Gibt es eine Chance auf Heilung?

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ylva
Beiträge: 26
Registriert: 22. Sep 2009, 01:35

Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von ylva »

Langsam glaube ich nicht mehr daran, endlich von dieser Krankheit befreit zu werden.

Bereits in meiner Jugend hatte ich über mehrere Jahre mit schweren Depressionen zu kämpfen, wollte eigentlich nicht mehr weiter leben. Dann hatte ich exakt 20 depressionslose Jahre. Vor fünf Jahren kamen diese grauenvollen Depris wieder hoch. Seither möchte ich sie fast als chronisch bezeichnen. Kliniken kenne ich zur Genüge, ambulante Therapie ist auch nicht unbedingt hilfreich ebenso wie die Medikamente.

Ich mag beruflich nicht schon abschließen und die EU-Rente beantragen. So zumindest hat es das Versorgungsamt (ich habe eine Schwerbehinderung von 60% aufgrund der Depris) angeraten. Sie stimmen nun wohl dem Kündigungsanliegen des Arbeitgebers zu, weil nicht zu erwarten ist, dass ich noch mal berufstätig sein kann. Dies will ich nicht akzeptieren, da in mir die Hoffnung lebt, es gibt eine Heilung, auch wenn der Glaube daran inzwischen verschwunden ist. Ich erwarte von mir selbst, irgendwann wieder die Power früherer Jahre zu erleben und beruflich noch einige Jahre Freude zu haben.
Depri1955
Beiträge: 21
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Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von Depri1955 »

Hallo Ylva,
wenn es einen Weg rein gibt, führt irgendwann ein Weg raus. Muss. Fragt sich nur wann.
Gib nicht auf !
Gruß
Klaus
Pocahontas

Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von Pocahontas »

"Ich erwarte von mir selbst, irgendwann wieder die Power früherer Jahre zu erleben und beruflich noch einige Jahre Freude zu haben."

Schonmal daran gedacht, dass genau das ein "Aufhänger" für die Depris sein könnte: Du "erwartest"...von Dir selbst...
Mir ging es so, dass ich immer dachte:" Mensch, zu dieser und jener Zeit, da warst Du immer so ein fröhlicher, ausgeglichener, kommunikativer Mensch....so kannst DU wieder werden, wenn Du gesund bist..."
Aber irgendwie klappte das nicht. Bis heute nicht. (...auch schon eine jahrelange Geschichte) Irgendwann kam mir der Gedanke, dass mich die gnaze Sache vielleicht einfach verändert haben könnte. Und zwar so sehr, dass ich womöglich andere Dinge anders wertschätze, das mir andere Dinge wichtiger sind, dass ich andere Dinge benötige als früher, um mir gutzutun... Vielleicht kann ich nicht mehr ohne Risiko auf große Partys gehen oder hab Schwierigkeiten bei mehreren Geräuschquellen irgendwas zu verstehen...aber vielleicht muss ich das auch gar nicht mehr. Vielleicht brauche ich cniht mehr viele Halb-Freunde einfach zum quatschen. Vielleicht tuns ein paar weniger... Vielleicht brauche ich mehr Ruhe, die mir dann aber genauso guttut, wie mir füher Gesellschaften oder so...
Dinge ändern sich. Nur weil sich etwas früher gut anfühlte, muss das jetzt nciht mehr so sein. Und etwas, was früher unerträglich war, macht jetzt Spaß (auch diese Erfahrung habe ich definitiv gemacht).
Das Problem liegt (auch) darin, sich selbst kennen zu lernen...

...ist meine Sichtweise, ein Gedankengang, der mir zu Deinem Text in den Sinn kam...
Vielleicht sehen es andere Leute anders...
Aber vielleicht lohnt es, einmal darüber nachzudenken.

