Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

adorno78
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von adorno78 »

Hallo Lt. Cable,

letzte Woche hatte ich zum ersten mal eine Art nervlichen Zusammenbruch, woraufhin ich dieses Forum fand um mich meinem Problem endlich einmal anzunehmen. Vieles fand ich sehr hilfreich, doch als ich deinen Beitrag hier gelesen habe war ich geschockt!
Schon beim Lesen der ersten Zeilen kam es mir vor als hätte jemand über mich geschrieben, es schien ein kompletter Abriss meines Lebens und meiner Probleme zu sein. Zum ersten mal hatte ich jemanden gefunden der zu sein scheint wie ich! Ich war glücklich und dankbar für diesen Moment.

Oberflächlich zu mir:
Ich selbst bin 32Jahre alt studiere seit 13 Semestern und schaffe mittlerweile keinerlei Ergebnisse mehr. Obwohl ich mich in keinster Weise überfordert fühle melde ich mich nichtmal mehr zu Klausuren an,nehme mir jedes Semester vor nun endlich alles in Angriff zu nehmen und schon nach 3-4 Wochen fallen all meine Pläne Stück für Stück auseinander bis nichts von ihnen übrig bleibt.Was nicht heißt,dass ich diese Pläne nach 3-4Wochen aufgebe.Nein, ich schiebe alles was ich zu tun habe vor mir her,versuche alles zu verdrängen und betäube mich z.B. mit Computerspielen, Fernsehen und Schlafen.Und dabei gibt es keine Grenze wo der Druck einfach zu groß werden könnte und man dann doch "den Arsch hochbekommt",ich schaue hilflos zu wie alles den Bach runtergeht.Oft traurig,oft zynisch,oft gleichmütig,manchmal panisch oder entsetzt.

Die Prokrastination begleitet mich seit ich denken und mich erinnern kann.Immer wieder hat sie mir größte Probleme bereitet.immer wieder habe ich versucht mich selbst an den Haaren aus dem Sumpf zu ziehn.Oft hat das auch unter schwerster(empfundener)Anstrengung funktioniert,doch nach jedem dieser "Kraftakte" falle ich in ein noch größeres Loch und habe auch keine Hoffnung mehr dass es ohne Hilfe jemals besser werden kann.

Ich werde bald auch einen eigenen Thread öffnen und mehr von mir erzählen falls ich mich aufrappeln kann. Während ich dies grade schreibe verspüre ich schon den Drang nach diesem Beirag aufzuhören und mich vor den Fernseher zu setzten oder ein PC Spiel zu starten. Niemals würde ich sofort weiter machen und den besagten eigenen Thread erstellen. Vielleicht auch nie.Und dieses Gefühl begleitet mich bei allen Entscheidungen.Selbst das Anziehnn jeder einzelnen Socke fällt mir mittlerweile schwer und ich muss mich dazu durchringen...
Ich hoffe du liest meinen Beitrag noch(ist ja schon länger kein neuer mehr hinzugekommen) und ich würde mich sehr freuen wenn wir irgendwie zwecks Erfahrungsaustausch miteinander in Kontakt treten könnten. Denn bisher kenne ich keinen Menschen auf dieser Welt der mich auch nur annähernd verstehen würde. Alle halten mich nurnoch für faul und verantwortungslos, dabei bin ich mir jede Sekunde der schlimmen Konsequenzen bewusst und ich habe das Gefühl dieser innere Druck beim Gedanken an meine düstere Zukunft(wenn alles so weitergeht) frisst mich auf.

Gruß Arno
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Arno, das mit dem Kontakt bekommen wir schon hin. Momentan bin ich allerdings nicht in der Form, dass ich konstant hinreichende Kraft für prompte Antworten zusichern könnte.
Bei keinerlei Ergebnissen bin ich noch(!) nicht angekommen, aber weit ist der Weg dahin auch nicht mehr - daher ja auch mein Gefühl des Versackens im Studium. Vor dem ersten großen Zusammenbruch während des Studiums habe ich zwar auch schon Grenzen meiner Belastbarkeit gespürt, aber ich habe dennoch so gute 60% dessen geschafft, was wohl ein "normaler" Student so schafft. An Prüfungen lediglich Klausuren wohlgemerkt. Bis auf einen verhauenen Klausurteil (habe das zugehörige Seminar mittlerweile x-mal besucht und immer noch keine rechte Vorstellung vom Themengebiet) habe ich alles im ersten Versuch geschafft, wenngleich ich zugeben muss, manchmal gekniffen zu haben. Seit dem ersten Zusammenbruch samt Hospitalisierung ist meine Belastbarkeit stetig immer weiter gesunken, Klausuren habe ich - wenn geschrieben - weiterhin bestanden, die einzige angemeldete Hausarbeit durch Nichtabgabe im ersten Versuch verhauen. Seither verschwinden Altlasten wie die nötigen Wiederholungen dieser Hausarbeit und des vorgenannten Klausurteils sowie noch ausstehende Prüfungen, Hausarbeiten etc. vornehmlich im Giftschrank. Sprich: Ich vertage alles auf irgendeinen nicht näher benannten Sanktnimmerleinstag, beschlichen von dem bangen (und sich steigernden) Gefühl, dass ich mich zu all diesen Dingen ohnehin nie mehr anmelden werde. Das ist der aktuelle Status. Wäre ich irgendwo Arbeitnehmer, würde man wohl sagen: Ich habe bereits innerlich gekündigt. Meine Pläne zu Beginn eines Semesters sind auch immer sensationell. Endlich soll sich dann alles bessern, die Probleme will ich Schritt für Schritt in Angriff nehmen, nicht wieder dieselben Fehler machen. Und was passiert dann? Innerhalb weniger Wochen wächst mir die Gesamtsituation über den Kopf, angegangen wird gar nichts und ich mache dieselben Fehler immer und immer wieder. Wo wir gerade bei Fehlern sind: Ich habe es jetzt auch schon wieder mehrere Wochen aufgeschoben, bei den Dozenten um Aufschub für meine aktuellen Hausarbeiten zu betteln. Wie groß ich die Chance einschätzen würde, dass ich mit dem Aufschub noch die Kurve kriege, könnt ihr euch vielleicht selbst ausrechnen. Das ist mehr eine logisch-mechanische Handlung.

