Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

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Hank
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Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von Hank »

Liebe Forengemeinde,

nachdem ich wegen Depressionen fast ein Jahr ausfiel und seit Wiedereingliederung so langsam wieder zu Rande komme, macht mir wieder meine Sozial Phobie zu schaffen, ich muss in einigen Tagen meinem Vermieter kündigen. Für mich ist das mental schwierig und ich schäme mich irgendwie davor, ich neige dazu in solchen Situationen die Schriftform zu wählen, nach dem Motto, es ist damit alles gesagt und erledigt, nur habe ich mit dem Vermieter auch ein fast befreundetes Verhältnis. Ich fühle mich daher irgendwie schlecht und erwarte, dass der anderen von mir enttäuscht ist, und sich dafür irgendwie rächen wird.

Für "gesunde" bzw. weniger sensible Menschen ist das kein Problem, mir fällt sowas aber unwahrscheinlich schwer.

Wie geht es Euch in solchen Situationen, was macht Ihr dagegen aktiv?

Danke für Eure Eingaben.

Hank
Doscho
Beiträge: 165
Registriert: 20. Mär 2012, 17:50

Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von Doscho »

hi hank,
das fällt mir nun wirklich schwer dich zu verstehen. Du mußt deinem Vermieter kündigen?
d.h. du ziehst aus dessen Wohnung aus?

damit haben nun wohl wirklich die wenigsten ein problem. man hat doch einen triftigen grund dafür. man wechselt den Arbeitsort, oder zieht mit jemanden zusammen.
Der Vermieter freut sich eher, wenn der Umzug eine Verbesserung für dich bedeutet.

Ich bin übrigens auch Vermieter. und ich hatte über 13 jahre den gleichen mieter, -
die miete niemals erhöht.

Nachdem mein Mieter vor 3 Jahren gekündigt hatte, - habe ich wenigsten für die Wieder-vermietung die Situation genutzt und höhere Miete verlangt - und auch bekommen.

Insofern war damals die Kündigung meines Mieters (das Verhältnis war auch sehr gut)
ein finanzieller Glücksfall für mich....

..und wenn ihr Freunde seid, - mit der Kündigung muß man doch nicht auch die Freundschaft kündigen.

lg

toni
Wenn Du mal deprimiert bist - Denk dran, - DU warst mal das schnellste Spermium...

Phosphor
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Registriert: 5. Dez 2010, 14:19

Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von Phosphor »

Hallo HankRearden,

für die Kündigung des Mietverhältnisses würde ich sowieso die Schriftform wählen, unabhängig vom Verhältnis zum Vermieter.

Sicher schadet es nichts, wenn du es ihm schon vorher im Gespräch mitteilst. Ich f inde das sogar freundlicher und vertrauensvoller. Ob du es tust oder doch lieber alles schriftlich abwickelst: mit negativen Auswirkungen für dich rechne ich nicht.

Vermeiden solltest du eines: Schieb es nicht aus Angst zu lange auf! Dann hätte der Vermieter tatsächlich einen Grund, sauer zu sein.
ndskp01
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Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von ndskp01 »

Lieber Hank,

die Kündigung eines Mietverhältnisses muss schriftlich erfolgen, auch wenn du vielleicht beim Einzug nur eine mündliche Absprache getroffen hast. Wichtig ist auch, dass du es fristgerecht tust; d.h. normalerweise am dritten Werktag vor dem Monatsende für in drei Monaten (also jetzt zum 31.7.). Willst du vorher aus dem Vertrag raus, musst du in der Tat unbedingt mit dem Vermieter reden und bei ihm gut Wetter machen.

Also, hinsetzen, Brief schreiben, ausdrucken, unterschreiben und ... beim Vermieter klingeln, sorry, anders geht es nicht.

Alles Gute und viel Erfolg, Puk (mit abgeschlossenem Jurastudium, und ebenfalls einer Sozialphobie...)
Salvatore
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Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von Salvatore »

Hallo Hank,

ich versuche immer, Unangenehmes möglichst schnell hinter mich zu bringen. Vor einem solchen Gespräch würde ich mir vorher zurechtlegen, was ich sagen möchte - was möchtest du z.B. als Grund für deinen Auszug angeben?
Mit meinem 1. Vermieter hatte ich auch ein gutes (wenn auch nicht freundschaftliches) Verhältnis, ich habe die schriftliche Kündigung persönlich übergeben, bin also hin und habe, als ich ihn getroffen habe, gesagt: "Haben Sie mal eine Minute Zeit?"

