Diagnose soziale Phobie?

Secret
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Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Secret »

Hallo Forianer,

ich habe eine Frage an Euch, denn ich mache mir Gedanken über einen Fragebogen, den ich gestern von meinen Therapeuten bekommen habe, und das obwohl er mich seit über 2 Jahren behandelt und kennt. Mit diesen Fragen prüft er, ob ich eventuell eine soziale Phobie habe. Auf den Gedanken ist er gekommen weil ich ihm einen Ausdruck zu einem Kommentar aus dem Thread "Ich fühle mich als NICHTS" gezeigt habe, der lautet:

<Ich sehe den blauen Himmel und bin wieder bedrückt, ich denke mir: alleine spazieren zu gehen macht keinen Spaß und was sollen die Leute denken wenn ich so ziellos alleine herumlaufe. Hat die nichts zu tun? Mit Kinderwagen habe ich mich das früher noch getraut.>

Es kommen z.Bsp. Fragen vor ob ich mir Sorgen mache, dass andere mein Verhalten seltsam finden könnten, ob ich mich unwohl fürhle wenn ich einen Raum betreten muß, wo andere Personen bereits sitzen, es mir schwerfällt Freunde zu finden etc.

Er findet ich solle alleine spazieren gehen, auch ziellos wenn ich dazu Lust habe.
Ich sollte lernen peinliche Situationen auszuhalten und hat übertriebene Situationen mit mir zusammen ausgemalt was denn schlimmstenfalls passieren könnte. Z.Bsp. beim Nachbarn klingeln und von der Arbeitsunfähilgeit und der Depression spazieren gehen oder ein Schild tragen "Ich bin so traurig und allein, ich suche Freunde"


Wie fühlt Ihr Euch dabei, wenn der Gang keinen Zweck erfüllt, z.B. Einkaufen gehen, Arztbesuch oder ähnliches. Ich komme mir wirklich blöd dabei vor.

Bisher habe ich mein Problem aber im beruflichen Bereich gesehen, da ich leicht zu kränken bin und daher nirgends allzulange ausgehalten habe.

Aüsserlich wirke ich nicht schüchtern, aber nur weil ich meine Rolle spiele, ich habe sogar Rhetorikkurse besucht um im Beruf meine Frau zu stehen.

Doch nur die Hülle zu pflegen und nicht den Kern - das habe ich nach meinen Zusammenbruch vor 3 Monaten auf der Arbeit gemerkt - nützt nur kurzfristig etwas.

Ich bin bemüht mich nicht nur über die Arbeit zu definieren, aber wenn ich es über private Kontakte versuche und Freundschaften schneide ich noch schlechter ab!!!

Bisher hatte ich seit meiner Krankschreibung keine körperlichen / psychosomatischen Schmerzen mehr, ich hatte immer Gliederschmerzen wie bei einer Grippe.


Seit Gestern habe ich aber Magenschmerzen und mir pflanzliche Magentropfen genommen. Mit dem Durchschlafen klappt es auch nicht mehr so die letzten Tage, obwohl ich nicht mehr so niedergedruckt bin seit ich den Ende der Schulferien wegen meiner Kinder wieder früher aufstehen muss.

Thema beim Therapeuten gestern habe ich ursprünglich geplant "die Suche nach mir selbst", da ich seit der Depression passend einen bestimmtes Zitat aus einem Buch verinnnerlicht habe, welches lautet:

>Es gibt Zeiten im Leben in denen die Sonne untergeht.

Dann ist es wichtiger, geduldig zu sein als tüchtig.
Dann ist es besser, Schmerzen ertragen zu können
als zu arbeiten.

Dann ist es nötiger, sich in andere zu fügen als zu befehlen,
sinnvoller die Einsamkeit zu bestehen als mitzureden.

Es sind die Zeiten, in denen sich zeigt,
wer ich in Wahrheit bin.
>

Jetzt habe ich mich mit dem gestrigen Therapiegespräch und den Fragebogen mit Verdacht auf soziale Phobie auf die Suche nach mir selbst gemacht und befürchte, dass eine Fassade, die ich mir seit der Kindheit aufgebaut habe, die mein Schutz und meine Festung ist dabei kaputt gehen kann und mich nicht mehr schützt.

Was bringt mir also die Therapie, wenn ich mir über meine Unzulänglichkeit soziale Phobie bewusst werde wenn mein Schutzpanzer weg ist? Es kann mich gesund machen, aber nur wenn ich die Phobie, falls es überhaupt eine ist überwinde. Bisher habe ich mir auch vieles selber schöngeredet, daher denke ich ist das was ich beruflich erreicht habe nicht einmal so gut ist wie ich bisher dachte.


Liebe Grüße

M.
LG

Secret
lowrider60sec

Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von lowrider60sec »

>>Wie fühlt Ihr Euch dabei, wenn der Gang keinen Zweck erfüllt, z.B. Einkaufen gehen, Arztbesuch oder ähnliches. Ich komme mir wirklich blöd dabei vor.>>

Hallo Secret,

Diese Gänge erfüllen doch einen Zweck, oder nicht ?

>>ein Schild tragen "Ich bin so traurig und allein, ich suche Freunde">>

Oh mein Gott - wer macht denn so einen sch....Vorschlag.

Liebe Secret - man/frau muss nicht alles annehmen was der Therapeut einem einreden will. Suche dir 1 Satz heraus, der dir am stimmigsten erscheint - den Rest vergiss mal ganz schnell - das belastet dich nur noch mehr, und verunsichert dich vor Allem viel zu viel.

LG
lowrider

Ich bin überzeugt, würde die ganze Gesellschaft solche Fragebögen ausfüllen, niemand würde mehr vor die Tür gehen weil er "anscheinend" eine Sozialphobie hat.

Habe das noch von dir ausgegraben.
>>Hat noch jemand einen Tipp für mich, wie ich das verhindere mich mit meinen Grübeleien über meine berufliche Zukunft immer im Kreis zu drehen zwischen, Im Beruf weiter arbeiten, Studentin, Hausfrau, ehenamtlich tätig usw usw.....>>

Nimm dir einfach ein Thema nach dem anderen vor. Und frage dich :Was ist mir am Wichtigsten?
wennfrid
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von wennfrid »

Hi Secret
Ich kenne das von früher, wo ich zu gern eine Art Alibi benutzt habe, um eine Tätigkeit zu verbringen. Meine eigenen Bedürfnisse konnte ich nicht spüren und natürlich auch nicht ausleben. Heute spüre ich mein Bedürfnisse und setze sie in die Realität um, ob es andere für richtig finden oder nicht.
Eine soziale Phobie muß es deswegen nicht sein, eher liegt ein zu niedriges Selbstbewußtsein vor. Ein niedriges Selbstbewußtsein wegen der Art der Persönlichkeit. Eine Sache löst weitere Symptome aus und der Therapeut hat die Möglichkeit, die Ursache zu finden, der Patient kann es verarbeiten. Viel Geduld, weil der Erfolg nur in kleinen Schritten passiert. Zweifel und Rückschläge sind meist auch dabei.
Meine Meinung
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Secret
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Secret »

Hallo zusammen,

@lovrider60sec:

>Diese Gänge erfüllen doch einen Zweck, oder nicht ?>
Ich meinte jetzt ich komme mir dumm vor wenn ich ziellos allein spazieren ginge (also ohne Einkaufen zu gehen), daher habe ich daran keinen Spaß. Um in Bewegung zu bleiben mache ich lieber Sport.

>Ich bin überzeugt, würde die ganze Gesellschaft solche Fragebögen ausfüllen, niemand würde mehr vor die Tür gehen weil er "anscheinend" eine Sozialphobie hat>
Da hast Du recht! Sicher mache ich mir mal wieder viel zu viel Gedanken und bekomme nur Magenschmerzen davon!