Grundsätzlich war heute ein eigenartiger Tag. Mir sind komische Fragen zu Lebenssituation und Studium durch den Kopf gegangen und ich denke, dass ich langsam erste Erkenntnisansätze bezüglich der Motivation meines Studiums und der fachlichen Interessenlage bekomme. Ich hatte heute das Gefühl, fachlich annähernd kein Interesse an dem zu haben, was ich da mache. Das Berufsziel Lehrer (Primarstufe) scheint sich bei mir eher aus dem verzweifelten eigenen Kinderwunsch zu speisen, der ohne Frau und berufliche Perspektive aktuell unerfüllbar scheint. Meine Zivi-Zeit, auf die ich mich hinsichtlich meiner Erfahrungen mit der entsprechenden Altersgruppe immer orientiere, hatte schließlich auch nicht viel mit Arbeit aus der Lehrerperspektive zu tun. Das hatte mehr etwas von Sozialarbeit, aber ich denke gerne daran zurück. War eine schöne Zeit, denn ich war sozial besser eingebunden und im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen - selbst mit den schwierigen Fällen - bekam man immer etwas zurück. Als Lehrer wären meine Aufgaben und Prioritäten allerdings ganz andere. Ich habe z. B. keine Ahnung, ob ich als Mensch stark genug wäre, um andere Menschen zu beurteilen, benoten und sortieren.
Hier mache ich für heute mal Schluss. Bin immer noch verwirrt, da ich zwischenzeitlich auch mal gedacht habe, ich läge mit dem Studium gar nicht so verkehrt. Faktisch allerdings habe ich am kommenden Semester im Grunde keinerlei Interesse. Ich hätte momentan kein Problem damit, den Sommer über nur meinen Freizeitinteressen zu fröhnen, denn bei denen habe ich zumindest das Gefühl, ich sei wirklich jemand mit Kompetenz - und nicht nur scheinkompetent wie in etlichen Bereichen des Blendwerks Studium. Wahrscheinlich fühlen sie sich deshalb aktuell so gut an.

Es grüßt
lt.cable
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flocke
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von flocke »

Mhm, hallo lt.Cable

Also irgendwie klingt dein letzter Absatz gut, da bewegt sich was. Allerdings macht das Angst, stellt es doch dein ganzes Studium zumindest teilweise in Frage. Dennoch, bleib da ruhig dran, an den sich langsam aus dem Nebel abzeichnenden Wünschen.

Wünsche können Perspektiven werden.... Vielleicht findest du durch deine Gedankenspiele auch doch zu deinem zuerst gewählten Berufswunsch...

Es bewegt sich was bei dir, keine Angst, das ist gut so.


Liebe Grüße,
Flocke
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Ich bin zwischenzeitlich mal bei einer der Uni-Psychologinnen gewesen. Abgesehen von ihrem guten Vorschlag, doch zur Gruppe der Meisterprokrastinatoren zu stoßen, die die psychologische Beratung veranstaltet, hatte ich allerdings wieder eher den Eindruck, dass sich nicht viel ergeben hat. Wir haben erst mal einen Termin ausgemacht und vereinbart, dass weitere während des Semesters folgend werden. Mein Ziel dieses Semester ist gar kein fachliches: Ich will diesen Sommer endlich mal klarer bekommen, was ich nun eigentlich machen will. Damit wäre ja schon viel erreicht.
Ansonsten sind die Tage aktuell eine einzige Gammelei. Das Interesse am neuen Semester bleibt - gelinde gesagt - mau, ähnlich verhält es sich auch mit dem Antrieb, der schon mal besser war. Aktuell bewege ich meinen Hintern kaum noch aus der Hütte, selbst das schöne Wetter motiviert mich kaum. Bin ich dann mal draußen unterwegs, muss ich mich schon darüber wundern, dass ich bei anstrengenden Passagen auch schon mal Gefallen daran finden könnte, kindlich-trotzig stehen zu bleiben, weil ich auf die Anstrengung gerade gar keine Lust habe. Ein infantiles Trauerspiel ist das mit diesem Antrieb! Vielleicht muss ich da mit meiner Fachärztin auch mal über die Medikation sprechen, denn von der Einnahme eines ADs, das den Antrieb steigern soll, würde ich mir dann doch mehr erwarten. Gibt es da bei euch Erfahrungswerte? Sollte man da auch mit gutem Gewissen mehr erwarten?

