In Wahrheit und Würde älter werden...ein fremdes Gefühl...

rm
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In Wahrheit und Würde älter werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von rm »

Guten Abend Forianer,

Nun doch in kurzer Folge (leider) von mir NOCH ein Thema, daß mich schon länger nicht mehr 'losläßt'.

Älter werden (bei mir jetzt knapp über 60 )ist wohl für mich momentan besonders schwer und steht wohl in engem Zusammenhang mit der immer wieder aufkommenden Depression.

Früher sagte ich mir immer wieder: später, hab ja noch Zeit, meine Chance kommt noch. Beruf: hab ja noch Zeit, kann ja wieder was andres machen.

Oft blicke ich nun zurück und frage mich, was ich eigentlich gut gemacht habe. Mir fällt nicht viel ein. Aber zu ändern ist nichts mehr. Klar, nach vorne schaun, aber was bleibt da? Beziehung gescheitert, Beruf vorzeitig beendet (bescheiden verrentet), Zeit ohne Ende, mit der ich aber momentan nicht viel anfangen kann.

*Wie packt Ihr, die Ihr vielleicht auch 'in die Jahre' kommt, das Alter?
*Wie gestaltet Ihr Euren Tag, wenn es Euch besser gehen soll?
*Hat sich ein Satz: 'Mit Dir möchte ich alt werden' auch als Illusion erwiesen und wie entgeht Ihr der Einsamkeit?
*Fühlt ihr Euch von Euren Mitmenschen angenommen oder manchmal überflüssig?
*Und wie sieht es in diesem Alter mit den Chancen am Arbeitsmarkt aus?

Ich bin mir bewußt, daß ich hier keine Patentrezepte für ein erfülltes Älterwerden bekomme, da jeder Mensch andere Voraussetzungen mitbringt, aber vielleicht ist ja die/der ein oder andere da, die/der mich mit neuen Anregungen und Ideen auf einen hoffnungsvollen Weg weisen kann.

Ich persönlich bin momentan etwas sehr ratlos, aber es muß ja nicht von Dauer sein.

Gute Nacht wünscht Euch
Reinhart





Edit: Überschrift ergänzt
wennfrid
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von wennfrid »

Hi Reinhard
Das Alter ist immer gegenwärtig und jeder Mensch muß da durch.(nur gerecht)Ich betrachte das Alter als Lebenserfahrung.
Ich bin jetzt 57 Jahre und bereits im Ruhestand. Für mich sehe ich es so, daß ich 57 Jahre Lebenserfahrung besitze und deshalb sehr genau weiß, was für einen Menschen wichtig oder unwichtig ist. Ein wichtiger Punkt im Alter. Außerdem möchtge ich auf keine Zeit in meinem Leben verzichten, obwohl viele Tage Lernphasen waren und deshalb ein unangenehmes Dasein war. Daß manchmal eine gewisse Einsamkeit vorhanden ist, muß ich feststellen. Die Berufchancen für ältere Menschen sind mehr als gering, da in unserer Leistungsgesellschaft nur das Kapital zählt.Zum Schluß noch folgende Weisheit:
"Vergiss nicht, man braucht nur wenig, um ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen."
Viel Kraft und Energie

Fridolin
susan
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In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von susan »

Guten Morgen, Reinhart,

Du sprichst ein Thema an, was sehr viele Menschen betrifft, auch ich habe damit gehadert und mich gefragt, wie soll ich an das, was ich erlebt habe anknüpfen, wie kann ich Frieden schließen mit dem, was war, wo ist der Sinn für einen Neubeginn, der mir in den kommenden Jahren Zufriedenheit und Lebensfreude bringt.

"Oft blicke ich nun zurück und frage mich, was ich eigentlich gut gemacht habe. Mir fällt nicht viel ein. Aber zu ändern ist nichts mehr. Klar, nach vorne schaun, aber was bleibt da? Beziehung gescheitert, Beruf vorzeitig beendet (bescheiden verrentet), Zeit ohne Ende, mit der ich aber momentan nicht viel anfangen kann."

Ein Rückblick auf das bisherige Leben kann sowohl gut tun, als auch jede weitere positive Entwicklung behindern. Dein Schwerpunkt liegt, so wie Du es beschreibst, auf den Dingen, die Deiner Meinung nach nicht gut gelaufen sind. Du nennst es scheitern oder versagen, du verurteilst Dich für Deine bisherige Entwicklung. Wo bleibt das, was Du erreicht hast, woran Du Freude hattest, was Dir gelungen ist. Jeder "Kleinigkeit" zählt und wenn Du Dir das mal vor Augen hältst, kommt da nicht eine Menge zusammen?

Die Zukunft glücklich verbringen zu wollen, dafür kannst Du Dich jeden Tag entscheiden, zu spät ist es nie dafür - auch wenn Du 80 bist Es gibt die Möglichkeit, bewußt zu leben, da können 10 Jahre schöner und glücklicher sein als 40 Jahre, in denen ich "nur" vor mich hinfunktioniere.

Man kann es auch so sagen:

"Ich kann dem Leben nicht mehr Tage geben - aber dem Tag mehr Leben."

Nimmst Du Dich an so wie Du bist, mit Deinen Fehlern und Schwächen? Nimmst Du Deine Stärken wahr, bist Du in Deinen Augen wertvoll und liebenswürdig? Damit hatte ich viele Jahre Probleme, auch jetzt ist es die tägliche Arbeit an mir selbst, dass ich mich mich immer wieder daran erinnere. Und es gibt genug Tage, an denen es mir nicht gelingt...

Kannst Du Dir verzeihen? Irgendwo hieß es mal, ein Fehler ist kein Fehler, es sei denn, man begeht ihn zweimal. Das, was ich Dir im anderen thread geschrieben habe, trifft auch hier zu: Du hast in jeder Situation Deines Lebens so gehandelt, wie Du es konntest. Es gab für DICH keine andere Möglichkeit. Und wenn Du Dir immer wieder vor Augen hältst, dass alles schiefgelaufen ist, alles sinnlos und dass Du es hättest anders/besser machen können und Du würdest die Zeit am liebsten zurückdrehen... dann ist das ein großer Irrtum und ein Energiekiller, der Neues in Deinem Leben kaum oder gar nicht zuläßt und der damit auch den Weg der (Lebens)freude versprerrt.