>Nimm dir einfach ein Thema nach dem anderen vor. Und frage dich :Was ist mir am Wichtigsten?>

Das scheint mein Problem zu sein: weil ich nie im voraus weiss welche Entscheidung welche Konsequenzen nach sich ziehen fällt es mir schwer Prioritäten zu setzen.

@Fridolin
<Ich kenne das von früher, wo ich zu gern eine Art Alibi benutzt habe, um eine Tätigkeit zu verbringen. Meine eigenen Bedürfnisse konnte ich nicht spüren und natürlich auch nicht ausleben. Heute spüre ich mein Bedürfnisse und setze sie in die Realität um, ob es andere für richtig finden oder nicht.>

Und wie hast Du es geschafft Deine Bedürfnisse zu spüren? Wie ich schon geschrieben habe: Grübeleien, weiss nicht ob ich überhaupt noch arbeiten gehen will, aber nur zu Hause bleibe möchte ich auch nicht. Weiss ich also zur Zeit nur was ich nicht will.

LG
M.
LG

Secret
bradforhelp
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von bradforhelp »

Hallo Secret,

ich mag auch nicht allein spazieren gehen. Kannst du dich vielleicht verabreden? Das mache ich so, ich treffe mich zum Walken. Angefangen habe ich mit einem Volkshochschulkurs. Da ist man nicht allein, aber auch nicht zu nah, weil die Gruppe bunt gewürfelt ist.
Eine Zeit lang bin ich mit einer Nachbarin mit Hund mit, manchmal hatte ich den Hund in Pflege.
Nicht blöde ist für mich, allein Rad zu fahren. Vermutlich sieht das zielgerichteter aus und man muss sich wohl auch mehr konzentrieren.

brad
"In den Tiefen des Winters erfuhr ich schließlich, dass in mir ein unbesiegbarer Sommer liegt."

Albert Camus
kiwilana
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von kiwilana »

Liebe Secret,

was nützt es uns, illusionen aufrecht zu erhalten? hat dir das denn bei der depression geholfen? ich habe eher die erfahrung gemacht, dass "so tun, als ob" und nur zu funktionieren auf dauer krank macht. weil selbst, wenn dies oder jenes einen schutzpanzer darstellt, erreichen uns die dinge trotzdem innerlich, vor denen wir uns nach außen hin zu schützen versuchen.

meine letzte therapeutin meinte auch, vieles bei mir ist wie eine soziale phobie und schrieb im sommer in eine neue diagnose die ängste noch dazu. aber weißt du was? das wusste ich auch vorher schon, dass ich schiss vor menschen habe was ich damit sagen will: es geht doch nicht um die namen. aber wo ein problem ist, ist nunmal ein problem. ich persönlich möchte daran arbeiten, weil mein schutzschild nämlich irgendwann sowieso schon von ganz alleine aufgebrochen ist - ich mit panzer nämlich auch nicht mehr funktionierte.

deshalb bin ich ehrlich gesagt froh, dass du diesen thread eröffnet hast. wenn du deinen panzer doch ablegen magst, könnten wir uns hier vielleicht ein bißchen darüber unterhalten, wie wir damit umgehen bzw. das angehen.

alles gute und liebe, kiwi
Cartouche
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Cartouche »

Liebe Secret,

ich denke, dass wir alle ein wenig Angst haben vor den anderen Menschen. Denn das würde ja bedeuten wir lassen jemanden an uns heran und der könnte vielleicht hinter die ach so tolle Maske schauen und herausfinden wer wir wirklich sind. Und das macht uns angreifbar.

Ich habe dieses Spiel sehr lange gespielt und im nachhinein habe ich festgestellt es war sehr anstrengend und hat meine ganze Kraft aufgezerrt. Selbst die erste Zeit in der Klinik habe ich das Spiel gespielt. Bei den meisten Mitpatienten hat es funktioniert. Bei einigen nicht und schon gar nicht bei meiner Therapeutin.

Nun zum Spazieren gehen.
Ich kann dich da verstehen, es bereitet mir auch ein komisches Gefühl alleine loszugehen, aber es tut gut. 1. mag ich es überhaupt nicht alleine zu sein aber 2. mag ich momentan auch keinen um mich herum zu haben.
Heute ist für mich ein sagen wir mal ein doofer Tag. Ich wäre am liebsten nicht heraus gegangen, aber ich hab mich dann doch aufgerafft. Es ist schon eine Überwindung den inneren Schweinehund zu besiegen, aber es tut gut. Ich bin alleine los und hatte meinen MP3 Player dabei. Einfach drauf los, mal schauen wo ich lande. Das tolle ist, ich grübel so gut wie gar nicht dabei. Und ich muss ehrlich sagen ich bin stolz es gemacht zu haben und das ist ein absolut positives Gefühl.
Und wenn du denkst die Leute finden das komisch, dann glaub mir die haben alle ganz andere Sachen im Kopf, als sich Gedanken zu machen was du da vielleicht alleine machst.
Aber dieser Gedankengang hat bei mir auch sehr lange gedauert.

Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen.

Cartouche
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(Cecille Unterkirchner)
Sherlock
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Sherlock »

Ich gehe manchmal alleine "ohne Grund" spazieren. Hat schon einen Grund, weil ich weiß dass die frische Luft mich belebt und ich mir gerne mal etwas anschaue bzw. Eindrücke in mich aufnehmen will.
Das ist eines der wenigen positiven Dinge die ich aus meinen Droogenzeiten mitgenommen habe. Ich kann mir einen Grashalm betrachten, oder den Himmel, oder Zuhören wie ein Bach gluckert oder die Blätter im Wind rascheln oder auch einfach spüren wie der Regen auf mich niederprasselt und dann die Tropfen an meinem Gesicht runterlaufen.

Das hört sich alles profan an, aber in der Einfachheit der kleinen Dinge liegen manchmal die größten Wunder. Man muss sich halt drauf einlassen und sowas wirklich bewußt machen, jeder hat auch andere vorlieben. Ich kannte zum Beispiel mal jemanden der es geliebt hat nach einem Regenfall barfuß durch das nasse Gras zu laufen.

Ich habe eine Zeitlang mal versucht mich auf Vögel "einzustimmen". Also einfach hingesetzt versucht an Sachen zu denken die für Vögel positiv sein könnten, mit ihnen eine "Pfeif-Unterhaltung" geführt und sowas eben. Hört sich vielleicht etwas verrückt an, aber das ist meiner Meinung nach normaler wie wenn manche Leuten von ihren Hunden oder Katzen reden als hätten sie menschliche Gefühle oder könnten mit ihrem Gesicht menschliche Emotionen ausdrücken.

Letztlich ist das schon irgendwie zielgerichtet, aber nicht wirklich. Ich gehe selten spazieren und sage mir vorher, "so, mal gucken wie der Wind heute in den Blättern rauscht". Vielmehr gehe ich spazieren und schaue was mir meine Umwelt an Sinneseindrücken zu bieten hat. Wenn etwas von Interesse da ist, dann nehme ich es auf bis mein Interesse erlischt.
Im Grunde ist es wie Shoppen gehen ohne dass man jetzt etwas bestimmtes kaufen müßte. Ich guck halt mal was so im Angebot ist. Wenns nichts gescheites gibt, dann "kaufe" ich halt nix und gehe wieder heim. Aber es gibt fast immer was, man muss halt auch mal bereit sein was "neues" auszuprobieren, also Sinneseindrücke zu sammmeln wie man es vorher noch nie oder nur selten getan hat.