Es grüßt
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von flocke »

Mhm, vielleicht entpuppt sich die Psychologin doch noch als hilfreich, bisher wars wohl eher mau...

Aber was ganz anderes, gerade läuft auf Kabel eins, "Die lustige Welt der Tiere". Den kann ich nur empfehlen...habe ich als Kind schon immer jedes Jahr gesehen.

Im übrigen mag ich Disneyfilme, gerade auch die im Musicalstil

Ach ja, bei deiner Idee, einfach mal trotzig stehenzubleiben - warum nicht?

Ich habe bei Antriebssteigernden Medis eher ein Gefühl von Rastlosigkeit. Es fühlte sich (für mich) also eher künstlich an...

Flocke
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von flocke »

Na, wie siehts aus? Was macht die Zukunftsfront?

War es nicht so, dass du dich in deinen Hobbys wohlfühlst und du da einigermaßen motiviert bist?

Könnte das vielleicht helfen das Studium durchzuhalten und weiterzumachen? Danach kannst du immernoch was anderes machen Oder aber dir kommt die Eingebung was du machen willst und kannst.

Flocke
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo Flocke!

Wenn es um Entwicklung geht, kann der aktuelle Zustand nur als mau bezeichnet werden. Ich hänge einen guten Teil des Tages vor irgendwelchen Bildschirmen (Computer, Filme, Videospiele) ab und mache mir zwischendurch Gedanken über Wünsche, die ich mir ohnehin nicht leisten kann. So viele Wünsche, so wenig Geld! Langsam habe ich auch schon ein paar Kilos zugelegt, bei der Rumhängerei samt ordentlicher Kalorienzufuhr (Heißhungerattacken, v. a. auf Süßigkeiten) allerdings kein Wunder. Einen Stundenplan für die Uni habe ich bis heute nicht gebaut, wird wohl wieder auf den allerletzten Drücker passieren. War schon peinlich, als ich der Uni-Psychologin die Fragen nach meinem jetzigen Fachsemester sowie dem Beginn der Vorlesungszeit nicht beantworten konnte, was aber sehr gut mein momentanes Verhältnis zum Studium illustriert. So groß wie jetzt war die gefühlte Entfernung zum Uni-Betrieb bisher nicht mal in den schlechtesten Momenten. Klar, ich werde ab der nächsten Woche wieder einen Stundenplan haben und Seminare und Vorlesungen besuchen, doch eigentlich ist mir das alles scheißegal. Immerhin führt das nicht mehr zu Schuldgefühlen oder körperlichen Reaktionen, das ist doch schon mal was. Meine Zukunft scheint mir unklarer denn je, aber ich bin absolut fähig, die positiven Dinge meiner Tage hier zu genießen, die mir gut tun. Von guter Musik über einen guten Film bis zur Tasse Kaffee ist da alles dabei. Der einzige Part, den ich konsequent ausblende, ist der Bereich Ausbildung / Beruf. Das nenne ich dann äußerst infantil, was mir bewusst ist.

Es grüßt
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von flocke »

Dein letztes Post kann ich vollkommen unterschreiben

Aber, immerhin sind da Pläne. Unbezahlbar müssen sie ja nicht bleiben und du kannst dich distanzieren, hast keine körperlichen Symptome mehr. Immerhin.

Flocke
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lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo Flocke!

