Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Antworten
Honey2101
Beiträge: 8
Registriert: 8. Mär 2011, 20:51

Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Honey2101 »

Ich bin neu hier, habe in den letzten Tage aber schon ein paar Beiträge gelesen.

Ich bin 28 Jahre alt, eigentlich Studentin und befinde mich gerade in einer Lebenskrise, die ich nicht mehr alleine bewältigen kann.

Ich versuche den Eintrag erstmal so kurz wie möglich zu halten. Ich weiß auch gar nicht wo ich anfangen soll, weil so vieles nicht mehr stimmt und kaputt ist.

Durch körperliche Beschwerden, die ich zunächst nicht auf die Psyche zurückführen konnte, wurden einige Untersuchungen gemacht.

Auch bei einer Neurologin war ich (3 Mal seit Dezember). Ich hab einmalig für 3 Wochen Antidepressiva genommen, sie dann aber nach Rücksprache mit der Ärztin abgesetzt, da ich keine Veränderung gemerkt habe. Sie hat mich mit dem Hinweis ich könnte eine Therapie machen, habe aber lange Wartezeiten und einem Termin im April nach Hause geschickt.

Gestern war ich bei der psychologischen Beratung meiner Krankenkasse und habe dort 1,5 Std. mit der Kollegin gesprochen.

Mich interessieren eure Erfahrungen bei dem ersten Kontakt mit Psychologen, Therapeuten, Psychiatern und Ärzten.
Ich habe das Gefühl, dass ich mich nicht öffnen kann und sie deshalb nicht durchblicken wie schlecht es mir eigentlich geht. Ich habe gestern schon versucht keine Rolle zu spielen und so offen und ehrlich wie möglich zu sein, aber so schlecht wie es mir eigentlich geht, konnte ich nicht deutlich machen. Für mich ist es das erste Mal, dass ich in so einer Situation bin.

Ich hab morgen Mittag noch ein Gespräch bei einer psychosozialen Beratungsstelle. Ich weiß nicht, ob ich weinen MUSS oder die Dinge einfach noch viel krasser und offener darstellen muss. Ich habe das Gefühl, dass die Außenstehenden/Gesprächspartner meine Situation nicht erfassen können. Mich nicht ernst nehmen? Andererseits sage ich mir, sie haben ja Erfahrung mit sowas. Was kann ich da ändern?

Ich bin so belastet, kann nicht mehr rausgehen, meine körperliche Beschwerden werden immer größer, Existenzängste usw.
Wie ist es bei euch gelaufen? Wie habt ihr es hinbekommen in der kurzen Zeit eines Erstgespräches euren Leidensdruck, Hilflosigkeit, Verzweifelung auszudrücken?

Vielen Dank im Voraus!
Daniel-L
Beiträge: 57
Registriert: 6. Jan 2011, 18:49

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Daniel-L »

hallo honey,

ich kann dein problem sehr gut nachvollziehen, mir gehts da genauso. ich bin jetzt 25 und habe wohl schon über 10 jahre depressionen, mal heftiger, mal weniger heftig. habe mich, wohl auch deshalb, immer jedem verschlossen und mich nie jemandem geöffnet und darüber geredet wies mir geht, auch weil ich lange dachte das es so normal wäre, kannte es nicht anders..

aufjedenfall war ich vor ca. 1,5 monaten das erst mal beim psychiater, er hat mich ca. 15 minuten über mein befinden befragt. da ich noch nie mit jemandem darüber gesprochen hatte fiel mir das recht schwer, es ist ja auch nicht einfach das ganze befinden, vorallem wenn es schon länger so ist, in so ein kurzer gesrpäch zu packen..

im endeffekt konnte ich mich wohl auch nicht völlig öffnen und alles erzählen, habe ihm aber so gut ich konnte auf die fragen geantwortet. ein großes problem war bei mir wohl das ich keinen vergleich zum "normal" sein habe, ich war irgendwie immer so und das war für mich normal, deshalb ist es schwer da irgendwie über abnormalitäten zu berichten..^^


falls du also früher mal gut drauf warst und alles eigendlich ganz gut war, such dir die krassen unterschiede zum jetzt heraus, denke gut darüber nach was jetzt anders ist, und leg dir die ganzen sachen schon einmal für das gespräch zurecht. (das schlimmste vielleicht auch zuerst aussprechen, dann ist es schonmal raus..)