PS: Zu deiner Frage, ich finde es nicht komisch dass er das testet. Ob es jetzt nur an diesem einen Satz liegt ist halt so eine Sache, vielleicht hat ihn ja noch was anderes drauf gebracht. Und auch wenn er dich 2 Jahre kennt, jeder Mensch verändert sich, könnte ja sein dass du erst eine Phobie entwickelt hast.
Denke aber auch das was schon geschrieben wurde, Vermeidungvon Kontakten hat ja auch oft was mit dem Selbstbewußtsein zu tun und das ist ja bei Depressionen nicht grade auf dem Höhepunkt. Ich denke mal sowas kann sich auch zu einer Phobie auswachsen, möchte aber damit nicht sagen dass du sowas hast oder entwickeln mußt. Schaden da was zu machen wirds aber wohl kaum denke ich mal, weils ja auch eine Übung fürs Selbstbewußtsein sein kann.
Ich finde auch das Gedankenspiel mit dem Schild nicht schlimm. Das Schild ist ja nichts anderes als das was man vielleicht innerlich fühlt nach außen hin zu zeigen und das ist ja von vielen mit psychischen Problemen eine Teilproblem, dass sie eben Masken tragen, sich in ein Korsett zwingen.
Im Grunde ist das Schild nur das Symbol für das "Fallenlassen" dieser Maske. Die Frage ist also: "Was würde schlimmstenfalls passieren wenn ich den anderen zeige dass ich einsam bin?"
Das Schild zeigt dies aber sehr deutlich, weil "zur Schau gestellte Gefühle" fehlinterpretiert werden können. Ein Schild mit einer eindeutigen Aufschrift nicht (oder, besser gesagt, sehr viel weniger). Dadurch sind die Antworten die du erhälst wenn du dir die Frage mit dem Schild stellst auch viel eindeutiger, weil eben weniger Spielraum durch die stark eingeschränkte Interpretationsmöglichkeit bleibt.
wennfrid
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von wennfrid »

Hi Secret
Ich befasse mich seit ca. 15 Jahren mit der menschlichen Psyche. Ich wollte immer die Menschen verstehen und natürlich mich selber auch. Ich habe mich in den letzten 12 Jahren um ca. 170 Prozent verändert. Von einem ja - Sager zu einem selbstbewußten Menschen. Ich habe gelernt "nein" zu sagen, weiß daß ich selber und kein Mensch perfekt sein muß. Ich akzeptiere mich so wie ich halt bin, mit meinen guten Eigenschaften und mit meinen weniger guten Eigenschaften. Einen einzelnen Grund kann ich nicht nennen. Ich habe 2 Mal einen stationären Klinikaufenthalt in einer psychsomatischen Klinik gemacht. (Das war das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Dafür bin ich meiner höheren Macht noch heute sehr dankbar.) Außerdem bin ich seit 6 Jahren in einer Selbsthilfegruppe.(Und es werden noch weitere folgen.)In meinem Büro liegen ca 50 Bücher/Ratgeber über Depression, Angst und Selbstbewußtsein. Ich bin froh, daß ich diesen Weg eingeschlagen habe. Oberflächliche Beziehungen habe ich aufgegeben, mich interessieren nur noch Gespräche mit Tiefgang.
Viel Kraft und Energie

Fridolin
Secret
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Secret »

Hallo zusammen,

ich habe mich über so viele Antworten gefreut. Ich denke ich werde erst zufriedener wenn ich mich so akzeptieren kann wie ich eben bin.

Wenn ich am Tag nicht so viel erledige wie ich geplant habe ist es mir momentan egal - Bügelwäsche kann ich auch morgen machen. Die letzten Wochen habe ich aufgehört davon zu träumen eine besonders tolle überragende Karriere zu machen, z.Bsp. als Abteilungsleiter oder eigene Firma.

Doch ich weiss auch nicht ob es so bleibt, diese Gelassenheit kann ich mir momentan "leisten" weil ich Krankengeld beziehe.

Ich denke auch dass ich mehr mit wenigen und tiefgründigeren Freundschaften und Gedankenaustausch etwas anfangen kann.

Das ich nicht alleine spazieren gehe liegt vielleicht auch daran, weil meine Mutter früher Angst um mich hatte und immer vor Spaziergängen alleine im Park und fremden Männern gewarnt hat.

Aber zum Nordic Walking mit anderen gemeinsam hätte ich schon Lust. Ich finde es nur schade, dass die meisten Aktivitäten immer abends angeboten werden, so lange ich nicht berufstätig bin würde ich das lieber mal vormittags machen.

Yoga ist abends einmal die Woche, die Selbsthilfegruppe wäre dann auch jede 2. Woche abends. Ich habe noch Kinder, die abends nicht alleine bleiben können.

Wenn ich keine Sozialphobie habe bin ich zumindest zutiefst wegen verschiedener Kränkungen verletzt und immer vorsichtiger geworden.

@Fridolin: ich sollte mich nicht mehr "verbieben" lassen, aber dann muss ich auch bereit sein die Konsequenzen zu tragen, d.h. ich habe noch mehr Angst vor Ablehnung.

@cartouche: <Ich kann dich da verstehen, es bereitet mir auch ein komisches Gefühl alleine loszugehen, aber es tut gut. 1. mag ich es überhaupt nicht alleine zu sein aber 2. mag ich momentan auch keinen um mich herum zu haben.>

Diesen Gegensatz in sich, nämlich nicht allein sein zu wollen und ausserdem momentan keinen um mich herum zu haben spüre ich auch.

@kiwilana
deshalb bin ich ehrlich gesagt froh, dass du diesen thread eröffnet hast. wenn du deinen panzer doch ablegen magst, könnten wir uns hier vielleicht ein bißchen darüber unterhalten, wie wir damit umgehen bzw. das angehen.

Ich würde mich freuen, noch viele Gedanken über dieses und andere Themen über unsere Depression und Leben auszutauschen. Ich bin froh, dass wir jetzt die Möglichkeit haben ein Forum zu nutzen, das war früher nicht selbsverständlich, da hatte ich nur mein Tagebuch.

@brad
ich mag auch nicht allein spazieren gehen. Kannst du dich vielleicht verabreden? Das mache ich so, ich treffe mich zum Walken. Angefangen habe ich mit einem Volkshochschulkurs. Da ist man nicht allein, aber auch nicht zu nah, weil die Gruppe bunt gewürfelt ist.
Ich denke auch über eine Nordic-Walking Gruppe nach.

@sherlock
Das hört sich alles profan an, aber in der Einfachheit der kleinen Dinge liegen manchmal die größten Wunder. Man muss sich halt drauf einlassen und sowas wirklich bewußt machen, jeder hat auch andere vorlieben. Ich kannte zum Beispiel mal jemanden der es geliebt hat nach einem Regenfall barfuß durch das nasse Gras zu laufen.

Das ist es was wir verlernt haben und noch kleine Kinder können: die kleinen Dinge geniessen.

Ich schliesse jetzt und denke mal morgen bin ich wieder gespannt wer einen Tread eröffnet hat und was es hier alles zu lesen gibt.

LG
M.
LG

Secret
Cartouche
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Cartouche »

Hey,

das was Sherlock beschreibt "Achtsamkeit" und in der heutigen Zeiten achten wir viel zu wenig auf uns und auf die kleinen Dinge die das Leben lebenswert machen.

Ich habe mir vorgenommen mehr auf solche Dinge zu achten und mal zu lauschen.

Ich wünsche allen einen angenehmen Abend und weiterhin Kraft.
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(Cecille Unterkirchner)
otterchen
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von otterchen »

Guten Morgen!

Ich fühle mich durch diesen Thread angesprochen, habe aber die letzten Postings zugegebenermaßen nicht mehr gelesen.