Sämtliche Pläne, die es da geben mag, haben allerdings keinerlei lebenswichtige Dimensionen. Es geht bei meinen Strukturelementen momentan eben hauptsächlich um Krempel, der dem Bereich der Luxusartikel zuzurechnen ist. Dinge also, die durchaus nett sein können, welche man aber eigentlich gar nicht braucht. So ist es in meiner aktuellen Lage völlig unerheblich, ob ich mir demnächst mal einen Blu-ray-Player oder ein Netbook anschaffen kann. Mit (DVD-)Filmen bin ich noch gut versorgt (und DVDs sind ja oftmals auch spottbillig zu bekommen) und ein normales Notebook habe ich schon. Dennoch glaube ich, dass auch solcherlei Konsumbedürfnisse völlig normal und legitim sind. Andere Menschen in meinem Alter sind halt im Job und können - wenn in guter beruflicher Position - schon mal den einen oder anderen Euro für nettes Spielzeug raushauen, während ich mir um jeden Euro einen Kopf machen muss. Wobei: Konsum ist wahrscheinlich eher kein gutes Stichwort. Ehrlich betrachtet ist das etwas, womit ich mich beizeiten - wenn auch im kleinen Rahmen - zu betäuben versuche und verstehe. Immerhin immer auf solider finanzieller Basis, bin noch niemandem etwas schuldig geblieben. Allenfalls vielleicht mir selbst, aber die Schulden sind wohl kaum in Geld zu bemessen.
Mich irritiert momentan, dass ich eine bemerkenswerte innere Ruhe gefunden zu haben scheine, während sich das Leben, die Richtung, in die ich unterwegs bin, einfach nur falsch anfühlt. Die Beziehung zur engsten Familie ist schon lange über ihre Blütezeit hinaus, ich müsste hier eigentlich unbändig raus wollen, hinein in mein eigenes Leben streben. Doch da ist nicht viel, ich fühle mich einfach nicht so, als stehe mein physisches Alter mit meinem emotional-psychischen Alter auch nur in annähernd vertretbarer Relation. Kein Wunder, der physische Alterungsprozess läuft ja auch von allein, während ich den anderen durch konsequente Risikovermeidung Stück für Stück ausgebremst habe. Eigentlich ist es ja auch schon wieder eine Kunst, derart abgefuckt zu sein, dass man das hier schreiben kann und dabei nichts außer einem leichten Gefühl der Leere verspürt.

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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hallo Cable

Vielleicht ist "konsequente Risikovermeidung" (eine geniale Formulierung) wirklich ein Lebenskonzept.

Wenn ich mich Gefahren stelle, dann virtuell im Videospiel, wenn ich über mein Sein reflektiere, dann virtuell im Internet, ohne Verpflichtung - ich merke zwar, das sich das irgendwie falsch anfühlt, aber ich hab auch kein Alternativkonzept.

Die Alternative hiese - LEBEN - scheitern, Misserfolge und Erfolge haben, mich als MENSCH erleben, Höhen und Tiefen haben, mich engagieren, d.h. Sachen zu meinen Machen und mich dadurch (mit) zu definieren (die Sinn-Diskussion), obwohl ich weis (!!!) das ich nicht die Antwort auf alle meine Fragen erhalten werde. Sinn wird nicht gefunden, sondern wird gegründet (in dem ich eine Beziehung zwischen dem, was ich tue, und mir selbst herstelle). Die Zeiten, in denen Sinn durch andere vorgegeben wurde, sind in der Moderne vorbei!

Das Leben ist wie ein unbehandelter Holzblock - ich kann eine Figur daraus formen, indem ich mit meinen (recht spärlichen Mitteln) den Block bearbeite und ein Original forme (das nicht perfekt ist - absolut nicht) oder ich kann meine Lebenszeit mit dem betrachten des Blocks vergeuden und mir immer wieder sagen, dass das sowieso nix wird und warum das gar nicht gehen kann.

Das was ich hier schreibe, mag provozierend klingen - aber ich hab Dich hier als hochintelligenten, reflexiven Menschen kennengelernt und wünsch Dir einfach von Herzen, das Du das "Abenteuer Leben" für Dich annimmst und nicht mit der 0-Risiko-Einstellung, sondern mit einer anderen, vielleicht oberflächlicheren (Hyperreflexion?) aber gesünderen.

Ben
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo Ben!

Dein Beitrag ist mir nicht zu provokant. Ich finde es immer gut, wenn Leute mir klipp und klar Dinge schreiben, die angesichts meines bisherigen Lebensstils, der mich ja offenkundig nicht erfüllt, als große Herausforderung mit Aufforderungscharakter zu verstehen sind. Ich habe insgeheim schon seit Jahren Lust auf mehr Risiko in meinem Leben - mit allen seinen möglichen Konsequenzen. Ich würde gerne mal irgendwo kolossal scheitern, den Holzblock völlig versauen, damit ich gezwungen bin, mir einen frischen zu nehmen, der dann vielleicht ein wirklich tolles Ergebnis bringt. Momentan habe ich eben den Eindruck, als wenn ich an einem Stück, das mir nicht gefällt, immer noch weiter herumschnitze. Ich habe auch schon mal darüber nachgedacht, eine weniger wichtige Klausur an der Uni einfach in allen drei Versuchen bewusst nicht zu bestehen, um mich so studientechnisch aus der Affäre ziehen zu können. Mein Hausarzt hat bei dem Bericht über diesen Plan bis an beide Ohren gegrinst, so was wäre mir lange Jahre ja niemals in den Sinn gekommen.
Kurzum: Ich denke du liegst richtig damit, dass ich das Risiko einfach steigern muss. Das ist es ja eigentlich auch, was ich mit der Uni-Psychologin als Ziel für dieses Semester vereinbart habe. Ich möchte entweder eine klare Entscheidung für oder gegen das Studium. Ich bin mal gespannt, wo ich dann gegen Ende des Jahres stehen werde. Jetzt sollte ich allerdings noch schnell einen Stundenplan stricken, wenngleich ich überhaupt keine Lust dazu habe.