ich habe einfach ganz kalt davon erzählt wies mir geht, ohne emotionen etc. ich denke man sollte da einfach natürlich sein, wenn dich das so traurig macht das du weinen musst, dann ist es eben so, wenn nicht, dann nicht. es ist ja auch oft so das depressive gar nicht mehr weinen können, daher brauchst du dir über sowas wohl nich soviele gedanken zu machen..


der arzt ist spezialist für solche dinge und kennt sich aus, versteht diese probleme wohl auch und hat sicherlich auch mit noch schlimmeren fällen zu tun. daher braucht man sich auch nicht zu schämen oder sich irgendwie verstecken, wie sonst wohl öfter mal..


obwohl ich das alles so sehe fällt es mir trotzdem sehr schwer über all das zu reden, und ich denke auch das mein psychiater nicht wirklich weis wie es mir genau geht.

an dem problem muss ich daher auch noch arbeiten...


ich wünsche dir alles gute für dein gespräch morgen, versuch so offen wie möglich zu sein, die leute mit denen du da redest sind ja extra dafür da um sich deine probleme anzuhören und um dir zu helfen sie zu bewältigen,

ich drück dir die daumen,

gruß, Daniel
heikeg
Beiträge: 568
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von heikeg »

Hallo honey,

erst Mal willkommen hier im Forum.

Normalerweise wissen TherapeutInnen, dass Patienten sich nicht sofort öffnen können, denn dazu braucht es Vertrauen. Meist geht es im Erst- oder Zweitgespräch darum, zu sondieren, wo die Problematik liegt und für beide auch, ob eine Zusammenarbeit möglich ist, also ob ein Vertrauensverhältnis entstehen kann. Man hat ca. 5 Probestunden, in denen man selbst entscheiden kann, ob der Therapeut/die Therapeutin einem liegt.

Vielleicht hilft es dir, wenn du kurz deine Gedanken dazu aufschreibst und zur Stunde mitnimmst, um eine Gesprächsgrundlage zu haben.

Viele Grüße Heike
-------- Signatur ---------

unipolar depressiv seit 2002
Rosenkranz
Beiträge: 591
Registriert: 19. Feb 2010, 21:19
Kontaktdaten:

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Rosenkranz »

Hallo Honey

erst mal herzlich willkommen hier im forum.

Also müssen musst du gar nichts.

Meine Erfahrungen waren bisher sowohl bei ärzten und therapeuthen verständnisvoll, sie haben ja ständig mit solchen dingen zu tun, dafür sind sie ausgebildet, sie können sich zwar nicht in deine lage versetzen, aber kennen die krankheit, ursachen und möglichkeiten der behandlung. Du mußt auch nicht zum ersten gespräch alles darstellen, natürlich wollen sie wissen warum du kommst, was du erwartest und wie deine lebenssituation ist, aber du mußt ja erst einmal vertrauen aufbauen zum therapeuthen und das geht gewöhnlich nicht so schnell. Du hast angst das du dich nicht öffnen kannst, ich glaube diese schwierigkeiten haben viele, ich gehöre auch dazu. Wir gehen ja dorthin, weil wir schwierigkeiten und probleme haben und da brauchst du keine angst davor zu haben auch nicht wenn du weinen mußt, das heißt das du deine gefühle zeigen kannst und das ist doch positiv und mitunter auch befreiend. Der Therapeuth wird dir helfen z.b. verhaltensmuster zu erkennen und zu verstehen und mit dir lösungsmöglichkeiten suchen, umsetzen mußt du sie natürlich selber und das ist oft ein langwiriger prozess. Oft spielen auch arbeit, familie und vergangenheit eine rolle, also auch sachen die man nicht mehr ändern kann, aber versuchen es zu verarbeiten.