Irgendwie geht es mir ähnlich, und ein wenig bin ich der Sache auf die Spur gekommen.

Ich mag viele Dinge einfach nicht alleine machen.

Spazierengehen alleine KANN schön sein, ok.
Aber ins Kino - alleine?
Ich setze mich im Sommer auch alleine in ein Straßencafé - das ist nicht das Problem. Aber es fühlt sich für mich einfach nicht "rund" an.
Mir fehlt es, dieses Erlebnis mit jemandem zu teilen!

Mir sind Spaziergänge, Kino- oder Cafébesuche, Urlaubsreisen usw. gar nicht SO wichtig. Natürlich, ich mache sowas gerne.
Aber mir geht es vor allem darum, das mit jemandem TEILEN zu können.

Ich weiß, dass ich's kann bzw. könnte. Aber ich MAG es einfach nicht.

Die Konsequenz, die sich daraus ergibt, ist leider nicht so positiv: ich unterlasse sowas meistens ganz. Davon wird's auch nicht besser.
Aber die Zweisamkeit bzw. das gemeinsame Erleben stehen bei mir eindeutig höher im Kurs als die Tätigkeit als solche.

Ich würde gerne so viele Dinge ausprobieren - aber mit jemandem, der "zu mir gehört".
Ist das so verwerflich?
Sollte ich das anders sehen?
Sollte ich das diversifizieren und zig Dinge mit zig verschiedenen Leuten machen? (ok, auch dazu wäre ich bereit, aber ein Band muss zwischen dieser Person und mir schon existieren).

Ich habe den Eindruck, dass mich die ganze Therapiegeschichte drängen will, etwas alleine zu unternehmen - aber das bringt mir nichts. Es ist so freudlos. Da ist das ganze Erlebnis fade. Mir geht es um das Miteinander, und das kommt einfach nicht zustande, wenn man etwas allein unternimmt.



Allerdings ist mir auch noch ein anderer Aspekt aufgefallen: dadurch, dass man alleine ist und sich dessen auch bewusst ist, fühlt man sich unterlegen, verletzlich, angreifbar, schutzlos (je nach Situation).
Ich weiß, dass da niemand an meiner Seite ist, der mir den Rücken stärkt.
Und alleine dieser Gedanke bewirkt soviel.
Derjenige brauchte in Situation X gar nicht anwesend zu sein - einfach zu wissen, dass man jemanden auf seiner Seite / an seiner Seite hat, würde mich tierisch bestärken.

Jetzt muss ich alles alleine machen, es geht ja nicht anders. Und ich finde es mühsam und belastend. Dabei weiß ich genau, dass mich manche Dinge gar nicht so belasten würden (wie sie es manchmal tun), wenn ich jemanden an meiner Seite hätte.

Ich fühle mich wie ein Einzelkämpfer, und das erschöpft mich ganz schön.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
lowrider60sec

Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von lowrider60sec »

Hallo alle,

>>Oberflächliche Beziehungen habe ich aufgegeben, mich interessieren nur noch Gespräche mit Tiefgang.>>

Dieser Satz von Friedolin hat mich nachdenklich gemacht.
Ist nicht gerade diese "Einstellung" unser Dilemma ?
Wir "können" nicht mehr mit durchschnittlichen Menschen, unser Anforderungen an einen geeigneten Gesprächspartner sind so gross, da können die Meisten uns nicht befriedigen.
Und .... es treibt uns immer weiter in die Einsamkeit.

Ich bin auch für gute, tiefgründige Gespräche, aber nicht NUR. Wir müssen es auch noch fertigbringen, das zu machen, was allgemein als "Smalltalk" bezeichnet wird. Ob das jetzt ein Paar Worte mit der Kassiererin im Supermarkt sind, oder die Unterhaltung mit dem Arbeitskollegen der gerade von einer tollen Urlaubsreise erzählen will.

Wir dürfen uns nicht selber ins Abseits katapultieren mit unserem "nach dem Sinn des Lebens suchen".

Ich habe mir angewöhnt, wenn ich echte Lust auf eine Unternehmung habe, warte ich auf Niemanden der mich begleitet, sondern gehe alleine hin.

Ich verstehe auch die Alleinstehenden, die Niemanden haben um ihre Erlebnisse zu teilen. Aber - es gibt doch wahrscheinlich auch Foren in denen man Begleitung für alle möglichen Aktivitäten findet. Wäre das vielleicht eine Möglichkeit für Singles unter euch ?

LG
lowrider
Sherlock
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Registriert: 22. Aug 2010, 22:11

Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Sherlock »

@ Otterchen

Natürlich ist die Zweisamkeit schön und "geteilte Freud ist doppelte Freud", aber es ist schwer Sinneseindrücke zu teilen, weil es selbst bei Menschen die man sehr gut kennt selten ist, dass man Momente erlebt in denen beide genau Wissen dass das, was gerade in einem selbst vorgeht auch im anderen vorgeht,man sich in die Augen sieht und erkennt dass der andere das auch weiß.

Das sind ganz spezielle Momente die ich jetzt beschrieben habe, ich denke mal du meintest eher das normale Zusammensein.
Aber gerade das ist nur eine Definitionssache. Wie oft war ich schon mit irgendwem irgendwo und diese Person hat nicht verstanden was ich gerade erlebe, obwohl man ja im Grunde das gleiche erlebt und ich meine Empfindungen auch noch verbalisiere.
Umgekehrt ist es mir aber auch schon passiert dass ich irgendwo bin und es kommt jemand und der tut oder sagt etwas, man schaut zufällig zu einem Fremden und erkennt dass der das gleiche denkt wie man selbst (und umgekehrt).


Auch hier ist es letztlich das gleiche wie beim Spazierengehen was ich vorher geschrieben habe. Es kommt drauf an welche Absichten man hat.
Ich hatte gestern morgen einen Termin in der Stadt und war dann bis Abends dort. Ich war in Geschäften ein bißchen schauen, ein paar kleine Besorgungen gemacht, mal einen Kaffee getrunken, Menschen beobachtet, Gespräche belauscht.

Und man teilt ständig Momente mit Personen. Auch mit der Kassierein im Einkaufszentrum oder der Bedienung im Café. Sogar mit Passanten mit denen man kurz einen Blick wechselt. Der Unterschied ist meist nur der Zeitfaktor und der Sympathiegrad. Aber so ist das halt im Leben, mit manchen Menschen verbringt man mehr Zeit und mit anderen weniger. Dabei trifft man selbst nicht unbedingt immer die beste Wahl. Warum sich also nicht auf die Wahl einlassen die der Zufall für einen trifft?

Ich weiß nicht ob du mit dem was ich schreibe überhaupt was anfangen kannst. Das ist halt stark davon abhängig wie du die Welt für dih definierst, also wie deine Lebensphilosophie aussieht.
Ich für meinen Teil versuche das anzunehmen was mir gerade angeboten wird und wo es mir leichtfällt es auch annehmen zu können. Ich habe Probleme Nähe zu Menschen herzustellen auch wenn ich mir nichts sehnlicher Wünsche. Aber wenn ich in jedem Moment in dem ich alleine bin wünsche, kann ich nicht mehr das Genießen was gerade da ist.

