - und ich habe nur schlechte Erinnerungen:

- irgendwann in den 80ern ereilte mich in Berlin die Nachricht, dass Muttern wg. Bluthochdruck und Kreislauf im südbadischen Provinzkrankenhaus liegt und als Sohn macht man sich natürlich Sorgen und treibt unter widrigsten Umständen (kein Telefon zuhause, kein Internet, kein gar nichts) von Berlin aus die Durchwahl ans Krankenbett auf und das ERSTE, was ich hörte war ein ersterbend dahin gehauchtes

"Hallo Friedrich, leg auf! Es wird zu teuer!"

Also...
DAFÜR könnt ich ihr HEUTE NOCH den Hals umdrehen, und zwar ganz langsam und mit Genuss!:-(

- irgendwann in den 80ern besuchte sie mich dann auch mal in Berlin. Berlin ist vollgepflastert mit Beerdigungsunternehmen und beim Spazierengehen blieb sie vor JEDEM Beerdigungsunternehmensschaufenster stehen und überlegte Länge mal Breite, ob denn ihre Sterbegeldversicherung (so etwas gab es damals noch!) wohl für eine halbwegs ordentliche Bestattung reichen würde...

...und bevor ich jezze GANZ mies drauf komme hör ich lieber auf, grmpffffff!

Friedrich
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
Clown
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Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Clown »

Moin, moin Friedrich,

beim Lesen deiner Muttererinnerungen kam mir gerade ein 'ganz, ganz böser' Gedanke:

Die Einstellung deiner Mutter zum Thema Tod und Geld, hat die in dir eine Fortsetzung gefunden mit deiner Liebe zum Morbiden?

Liebe Grüße vom Förster Finsternis!

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Annika
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Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Annika »

Hallo,

und danke für die vielen Antworten.

Ich versuche es nochmal besser zu erklären. Es geht mir nicht darum, in der Vergangenheit zu wühlen oder meine Mutter zu verändern. Ich bin mir bewusst, dass die Reaktion meiner Mutter wahrscheinlich negativ ausfallen wird. So sieht Susan Forward das auch nicht.

Das Problem ist, dass mir zwar durch die Therapie im Kopf alles klar ist, ich aber immer noch gefühlsmäßig irgendwie an meine Mutter gebunden bin, auch wenn ich keinen Kontakt habe. Sie hat immer noch Macht über mich, die ich nicht los werde. Außerdem habe ich kleine Kinder und ich möchte schon, dass sie ihre Oma wenigstens ab und zu sehen. Sie hat ja auch gute Seiten. Seit der Geburt meiner Tochter habe ich versucht, öfter Kontakt zu haben, aber es endet entweder mit einem Krach oder ich habe noch wochenlang Alpträume davon. Die Vergangenheit ist zwar vorbei, aber die Gefühle sind noch in mir und sie bestimmen mein Leben jetzt und das will ich nicht. Meine Mutter ist immer noch sehr bestimmend und manipulativ und dann kommt jedesmal etwas von früher mit hoch, auch viel Wut, die ich früher nicht fühlen durfte.

Ich würde eine Konfrontation auf jeden Fall nur in einem Brief machen. Ich habe schon mehrere versionen geschrieben, breche aber jedesmal ab. Ich will nicht irgendwas bei meiner Mutter bewirken, es geht mehr darum, mal sozusagen öffentlich zu sagen, wie es für mich war. Denn zu unserem giftigen Familiensystem gehört es, alles zu verdrehen, Dinge so zu deuten, wie man sie haben möchte, eigene Fehler auf den anderen zu projizieren und im Notfall aggressiv zu werden. Es hat sehr lange gedauert, bis ich meine eigenen Gefühle in diesem durcheinander gesehen und gefühlt habe und ich traue ihnen immer noch nicht richtig. Vielleicht wäre es allein dafür gut, mal alles offen auszusprechen. Es ist so ein gefühl, als wenn ich dadurch mal aus dem Schatten heraustrete und dem ganzen kranken System etwas entgegen setze. Dann wüsste meine Mutter, woran sie bei mir ist, wie ich alles sehe und müsste sehen, wie sie damit umgeht. Vielleicht würde es mich stärker machen.
Nur irgendwie habe ich immer noch riesige Angst davor.