Es grüßt
lt.cable
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ben1
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hallo Cable

dann auf gehts! No risk, no life

Muss noch was ergänzen - den Ersatzholzblock gibts so nicht - Du kannst aber aus dem Block, den Du derzeit bearbeitest, noch was (kleineres?) schöneres herausarbeiten. Die Figuren, die wir aus unserem Block "Leben" herausarbeiten, können immer kleiner und filligraner werden - das Schnitzen hört aber nie auf (Gott sei Dank) - weil es eben LEBEN ist und dadurch dem Wandel unterworfen (und das mein ich sehr positiv!)

Ben
adorno78
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von adorno78 »

Hallo Lt.Cable,

du hattest dich entschuldigt erst so spät geantwortet zu haben. Damit möchte ich diese Entschuldigung nun zurückgeben

Aber eigentlich bin ich schon stolz es überhaupt geschafft zu haben. Den ersten Post zu schreiben war verhältnismäßig einfach, da keine Bedingung dahinter stand. Aber nun hieß es zu antworten. Allein diese Tatsache lässt einen derart enormen irrationalen,inneren Druck in mir erwachsen,dass ich auch dies beginne bis ins Unendliche herauszuschieben.
Mittlerweile geht es mir schlecht wie nie. Ich war bei 2 Therapeuten. Einer hat mir eine teilstationäre Therapie empfohlen die am 20.5 beginnen würde. Dabei stellte er so gut wie keine sinnvolle Frage und warnte mich auch noch vor der Therapie mit den Worten:"Das ist aber auch anstrengend!"
Der 2. sagte mit klipp und klar,dass ich eine chronische Depression habe, die er nie und nimmer behandeln könne und riet mir, mich stationär behandeln zu lassen und mir vorher Medis zu besorgen, um wieder etwas auf die Beine zu kommen. Aber es gelingt mir nicht einmal zu einem Arzt zu kommen. Nach 3 Telefonaten bin ich psychisch so am Ende,dass ich das Telefon wegwerfe und nurnoch schlafen will.Dazu hat natürlich niemand von denen einen Termin frei...Und ich lache mich selbst dabei aus eine deratige Angst vor einem Telefongespräch zu haben...Insgesamt begegne ich mir selbst eigentlich nurnoch mit Lächerlichkeit und Zynismus.Ich nehme mir zb etwas vor, und beobachte mich dann grinsend wie ich es nicht tue. Und dabei begleitet mich ein tiefe Traurigkeit und Verzweiflung die alle paar Tage durch die totale Verdrängung bricht und dann laufen mir die Tränen die Wange herunter, ich wische ich sie gleich weg und den Rest des Tages bin ich durchaus nicht schlecht drauf. Die Verdrängungsmaschine läuft seit langem absolut perfekt.Druck baut sich in mir vor den kleinsten Tätigkeiten auf,so muss ich zb beim Kochen 5Minuten mit mir kämpfen,ob ich noch einen weiteren Löffel benutzen soll oder nicht,schließlich muss ich ihn später auch abspülen. Mein Handeln hat sich vollständig auf die Prokrastination eingestellt. Solche Konsumwünsche wie du Lt.Cable habe ich längst nicht mehr.Alles was ich versuche ist möglichst wenig Geld auszugeben damit es möglichst lange reichen mag und ich mir so lange wies geht keinen Job suchen muss.Denn selbst wenn der Job noch so leicht und angenehm ist trage ich mich schon nach wenigen Tagen mit den schlimmsten Gedanken herum, will nurnoch das Licht ausknipsen.

Aber erstmal genug davon,eigentlich wollte ich nur ein paar Fragen an alle stellen die diesen Beitrag hier lesen:
Gibt es überhaupt Medikamente die gegen solche Antriebslosigkeit helfen?
Hat jemand Erfahrungen mit Therapien mit ähnlicher Indikation und wenn ja welche?
Was sagt ihr zu den Aussagen der 2 Therapeuten.Bin ich wiklich in Einzeltherapie nicht behandelbar(Prokratination tritt bei mir schon mind.20 jahre auf und ich bin 32jahre alt)?
Lt.Cable was hast du denn schon alles in behandlungtechnischer Sicht versucht und was hat geholfen/was nicht?
Gibt es bei dir Tage/Wochen/Monate wo du keinerlei Probleme hast und die Krankheit bzw. Störung keinen/kaum Einfluss auf dein Leben hat?
Ich habe einfach Zweifel, ob mir überhaupt noch zu helfen ist, denn trotz drohender Apokalypse(Studium exmatrikuliert weil nicht mehr angemeldet,keine Freunde mehr weil ich mich nie zurück melde,kein Geld mehr etc.)bin ich nicht in der Lage irgend etwas zu tun.Und dazu ertrage ich das Ganze auch noch mit stoischer Ruhe wie ein Häftling der unmittelbar vor der Todesstrafe steht und sich endgültig aufgegeben hat.