Und das ist für mich der Trick an der Sache. Habe ich irgendwann mal einen Menschen, dann habe ich auch etwas zu teilen. Ich kann ihm die kleinen Momente zeigen die mir Zufriedenheit schenken, oder kann ihm etwas von der Zufriedeneit abgeben die mir, durch die Fähigkeit die kleinen Dinge im Leben zu schätzen, gegeben ist.
Ich denke, man kann nur etwas mit jemandem teilen wenn man auch etwas zu Teilen hat. Ich könnte nicht nur um des Teilens willen teilen.
lowrider60sec

Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von lowrider60sec »

@Sherlock

Der Text könnte von mir stammen .... wenn ich denn deine lyrische Ader hätte.
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von otterchen »

Hi Sherlock,

es ist wohl die Einseitigkeit.
Ich KANN auch solche Momente alleine genießen, kann meine Mitmenschen wahrnehmen und für einen kurzen Moment einen Draht zu ihnen herstellen, seien es Frauen, Männer oder Kinder.
Ich KANN Spaziergänge mit allen Sinnen genießen (besonders im Herbst, da kann man wirklich was schmecken).
Ich KANN mich im Sommer ins Café setzen, in einer Zeitschrift lesen, etwas trinken, die Leute um mich herum beobachten.

Doch NUR?
Es geht darum, dass das Ganze nicht mehr in Balance ist.


Ich merke aber gerade jetzt beim Schreiben, dass sich das verbessert. Ich habe jetzt 2 Menschen um mich herum, mit denen eine Verbindung besteht. Die gemeinsamen Unternehmungen sind zwar selten, aber angenehm.
Es tut also was; ich arbeite an meinen Freundschaften. Ich baue sie aus, ich vermehre sie.
Es tut gut, sich sowas auch mal vor Augen führen zu können. Ich werde das fortführen.

Ich merke aber, dass ich oberflächliche Begegnungen nur soweit aushalte bzw. genießen kann, wie ich einen "tiefergehenden" Gegenpol habe.
Seltsam, oder?


Manchmal stehe ich mir wirklich fragend gegenüber und verstehe nicht, was da so in mir vorgeht. Aber es IST so.
Und damit bin ich wieder bei der Frage, ob ich anders denken/empfinden/sein sollte. Hm.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von flora80 »

Hallo zusammen,

ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber ich stimme Lowrider ( ) zu.

Die beschriebene Haltung schließt einen von ziemlich vielen Dingen aus und man hockt dann oft allein irgendwo. Außerdem entstehen tiefgründige Freundschaften doch langsam und aus zunächst oberflächlichen Begegnungen heraus. Wenn jemand, den ich gar nicht kenne, sofort mit mir über tiefgründige Dinge sprechen will, dann nehme ich ehrlich gesagt sofort Abstand. Ich empfinde das als intrusiv. Ich bin eher für das langsame "Beschnuppern", auch mal über weniger Tiefgründiges reden, erst mal rausfinden, wie der andere so tickt. Auch das Gespräch mit der Kassiererin ist nicht zu verachten. Ich finde, dass Smalltalk zunächst einmal grundsätzliches Interesse am Mitmenschen zeigt und nicht etwa Oberflächlichkeit. Man kann ja nicht mit jedem über die schwerwiegendsten persönlichen Dinge sprechen oder Sokrates analysieren. Die Haltung, dass ich mich mit Oberflächlichem nicht mehr beschäftige, hatte ich auch mal. Aber mittlerweile habe ich für mich entdeckt, dass das Leben viel spannender ist, wenn man auch mal Oberflächliches zulässt.

Ich hatte auch mal eine soziale Phobie. Ist zum Glück seit vielen Jahren überwunden. Aber was das deutlichste Symptom war: Ich hatte ständig Angst, was mein Gegenüber wohl über mich denkt, mich irgendwie zu blamieren und auch von Fremden "seltsam" gefunden zu werden. Das hat verursacht, dass ich zu "Smalltalk" auch kaum in der Lage war. Ich war blockiert und mir ist nichts eingefallen, das ich sagen könnte. Da ist der Satz "ich rede nur tiefgründig mit Menschen" auch eine herrliche Ausrede gewesen, die aber, genau betrachtet, auch einen großen Batzen an Arroganz in sich trägt, auch wenn man das zunächst mal gar nicht intendiert. Insofern hängen beide Themen zusammen. Man schließt sich selbst aus, weil man nicht anders kann. Das ist soziale Phobie.

Heute fahre ich übrigens zum Beispiel gerne alleine in den Urlaub. Meistens fehlt schlichtweg eine passende Reisebegleitung, da ich Single bin und die meisten meiner sehr engen Freunde in festen Partnerschaften leben und dann mit dem Partner in Urlaub fahren. Nun stehe ich aber auch nicht sonderlich auf Singlereisen mit Veranstalter und so. Also suche ich mir ein Ziel und fahre einfach hin. Vor Ort bringe ich dann in Erfahrung, was man da alles tun kann. Ich mache nicht so gerne Strandurlaub, also ist es meistens etwas sportliches. In fast allen Urlaubsgebieten werden Sportveranstaltungen angeboten, bei denen man sich als Touri anmelden kann. Bisher war das immer sehr schön. Ich bin dann auf Menschen getroffen, mit denen ich Smalltalk üben könnte. Ansonsten finde ich es auch erholsam, einfach allein eine lange Wanderung zu machen o.ä. Das ist sehr meditativ. Auch zu Hause gehe ich gern allein spazieren. Ich habe manchmal auch noch den Gedanken, dass das jemand seltsam finden könnte... Aber dann ist das eben so.

Viele Grüße, Flora
Secret
Beiträge: 1423
Registriert: 16. Dez 2010, 16:15

Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Secret »

Hallo zusammen,

habe heute morgen um 8.00 Uhr meinen jüngsten in der Grundschule abgesetzt und war dann einkaufen. Ich bin gegen 11.00 ziemlich geschafft und müde mit Gliederschmerzen nach Hause gekommen.

Habe noch die Einkäufe verstaut und den PC eingeschaltet. Ich freue mich über so viele neue Beiträge und werde langsam wach, ich lege mich nicht mehr hin, heute nacht konnte ich mal durchschlafen. Während des Einkaufens drängte sich bei mir der Gedanke auf dass ich älter werde, müder und immer mehr abbauen werde und wie das eigentlich ältere Leute alles so im Alltag schaffen.

Die letzten Beiträge fassen meine Gefühle in Worte, die ich selber nicht bilden konnte.

Flora und Otterchen, ihr seid ja schon sehr lange hier registriert und ich bin beeindruckt über die vierstellige Anzahl eurer Messages.

Also Single bin ich nicht, bin verheiratet und habe zwei Kinder. Aber ich habe eben keinen Freundeskreis und Interessen sind mit dem Partner nie ganz identisch, man kann nicht alles bei einem Menschen finden. Er mag z.Bsp. kein Yoga, Lesen und Malen und ichinteressiere mich nicht für Autos, die restauriert werden, sie sind für mich nur Mittel zum Zweck.

Es ist mir nun klar geworden dass wir oft alleine sind wenn wir uns selber absondern, wie mir schon zu Schulzeiten manchmal gesagt wurde. Ich hoffe dass ich wieder mehr Smalltalk schaffe, denn ich habe neben der Familie nur auf der Arbeit Kontakte gehabt, und der Job fällt jetzt komplett weg.

@otterchen
<ich habe den Eindruck, dass mich die ganze Therapiegeschichte drängen will, etwas alleine zu unternehmen - aber das bringt mir nichts. Es ist so freudlos. Da ist das ganze Erlebnis fade. Mir geht es um das Miteinander, und das kommt einfach nicht zustande, wenn man etwas allein unternimmt.

Allerdings ist mir auch noch ein anderer Aspekt aufgefallen: dadurch, dass man alleine ist und sich dessen auch bewusst ist, fühlt man sich unterlegen, verletzlich, angreifbar, schutzlos (je nach Situation).>

Ja das ist es, warum ich keine Lust habe etwas alleine zu unternehmen, nur das Problem dabei ist: nur so könnte man Freundinnen kennenlernen. Doch ich kann nichts erzwingen, wenn ich z.Bsp. alleine einen Yogakurs belege ist es noch nie vorgekommen dass ich dann eine Freundin kennenlerne. Ich finde auch je älter ich werde desto schwieriger ist es, als Lehrling habe ich noch einfach in der Berufsschulklasse z.Bsp. eine Freundin gefunden.