Du brauchst aber keine angst haben, daß du nicht verstanden wirst, ich wünsche dir alles gute dabei.

lg rosalie
Honey2101
Beiträge: 8
Registriert: 8. Mär 2011, 20:51

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Honey2101 »

Danke erstmal für eure schnellen Antworten!

Genau das habe ich schon gemacht. Ich habe mir bei meinem letzten Besuch bei der Psychiaterin und auch bei dem Beratungsgespräch gestern einen Zettel mit meinen Notizen mitgenommen, damit ich die Dinge auch anspreche und einen roten Faden hab.

Wenn ich mir das dann hinterher durchlese, dann hab ich das Gefühl, dass es zwar ein gutes Gespräch war, aber die Hauptpunkte nicht richtig rübergekommen sind.

Ich hab schon überlegt, ob ich der Dame morgen einfach mal den Zettel vorlege. Aber das traue ich mich auch irgendwie nicht.
Bis jetzt waren es auch keine richtigen Therapeuten, sondern halt die psychologische Beraterin von der Krankenkasse (hat Sozial-Pädagogik studiert) und eben die Psychiaterin. Und da es für mich ne ganz neue Situation ist und ich selber sehr unsicher bin, hab ich mich da vielleicht auch etwas abspeisen und auf Distanz halten lassen.
heikeg
Beiträge: 568
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von heikeg »

Hallo Honey,

vielleicht können wir dir da etwas helfen, bei der Reflektion.

Was hat dich dazu gebracht, zu glauben, dass es nicht richtig rübergekommen ist?

Was hättest du denn gerne noch angesprochen?

Was meinst du denn, was deine Hauptpunkte sind?

Du brauchst nicht zu Antworten, wenn du es nicht willst und auch nicht jeder Frage beantworten, vielleicht magst du es nur für dich beantworten.

Viele Grüße Heike
-------- Signatur ---------

unipolar depressiv seit 2002
Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Regenwolke »

Hallo Honey,

die Einschätzung, dass Ärzte, Berater oder Therapeuten schon von berufs wegen wissen, wie es einem geht bzw. das automatisch verstehen, kann ich nicht so recht teilen.
Wie bei anderen Kontakten auch braucht das Kennenlernen Zeit. Profis können sicher manche Dinge schneller einschätzen, aber beim Erstkontakt ist man sich fremd, auf beiden Seiten. Und wie bedrückend ein Zustand ist, sieht man jemandem leider auch nicht unbedingt an.

Dass man eine Taktik braucht oder übertreiben muß, um sich verständlich zu machen, glaube ich dagegen auch nicht - habe ich auch nicht so erlebt. Es ist aber wichtig, die Dinge beim Namen zu nennen und nichts herunter zu spielen.

Psychiater haben übrigens leider häufig nicht die Zeit für längere Gespräche, meine Erfahrung ist, dass manche da sehr an der Oberfläche bleiben und ich hatte ich einer früheren Praxis oft das Gefühl, mich gar nicht öffnen zu können, da einfach ständig der Zeitdruck im Raum stand.

Als Studentin kannst du auch die psychotherapeutische Beratungsstelle deiner Hochschule in Anspruch nehmen, dort arbeiten in der Regel ausgebildete Therapeuten, die zwar keine dauerhaften Psychotherapien anbieten, zumindest aber mit dir zusammen überlegen können, welche Hilfe längerfristig für dich sinnvoll ist und wo du sie finden kannst.

LG, Wolke
heikeg
Beiträge: 568
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von heikeg »

Hallo Wolke,

mit dem Wissen der Professionellen meinte ich, dass sie wissen, dass die meisten Aufsuchenden bei dem Erst- oder Zweitkontakt oder in den ersten Gesprächsstunden, nicht alles gleich auf den Tisch legen können, sondern es da schon Vertrauen braucht, was erst aufgebaut werden muß. Ich meinte nicht, dass sie wissen, wie es dem jenigen grade geht. Nur so zur Korrektur .

Viele Grüße Heike
-------- Signatur ---------

unipolar depressiv seit 2002
Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Regenwolke »

Hallo Heike,

ich hatte meine Bemerkung gar nicht speziell auf deinen Beitrag bezogen, sondern hatte den Eindruck, dass insgesamt im Thread ein bißchen durchklang, dass ein Profi einen schon versteht, richtig einschätzt, usw. Aber da habe ich vielleicht mehr reingelesen, als da wirklich stand.