Annika
phine
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Registriert: 4. Jan 2008, 16:44

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von phine »

Hallo Annika,

beim Lesen deiner Zeilen, dachte ich du schreibst über meine Mutter und meine Familie..das muss ich erstmal verkraften.
Ich bin seit 2009 in einer Therapei und mir geht es sehr sehr ähnlich wie dir....
Mein Therapeut rät mir ab ein offenes Wort speziell mit meiner Mutter zu reden. ich würde ihr auch sehr gern sagen wie ich mich als ihr Kind fühle, aber die Frage "was bringt es mir?" steht im Raum.
Keinen Kontakt zu ihr zu haben das gelingt mir auch nicht....
Es ist schwer, aber es macht es etwas leichter zu wissen, dass man nicht allein ist mit seinen Sorgen!!
Also ich kann dir leider keinen guten Rat geben , ich wünsche dir alles Gute, für was auch immer du dich entscheidest.
Liebe Grüße
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Zarra »

Hallo Annika,

was "fehlt" denn, daß Du den Brief zu Ende schreiben kannst? Oder was tritt dazwischen?

Deinen Wunsch, daß Deine Kinder eine Oma haben sollen, kann ich gut verstehen - er könnte aber, bewußt oder unbewußt, dazu beitragen, doch teilweise weiterhin "mitzuspielen". Deine Mutter kann ja den Kontakt auch abbrechen. (Hast Du davor Angst?) - Mir ist eh nicht ganz klar (und es scheint mir verdachtsweise eher der Situation als einer unklaren Ausdrucksweise Deinerseits zu entsprechen), wieviel Kontakt ihr denn nun wirklich habt und wer sich da ggf. zurückzieht oder blockiert.

Es scheint mir zwar "gut" zu sein, daß Du Deine Mutter nicht verändern willst (weil Du das ja auch nicht kannst; und die Vergangenheit schon gleich gar nicht); andererseits kannst Du ja anscheinend nur sehr schwer ihre Verhaltensweisen und Reaktionen aushalten, siehe:
> [...] habe ich versucht, öfter Kontakt zu haben, aber es endet entweder mit einem Krach oder ich habe noch wochenlang Alpträume davon. Die Vergangenheit ist zwar vorbei, aber die Gefühle sind noch in mir und sie bestimmen mein Leben jetzt und das will ich nicht. Meine Mutter ist immer noch sehr bestimmend und manipulativ und dann kommt jedesmal etwas von früher mit hoch, auch viel Wut, die ich früher nicht fühlen durfte.
Glaubst Du, das kommt nicht mehr hoch, wenn Du zwar den Brief geschrieben hast, sie sich aber gleich verhält? Ich habe keine Antwort darauf, weil jeder anders gestrickt ist, es ist eine Frage an Dich.

... vielleicht muß man sich von "Dingen" distanzieren, die einem nicht gut tun, ... auch wenn es die eigene Mutter ist?!?

Zarra
Annika
Beiträge: 7
Registriert: 9. Aug 2005, 12:53

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Annika »

Hallo Zarra,

ich habe meine Mutter das letzte mal im Dezember 2010 gesehen und ihr dann bis zum Sommer 2011 ein paar mal geschrieben und seitdem nur von meinem Bruder gehört, wie es ihr geht. Im Moment haben wir also wirklich keinen Kontakt. Eigentlich hat sie ihn auch abgebrochen. Ich habe ihr nach langem Zögern gesagt, das ich ein bestimmtes Problem mit ihr habe. Es läuft dann immer gleich ab, entweder, sie versucht mich so lange vom gegenteil zu überzeugen, bis ich ihr glaube oder sie überschüttet mich mit Vorwürfen. Dann ist eine Weile Funkstille und danach tun alle so, als wenn nichts gewesen wäre. Nur diesmal habe ich ihr klar gemacht, dass es diesmal nicht so sein wird wie vorher und ich zu meinem Standpunkt stehe. Und dann hat sie mich wieder beschimpft und gesagt, dass bei ihr hier eine Grenze ist und seitdem ist Funkstille.