Ich finde es auch interessant zu lesen, dass einige von Euch einfach alleine in ein Cafe sich setzen, Zeitung lesen und Leute beobachten. Das habe ich noch nie gemacht.
Einerseits ist es wie im Urlaub wenn man auf einer Strandpromenade die Leute beobachtet, aber anderseits: ist es nicht auch so wie im Wartezimmer bei einem Arzt?

@sherlock
<Ich weiß nicht ob du mit dem was ich schreibe überhaupt was anfangen kannst. Das ist halt stark davon abhängig wie du die Welt für dih definierst, also wie deine Lebensphilosophie aussieht. >

Also ich weiss gar nicht ob und welche bestimmte Lebensphilosophie ich habe, doch ich kann etwas damit anfangen: auch smalltalk ist ein Anfang, warum nicht den Spatz in der Hand nehmen wenn man die Taube auf dem Dach nicht haben kann.
Ich vergleiche mich oft mit Frauen, die Freundinnen haben, die sie regelmäßig besuchen, damit telefonieren und etwas unternehmen, z.Bsp. Kinofilme, die Männer nicht so interessieren oder shoppen. Wenn ich in einer Frauenzeitschrift einen Bericht über langjährige oder auch neue Frauenfreundschaften lese bin ich eben traurig und denke mir "was haben die was ich nicht habe?" Ich hatte eine beste Freundin seit ich 7 Jahre alt war nachdem meine Familie damals wegen einer neuen Arbeitsstelle meines Vaters umgezogen sind. Wir haben uns fast jeden Nachmittag getroffen und das bis dass ich 16 Jahre alt war. Dann hat sie mich fallenlassen weil ich einen Freund hatte und sie nicht, sie war neidisch und hat in etwa gesagt: "Das Du schon einen Freund hast kann nicht daran liegen dass Du besonder gut aussehen würdest" oder so.
Ich hatte sonst wenige Freundinnen, etwa noch 3 andere, aber nicht so viel damit unternommen, hat sich alles im Sand verlaufen.
In der Lehre die Freundin hat mich dann fallenlassen, weil ich nicht finanziell mithalten konnte mit ausgehen, Kleidung usw. ihre Eltern hatten mehr Geld und ein Geschäft.
Auch danach hatte ich in der Abendschule noch eine Freundlin, die würde ich aber nur als Bekannte bezeichnen. Mit ihr und ihrem Lebensgefährten haben mein Mann und ich ab und zu etwas unternommen. Doch sie hat sich von uns abgekapselt nachdem ihr Lebenspartner bei seiner Selbständigkeit scheiterte, schade. Das gibt es auch. Dabei weiss ich durch die Arbeitslosigkeit meiner Eltern doch wie es ist, wieso hat sie sich vor mir geschämt und mir nicht zugetraut dass ich trotzdem gerne mit ihr etwas unternehme?

Letztendlich habe ich daraus gelernt dass man erst sieht wie viele Freunde man hat wenn es einen schlecht geht, meist bleibt dann nur die Familie, die zu einem steht. Das finde ich sehr traurig und das hat mich sehr blockiert.

Eine Arbeitskollegin war noch eine "gute Bekannte" von mir, auch eine Mitstudentin. Als die Kinder kamen und diese beiden keine Kinder bekamen gingen auch diese Freundschaften zu ende.

Ich bin mit den Kindern in Spielguppen und ähnliches gegangen, aber ich fand keine Freundin mehr mit Kind, die diese Zeit mit mir geteilt hätte. Eine einzige mal, aber das verlief auch im Sand, hat mich nachher noch nicht mal mehr gegrüßt wenn wir uns im Kindergarten gesehen haben. Ich war sehr gekränkt, denn das passierte nachdem ihr Kind und meines sich nicht mehr verstanden, mein Großer kam in ein Alter wo er eben Mädchen blöd fand und nur noch mit Jungs spielte, so war ich bei ihr dann auch abgemeldet.

Das führt zu dem was ich jetzt bin, als ich früher konnte ich mich noch besser bei anderen Frauen für Freundschaften öffnen.

Habt ihr ähnliche Erfahungen gemacht?

So, jezt habe ich einen Roman geschrieben ....

Na ja, aber ich bin froh es mal getan zu haben denn ich verdränge es sonst und dieses Gefühl kommt sonst immer wieder an die Oberfläche, fast wie Schmutz den man nicht beseitigt und nur unter den Teppich kehrt. Das ist auf Dauer keine Lösung.

Als ich 30 wurde habe ich meine Geschwister und ein befreundetes Paar zum Kaffee eingeladen, die Familie ist gekommen und das Paar nicht. Ich war gekränkt und es war mir peinlich, das meine Geschwister mitbekamen dass ich vermeintlich versetzt wurde. Ich war traurig und habe mich über die Gesellschaft heutzutage beklagt, wo doch jeder für sich selbst ein Eigenbrötler ist und ich die Gemeinschaft vermisse. Da sagte meine damalige Schwägerin: "Für Freundschaften muss man etwas tun." Ich fühlte mich wie vor den Kopf gestossen und war stinksauer dass ich kein Verständniss, sondern Kritik erntete.
Ich konterte: "Kann ja nicht jeder so ein Strässenköter sein wie Du". Aber das ist nur meine Maske, ich war zutiefst verletzt und hätte heulen können.

Meine ältere Schwester sagte zu mir einige Wochen später dass dies ja wohl kein vernünftiger 30. Geburtstag von jungen Leuten gewesen sei und sie sich da eher wie in einem Altenheim vorkam. Mit welcher Wortwahl genau kann ich allerdings nicht mehr wiedergeben, es ist ja auch schon 13. Jahre her dass ich 30 wurde.

Dieses Erlebnis hat dazu geführt dass ich meinen Geburtstag seit dem nicht mehr feiere.

Damit möchte ich Euch nur den Ursprung schildern warum ich so bin wie ich bin.
Als Kind konnte ich noch fragen :"darf ich mitspielen, ich suche noch neue Freunde"
Aber heute?

Der Gedanke kam mir auch als mein Therapeut mir den von ihm handgeschriebenen Zettel :"ich komme aus dem Wald, ich bin so traurig und allein und willst du meine freundin sein" gab. Ich sagte nur ganz trocken dazu: "mit 7 Jahren wäre das auch für mich keine Problem gewesen, ich komme nur nicht aus dem Wald, sondern aus einer anderen Stadt."


Ich schließe jetzt mal, bis Bald liebe Forianer.