Es ist alles andere als einfach, mit der Vergangenheit abzuschließen und die Entscheidung zu treffen: Heute beginnt ein neues Leben für mich - ich will jeden Tag Freude haben und bewußt hinschauen, was mir gut tut, was ich kann, welche Menschen mir wichtig sind usw. Und ich kann mir vermeintliche Fehler verzeihen. Meistens ist es doch so, dass ich aus diesen "Fehlern" lerne, so empfinde ich es jedenfalls heute.

Das ist oft bitter, weil man sich unendlich leid tut, für das, was andere einem angetan haben. Es ist keine Frage, die Traurigkeit, die Wut, alles was hochkommt an Gefühlen, haben ihre Berechtigung. Wenn ich dann aber darin steckenbleibe, den Hass gegen mich oder die Täter richte, dann bin ich Opfer und unfähig, zu handeln. Ein Ohnmachtsgefühl überrollt mich und jeder Tag, jede Minute, jede Sekunde, ist eine Qual.

Ich will Dir nichts einreden. Nimm aus dem, was ich geschrieben habe, das raus, was Dich anspricht und was Du für Deinen Weg gebrauchen kannst. Es kann gut sein, dass Du sagst: "Ja, stimmt aber....." Das ist völlig okay, denn Du bist einzigartig und nur Du entscheidest, welcher Weg der Richtige für Dich ist.

Es wird auch nicht funktionieren, ab heute glücklich zu sein, wenn Deine Erwartungen an das Glücklichsein sehr hoch sind. Das geht wieder mal nur step by step , aber wenn Du den Blick auf das lenkst, was Dir gelingt, wenn Du Freude an den kleinen Dingen des Lebens entwickeln kannst, dann ist der Grundstein gelegt für ein Leben, das wieder einen Sinn hat.

Berentet zu sein - daran hatte ich über 10 Jahre zu knabbern. Es hängt viel damit zusammen: eine wichtige Säule/Aufgabe fiel in meinem Leben weg, ich fühlte mich nutzlos und überflüssig, keine Bestätigung und Anerkennung mehr in diesem Bereich u.v.m.

Ich gehörte ich zu den "Normalos", die einen Job hatten und damit konnte ich mich mit kaum jemand unterhalten/austauschen, denn einen großen Teil der Gespräche macht die Arbeit aus.

Es ist wichtig - so sehe ich es heute - sich nicht ständig mit anderen zu vergleichen. Wenn ich andere normal nenne, was bin ich dann? Wenn ich andere als glücklich einstufe, woran messe ich das? Was andere schaffen, muss nicht zwingend auch auf mich zutreffen, denn entscheidend ist MEIN Maß der Dinge, da helfen mir keine Vergleiche. Wie gesagt, das Ganze dann anderes zu sehen, war ein langer Prozess und fertig bin ich noch lange nicht. Es gibt immer wieder "Rückfälle", in denen ich an mir zweifle, aber sie bestimmen nicht mehr mein Leben - sie gehören zu mir, weil ich Glaubensätze in mir habe und Urteile, Bewertungen, die zu lange in mir festgeschrieben waren, um so jetzt mit einem Klick zu entfernen.

Sich kleine Aufgaben suchen - die Bestätigung bringen, das ist eine Möglichkeit, um der Trostlosigkeit etwas entgegenzusetzen. Auf die Bestäigung und Anerkennung anderer zu warten, ist meistens zwecklos - wenn sie kommt, ist das wunderschön, aber wenn sie ausbleibt, was bleibt mir dann? Viel Lob, Anerkennung, Bestätigung... muss von mir kommen - die Voraussetzung ist, dass ich mich mit dem, was mir jetzt geblieben ist, annehmen kann. Immer wieder muss ich mir sagen, auch noch so kleine Aufgaben, die ich erledige, sind es wert, gelobt und anerkannt zu werden. Gerade, weil das dann für andere Menschen kaum zu verstehen ist und ganz selbstverständlich, kommt von außen wenig.

Für andere da sein, ehrenamtlich, einem Sportverein beitreten, an der VHS Kurse mitmachen, bei denen ich auf Gleichgesinnte treffe, eine SHG, in der ich über das reden kann, was mich bewegt und was die wenigsten in meinem Umfeld verstehen... All das birgt die Möglichkeit in sich, neue Kontakte zu finden.

Einsam war un bin ich dann, wenn ich meine, ich gehöre einfach nicht dazu, ich passe da nicht rein in diese "normale" Welt, keiner versteht mich und damit ist die Verbindung zu anderen Menschen teilweise oder ganz unterbrochen. Und das Dumme ist, ich strahle das auch nach außen aus - und so gibt es immer weniger Leute, die auf mich zugehen, wenn ich mich einmauere.

Nun ist es ziemlich lang geworden. Ich wünsche Dir, dass es Dir gelingt, den trostlosen Tagen wieder Sinn zu geben und das Pflänzchen Freude in Dir wachsen zu lassen.

Liebe Grüße
Susan


elas
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Registriert: 12. Mär 2009, 16:50

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von elas »

Reinhart, guten Morgen,

schön, dass Du dieses Thema eröffnet hast.
Denn ich gehöre auch zu dieser Fraktion
noch etwas u60, nicht bis zur Regelsaltersgrenze gearbeitet, nicht verheiratet, auweia und auch ohne Kinder.

Ich glaube, es gibt diese Tage, wo man, frau versucht Bilanz zu ziehen mit seinem Leben.
Und je nach dem, wie die seelische Verfassung ist, fällt die Bilanz vernichtend aus.

In den letzten Wochen waren meine depressiven Symptome verstärkt, es gab verschiedene Auslöser. So die probs um meine Mutter, mein Umzug , und dass ich mich im Umfeld noch nicht heimelig fühle,......
......und durch die Depri_Brille war ich jetzt tagelang in einem fiesen Loch.
Hatte das Gefühl, uralt zu sein, Zukunft aussichtslos, Vergangenheit auf der ganzen Linie als Versagerin. Eine riesige Angst vor Einsamkeit, Tod, Krankheit.
Untröstlich, nichts konnte mir weiterhelfen.

Also, spirituell schwarze unbewegte angstvolle Tage.

Aber es liegt in der Natur der Sache, dass sich diese Seelenzustände bei mir auch wieder verändern.

Durch die Depribrille der letzten Zeit habe ich nur gesehen, wer es angeblich besser hat als ich, wer normaler ist, wer jünger ist, wer schöner ist, wer noch im Arbeitsleben ist.......Die Brille des Mangels.

Natürlich helfen mir meine guten Freunde immer noch, der höheren Macht sei Dank, aus solchen finsteren Löchern heraus.