Du hast recht, eigentlich ist das Problem, dass ich viele ihrer Verhaltensweisen nicht aushalte. Einerseits, weil sie wirklich demütigend sind, andererseits, weil sie mich an früheres erinnern. Sie ist mir halt nicht gleichgültig, da ist noch so viel Wut und Enttäuschung, aber ja auch positive Sachen, die ich mit ihr erlebt habe. Wir haben uns früher sehr nah gestanden, aber eben nur solange ich ihrer Meinung, sozusagen ihr Klon war.
Meine Therapeutin meint, dass ich emotional noch sehr verstrickt mit ihr bin. Nur wie komme ich da raus? Vielleicht hilft ja wirklich nur Distanz. Aber einfach Rückzug kommt mir auch ein bisschen feige vor. Oder es tut einfach nur zu weh zu sehen, dass wir uns letztlich so wenig bedeuten.

Annika
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Zarra »

Hallo Annika,

wenig bedeuten muß es nicht heißen. (Und das klingt mir bisher von Deiner Seite aus auch nicht so.)

Aber vielleicht: Wenig konstruktiv miteinander anfangen können. Wenig liebe- und verständnisvoll und einander bereichernd miteinander umgehen können. - Das ist doch schon ziemlich frustrierend.

LG, Zarra

P.S. Was schlägt denn Deine Therapeutin vor?
Annika
Beiträge: 7
Registriert: 9. Aug 2005, 12:53

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Annika »

Hallo Zarra,

ja, wenn sie mir nichts bedeuten würde, hätte ich wohl nicht dieses Problem. Aber wir sind wie ein Paar, das sich noch liebt, aber einfach nicht miteinander kann. vielleicht sollte ich es so sehen.

Meine therapeutin sagt leider nichts mehr dazu, denn ich war nur für eine Krisenintervention bei ihr und bin jetzt auf Therasuche. Ich warte auch noch auf einen Klinikplatz, vielleicht komme ich da weiter.

Grüße
Annika
iffy04
Beiträge: 431
Registriert: 10. Mär 2010, 11:54

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von iffy04 »

Hallo Annika,
wie du vielleicht gesehen hast, hatte ich einen ähnlichen Thread "Kontakt zu Eltern tut nicht gut" eröffnet.
Ich finde es schon erstaunlich wie tief diese Gefühle zu Deiner Mutter noch sein müssen, dass du nach so langer Kontaktpause jetzt wieder oder immer noch? in dieser Abhängigkeit bist. Mir geht es fast genauso - nur dass ich noch Kontakt habe, obwohl ich ihne sehr eingeschränkt habe. Wenn ich mich dann nach längerem (das sind ca. 2 - 3 Wochen) wieder melde, sind sie zu tiefst beleidigt. Meine Mutter setzt ihr hartes Gesicht auf. Ich versuche irgendein Gespräch herbeizuführen und sie antwortet nur ganz kanpp. So, wenn ich dann von diesem zwanghaften Gespräch genug habe, gehe ich wieder.
Leider kann ich dir nicht wirklich helfen, jedoch sehr gut nachempfinden. Auch ich bin in Theapie und habe eine eigene Familie
UND TROTZDEM lässt mich dieses Band an die Eltern nicht los. Mein Verstand weiß natürlich, dass sie mir nichts mehr anhaben können, aber solange diese emotionale Bindung noch da ist, schaltet der Verstand völlig ab.
Ich glaube, das Problem ist, dass wir immer nocht etwas von unseren Eltern wollen, was wir früher und bis heute nicht bekommen haben. Unser Unterbewusstsein lechzt noch immer nach Anerkennung, Wertschätzung und bedingungsloser Liebe, sonst hätten wir nicht dieses Problem.
Ich werde voraussichtlich im August stationär gehen und hoffe, dort einen Schritt weiter zu kommen.
Aber mir hat es gut getan, dass hier in Beiträgen oder auch in Büchern wie "Vergiftete Kindheit" quasi die Erlaubnis des Kontaktabbruchs (evt. nur vorübergehend) gegeben wird.
Wie geht eigentlich deine jetzige Familie damit um? Mein Mann hat mittlerweile wenig Verständnis für diese ewig gleiche Leier und ich kann es ihm nicht verübeln.
Ich wünsche Dir viel Selbstempathie und eine baldige Abnablung.
LG
Zarra
Beiträge: 5734
Registriert: 12. Mär 2010, 15:16

Re: Konfrontation mit Mutter - Susan Forward

Beitrag von Zarra »

Liebe Annika,

ich wünsche Dir ein gutes Weiterkommen!

LG, Zarra


P.S. Das auch Dir, iffy04!
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