Alles Gute! - Das wünsch ich Dir auf jeden Fall!!!
Hagebutte
Beiträge: 198
Registriert: 11. Jun 2009, 15:44

Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von Hagebutte »

Pocahontas, Du sprichst mir aus der Seele, ich habe es ganz genauso erlebt - und gestaunt dabei. Die alte Power kommt nicht wieder, so viel steht für mich fest. Die Frage ist nur: Brauche ich die eigentlich noch? Früher hatte ich keine Ruhe, wollte dauernd unter Leute. Und heute? Heute brauche ich meine Ruhe und gebe mich auch höchsten mit einer handvoll Leuten ab.

Aber, liebe Ylva, auch ich habe große Schwierigkeiten meine Depression, die mich auch seit meiner Jugend begleitet, zu akzeptieren. Das ist schwer! Ich kann mir jedoch vorstellen, dass es eine enorme Erleicherung sein kann, endlich nicht mehr gegenan kämpfen zu müssen.

LG
Hagebutte
sinus
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Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von sinus »

Liebe ylva.

Gibt es Heilung für eine Diabetiker?

Der Diabetiker bekommt sein Insulin und wird geschult, wie er sich zu verhalten hat.

Unsere Krankheit ist im Prinzip ähnlich. Nur dass dir Gründe, die Dinge die in unserem Körper aus dem Gleichgewicht kommen, um ein vielfaches komplexer sind. Hinzu kommt, dass unser Denken die Vorgänge in unserem Körper beeinflusst und umgekehrt, die Vorgänge in unserem Körper, auf unser Denken einwirken.

Das Hinterhältige an unserer Krankheit ist dabei, dass unsere Gedanken so beeinflusst werden, dass wir glauben, selbst schuld zu sein. Deshalb glauben wir, wir müssen uns am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen.

Dabei haben wir bildlich gesprochen, viel kleiner Füsse als die anderen bzw. es gibt sogar Leute, die Schwimmer an den Füssen haben.
Wir müssen also vorsichtiger laufen und mehr balancieren, um nicht zu versinken.

So wie ein Diabetiker oder der Träger eines Herzschrittmachers seine Grenzen hat, haben auch wir unsere Grenzen.

Ich rate Dir dringend die EU Rente zu beantragen und Dich entsprechend Deiner Grenzen neu zu orientieren.
Schau in meinen Beitrag "Erlebnisbericht Depression..." hier im Forum und auf meine website http://balance-cs.de . Ich habe genau wie Du an meinen Grenzen gezerrt.
Jetzt ist mir die Neuorientierung gelungen und ich freue mich auf das, was noch kommen mag.

Liebe Grüsse und alles Gute
wünscht Dir
uni-liebe
Pocahontas

Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von Pocahontas »

...seltsam...der Vergleich mit einer Diabetis ging mir gerade heute Vormittag selbst durch den Kopf. Und ich habe überlegt, ob ich diesen Vergleich nicht hier veröffenltichen soll...

Ich frage mich nur immer: in dem Moment, in ich meine gesundheitlichen Einschränkungen wirklich akzeptiere, in dem Moment fällt ja all dieser Druck weg, bestimmten Erwartungen entsprechen zu müssen. Aber wenn dieser Druck weg ist, befürchte ich ja fast schon, mich so viel besser in der Umwelt bewegen zu können, dass mir keiner mehr glaub t dass ich krank bin. Wo ist da die Grenze? Ist das nciht bescheuert, wenn man seine Krankheit nciht akzeptieren kann, weil man befürchten muss, wenn es einem besser ginge, würde einen keiner mehr ernst nehmen? Blöd. Aber so ganz kriege ich es ahlt auch noch nicht hin....
Ja, ja...der Verstand will und weiß...aber Kopf und Herz wollens nicht hören...
Babi
Beiträge: 1972
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von Babi »

HI ylva,
es ist ganz ganz wichtig, daß du die Hoffnung nicht aufgibst, es gibt immer einen Weg, auch für uns Depressive... glabue daran und verliere nicht den Mut!
Fühl dich gedrückt!
Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
maggy
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von maggy »

Liebe Ylva,

Gese Roth drückt mit ihren Worten aus, wie ich Heilung erlebt habe und heute auch für mich verstehe:


Heilwerden

Beim Heilwerden geht es darum,
unsere Herzen zu öffnen,
nicht sie zu verschließen.
Es geht darum, die Stellen in uns,
die die Liebe nicht einlassen wollen,
weich zu machen.
Heilung ist ein Prozess.
Beim Heilwerden schaukeln wir hin und her
zwischen dem Schweren der Vergangenheit
und der Fülle der Gegenwart
und bleiben immer öfter in der Gegenwart.
Es ist das Schaukeln,
das die Heilung bewirkt,
nicht das Stehen bleiben
an einer der beiden Stellen.
Der Sinn des Heilwerdens ist nicht,
für immer glücklich zu werden:
das ist unmöglich!
Der Sinn der Heilung ist,
wach zu sein und sein Leben zu leben
und nicht bei lebendigem Leibe zu sterben.
Heilung hängt damit zusammen,
gleichzeitig ganz und zerbrochen zu sein.


Liebe Sonntags-Grüße
von
Maggy
-------------------------------------------

Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
ylva
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Registriert: 22. Sep 2009, 01:35

Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von ylva »

Vielen Dank für Eure aufmunternden Worte. Wahrscheinlich muss ich mich wirklich von den Ansprüchen und Erwartungen an mich selbst verabschieden, einfach mit dem Gedanken leben können, nicht mehr in dieser schnelllebigen, stressigen Arbeitswelt bestehen zu können.

Dennoch habe ich die Hoffnung, in ein paar Monaten wieder einigermaßen aufgestanden zu sein, so dass ich mein Leben genießen kann. Und muss einsehen, dass ich die Anforderungen meines bisherigen Lebens nicht mehr erfüllen kann.

Ich danke Euch vielmals.
LG
ylva
ylva
Beiträge: 26
Registriert: 22. Sep 2009, 01:35

Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von ylva »

Ganz gezielt möchte ich diesen alten Thread noch mal vorkramen, denn die Problematik lebt noch immer in mir. Und ich denke, es ist für manch einen Neuen hier im Forum auch nicht uninteressant, wie sich die Dramen um die Erkranknung entwickeln.

Inzwischen habe ich akzeptieren können, dass meine frühere Leistungsfähigkeit nicht wieder zurück kehrt. Dies muss auch nicht sein, da sich familiär bedingt meine Lebensumstände ein wenig geändert haben, sprich meine Kinder sind inzwischen fast erwachsen und stehen quasi auf eigenen Füßen. Gegen die EU-Verrentung habe ich mich mit Händen und Füßen gewehrt, konnte zwar die Kündigung durch meinen früheren Arbeitgeber nicht abwenden, wusste allerdings auch, dass ich nie wieder in diesem Beruf tätig sein könnte und auch wollte. Insofern war die Kündigung nicht allzu tragisch.

Seit November 2010 nun arbeite ich wieder und merke, wie meine alten Probleme zurückkehren. Ich kann nicht abschalten, im Kopf habe ich niemals Feierabend. Oftmals sitze ich noch um Mitternacht am Rechner, um Lösungen für den Job zu finden. Trotz der vielen Klinikaufenthalte, Reha, ambulanter Therapie, scheint sich in mir drinnen nichts verändert zu haben.

Mir ist klar, dass dies fast zwangsläufig wieder zum Zusammenbruch führen wird, doch ich habe noch keine Lösung gefunden, mit mir entsprechend umzugehen.

Ambitionen zur Karriere sind inzwischen auch angesichts meines Alters keine mehr vorhanden, andere Prioritäten habe ich für mein Leben gefunden, dennoch gelingt es mir nicht, diesen selbst auferlegten Druck abzulegen.

Ist diese Problematik bekannt und falls ja, wie geht Ihr damit um?

Liebe Grüße
ylva
Rosenkranz
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Registriert: 19. Feb 2010, 21:19
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Re: Gibt es eine Chance auf Heilung?

Beitrag von Rosenkranz »

Hallo Ylva;

Ich kenne diese problematik nur zu gut!