Ich kenne beide Seiten. Und ich muß sagen, dass ich es manchmal trotz professionellen Wissens schwierig fand, zu erfassen, was mit jemandem los ist und mich einzufühlen, manchmal aber auch gar nicht.
Umgekehrt als Patientin kann ich sagen, dass mit manchen Ärzten/Therapeuten schon im Erskontakt ein gefühlsmäßiger Draht da war und ich spürte, dass meine Befindlichkeit richtig erfasst wird. Bei anderen kam das erst mit und mit und mußte erarbeitet werden.
Psychisches ist leider manchmal schwer beschreibbar.

LG, Wolke
Honey2101
Beiträge: 8
Registriert: 8. Mär 2011, 20:51

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Honey2101 »

Hallo Heike und die anderen!

Dadurch das es nur ein oder zweimalige Termine sind, wo es darum geht meine Situation einzuschätzen und ggf. entsprechende Maßnahmen einzuleiten, ist es schon wichtig, dass ich kurz und prägnant darstellen sollte, wie es mir geht.

Ich schäme mich sehr, aber die Hauptpunkte sind gerade, dass ich nicht mehr das Haus verlassen kann, kaum zu sozialen Kontakten in der Lage bin. Kein Licht am Ende des Tunnels sehe. Ich kann gerade nicht Studieren (wohl auch nie wieder), habe den ganzen Tag nichts zu tun und bin seit Monaten in diesem Loch drin. Vorher war mein Leben normal und jetzt ist alles kaputt.

Ich habe das Gefühl, dass eine Therapie, wo ich einmal die Woche für eine Stunde mit jemanden sprechen nicht mehr ausreichend ist.
Es ist einfach so belastend gerade alles für mich, dass ich gar nichts machen kann. Ich habe Existenzängste (da ich gerade ja gar nichts kann), starke körperliche Beschwerden (Augendruck, Rückenschmerzen, Schwindel, Engegefühl im Brustkorb).

Ich hab das Gefühl, dass ich einen Weg aus dieser Situation finden muss. Den suche ich schon seit einigen Monaten. Ein macht sich so langsam das Gefühl breit, dass mir gar nicht wirklich zu helfen ist, da ich so krank bin, bzw. mich so fühle. Es ist mir so unverständlich wie das mit meiner Seele passieren konnte. Hilft ja nix. Ich muss es annehmen und irgendwie versuchen weiterzugehen.
Ich habe keinen Freund seit einigen Jahren, werde wohl nie Kinder haben, habe gerade keine eigene Wohnung. Mein Leben ist einfach so unvollkommen und kaputt.
Ich würde es so gerne ändern und es tut mir so weh, wenn ich sehe wie es meiner Umwelt geht, was sie für Freude am Leben haben und schönes Erleben. Auch wenn sie mal Stress oder Probleme haben, in meiner Wahrnehmung ist es nicht annähernd mit meiner Situation vergleichbar. Deshalb glaube ich auch, dass mich kaum jemand verstehen kann, so fühlt es sich zumindest an.
Viele wollen helfen (fragen mich wie? Aber das weiß ich ja selber nicht!) oder haben auch Mitleid und wünschen sich, dass es mir schnell wieder besser geht.
So ich glaube ich muss jetzt hier mal einen Punkt machen.. Sonst finde ich grad kein Ende.
heikeg
Beiträge: 568
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52
Kontaktdaten:

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von heikeg »

Liebe Honey,

die Gedanken die du beschreibst, die sind so typisch depressiv, ich kenne sie nur zu gut. Ich bin dann auch absolut der Meinung, mir hilft nichts mehr, ich habe keine Zukunft mehr, ich finde eh niemanden mehr, ich bin eh für alles Schuldig, ich schäme mich, dass ich nicht mal die kleinste Arbeit im Hause schaffen kann, etc.