Und dann geschah auch etwas, was mich wieder so nachdenklich gemacht hat.
Ein ganz herausragender jahrzehntelanger Weggefährte auf Arbeit, hochgeschätzt, auch von mir, in Chefposition, bis zur Berrentung durchgestanden, wurde durch einen unverschuldeten Unfall querschnittsgelähmt.

Manches im Leben ist Schicksal.

Unfälle, unsere Eltern, also die Familie in die wir hineingeboren wurden, Geschlecht.....
Krankheiten.
Auch die Neigung zu Depressionen.

Und niemand, partout niemand ist vor solchen Krisen verschont.

Es ist immer, aber auch immer nur meine Depri_Brille, die mir vorgaukelt, die Anderen hätten immer ein besseres Leben als ich...

Aber, es ist wirklich schlimm, wenn ich diese Depri_Brille aufhabe, dann bin ich überzeugt, dass alles so stimmt, wie ich es beurteile, empfinde.
Unerträglich schwarze und zähe Tage.

Hmm, und wenn diese spirituell schwarzen Tage sich wieder lichten, tritt dann das Andere auch wieder zuvor.

Dass ich Vieles nicht habe und auch nicht kann.
Dass ich aber trotzdem auch Vieles habe und kann, das Andere nicht können.

Und, klopft da nicht wieder die kleine Dankbarkeit an???

@susan und @fridolin.
Danke für Eure Beiträge.

Das Thema passte gerade richtig gut in meine aktuellen Befindlichkeiten.


Herzlich
elas
________________________________

Der Weg ist das Ziel



Lebensringe sind auch Themenringe
paco
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Registriert: 19. Jan 2011, 11:06

Re: In Wahrheit alt werden...

Beitrag von paco »

Hallo allerseits,
meine Erkenntnis aus diesem Thread: Ich bin nicht allein, wenn ich mich als bit of shit fühle. Mein Selbstwertgefühl ist total am Boden.
Ich gehe allmählich aufs Rentenalter zu. Privat ist alles ok. Ehe nicht gescheitert. Kinder erfolgreich großgezogen, sie sind alle auf einem guten Weg. Bin respektierter Bürger meines Orts.
Nur, wie fühle ich mich! Ich bin tierisch unzufrieden. Ich bin der Problemfall in der Familie. Habe meine berufliche Laufbahn versiebt. Heute weiß ich, dass mich meine damals noch unbekannte Depri dazu bewegt hat, einen interessanten, sicheren Job (aber mit blödem Chef) als Gefängnis zu sehen. War dann konsequent und habe hingeschmissen.
Aber es kam nichts besseres nach. Was mir jetzt fehlt, sind Sicherheit und Kontinuität und Sinn im Leben. Ich bin tierisch unzufrieden mit mir selbst. Habe Angst vor der Zukunft. Angst, dass es materiell noch eng werden könnte.
Ich wusste eigentlich nie konkret, was ich will. Jetzt fühle ich eine Riesendiskrepanz zwischen dem was ist und dem, wie es sein soll.
Ich bin bereit, noch mal eine Neuorientierung hinzulegen. Eine gute Chance dazu habe ich vor ein paar Monaten verstreichen lassen. Das ärgert mich heute. Zumal die Chancen bei den 50+ rar sind.
Kann es ein Trost sein, dass sich mehr Leute gegen Ende ihres Lebens so mies fühlen? Für mich nicht.
Liebe Grüße
paco
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von rm »

>.."Vergiss nicht, man braucht nur wenig, um ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen."< schreibst Du, Fridolin.
>..Es wird auch nicht funktionieren, ab heute glücklich zu sein, wenn Deine Erwartungen an das Glücklichsein sehr hoch sind. Das geht wieder mal nur step by step , aber wenn Du den Blick auf das lenkst, was Dir gelingt, wenn Du Freude an den kleinen Dingen des Lebens entwickeln kannst, dann ist der Grundstein gelegt für ein Leben, das wieder einen Sinn hat...<
schreibst Du Susan.
und
>..Es ist wichtig - so sehe ich es heute - sich nicht ständig mit anderen zu vergleichen(...)Was andere schaffen, muss nicht zwingend auch auf mich zutreffen, denn entscheidend ist MEIN Maß der Dinge, da helfen mir keine Vergleiche....<
>..Und, klopft da nicht wieder die kleine Dankbarkeit an???...<
schreibst Du, Elas.

Ihr Lieben,

wenn ich so ein wenig in mich hineinhöre, still werde, so empfinde ich Dankbarkeit für das, was Ihr mir geantwortet habt. Wie ein roter Faden tauchen da die KLEINEN Dinge auf, die eigentlich wichtig sind, nicht die großen, spektakulären und ich spüre, daß dies ein Ansatz ist, um wieder etwas zur Ruhe zu kommen.

Ich möchte etwas zurücktreten vor meinem glaube ich momentan wichtigsten Thema um Abstand zu gewinnen. Ich werde mir die Antworten ausdrucken und versuchen, sie zu verinnerlichen. Danke an Dich, Fridolin, an Dich, Elas und wiederum großes Danke auch an Dich Susan.

Ich glaube, die Antworten könnten auch für Dich Hilfe bieten, Paco, denn es bringt ja wirklich nichts, zu sehen, daß es anderen auch nicht besser zu gehen scheint.

Es würde mich freuen, wenn hier noch weitere Sichtweisen zusammenkämen, wo ich mir in Ruhe etwas herausziehen kann. Auch wenn ich momentan nicht groß antworte (es fällt mir ziemlich schwer), so bin ich doch mit ganzem Herzen dabei.

Herzliche Grüße,
Reinhart
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von susan »

Hallo, liebe elas

"Es ist immer, aber auch immer nur meine Depri_Brille, die mir vorgaukelt, die Anderen hätten immer ein besseres Leben als ich..."

Damit magst Du Recht haben, aber ich glaube, es gibt gaaaaaanz viele Nichtdepris, die das genau so sehen Aber es stimmt, die Depri-Brille verstärkt das noch.

Kennst Du das?
--------
Robert Gernhardt

immer

Immer einer behender als du

Du kriechst
Er geht
Du gehst
Er läuft
Du läufst
Er fliegt:

Einer immer noch behender.


Immer einer begabter als du

Du liest
Er lernt
Du lernst
Er forscht
Du forschst
Er findet:

Einer immer noch begabter.