Du könntest z.B. auch sagen, dass du es schön fändest, wenn ihr euch trotzdem einmal auf einen Kaffee verabreden würdet.

@Toni: Diese Aussage:
>damit haben nun wohl wirklich die wenigsten ein problem

finde ich recht unsensibel. "Die wenigsten" haben wohl auch ein Problem damit, ans Telefon zu gehen. Und trotzdem löst allein der Gedanke bei mir - und vielen anderen hier - Ängste aus
In meiner (!) depriverzerrten (!) Wahrnehmung klingt so ein Satz doch arg wie "Du bist nicht normal."
Nichts für ungut.

Lg, Salvatore
Blog: http://www.oddyssee.de
Instagram: Oddysee@meine_oddyssee
Hank
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Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von Hank »

Hallo allerseits,

vielen Dank für Eure Antworten. Jede Antwort brachte mir wichtige Erkenntnisse.

Der "formale" Weg ist mir bekannt, nur habe ich als Mensch mit Sozialer Phobie ein Problem, solche "Botschaften" zu überbringen, obschon ich weiß, dass es mein Recht ist, und ich auch nicht weiß was der Vermieter jetzt denkt, und wohlwissentlich weiß ich eben auch, dass es sich "gehört" es zunächst per Telefon oder persönlich anzukündigen - aber genau das fällt mir, wie wohl sehr vielen, schwer.

Wie Salvatore ausführte, wenn das Telefon klinget oder an der Tür bekomme ich ängste und habe eine negative Erwartungshaltung, und insbesondere mein Recht aktiv einzufordern und auch vielleicht nicht so schöne Botschaften kundzutun, bereiten mir große Probleme.

Ich habe heute noch gut in Erinnerung wo mir vor 30 Jahren eine solche oder solche Situation also aus der Kindheit sehr unangenehm war, und heute empfinde ich noch genauso.

Gutes Beispiel: Meine Freundin hat eine gute Bekannte, die ihr seit Jahren die Haare frisiert - sie möchte nun mal was anderes ausprobieren, und teilt es ihrer bisherigen Friseuse genauso mit....

Eine kleine Sache für Sie vielleicht nicht gerade schön aber ohne Probleme. Ich hingegen hätte mich flüchtend verhalten, und hätte mit "schlechten Gewissen" einen Kontakt vermieden.....

Genau dies ist mein Problem...

Gibt es hier Menschen, die das kennen und auch "besiegt" haben, auch das so genannte Fremdschämen?

Hank
ndskp01
Beiträge: 2874
Registriert: 9. Feb 2008, 19:34

Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von ndskp01 »

Hallo Hank,

ja, kenn ich auch, natürlich. (Ach so, nicht natürlich, nur für mich so selbstverständlich.) Und besiegt habe ich es auch nicht. Es ist leichter, wenn ich einen guten, nachvollziehbaren Grund angeben kann (Arbeit in einer anderen Stadt), aber schwieriger, wenn ich mit der Vermieterin eigentlich fast befreundet bin, dann denke ich nämlich, dass sie enttäuscht oder traurig ist wenn ich fortgehe.

Der einzige Rat, den ich dir sagen kann (es wurde bereits oben geschrieben), ist, dass du es möglichst schnell hinter dich bringen solltest. Das ist für dich besser, und für die andere Seite auch (wenn du dir sicher bist, dass du ausziehen möchtest).

Das darf man übrigens auch am Sonntag machen (vielleicht nicht grad um acht Uhr früh, aber so ab zehn, halb elf ist ein Anruf auch Sonntags erlaubt;-)

Lg, Puk
Hannah70
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Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von Hannah70 »

Hallo Hank,

ich kenne das seit Kindertagen von meiner Nichte, die auch große Probleme mit einer inzwischen diagnostizierten Sozialphopie hatte. Sie konnte z.B. auch nicht "nein" sagen und es war leider häufig der Fall, dass sie weinend aus Kindergarten oder Schule heim kam, mit einer Verabredung, die sie eigentlich garnicht wollte, wo sie sich aber nicht traute, das zu sagen.