Liebe Grüße und sorry dass ihr soviel lesen müsst

Arno
kormoran
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von kormoran »

hallo lt. cable, arno, ben, flocke und alle!

einerseits wird hier bereits viel kluges auf den punkt gebracht, und ich habe nichts neues beizutragen. andererseits ist das thema des totalen stillstands so irritierend (wohl weil im kern nicht unbekannt) für mich, dass ich mich doch wieder einklinke.

lt. cable, als ich deinen beitrag von 10/04/2010 20:52, zumal den letzten absatz, gelesen habe, hat sich bei mir exakt der eindruck eingestellt, den du dann auch formulierst: Eigentlich ist es ja auch schon wieder eine Kunst, derart abgefuckt zu sein, dass man das hier schreiben kann und dabei nichts außer einem leichten Gefühl der Leere verspürt. ohne dir damit freilich das geringste stück weiterzuhelfen halte ich einfach mit erschrecken und erstaunen fest, mit welchem einsatz von intellekt und energie und mit welcher konsequenz ein mensch daran geht, die totale blockade zu erhalten. und noch einmal: ich kenne den mechanismus. ich erinnere mich, mir selbst "kopfschüttelnd" dabei zugesehen zu haben.

das bringt uns jetzt freilich nicht weiter, sorry.
daher noch ein paar worte zu blockaden, wobei ich doch auch meine, dass es zwischen konkreter handlungsblockade und der allumfassenden lebensverweigerung noch einige unterschiede gibt.
ich habe mich in blockaden, wenn ich versucht habe, mich dazu zu bringen, zu tun, was im kopf als notwendig erkannt war, erlebt wie ein kleines kind, das trotzig aufstampft (und ich habe das nahezu idente bild mit einem anderen foristen geteilt, mit dem ich über blockaden gesprochen habe ). ich habe irgendwann erkannt, dass es völlig für die fisch' ist, mit mir selbst (quasi dem inneren kind) zu diskutieren, das jetzt doch bitte einfach zu tun. das einzige, was mittelfristig bewegung gebracht hat, war die einsicht, dass das "kleine kind" recht hatte damit, zu einem bestimmten zeitpunkt das artige funktionieren zu verweigern. erst der liebevolle blick dahin und die auseinandersetzung damit, dass ich diesen mechanismus jetzt nicht mehr benötige und ich außerdem alles, wofür ich mich entscheide, für mich! selbst tue und nicht für irgendwen oder irgendwessen anerkennung, ließ mich wieder handeln. weiter mich zum handeln zu zwingen und die blockade zu durchbrechen hätte bedeutet, mir weiterhin gewalt anzutun, im inneren sozusagen weiterhin für jemand anderen zu leben, gegen mich selbst.

bist du denn den tieferen hintergründen deiner verweigerung therapeutisch schon irgendwie auf der spur?
eine frage zum beispiel: wem gehört der holzblock? hat ihn dir jemand gegeben? steht jemand hinter dir, der sagt: lass mich mal machen, du kannst das nicht; was soll denn das wieder werden?

arno,
puh ... hattest du bisher noch nie therapie oder medikamente? ist das das erste mal, dass es dir so schlecht geht, dass du hilfe gesucht hast? mich verwundert die aussage des einen therapeuten, der von einer chronischen depression spricht, die ambulant nicht behandelbar wäre - allerdings habe ich nur die information aus deinen ersten beiden postings.
grundsätzlich: ja, antriebssteigernde medikamente können es schon erleichtern, wieder ins handeln zu kommen und dann auch therapeutisch "handlungsfähig" zu werden.
welcher weg für dich geeignet ist, ist schwer zu sagen, aber sicher ist, dass es möglich ist (mit geduld und offenheit - na klar), wieder in innnere und äußere bewegung und raus aus dem drückenden zynismus zu kommen.

danke noch an ben für diesen hinweis: Sinn wird nicht gefunden, sondern wird gegründet (in dem ich eine Beziehung zwischen dem, was ich tue, und mir selbst herstelle).

liebe grüße
kormoranin
 http://www.depressionsliga.de
*** zurück ins leben!
adorno78
Beiträge: 38
Registriert: 22. Mär 2010, 12:07

Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von adorno78 »

Hallo Kormoranin,Lt.Cable und alle anderen,

erst einmal Danke für dein Interesse!