Immer einer berühmter als du

Du stehst in der Zeitung
Er steht im Lexikon
Du stehst im Lexikon
Er steht in den Annalen
Du stehst in den Annalen
Er steht auf dem Sockel:

Einer immer noch berühmter.


Immer einer betuchter als du

Du wirst besprochen
er wird gelesen
Du wirst gelesen
Er wird verschlungen
Du wirst geschätzt
Er wird gekauft:

Einer immer noch betuchter.


Immer einer beliebter als du

Du wirst gelobt
er wird geliebt
Du wirst geehrt
Er wird verehrt
Dir liegt man zu Füßen
Ihn trägt man auf Händen:

Einer immer noch beliebter.


Immer einer besser als du

Du kränkelst
Er liegt danieder
Du stirbst
Er verscheidet
Du bist gerichtet
Er ist gerettet:

Einer immer noch besser
Immer
Immer
Immer.
------

Alles Liebe für Dich und herzlichen Dank für die Grüße!

@Reinhart
Vielen Dank für die netten Worte an mich - auch in den anderen threads. Ich finde es gut, wenn Du Dir Zeit nimmst, Dich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

"Ich werde mir die Antworten ausdrucken und versuchen, sie zu verinnerlichen."
Denke dabei daran, dass es unsere Erfahrungen sind, die für Dich nicht zwingend passen müssen. Nimm Dir das, was Dir hilft - und dann kein Du Deinen Weg weitergehen - Alles Gute dafür!

Liebe Grüße an Euch Beide
Susan


rm
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Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von rm »

Ich möchte, obwohl ich es an anderer Stelle schon mal tat, hier nochmal ein Gedicht von Hermann Hesse hereinstellen, weil es auf mich gerade etwas sehr Tröstendes hat und m.E. gut zu diesem Thema passt.

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
bereit zum Abschied sein und Neubeginne.
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollten heiter Raum um Raum durchschreiten,
an keinem wie an einer Heimat hängen,
der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
mag lähmender Gewohnheit sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
uns neuen Räumen jung entgegen senden,
des Lebens Ruf an uns wird niemals enden.
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde.
Sham
Beiträge: 75
Registriert: 14. Feb 2011, 11:35

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von Sham »

Hallo Ihr Lieben,

ich gehöre auch zu dem etwas älterem Semester. Habe Eure Beiträge mit Interesse gelesen. Dem kann man so viel entnehmen.

Zu Dir lieben Susan hätte ich am liebsten gesagt: "Au weia, Du hast mich ja beschrieben, obwohl Du mich gar nicht kennst und Dein Beitrag an Reinhart gerichtet war!".

Ich bin so froh, dieses Forum gefunden zu haben.

Lg
Sham
Glück ist, nicht mehr zu wollen als man kann und nicht zu müssen, was man nicht will.
remi
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von remi »

hallo, oldi´s !

auch ich gehöre zum kreis der ü60 und bin begeistert, dass das thema altwerden mal kommt.
ich habe auch probleme damit, alt zu sein, vor allem im kreise junger leute und aller, die noch im berufsleben stehen.
was habe ich aus meinem leben gemacht ?
mehrere ehen gescheitert, mein kind vernachlässigt, dem alkohol verfallen, raus aus der sucht, aber depri, obwohl viele jahre lang voll gearbeitet, kein geld auf der bank . . . . . .
ich verzehre mich, alles falsch gemacht zu haben - und jetzt frühberentet, krank und alt - das große jammern ?
ich mache jetzt schon 60 stunden kognitive verhaltenstherapie. mit hilfe meines thera arbeite ich teile (traumen) meiner vergangenheit auf, weil ich danach extreme schuld-und schamgefühle, selbsthass und traurigkeit mit mir rum schleppe.
es ist so teuer für die krankenkasse und ich dachte erst, das lohnt sich doch nicht mehr für so eine alte frau, das leben ist eh gelaufen und nichts mehr wieder gut zu machen.....?
inzwischen denke ich da etwas anders. ich habe einen gesunden egoismus geübt und versuche, jeden tag für sich wie ein kleines leben zu sehen.
wenn die depris und selbstvorwürfe aufwachen, gönne ich mir etwas, das mir gut tut: sauna, dogging, training, malen, lesen
-und das schaffe ich oft (nicht immer) ohne schlechtes gewissen.
naja, vielleicht werde ich auch noch mal eine fröhliche omi, wer weiß ?
lg, kreati
albert
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von albert »

Hallo Reinhart,

deine Fragen kann ich gut verstehen.
Vor vier Jahren saß ich in der Agentur für Arbeit und wurde gefragt, ob ich Rente beantragen will. Ich sagte nein. Und dieses Spiel wiederholte sich ein Jahr später.
Wenn jemand in meinem Bekanntenkreis auf das Thema Rente zu sprechen kommt, sage ich nur, dass ich arbeite bis zum Umfallen. Und mir ist nur soweit egal, welchen Status ich dabei habe, als mir für die Arbeit keine Nachteile erwachsen.
Die Schwierigkeiten kamen an der Arbeitsstelle, wohin die Agentur mich für einen Eurojob schickte. Der Leiter der Einrichtung fauchte mich an: „Die Biographie, so eine Schande.“ Das war die Begründung für die Weigerung, mich in die offizielle Liste der Mitarbeiter aufzunehmen. Der einzige Hinweis auf meine Anwesenheit ist mein Name am Türschild. Und mit einer Entlohnung über den Eurojob hinaus ist auch nichts. Ich hätte Gutachten machen sollen, habe mich aber geweigert, die Standardvorschriften der zuständigen Behörden zu befolgen, also kein Einkommen, und seit drei Jahren nur die Sozialhilfe. Mein Status ist heute als Lehrbeauftragter ohne Bezahlung.
Ich sehe das schon als gewichtigen Nachteil. Aber ich kann mir einige Freiheiten heraus nehmen, weil ich ja nicht angestellt bin, also nicht in dem Maße abhängig wie andere.

Heute kann ich mein Helfersyndrom leben, bin ja nicht an Vorschriften gebunden. Es hat mich einige Mühen gekostet, zu erkennen, dass ich solches habe und dass ich am Besten tue, das zu leben.

Ich denke schon, dass viele Depri-Erfahrene Charaktereigenschaften haben, die ihnen nicht bewusst sind, oder die nicht erwünscht sind in der rauen Gesellschaft. Wie z. B. das Helfersyndrom. Wichtig ist natürlich die Abgrenzung, dass ich mich nicht zu stark verstricke. Das war auch so ein Ergebnis aus den Therapien.