Ich würde in Deiner Situation das persönliche Gespräch bevorzugen und vielleicht leitest Du mit den Worten ein, dass es Dir schwer fällt und Du ein schlechtes Gewissen hast.

Du sprichst von einem freundschaftlichen Verhältnis und Freunde kann man doch immer brauchen. Vielleicht findest Du auf diesem Weg sogar dauerhaft jemanden an Deiner Seite.

LG

Hannah
ndskp01
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Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von ndskp01 »

Hallo Hank,

gibt es bei dir was Neues? Hast du deinen Vermieter gesprochen?

Ich habe vorhin in einem "Goldenen Blatt" einen Artikel über unsere Krankheit gelesen, der mich eingeholt hat; was besonders betroffen macht: Dritte merken in der Regel nicht, dass da Angst hinter dem ungewöhnlichen Verhalten steckt. Es steht uns nicht auf der Stirn geschrieben. Und es steht vor allem uns selbst im Weg.

Scheiß-Angst.

P.
Salvatore
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Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von Salvatore »

Hallo Hank,

ich habe schon verschiedene Ängste hinter mir gelassen - mir scheint, immer wenn ich eine besiegt habe, taucht eine neue auf...

Jedenfalls kann ich dir aus eigener Erfahrung und auch durch mein angelesenes Wissen sagen, dass die Methoden der Kognitiven Verhaltenstherapie in solchen Fällen weiterhelfen.
Demnach soll man immer dorthin gehen, wo die Angst ist.
Menschen mit Höhenangst müssen also in die Höhe und Sozialphobiker auf Menschen zugehen.

Je nachdem wie ausgeprägt die Angst ist, kann man das evtl. nicht alleine bewältigen.
Ich weiß jetzt gerad nicht mehr, bist/warst du in Therapie?

Lg, Salvatore
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Hank
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Re: Grübeln wie sag ich es meinem Vermieter

Beitrag von Hank »

Hallo Puk, hallo Salvatore, und alle Anderen!

Vielen Dank für Eure Beiträge, mitunter aufmunternden Zeilen, und vor allem der Nachfrage.

Ich habe meinen Vermieter 2 mal versucht anzurufen es ging nur der AB an, ich konnte dann beim 3. mal der Versuchung nicht widerstehen einfach ohne "Einwand", dies zu sagen was zu sagen ist (das formal schriftliche fällt mir nicht schwer).

Einerseits fehlt mir jetzt immer noch so das Gespräch andererseits kann ich mir auch sagen, ich habe es versucht, und letztendlich vorab angekündigt, was jetzt kommt.

Ich denke der letzte Satz könnte eine Formulierung sein, welche meine Therapeutin anführen würde bzw. hoffe ich, dass ich diese positiven Umformulierungen hier richtig angewandt habe.

Ja ich bin in einer kogn. Verhaltsthera. seit nun mehr einem Jahr.

Bei mir sind es viele kleine Dinge, die es mir schwer machen, Menschen die ich als "Feinde oder Unangenehm" wahrnehme, machen mich unsicher, ebenso verschlossenen ausdruckslose Gesichter, Telefonstimmen die nicht freundlich auf mich wirken, Nein zu sagen, bzw. zu schnell zu Antworten, mich beobachtet fühlen, und mich von Aussagen Dritter in meinem Handeln beeinflussen zu lassen, ich telefoniere nicht gerne mit Fremden bzw. frage mich ungern tel. durch mit meinem Anliegen, ich beobachte und bewerte mich bei meinem Handeln selbst.

Ich könnte fortfahren, aber das kennt ihr sicherlich von Euch selbst mehr oder weniger, dazu habe ich noch Zwangsstörungen, die aber dank der Tabletten etwas zurückgegangen sind.

Das Problem sind ja die Messungen, ob man Fortschritte macht, die einem dann wieder ermutigen - diese Feedbacks fehlen mir, dazu lassen manche Ängste nach um von anderen ersetzt zu werden.

Ja das Konfrontieren soll ja das "heilige" Mittel sein, aber es ist ja mit einmal Probe nicht getan, sondern ein Peu a Peu...

Hank
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