LG
M.
LG

Secret
kiwilana
Beiträge: 1622
Registriert: 14. Nov 2010, 14:10

Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von kiwilana »

Hallo Secret,

"Habt ihr ähnliche Erfahungen gemacht?"

mein zweiter vorname ist: jaaa zumindest bei diesem thema. vieles, das du beschreibst, ist mir sehr vertraut. meine beste freundin verlor ich damals auch, als/weil ich einen freund hatte. er war mein aller erster freund, meine erste große liebe und als ich ihr erzählte, dass ich zum ersten mal in meinem leben mit jemandem (also ihm) geschlafen hätte, sagte sie: "schön, dass du auch nach meinem liebesleben fragst". umpf.

eine andere freundin ließ mich drei tage lang alleine mit absolutem kreislauftief und schwindel im hotelzimmer in der karibik liegen. ich denke mal, weil unser urlaub vorher nicht so dolle war und wir manchmal streit hatten. mir nur einen tee zu holen, war wie den mount everest zu besteigen. ich war fix und fertig. und dann machte ich mir sorgen, weil sie abends nicht kam und in der gegend letztens jemand überfallen worden war. also schleppte ich mich schwankend und schwitzend auf den balkon und hielt ausschau. ich sah sie dann gegenüber in einer bar (mit offenen wänden). sie trank cocktail mit ein paar leuten, sie lachte, als wäre nichts.

als letztes beispiel, telefonierte ich nach 10 jahren mit einer anderen früheren besten freundin 3 ganze stunden lang. beide erzählten, wir lachten, waren offen, etc. als wir dann im heimatort an ostern verabredet waren, versetzte sie mich. ohne bescheid zu sagen, ohne sich danach nochmal zu melden. sie ging auch nicht ans telefon, beantwortete meine sms, was los war, auch nicht. und ward nie mehr gehört... von meiner mutter erfuhr ich jahre später, sie hat jetzt ein baby, also leben tut sie noch.

und so oder so ähnlich verlor ich noch eine, noch eine und noch eine freundin. solche und ähnliche geschichten haben mir jahrelang im herz gebrannt. der schmerz sitzt einfach sehr tief bei sowas, das ist keine frage. aber seit einem jahr habe ich mich etwas da raus gearbeitet. und:

"Ich war traurig und habe mich über die Gesellschaft heutzutage beklagt, wo doch jeder für sich selbst ein Eigenbrötler ist und ich die Gemeinschaft vermisse."

leider hilft diese sicht nicht dabei! das musste ich auch schweren mutes einsehen. nicht JEDER ist ein eigenbrötler. und nur weil wir 1000 schlechte erfahrungen haben, heißt das nicht, dass der 1001 mensch auch so ist. das ist der erste irrglaube, den wir abschütteln müssen, finde ich. um uns neuen kontakten öffnen zu können. sonst bleiben wir allein!

"Als Kind konnte ich noch fragen :"darf ich mitspielen, ich suche noch neue Freunde"
Aber heute?"

jaaa daran dachte ich auch oft und fände es sooo schön, wenn man sich einfach vor wildfremde menschen stellen und sagen könnte: "willst du meine freundin sein?" und die andere sagt einfach: "ja!". fertig aber selbst im internet fand ich keine neue freundin. also bringt es auch nichts, zu hoffen, dass es einfach wäre. ich habe bis jetzt auch noch keine neuen freunde, aber es tut mir gut, letztes jahr irgendwann einen "klick" gehabt zu haben, was dieses thema angeht:

grob gesagt: verarbeiten, betrauern, abschließen, nicht jammern, nicht in der nostalgie herum träumen, neues auch wirklich als neues sehen und ihm eine chance geben. und wenn es schief geht: nicht die schuld bei sich selbst suchen und sich noch kleiner fühlen - aber: auch nicht die schuld beim anderen suchen. es gehören immer zwei dazu, wie es so blöd heißt. ob es nun das dippchen und das deckelchen ist oder nicht. ob ich zu schüchtern oder zu schnell zu offen war oder der andere zu unempathisch oder egoistisch. nach der schuld zu suchen, bindet nur noch länger an alte und nicht mehr gegebene erfahrungen. lieber den schmerz zulassen, aber ihn nicht auf einen podest heben. und ihm nach einer weile auch wieder sagen: so, jetzt kannst du aber gehen. mir hilft dabei auch oft, mich zu fragen, ob ich unter den gegebenen umständen und vorfällen überhaupt noch mit dieser oder jener person befreundet sein will. die antwort ist meistens: nein! so finde ich einen besseren abschluss.

"Na ja, aber ich bin froh es mal getan zu haben denn ich verdränge es sonst und dieses Gefühl kommt sonst immer wieder an die Oberfläche, fast wie Schmutz den man nicht beseitigt und nur unter den Teppich kehrt. Das ist auf Dauer keine Lösung."

ja, das stimmt. weil man dann nämlich irgendwann über den riesen hubbel im teppich drüber stolpert und das kann auch sehr weh tun.

"Dieses Erlebnis hat dazu geführt dass ich meinen Geburtstag seit dem nicht mehr feiere."

bitte feiere deinen geburtstag wieder!!! dass du es nicht mehr tust, als REAKTION auf andere, zeigt nämlich zum einen, dass die abhängigkeit von diesen menschen oder menschen im allgemeinen (und ihrer bestätigung und der erhofften freundlichkeit) gewonnen hat. und zum anderen: was ist mit dir? achtest du dich selbst und dass du ein wertvoller mensch bist, wenn du deinen geburtstag nicht feierst? mittlerweile (fies, aber wahr) musste ich einsehen und glaube daran, dass: wenn ich selbst nicht an mich glaube, mich nicht wertschätze, mich runter mache, etc. dann wirke ich auf andere auch nicht gerade positiv, interessant und einladend. das ist keine entschuldigung dafür, dass andere einen runter machen o.ä. auf keinen fall! die anderen tragen die verantwortung dafür, wenn sie auf mich so reagieren. denn es ist ihre reaktion und es gibt auch menschen, die anders/nett/empathisch auf mich reagieren. aber es ist eine erklärung für so manches. wie ich bin macht auch immer etwas mit dem gegenüber. manche haben vielleicht einfach nur nicht die kraft mit mir/uns umzugehen, spüren unsere sorgen, wissen aber nicht wie sie helfen sollen und fühlen sich deshalb überfordert. wie auch immer: das ganze hat auch eine gute sache. wenn immer zwei dazu gehören und ich auf den anderen wirke, heißt das zumindest auch, dass ich einfluss haben kann. nicht manipulativ, nein, nein! aber ich z.b. falle oft sehr schnell mit der tür ins haus. vielleicht mache ich das beim nächsten mal etwas langsamer - damit sich das gegenüber nicht überfallen fühlt. aber nur, wenn ich mir selbst dabei treu bleibe! nicht verstellen!

"Damit möchte ich Euch nur den Ursprung schildern warum ich so bin wie ich bin."

du musst aber nicht so bleiben! ich hoffe, du bzw. wir finden neue wege, die uns gut tun. sorry, das war lang. alles liebe und gute, kiwi
Cartouche
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Cartouche »

Es ist schon spannend wie sich die Geschichten ähneln. Mir ist es auch so gegangen, aber ich habe auch noch 2 sagen wir mal Freundinen dazu die ich seit 26 Jahren kenne. Wir sehen uns nicht oft aber zu den wichtigesten Ereignissen sehen wir uns. Ich bin etwas weiter weg gezogen und sie wohnen noch in meiner alten Heimat. Ich hab es dort nicht mehr ausgehalten. Wenn wir uns sehen oder am Telefon hören ist es echt nett und toll. Wenn ich an früher denke war das nicht immer einfach mit uns 3en. Aber wir sind in den Jahren reifer geworden und wir haben heute eine ganz andere Basis. Eine ander Freundin die sehr weit weg wohnt kenne ich seit 18 Jahren. Da war mal richtig lange Sendepause weil sie eine Jugendliebe hatte. Aber soe hat sich schließlich mal wieder gemeldet. Und auch heute haben wir wieder mal so mal so Kontakt, aber wenn es einem von uns schlecht geht sind wir für einander da.
Aber leider wohnen sie alle nicht hier.
Ich habe mir die ganze Zeit überlegt warum viele sogenannte Freundschaften kaputt gehen. Wir entwickeln uns in andere Richtungen als die anderen und vielleicht kommt ja auch nicht jeder mit jedem klar. Wir Depris sind ja nun mal nicht die einfachsten Menschen. Wir sind ja schon sehr speziell in dem wir sehr hohe Ansprüche an uns und unsere Umwelt stellen und da kann halt nicht jeder mithalten. Und das merken die anderen auch und ziehen sich zurück aber auch wir merken das und verhalten uns so, dass es vielleicht enden muss. Wer weiss das.