Nur von der Sozialhilfe zu leben, bedeutet einige Einschränkungen, aber ich habe mich daran gewöhnt, das gehört heute zu meinem Leben. Und ich habe trotzdem einen großen Freundeskreis in der Selbsthilfe, in der Freizeit und finde bei einem Problem hier am Arbeitsplatz Unterstützung bei Kollegen.

Hilfreich ist mir die Strukturierung des Tages. Es beginnt mit dem zeitigen Aufstehen und werktags um halb sieben bin ich beim Nachbarn zum Frühstück, sonntags um sieben Uhr.
Dort wird Kaffee getrunken, Zeitung gelesen, wir unterhalten uns ein wenig über die Katze des Hauses oder über Aktuelles, dann mache ich mich auf zur Arbeit oder am WE in die Freizeit.

Das Helfenwollen zieht sich hindurch, es ist heute ein roter Faden in meinem Leben. Ich kann mir Abstand leisten von den Zwängen, denen die Jüngeren unterworfen sind. Denn diese haben ja noch ein Leben und eine Laufbahn vor sich. Und in dieser Laufbahn ist ihnen oft untersagt, anderen zu helfen.

Ich habe keine Laufbahn durchgezogen, habe mich durch ein Leben geschlagen, bei dem viele wohl fragen, warum nur hat er es sich so schwierig gemacht. Ich habe auch keine Laufbahn mehr vor mir, ich sehe aber eine Aufgabe. Es hatte mich auch einige Jahre und viele Mühe gekostet, diese Aufgabe zu erarbeiten, viel Verzicht, aber ich will nichts anderes.

So, jetzt schließe ich hier und fahre nach Hause. Das ist der einzige Vorteil am Arbeitsplatz: ich habe Anschluss ans Internet.

Wenn mir morgen eine bessere Gelegenheit angeboten würde, meine Projekte durchzuziehen, würde ich auch ans Ende der Welt ziehen. Noch ist darüber nicht entschieden.

Ich wünsche dir einen guten Abend.

Herzliche Grüße
Albert
rm
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Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von rm »

Hallo sham,

guten Anfang hier im Forum für Dich. Das wünsch ich Dir. Auf daß Du viel für Dich annehmen und 'gewinnbringend' nutzen kannst!

>..ich habe auch probleme damit, alt zu sein, vor allem im kreise junger leute und aller, die noch im berufsleben stehen..<

schreibst Du, Kreati

...und das kann ich Dir gut nachfühlen. Aber da haben wir wieder das verflixte Vergleichen, was Susan ansprach, gell?
Mir geht es so, daß ich, wenn ich mit jungen Leuten zusammenkomme, was durch meine Tochter ab und an geschieht, ganz vergesse (wenn es mir gut geht), daß ich zu einer anderen Generation gehöre. Ich bin gedanklich dann auf einmal wieder 25 und mitten unter Gleichen. Komisch, was die Macht der Gedanken so mit einem anstellen kann.

Manchmal allerdings beschleicht mich auch eine große Traurigkeit, daß wohl ein großer Teil der Züge schon abgefahren ist, gerade dann, wenn es um Beziehungen und Arbeit geht.
Es scheint so endgültig und vorhersehbar, was da noch 'passieren' könnte oder eben nicht, auch was die finanziellen Spielräume angeht.

Da kommen mir jetzt wieder die sog. 'kleinen' Dinge in Erinnerung, was mir wesentlich besser gefällt. Ja, es gab vor noch nicht allzu langer Zeit bei mir dankbare Gefühle, ein klares Glas Wasser z.B. vor mir stehen zu haben, um meinen Durst zu stillen. Oder das Gefühl, die Sonne aufgehen zu sehen. Stimmt, diese Bilder sind auch Realität!

In diesem Zusammenhang, Kreati, gefällt mir Deine neue Sichtweise sehr gut, die Du so treffend umschreibst:

>...ich habe einen gesunden egoismus geübt und versuche, jeden tag für sich wie ein kleines leben zu sehen...<

Schöne Bilder, die sich hier auftun! Danke.

Lieben Gruß,
Reinhart

Albert, gerade erst habe ich Dein Post entdeckt, danke dafür. Und was Du im Folgenden sagst, finde ich ganz, ganz wichtig und fehlt mir momentan:

>...Ich habe auch keine Laufbahn mehr vor mir, ich sehe aber eine Aufgabe. Es hatte mich auch einige Jahre und viele Mühe gekostet, diese Aufgabe zu erarbeiten, viel Verzicht, aber ich will nichts anderes....<

Wenn diese Aufgabe dann noch einigermaßen entlohnt wäre bei Dir ohne dann folgende Abhängigkeiten, so wäre es noch beruhigender. Ich bewundere Deine Lebensauffassung, lieber Albert!

Herzliche Grüße von mir.
anna54
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Registriert: 14. Sep 2010, 15:08

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von anna54 »

Hallo zusammen

als grauhaarige alte Frau, wage ich mal einen Ausblick.
Zwei Jahre habe ich dem Arbeitsplatz nachgetrauert,es war wohl die Form der Kündigung.
Dann war ich endlich soweit,meine Möglichkeiten zu nutzen,eine lange Lebenserfahrung,Familie mit Kindern und Problemen,Zeit zu haben--- für das was ich kann.
Und das auch trotz der Krankheit,da ich mein Berufsleben mit kranken und schwierigen Kindern verbracht habe,nutze ich jetzt diese Erfahrung im Ehrenamt an einer Förderschule.

Erst durch die Beschränkung meiner Möglichkeiten habe ich ihren Wert entdeckt.

Als Frau hab ich es mit dem Altern leichter,vieles habe ich mir schon als Mutter abgeschminkt,grau ist bunt,was soll da Farbe im Gesicht.
Schmerzen tut die Maske,die nicht mehr passt.
Ich wünsche den Männern mehr Mut zur Wahrheit,alte Frauen dürfen weise sein,alte Männer müssen sich immer wieder neu beweisen.
Mein Schwager fällt(jetzt erst recht) mit 60J. Bäume,die nicht fallen wollen,mein Mann klettert auf dem Dachfirst(nur er kann das) mein Nachbar rennt monatelang mit verschlossenen Herzkranzgefäßen an der Arztpraxis vorbei.
Ich bleibe dabei,wir Frauen machen es uns leichter.
Altern ist schwer,aber es lohnt sich.
anna54
albert
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von albert »

Ich wünsche den Männern mehr Mut zur Wahrheit,alte Frauen dürfen weise sein,alte Männer müssen sich immer wieder neu beweisen.
===================00
Hallo Anna,

Danke für diesen Zuspruch einem alten Mann.