Du fragtest nach einer therapeutischen Anamnese und ich muss sagen,dass ich nie einen Arzt oder Therapeuten aufgesucht habe,
obwohl mit seit Jahren klar war,dass es eigentlich dringend nötig ist.Einerseits gut,andererseits fatal war es für mich allerdings,dass ich immer in der Lage meine Aufgaben in aller kürzester Zeit zumindest zufriedenstellen zu erledigen,was den Teufelskreis nur immer mehr ausgeweitet hat.
Aber doch wusste seit meiner Jugendzeit,dass ich vielleicht niemals richtig Arbeitsfähig sein würde.
Aber ich habe die Problematik einfach vor mir her geschoben wie alles andere auch, obwohl ich ihr immer mit größt möglicher Rationalität und(vielleicht zu)schonungsloser Selbstehrlichkeit gegenüber gestanden habe. Lange Zeit habe ich die Störungen damit begründet nie etwas gefunden zu haben was mir wirklich Spaß gemacht hat,alles war von früher Kindheit an ein einziger Zwang: (Kindergarten,Instrument lernen,Hausaufgaben die ich konsequent nie gemacht habe und unter größtem Druck und Angst jeden Tag auf meine Bestrafungen durch die Lehrer wartete und doch trotz täglichem Vornehmen
dies nie ändern konnte(Schule), meine Lehre,nun Studium und Jobs um dieses zu finanzieren).
Alles war immer eine riesige Last: morgens aufzuwachen,den Schauer zu spüren der einem gerade den Rücken herunter läuft, immer aufs neue realisierend,dass die ganze Scheiße wieder von vorne losgeht ohne baldige Aussicht auf Besserung.
Doch habe ich mich auch nach langen Phasen der Resignation(Verwahrlosung/Vereinsamung) immer wieder alleine hochgekämpft, mit dem Gedanken dass ich irgendwann all die Mühlsteine auf meiner Seele hinter mir lassen kann und mein Beruf mir dann Spass machen wird und alles fast wie von alleine gehen wird.
Diese Hoffnung habe ich irgendwann fast unbemerkt vor einigen Wochen wohl aufgegeben, habe keine Klausur mehr geschrieben und bin mittlerweile zum 4.oder 5. mal exmatrikuliert weil ich es nicht mehr geschafft habe meine Studiengebühren zu zahlen(nicht aus Geldmangel)und werde dieses Semester auch aussetzen müssen unter den Voraussetzungen.
Einen Job habe ich mir auch seit 4Monaten nicht mehr gesucht weil ich wohl eine Art soziale Phobie entwickelt habe,die mich schon in Panik versetzt wenn ich nur den Telefonhörer anschaue.Annehmen tue ich Telefonate auch nicht mehr.
Alles ging so schleichend über die Jahre hinweg, und je größer der Berg war den ich überwunden habe,desto größer war der Abgrund in den ich danach gestürzt bin.
Deshalb habe ich auch keine Hoffnung mehr, das mir das ewige "du musst einfach deinen inneren Schweinehund überwinden" noch weiterhilft.Und Kraft habe ich dazu auch keine mehr.Das Vieh hat mich längst mit Haut und Haaren aufgefressen.

Was den Therapeut betrifft,so meinte er meine Depression sei seit langem chronisch und er sieht sich nicht in der Lage mir zu helfen und glaubt auch nicht,dass dies ein anderer Therapeut in Einzeltherapie bewerkstelligen könne.
Ich solle mir Medikamente besorgen und mich stationär in Behandlung begeben(Gruppentherapie).
Nun sitze ich hier und und versuche alle 3Tage fast ziellos irgendwelche Weichen zu stellen, was mir kaum gelingt da die ersten 3 Ärtze die ich anrufe keine Zeit haben und ich dann resigniert und kraftlos bereits aufgebe.
Das fatale an meiner Störung/Krankheit scheint mir,dass die offenen Symptome auf den ersten Blick einfach nicht schlimm genug(bzw gar nicht sichtbar) erscheinen, dass Menschen wirklich glauben ich bräuchte Hilfe.
Ich muss nun mal nicht ständig weinen,habe keine Nervenzusammenbrüche.Ich ertrage einfach alles mit(scheinbarer)Gleichgültigkeit,wie Lt.Cable schon sagt emotional abgestumpft.Und so spreche ich mit den Ärzten am Telefon auch völlig normal.
Manchmal denke ich,ich sollte es einfach spielen völlig aufgelöst zu sein und mich umbringen zu wollen. Vielleicht hilft dann jemand.
Noch schlimmer macht es das Ganze,dass mein Kopf es quasi als Rechtfertigung sieht sich völlig hängen lassen zu dürfen,jetzt wo ich die Bestätigung habe krank zu sein.
Als ob es mir nun erlaubt sei einfach im Bett liegen zu bleiben,mich gehen zu lassen.Diese Tatsache hat auch noch das schlechte Gewissen in mir gekillt.Und ich weiß,dass es falsch ist.Aber dagegen tun kann ich nichts.

Im Allgemeinen ist es mein größter Kampf,dass meine Gedanken fast nie mit meinen Emotionen übereistimmen.
Ich lese so oft hier von den Gedanken die Menschen mit sich herunschleppen wenn es ihnen schlecht geht.Sie ziehen sich selbst herunter,finden sich wertlos sind unglücklich mit sich selbst,beziehen es auf andere oder finden alles sinnlos.
Bei mir ist das anders,selbst im größter Panik/Angst/Deprimiertheit habe ich fast immer die klarsten Gedanken,versuche zu relativieren und den Dingen in die Augen zu sehen.Aber in Handeln werden diese Gedanken nie umgesetzt-es siegt das Gefühl.Daher auch die -zeitweise- zynische Herangehensweise.

Mittlerweile vermeide ich zB bereits auf Uhren zu schauen,weil mir das schlechte Gewissen beim Anblick selbiger den Hals zuschnürt und ich das panische Gefühl empfinde die Zeit rennt mir davon und ich kann sie nicht mehr einholen.
Auch verfolgen mich Alpträume in denen ich es nicht schaffe wegzulaufen,die Kraft verliere,oder Menschen mich mit Messern verfolgen und ich mich ständig verstecken muss.