So das war dann mal mein Roman zu dem Thema :=)
Glaube an Wunder, Liebe und Glück

schaue nach vorne und nicht zurück

tu das was du willst und steh dazu

denn dieses Leben lebst nur Du.

(Cecille Unterkirchner)
otterchen
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von otterchen »

Hallo
und eine Idee am frühen Abend:

warum suchen?
Warum nicht mal schauen, wer einen selbst sucht?

Ich habe mich vor einiger Zeit bei Stayfriends registriert (oh, und das hat mich einiges an Überwindung gekostet), und daraus ist einiges entstanden

Es war wie eine wohltuende Dusche, wer sich da alles bei mir gemeldet hat "he, dich hab ich gemocht" oder sogar "ich hab schon länger nach dir gesucht".
Es MUSS nichts daraus entstehen, aber es KANN.
Diese Leute sind dann ja auch nicht wirklich fremd - man hat einige gemeinsame Erinnerungen.



Diese soziale Phobie.... ich mag das Wort Phobie nicht so sehr für mich. Es ist eher wie eine Scheu... sich schützen wollen, sich nicht darauf einlassen können, weil irgendwas (noch) nicht stimmt.
Doch je mehr ich mich auf mich selbst und auf mir nahe Menschen einlassen kann, desto mehr löst sich auch diese Scheu auf.

Doch mein Dilemma bleibt: Unternehmungen alleine? Fade!
Mein Schwerpunkt liegt nicht auf dem Erleben der Sache, sondern auf dem Teilen mit einem mir nahestehenden Menschen.
Meine Konsequenz daraus ist anzuzweifeln: ich mache diese Unternehmungen dann nicht alleine. Doch dieses Thema werde ich in die Hände meiner Therapeutin legen.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Sherlock
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Sherlock »

@Otterchen

Mein Schwerpunkt liegt nicht auf dem Erleben der Sache, sondern auf dem Teilen mit einem mir nahestehenden Menschen.

Und genau das ist es was ich versucht habe in dem an dich gerichteten Schrieb zu ... sagen.
Das ist nichts weiter als eine Perspektive. Wer einem Nahe steht und wer nicht, das hat nicht unbedingt etwas damit zu tun wieviel Zeit wir mit einem Menschen bisher verbracht haben oder wie sehr wir glauben diesen Menschen zu kennen. Der vermeintlich Fremde ist uns manchmal näher als der "alt Bekannte".

Was ich ausdrücken wollte war, dass scheinbar oberflächliche Begegnungen mehr Tiefgang haben können als sie in Bekanntschaften von längerer Dauer herrschen. Dieser Trugschluss entsteht nur dadurch, dass Menschen (These: mit fortschritendem Alter verstärkt) nach Sicherheit streben, auch in sozialen Beziehungen. Man malt sich ein Bild von einem Menschen den man gut kennt, hängt es an eine Wand im Haus des Lebens das wir uns bauen. Doch oft sind diese Bilder unvollständig oder sie verändern sich. Woher sonst kommen die Enttäuschungen (aber auch die angenehmen Unwägbarkeiten) bzw. was anderes ist eine Enttäuschung als ein unerwarteter Pinselstrich in einem unserer Bilder?

Du schreibst, das ganze ist nicht in Balance. Ich glaube, es gibt überhaupt nichts was da in Balance gebracht werden müßte oder könnte. Es gibt kein Fremd und Vertraut. Wir schaffen das Fremd und Vertraut erst. Nur dadurch dass ich sage, "Das ist mir vertraut!" kann ich überhaupt erst etwas anderes als fremd definieren.
Ich will damit nicht in Abrede stellen dass man Vertrautheit wachsen lassen kann, sie vertiefen kann, was man dann wohl letztlich Freundschaft nennen kann bzw. dies zumindest ein Aspekt von Freundschaft darstellt. Ich will damit sagen, dass man immer teilen kann, auch mit dem "Fremden". Und in dem Moment in dem man mit jemandem teilt ist man nicht "fremd"! Genauso umgekehrt. Bin ich mit einem "Vertrauten" zusammen und möchte teilen, es funktioniert allerdings nicht, dann ist man sich fremd!

Teilen wird im Moment geboren und kann nicht langsam aufgebaut werden. Durch das Teilen wird Vertrautheit erschaffen, aber es benötigt keine Vertrautheit um zu teilen. Und in dem Moment in dem man teilt, steht man dem Menschen mit dem man teilt nahe.
otterchen
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von otterchen »

Sherlock,

Du schreibst
es benötigt keine Vertrautheit um zu teilen. Und in dem Moment in dem man teilt, steht man dem Menschen mit dem man teilt nahe.

Das klingt gut.
Aber stimmt das auch?
Kannst Du mit fremden Menschen alles teilen?
Möchtest Du das überhaupt?

Ich kann mit meinen Mitmenschen längst nicht alles teilen.
Ich kann mit A über die Psyche reden, mit B bummeln gehen, mit C wieder was anderes machen.

Bitte entschuldige, aber das, was Du beschreibst, halte ich für utopisch, für einen schönen Wunsch, der aber an der Realität vorbeigeht.
Ich kann mit diesen fremden Menschen gewiss "irgendwas" teilen, aber nicht das, was mir vielleicht gerade wichtig ist.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Sherlock
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von Sherlock »

Mit verlaub, mir kommt es fast so vor als wolltest du mich mißverstehen.

Wer sagt den dass ich ALLES teilen will? Manches behalt ich ganz alleine für mich, ich bin bekennender Egoist!^^

Wenn irgendwo was davon stand dass es um das Teilen von den tiefsten Geheimnissen unserer Seele geht, dann habe ich das wohl überlesen.

Ich dachte es geht um das Teilen im allgemeinen und um das zu tun, muss natürlich der passende Moment da sein. Aber das ist auch so mit Menschen die wir besser kennen. Man kann nicht alles mit jedem zu jeder zeit an jedem Ort teilen. Das habe ich nirgends geschrieben.
Ganz im Gegenteil, ich habe geschrieben "Teilen wird im Moment geboren", ich dachte das drückt das eigentlich schon klar genug aus.

Was ich schreibe ist auch keine Utopie oder ein Wunsch, das ist für mich die knallharte Realität.
Um mich auch dazu nochmal selbst zu zitieren:
Das ist nichts weiter als eine Perspektive
otterchen
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Re: Diagnose soziale Phobie?

Beitrag von otterchen »

Sherlock,
mir geht es nicht ums Teilen...

mir geht es darum, dass ich etwas mit einem vertrauten Menschen erleben möchte.
Nicht mit irgendwelchen Menschen. Und auch nicht alleine.

Es ist - für mein Empfinden - etwas grundlegend anderes, wenn ich mir einen Kinofilm alleine ansehe, oder wenn ich ihn mit jemandem zusammen anschaue (nur mal als Beispiel).

Natürlich sind zig Leute im Kino, natürlich bekomme ich von allen Seiten ah und oh und Lachen und sonstwas mit.
Aber das ist nicht dasselbe, wie wenn man dieses Kinoerlebnis mit jemandem an seiner Seite teilt: man wirft sich bedeutungsvolle Blicke zu, man berührt sich kurz, man stupst sich an... und danach kann man noch gemeinsam über den Film reden, noch tagelang an witzige Begriffe aus dem Film denken usw.
DAS sind die Dinge, die ich an den gemeinsamen Erlebnissen so schätze, bzw. das ist es, was mir fehlt, wenn ich solch eine Unternehmung alleine machen würde.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
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