Wahr ist, dass Macchiavelli seinem Fürsten rät, weise Männer zu befragen. Sie dürfen ihm aber nicht von sich etwas sagen, sondern sollen nur sprechen, wenn sie gefragt werden.
Daraus spricht die Arroganz der Macht.
Ich muss mir herausnehmen, auch dann zu sprechen, wenn ich nicht gefragt werde.
Es liegt an mir, zu zeigen, dass meine Aussagen Inhalt haben und etwas nützen.
Leider stoßen sich viele daran, weil ich dann gegen ihre Interessen spreche. Die Gesellschaft muss sich darin finden, dass es gegenteilige Interesen in ihrer Mitte gibt und dass Kungeleien schlechte Lösungen sind.

Wenn Personen außerhalb aller Interessengruppen etwas sagen, möglichst solch, die das Leben schon gesehen haben und in Krisen überstanden, die keine Laufbahn, keine Abhängigkeiten mehr vor sich haben, dann sähe wohl einiges anders aus. Das kann der Nutzen des Alters sein.

Herzliche Grüße
Albert


Zusatz:

Frauen dürfen weise sein?

Es gab mal eine Zeit, vor jener Zeit der staatlich eingerichteten Hebammenschulen, da standen weise Frauen mitten in der Gesellschaft. Das waren Frauen, die Erfahrung in der Geburtshilfe hatten. Und sie wurden als weise Frauen bezeichnet.
Die bekannteste war Ann Marbury Hutchinson aus England. Als "midwife" war sie erfolgreich und hoch geachtet. Sie wanderte mit ihrer Familie aus in die puritanische Kolonie in Boston. Und sie nahm sich heraus, dort nach der Sonntagspredigt, in ihrem Haus den Frauen noch mal den Inhalt der Predigt zu erläutern. Das ging weit über die Funktion einer Geburtshelferin hinaus. Damit hatte sie sich die Bezeichnung weise Frau verdient. Ihr weiteres Schicksal ist bekannt.
remi
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Registriert: 23. Jun 2006, 14:08

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von remi »

hallo, anna,

deine aussage, männer hätten mehr probleme mit dem altwerden, hat mich zum nachdenken gebracht.
und ich muss dir recht geben. mein mann und ich sind zur gleichen zeit berentet worden.

ich habe inzwischen akzeptieren können, dass ich halt nicht mehr so belastungsfähig war und vorzeitig ausscheiden musste. und ich genieße jeden tag, den ich nicht mehr früh aufstehen und in das "haifischbecken" muss - genieße meine freie zeit.
mein mann dagegen -so wie du richtig schreibst- muss sich immer wieder beweisen, dass er noch topfit ist, noch alles kann e.t.c.
wie anstrengend ! macht er sich selber etwas vor oder warum kann er nicht zugeben, dass auch er älter und schwächer geworden ist?
du hast recht, wir frauen sind in dieser beziehung offener, wir geben ehrlich unsere schwäche zu - und, wenn nicht gerade die depri anklopft - machen das beste daraus.

übrigens: meine haare färbe ich seitdem auch nicht mehr, sie dürfen grau sein - und ich finde es sogar ganz gut.

grüße dich ganz herzlich aus MS, kreati
remi
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von remi »

*** schiebe hier nochmal den oldi-thread hoch, weil er mir so wichtig ist****

habe eine frage an die berenteten:

gibt es auch für diejenigen, die nicht mehr im berufsleben stehen, noch kuren ?

es heißt doch " zur erhaltung der arbeitsfähigkeit...."

ich mache zz eine verhaltenstherapie, die jetzt schon 2 jahre läuft. das strengt mich ungemein an.
die seele arbeitet hart, der körper ist erschöpft. es wäre auch mal gut, aus dem fordernden umfeld heraus zu kommen....
hat jemand erfahrungen hier ?

lg, kreati
rajo1
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von rajo1 »

hallo kreati, ja, das ist möglich.
es kommt wirklich auf deinen krankheitsverlauf, deinen gesundheitszustand und deine ärztin an.
ich war auch als seniorin in einer psychomat. klinik. ich tat mich schwer.
ich beschreibe das in einem thread.
in diesem thread zweifle ich und andere, ob die einweisung nötig war.
ja, sie war nötig und völlig berechtigt.
vielleicht hatte ich zu wenig krankheitseinsicht und da ich zu jener zeit wirklich nicht mit mir klar kam, belastungen hatte, war es nötig.
ich habe über meinen damaligen zustand, meine situation und meine vergangenheit wenig geschrieben.
ich glaubte nach einer therapie vor jahren das thema depression abgeschlossen zu haben. nein, sie lauerte in mir und flammte immer wieder auf, begleitete mich mehr oder weniger.
folgender thread gibt auch erklärung zur akuteinweisung u.a.:
http://www.diskussionsforum-depression. ... 1168890799

es klingt alles so nach kur. ja, weil ich immer schon eine wanderin, schwimmerin, läuferin und radlerin gewesen bin.

psychisch war ich völlig daneben.
da ich wieder langsam anfing mich sportlich zu aktivieren, ging es auch psychisch etwas besser. in den gruppen hatte ich es durchaus nicht einfach.
rm
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von rm »

>...es wäre auch mal gut, aus dem fordernden umfeld heraus zu kommen....<

Guten Abend Kreati,

da stimme ich Dir sehr zu, Heraustreten aus dem Alltag, um neue Sichtweisen und Perspektiven zu erfahren in einem anderen Umfeld.

Ich habe zwar noch keine abschließenden Erfahrungen mit der Beantragung einer Kur gemacht. Mein Hausarzt und ich werden jedoch nun in Zusammenarbeit mit der neurolog. Kollegin in Kürze (hoffentlich) beginnen, solch eine Kur in's Auge zu fassen.

Schwerpunkt soll aber eindeutig dabei pysische Seite haben mit Schwerpunkt auf Bewegungsapparat und Krebsnachsorge, sowie neurologische Besonderheiten wie z.B. Muskelschwäche/ -rückgang etc., was wohl alles irgendwie zusammenhängt incl. psych. Problemen.

Ich denke, daß mir so eine Kur sehr gut tuen könnte und im Nachhinein der KKasse viel Geld sparen könnte.