Abschalten nachts geht fast gar nicht, früher habe ich immer gesagt, in der ersten nachthälfte verarbeite ich den vergangenen tag und in der zweiten nachthälte bereite ich mich auf den nächsten tag vor. so lange ich positive gadanken hatte war das auch noch einigermaßen o.k. aber seit einiger zeit ist das nicht mehr positiv und das schlaucht ganz schön am körper. früher hatte ich viele pläne trotz krankheit, selbst wenn ich arbeitslos geworden wäre, konnte mir vieles vorstellen, jetzt bin ich froh meine arbeit noch zu haben, weil es aussichtslos ist in meinem alter noch was neues zu finden, ich bin schwerbehinderten gleichgestellt 30 %, das heißt aber auch nicht, das sie mich nicht kündigen können. früher hat mich die arbeit aufgebaut, mittlerweile macht sie mich kaputt. Rente wurde mir jedoch noch nicht vorgeschlagen. Mein therapeuth hatte zwar auch schon nachgefragt, ob ich diesbezüglich angesprochen wurde. Hätte ich sicher auch immer abgelehnt, weil die arbeit meine existenz und unabhängigkeit ist und man sozusagen noch dazugehört, in der gesellschaft integriert ist, aber mittlerweile würde ich mir das überlegen, wie du schreibst, ist deine problematik auch auf der neuen arbeit nicht gelöst, ich meine in bezug auf die krankheit. auch ich habe noch keine lösung für mich gefunden, während der ersten 3 Therapien ging es mir verhältnismäßig gut, bei der letzten ging es mir immer schlechter, deshalb wurde eine reha beantragt, die jetzt ein jahr her ist aber auch nicht viel brachte. ich versuche jetzt, das geht aber nur wenn ich zu Hause bin, die krankheit anzunehmen und damit zu leben, so gut es geht. sogar zu genießen, denn jetzt kann ich endlich wieder meine gefühle wahrnehmen, da geht es mir gut auch wenn es mir schlecht geht, wenn aber die körperlichen beschwerden die bisher weitestgehend ohne Ursache sind immer schlimmer werden, stelle ich mir oft die frage, was soll den hier noch werden, das kann doch nicht so weitergehen. früher fand die depression fast ausschließlich auf seelischer ebene statt, jetzt sind es auch die körperlichen symptome, wobei ich nicht einschätzen kann, ob die mir auch gefährlich werden können. was das anbetrifft wäre ich in einer klinik bestimmt besser aufgehoben, aber das wollte ich noch nicht, weil ich der Meinung bin, daß es besser ist im normalen umfeld gesund zu werden, weil man sonst wieder von vorn anfängt, wenn man wieder zu hause ist. dort wird alles von einem ferngehalten, die realität sieht aber anders aus. (habe schon 2 klinikaufenthalte hinter mir ersten mit 17, 8 Monate, zweiten mit mitte dreißtig 5 wochen, 2 rehas, 4 Therapien letzte kurz vor ende abgebrochen.

Das es eine Heilung gibt, daran glaube ich nicht mehr. es gibt verschiedene arten der depression. z.b. nach einen tragischen ereignis, da denke ich wenn das aufgearbeitet ist, ist man wieder gesund, aber wenn man die krankheit bereits in jungen jahren hat zieht es sich wie ein roter faden durchs leben. mal geht es gut und dann wieder schlechter und je älter man ist desto kürzer werden die abstände dazwischen. noch dazu kommt der leistungsdruck von außen, den du selber nicht beeinflussen kannst, auch die menschen haben sich verändert, da schließe ich mich auch den vorangegangen berichten an. lieber wenig freunde, dafür aber echte. auch die erwartungen an das leben verändern sich auch bei gesunden, man muß selber herausfinden was einen wichtig ist, das leben verändert sich ständig, altes ablegen, neues kennenlerner und davon profitieren, das ist auch ein lernprozess, loszulassen um neue erfahrungen sammeln zu können.

liebe grüße rosalie
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