Du bist im Moment tatsächlich in einem Tunnel und es entsteht dadruch ein Tunnelblick. Ich weiß, dass du jetzt völlig überzeugt bist, bzgl. deiner Lage und deiner Zukunft. Deine Wahrnehmung ist jetzt so gelenkt.

Nun kommt das ABER, da ich es selber zu genüge kenne, weiß ich, dass dies die Krankheit ist, die Krankheit läßt mich so denken, die Krankheit überzeugt mich, dass es für mich eh keine Zukunft gibt, die Krankheit läßt mich Scham und Schuld fühlen, die Krankheit kennt keine Perspektive, die Krankheit läßt mich soviel Schmerz fühlen und die Krankheit läßt mich so verwirrt zurück, dass ich selber nicht mal weiß, wo eigentlich wirklich der Schuh drückt, denn es ist alles so verworren und diffus.

In einer tiefen schweren Depression ist es schwierig, sich da alleine rauszuholen. auch wenn jemand dich anders einschätzt und etwas anderes sagt, so ist dies schwer anzunehmen, man ist einfach so davon überzeugt, was man denkt, dass man anderes kaum gelten läßt.

Manchmal kann es gut sein, wenn man erst Mal durch Medikamente ein gewisses Grundniveau erreicht, in dem dann auch eine Psychotherapie gut greifen kann.

Egal wie du vorgehen wirst, glaube mir bitte, schämen brauchst du dich nicht, die allermeisten Depressionserkrankten kennen diese Gedankengänge und das Verhalten in einer tiefen Depression. Professionelle sollten jedenfalls soweit in der Lage sein, diese Gedankengänge als Symptome der Depression zu erkennen, wenn sie sie natürlich von dem Betroffenen dann auch hören.

Ich drück dich mal ganz dolle, ich kenne es sooo gut, was du da beschreibst, aber es ist das Gesicht der Krankheit.

Liebe Grüße Heike
-------- Signatur ---------

unipolar depressiv seit 2002
Regenwolke
Beiträge: 2214
Registriert: 15. Apr 2006, 12:46

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Regenwolke »

Hallo Honey,

du schreibst "jetzt ist alles kaputt". Glaubst du, es gab einen Auslöser dafür, ist etwas passiert? Oder kam es einfach so?

Falls du Dinge erlebt hast, über die schwer zu sprechen ist, mußt du das nicht in Erstkontakten tun. Mit "die Dinge beim Namen nennen" meinte ich nur, offen zu sagen, wie es dir geht - so in der Art, wie du hier auch über dich geschrieben hast.

Für mich klingt deine Situation so, dass evtl. ein Klinikaufenthalt sinnvoll wäre. Leider gibts auch da häufig lange Wartezeiten, aber manchmal kann auch die "Psychiatrie um die Ecke" gute Hilfe leisten - wenn es gar nicht mehr geht, wäre das die richtige Adresse.

Alles Gute!


PS: Und übers das Studium machst du dir vielleicht besser erst wieder Gedanken, wenn die Krise vorbei ist - nach einer Behandlung sieht manchmal alles wieder ganz anders aus.
paco
Beiträge: 310
Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von paco »

>> Ich schäme mich sehr, aber die Hauptpunkte sind gerade, dass ich nicht mehr das Haus verlassen kann, kaum zu sozialen Kontakten in der Lage bin. Kein Licht am Ende des Tunnels sehe. Ich kann gerade nicht Studieren (wohl auch nie wieder), habe den ganzen Tag nichts zu tun und bin seit Monaten in diesem Loch drin. Vorher war mein Leben normal und jetzt ist alles kaputt.