Hast Du den schon mal mit Deinem Hausarzt über Möglichkeiten einer Kur gesprochen?

Abendliche Grüße,
Reinhart
remi
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von remi »

danke euch für die antworten,

*** weder mit meinem hausarzt noch mit dem psychiater habe ich über eine kur gesprochen. ich habe schon 2004 acht wochen,
2005 zehn tage und 2006 neun wochen psychosomat. klinikaufenthalt gehabt.
so etwas wollte ich eigentlich nicht wieder.

ich denke einfach nur an eine kur, die dem körper aufbau gibt, allerdings habe ich keinen krebs, rheuma oder sonstige schlimme erkrankung - ich bin "nur" traumatisiert, depressiv, überempfindlich, erschöpft.....
doch reicht das für eine KUR ? wenn man nicht mehr aktiv im arbeitsleben tätig ist ?

lg, kreati
rajo1
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von rajo1 »

hallo kreati,

spreche es doch einfach mal an.
vielleicht gibt es eine alternative?
trau dich.

und wenn du nochmals in eine psychsomat. klinik gehst, jetzt aber anders ansetzen kannst, ist es möglich, dass du dich körperlich und psychisch bessr aufbauen kannst.

du bist entlastet vom alltag und hast viele angebote im haus, die du auch zur körperl. kräftigung nutzen kannst. natürlich muss es die passende klinik sein, die dir die möglichkeit dazu bietet.

eben, weil du schreibst, du bist "nur", ist es doch angebracht, nochmals, was für deine psyche und physis zu tun.
elas
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von elas »

Guten Tag in die Runde,


ich freue mich, dass es diesen Thread gibt, mit so einigen spezifischen Fragen ebend.

Selbstverständlich gibt es auch für Berentete
stationäre Einrichtung zur Linderung körperlicher und seelischer Erkrankungen.

Allerdings muss man nachfragen bei der KK.
Da ich über PKV und Beihilfe versichert bin, weiß ich, dass Beihilfe hier in meinem Bundesland solche offenen Kuren, statiönär bei den Pensionären nur äußerst mickrig bezuschusst, will heißen, einen Löwenanteil hätte ich selber zu berappen.
Allerdings bei stationären Krankenhauseinrichtungen, z.B. für meine orthopädischen Erkrankungen no_go, da müssten sie ran, wenn es mir ein Arzt dringend ans Herz legen würde.

Ebenfalls bei Kliniken für die Seele. Sofern sie Klinikstatus/Akutklinikstatus haben.

Mittlerweile haben immer mehr psychosomatischen Kliniken auch ein Profil für Ältere, also ü50 /ü55.
So die Klinik am schönen Moos, die ein vielfälltiges Behandlungsprogramm für ältere Frauen (nach Brustkrebs, Wechseljahrssymptomatik, zu pflegende Eltern...) anbietet.

Die Klinik Sonnenberg
www.sonnenbergklinik.de

hat eine Abteilung für Ältere, da man auch im psychoanalytischen Ansatz davon ausgeht, dass in diesem Alter sehr wohl noch einmal Konflikte und Themen auftauchen, die man, frau glaubte bewältigt zu haben etc. etc.

Auf der HP wird auch so schön beschrieben, dass es auch gar nicht unbedingt so leicht ist, älter, alt zu werden, und dies auch einige Fußangeln bereithält.

Auch wenn wir nicht mehr im Berufsleben stehen, haben wir ein Recht auf Linderung unserer gesundheitlichen Baustellen.

Obwohl ich es ähnlich wie kreati sehe, da ich immer denke, manno, Du hast doch schon Klinik und Thera ambulant gemacht, eigentlich müsstest Du Dein Leben gebacken kriegen, alleine....
....aber vielleicht ist das auch ganz tief innen drin diese preußische Erziehung, die ja die meisten in meiner Generation "genossen" haben.

Ich für meinen Teil bin im Moment noch auf der Suche, über welche Einrichtungen oder Behandlungen ich meine körperliche und seelische Befindlichkeit noch einmal verbessern kann, so dass das Altwerden sich nicht so als schwarzes Schreckgespenst in meinen nächtlichen Angstphantasien potentiert.


Herzlich
elas
________________________________

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remi
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von remi »

ach, elas,

da hast du den richtigen ausdruck gefunden für uns "oldis": preußische erziehung !
blos nicht auffallen, anecken, widersprechen,
auf jeden fall pünktlich, ehrlich, genau, korrekt...quadratisch, praktisch, gut.....

ich bin es leid, immer nur das brave mädchen zu sein, voll hochachtung zum onkel doktor aufzuschauen, schüchtern anzufragen, was ich wohl bekommen könnte.....
liegt das wirklich an unserer erziehung in den 50-er jahren ?

ach, übrigens, ich bin ebenfalls pensionärin und beihilfeempfängerin mit privater krankenversicherung.
daher befürchte ich, dass eine kur, wie ich sie mir wünsche, wohl nicht mehr - oder wenig - bezuschußt wird.

und nochmal einen mehrwöchigen stationären aufenthalt in der psychiatrie hält mein therapeut nicht für gut, weil dann nicht gewährleistet sei, welche therapieform dort angewandt wird.
erst durch die traumatherapie, die ich seit ca. 2 jahren mache, konnte mein seelengeschwür entdeckt und aufgeritzt werden.
ich bin dabei, den eiter abzulassen. damit die schlimme wunde bald verheilen kann.
es hat insgesamt 7 jahre gedauert, dieses trauma zu finden.
es wäre undenkbar, einem fremden therapeuten meine geschichte klarzulegen,
es würde evtl. wieder einiges verschlimmerN?

außerdem denke ich oft, in unserem alter sollten wir jeden tag leben und genießen und nicht ganz so viel an unsere krankheit denken . . . . . hin und her. . . . .
lg, kreati
elas
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Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von elas »

Guten Abend alle,

Hi, Reinhart, leider schreibst Du als Thread_Eröffner gar nichts mehr. Schade.
Mich hätten Deine Einstellungen und Meinungen interessiert.

Ich stelle für mich hier immer wieder fest, dass mich bestimmte Themen, Beiträge anspringen, oft kann ich erst einmal gar nicht erklären warum, aber....es hat ja mit mir selber zu tun...

kreati, Du schriebst

>da hast du den richtigen ausdruck gefunden für uns "oldis": preußische erziehung! blos nicht auffallen, anecken, widersprechen, auf jeden fall pünktlich, ehrlich, genau, korrekt...<

Ich glaube schon, dass diese kollektive Erziehung damals so ihre Spuren hinterlassen hat.

Nun, dieses nicht Auffallen, Anecken, Widersprechen, das habe ich schon erfolgreich abgelegt.
Aber___dieses pünktlich, sakrisch-ehrlich, genau, korrekt, und diese Selbstdisziplin sind tief verankert.
Selbstdisziplin im Sinne, etwas von sich abverlangen, durchstehen, nicht gleich aufgeben, hohe Werte und Ziele verfolgen etc.
Ergo_viele Pflichten, bzw. Mussis.

kreati, Du schreibst weiter
>...sollten wir jeden tag leben und genießen...<

Wenn das immer so einfach wäre.

Da ist es Dir also gelungen via guter Therapie noch einmal ein Trauma aufzudecken und zu bearbeiten. Gratuliere.
Nein, an Deiner Stelle würde ich dann auch nicht so einfach eine stationäre T. bei unbekanntem Therapeutenteam anvisieren.

Ich gehöre noch einer Generation an, in der seelische >Störungen< als persönliche und charakterliche Schwäche angesehen wurden.

Meine preußische Haltung zum Leben hat mir trotz Ess-Störung, Depressionen und Ängsten ermöglicht, in der Regelausbildungszeit von 5 Jahren mein Studium und meine >Dienstprüfngen< erfolgreich zu absolvieren.
Mit 60 Stunden (in Intervall, 20, 20, 20) Gruppentherapie als Unterstützung.
Mehr war damals nicht herauszuleiern aus den Krankenkassen....
27 Jahre Schuldienst mit 2 Einzeltherapien, großteils selber finanziert. Auflagen der KK.
War Regel damals.
In den Jahren vor meiner Pensionierung 3 Klinikaufenthalte, auch immer selber mitfinanziert....da PKV sich weigerte anzuerkennen, dass dieser Beruf ein hohes burn-out-risiko birgt.

Alte Wunden von "selbstverschuldet" und "Bittstellertum" bei der PKV/KK zeigen sich jetzt, wo ich als ältere Dame noch einmal eine Therapie anvisiere.(bzw. als ich die Unterlagen der PKV für ambulante T. in Händen hielt)

Hier in diesem >thread< frage ich Euch Ältere, wie geht Ihr mit sowas um, habt Ihr auch diese Hemmnisse aus preußischem Panzer,
Bittstellertum_Gefühlen und demütigenden Gefühlen, wenn Ihr noch einmal eine PT
anstrebt im fortgeschrittenen Alter???

Wär schön, wenn der Eine oder die Andere eine Rückmeldung geben würde.

Merci immer.
Fürs Lesen, Mitfühlen und Dasein
elas
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just
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Registriert: 21. Mär 2008, 18:59

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von just »

Hallo old-is,
wollte mich auch mal outen,
da ich + - zu eurer Generation gehöre.
Habe lange überlegt -möchte die Gründe dafür
an dieser Stelle nicht mehr einzeln 'aufrühren'- ob ich 'hier' noch schreibe.
Andererseits bin ich nun mal (z.T. schwer/st)
depressiv.
War lange Zeit pädagogisch und psychologisch
'wertvoll' u.a.m...........
Burnout und Depris waren nicht nur eine Folge
verheerender Schicksalsschläge, sondern aufgrund misslicher, (suche gerade nach einem
Ersatzwort für Tragödien) ->Umstände.
Später mehr, falls es gelingt.
Habe ein neues notebook und bin noch nicht so recht firm damit.

@ Reinhart: Warum hast du "Wahrheit" statt
Würde gewählt?

Alles Liebe Euch
delta
rm
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Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: In Wahrheit alt werden...ein fremdes Gefühl...

Beitrag von rm »

>...Hi, Reinhart, leider schreibst Du als Thread_Eröffner gar nichts mehr. Schade. Mich hätten Deine Einstellungen und Meinungen interessiert...<

Liebe Elas.

ich bin froh, daß der Thread auch ohne mich lebt. Danke dafür an alle hier. Ich persönlich kann momentan nur nicht sehr aufbauende Gedanken beitragen, hoffe aber daß mit fortschreitender Zeit Besserung eintritt.

Nur ein kleines Beispiel dafür, und dann will ich es damit auch gut sein lassen: Je älter ich werde, desto mehr beschleicht mich das Gefühl von Altersarmut. Klar kann ich einiges noch nicht wissen wie es wird, aber ich weiß, daß vieles inflationsbedingt teurer wird, mit Sicherheit die Rente aber dementsprechend nicht steigen wird. Kann ja auch nicht bei immer weniger Einzahlern. Rücklagen existieren so gut wie nicht mehr.

Mein Lebensstandard wird also weiter rapide absinken müssen. Hatte ich früher noch die Möglichkeit, innerhalb meines Jobs genug dazu zu verdienen (brauchte nicht auf das Geld achten), so fehlt mir heute die Kraft und das Selbstvertrauen, dahingehend neue Perspektiven zu entwickeln. (besonders, was einen evtl. Nebenjob betrifft.) Außerdem sind die Angebote für diese Altersklasse mehr als mäßig.

Weiterdenken will ich nicht, was mal wird, wenn ich gesundheitlich garnicht mehr kann (was hoffentlich mir erspart bleibt), denn Heim: no way for me!!! Ich will nicht abhängig werden! Aber Ihr seht: momentan nur Schrottgedanken, leider.

Hallo Delta,

schön, daß Du hier schreibst (Vielleicht gesellen sich ja noch ein paar 'jung gebliebene Ältere dazu ).

>...at Reinhart: Warum hast du "Wahrheit" statt Würde gewählt?..<
Ich hatte 'in Wahrheit' deshalb gewählt, weil ich mit Wahrheit und nicht mit Wegschauen mein älter werden betrachten lernen möchte.

Das gelingt mir aber momentan nur sehr schwer. Immer gut war ich in der Vogel-Strauß-Methode (Wegschieben), oder aber (s.o.) in der Weltuntergangsstimmung.

Nun, vielleicht sollte ich das Thema abändern in: 'In Wahrheit und Würde älter werden....', denn das wär ja das Ziel, denn Wahrheit (sofern man sie überhaupt allgemeingültig definieren kann) und Würde beinhalten sehr viel m. E. nämlich Tiefs und Hochs, Schmerzen und Freude, Gelassenheit und im Idealfall Vorbildfunktion für den Nächsten.

Mal drüber schlafen.
Herzliche Grüße an Euch von mir,

Reinhart
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