Hi honey,
Du drückst da eine typisch depressive Stimmungslage aus. Mach Dir im Kopf klar, dass Du das jetzt und eben jetzt so siehst. Du warst schon fähig zum Abi, zum Studium, "normal" mit Menschen in Kontakt zu treten, Dein Leben lebenswert zu gestalten ... Nur eben jetzt nicht. Und genau das ist die Krankheit.
Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen: das geht vorbei. Aber nicht ohne eigene Anstrengung (und wahrscheinlich nicht ohne Medis). Und das heißt zum Beispiel raus mit dem was Dich bedrückt. Klar und deutlich. Wenn du eine/n vertrauensvolle/n Therapeuti/en hast, dann gibt es keinen Grund etwas hinterm Berg zuhalten.
Mach dich auf den Weg zu Dir selbst. Finde die Stellen, die Du an Dir vllt noch nicht kennst, die Du aber kennenlernen musst, um Dein Problem zu lösen. Das ist beschwerlich und tut manchmal weh. Aber das ist der Weg, der Dich aus dem Jammertal rausbringt.
Mach kleine Schritte zurück ins Leben. Nimm schrittweise mehr und mehr wieder am Leben teil durch Aktivitäten und Kontakte. Peil die Beendigung des Studiums an, nimm Dir aber nicht zuviel auf einmal vor. Du wirst sehen, das geht. Such Dir kompetente Hilfe, auf die Du vertraust.
Es gibt ein Leben nach und neben der Depression.
Ich wünsch Dir viel Kraft für Deinen Weg raus aus dem Loch.
paco
Honey2101
Beiträge: 8
Registriert: 8. Mär 2011, 20:51

Re: Richtige Einschätzung der Situation im Erstgespräch

Beitrag von Honey2101 »

Vielen Dank für eure netten, ehrlichen und aufbauenden Antworten.
Mir fällt es schwer gerade meine Gedanken zu ordnen und strukturiert zu antworten.

Und genau das ist die Krankheit. Das Gesicht der Krankheit.

Genau das merke ich auch, aber ich hab das Gefühl, dass ich einfach keine Kraft mehr habe und das ich es nicht schaffe dagegen anzukommen, denn ich bin schon so tief drin.

Ich habe geglaubt, dass ich da alleine rauskomme, mit eigner Erkenntnis, Willen, Disziplin, Kraft. Aber ich habe das Gefühl, dass ich noch tiefer drin bin. Ich würde es so gerne glauben, dass ich es mit meinem Studium schaffe, aber dazu bin ich da fast schon zu lange raus, die Leistungsanforderungen zu hoch und ich habe das Gefühl, dass ich nie wieder richtig leistungsfähig sein werde. Sondern alle mal einen Hilfsjob machen kann. Dann denke ich wieder, vielleicht ist es auch alles ne falsche Selbsteinschätzung durch die Krankheit oder ein Stück Selbstmitleid.
Ich hätte so gerne die Zuversicht, dass es wieder ähnlich wie früher werden kann!! Mit Freunden, Studium, meinen Gedanken, meinem Leben.

Mit meinen Eltern kann ich zwar reden, aber in letzter Zeit sind die Gespräche sehr anstrengend, führen schnell zu Streit und dazu, dass man sich gegenseitig nicht versteht und sich im Kreise dreht. Das liegt aber vorrangig am mir. Meine Eltern wollen mir so gerne helfen, sind aber selber überfordert von der Situation. Ihnen geht es selber schon sehr schlecht (auch körperlich) durch mich.

Ich behalte inzwischen so viele Gedanken für mich, es sind auch immer neue Spiralen dazugekommen. Morgen habe ich zum Glück ein Beratungsgespräch bei einer sozialpsychatrischen Stelle. Ich hoffe, dass gibt mir neue Hilfestellungen.

Ich habe das Gefühl, dass mir geholfen werden muss - ich wünschte ich könnte sagen, dass ich mir selber helfen muss/kann. Aber die Wartezeiten für Kliniken usw. sind so lang. Ich fühle mich da sehr alleine gelassen und die Entscheidung was weiter passiert, kann mir keiner abnehmen, aber ich sehe auch nicht die Optionen.

Der Gedanke mit einer Klinik wird für mich immer klarer. Wenn ich mir was wünschen könnte, dann wäre es wohl eine Klinik, die auf Psychosomatik und Depressionen spezialisiert ist, von der Krankenkasse übernommen wird und die in Niedersachsen liegt.

Ich empfinde es als sehr befreien, dass ich das hier alles niederschreiben kann. Auch wenn es für euch sicherlich anstrengend ist das zu lesen und zu sortieren.

Danke!!
Antworten