An diesem Punkt möchte ich mich schonmal entschuldigen,dass es wieder so viel geworden ist,aber irgendwie hatte ich das Bedürfnis dies mal loszuwerden,da ich noch nie offen mit jemandem darüber reden konnte,weil alle nur versuchen das Problem zu bagatellisieren und alles was sie im Kopf behalten ist,
dass ich doch nur eine faule Sau bin die jetzt auch noch versucht die Faulheit zu institutionalisieren. Hoffentlich lesen es trotzdem ein paar "Unabschreckbare"

Liebe Grüße

Arno
ben1
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hallo Arno

man, was muss das über Jahre Energie gekostet haben, so zu leben! Ich denke (aber Du weist das ja auch), das Du da alleine nur schwer rauskommen wirst. Hast Du schon mal den Sozialpsychiatrischen Dienst bei Euch aufgesucht? Das würde mir als Anlaufstation noch einfallen. Auch die Idee, die Situation erst mal durch Gabe von Medikamenten so weit zu entzerren, das Arbeit an und mit Dir überhaupt möglich ist, halte ich für sinnvoll!

Dir alles Gute! Hol Dir Hilfe!

Ben
adorno78
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von adorno78 »

Hallo Ben,

nein das habe ich nicht versucht, welche Aufgaben erfüllt denn ein solcher Dienst,wie können sie mir weiterhelfen?
(Fühle mich jetzt schon sehr unwohl da gleich anrufen zu müssen,so ein sch...)
adorno78
Beiträge: 38
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von adorno78 »

Hallo Lt.Cable,

ich möchte als "ähnlich Betroffener" kurz Stellung zu deinem letzten Posting beziehen.Dazu zitiere ich dich kurz:"Ich würde gerne mal irgendwo kolossal scheitern, den Holzblock völlig versauen, damit ich gezwungen bin, mir einen frischen zu nehmen, der dann vielleicht ein wirklich tolles Ergebnis bringt."
Dieser Satz hat mich besonders beeindruckt und ich möchte dich auch nicht entmutigen, aber dennoch sehe ich diese Herangehensweise an die Problematik schwerer Prokrastination als höchst gefährlich an,denn meiner Meinung nach zielt sie nur auf(mögliche)Symptome -hier der nicht empfundene Spass/fehlende Identifikation-und nicht die eigentliche Basis des Problems ab.
Aus eigener Erfahrung möchte ich dich warnen dies als den Grund allen Übels zu betrachten,denn höchstwahrscheinlich liegen Ursache und Wirkung genau andersherum gelagert,zumindest ist die Gefahr sehr groß dass es die Prokrastination ist,die jedwede Motivation nach und nach killt.
Hast du erst einmal den Kontakt,den Anschluss verloren bzw geht er nach und nach verloren schwindet auch immer mehr die Identfikation mit der Aufgabe(hier zB Studium)und man empfindet es immer mehr als Last das Verpasste aufholen zu müssen. Möglicherweise ist dein Studium tatsächlich nichts für dich,aber ich möchte dir sagen,dass ich das Gleiche empfinde wie du, aber wohl anders als du bin ich mit großen Erwartungen in mein Studium gestartet und bin objektiv gesehen auch nicht enttäuscht worden(es gibt immer Teilaufgaben die einem nicht gefallen).Aber schon aus meinem ewigen Kampf mit mir selbst war mein Interesse an Menschen,ihrem Handeln und ihrer Psyche groß und ich betrachte das Studium immernoch als meine Berufung.Umso mehr schmerzt es, das nun alles den Bach runtergeht,obwohl mir auch nie etwas schwergefallen ist.

Die Kernaussage soll aber sein,dass nicht die belastenden Aufgaben denen du dich im Leben zu stellen hast das dringlichste Problem darstellen.Ist die Störung der Prokrastination erst einmal in dir gewachsen scheinen mir wichtige Entscheidungen erst dann möglich wenn man das Problem an den Wurzeln fasst.

Die Prokrastination erscheint mir als eine Art Heuristik, die eine möglichst einfache,risiko minimierende und kraftsparende Lösung von Problemen und Aufgaben JEGLICHER Art sucht.

D.h. dass sie (vorausgesetzt du bist bereits schwer erkrankt)selbst EInfluss auf deine Aktivitäten nimmt,welche dir Spass bereiten.Natürlich ist die Abwehrreaktion deines Körpers umso schlimmer,je schwerer oder lästiger du Aufgaben empfindest.Aber dies kann nach meiner Erfahrung bei angenehmen Aufgaben nur temporär über das eigentliche Problem hinweg täuschen(wie eine Art"Sleeping Effekt").

Würdest du zB ein Studium im Bereich deiner Leidenschaft-der Musik- finden, wäre das höchstwahrscheinlich keineswegs sicher die Lösung für all deine Probleme und auch kaum als eine Art Therapie tauglich, sollte das Ausschieben immer noch ein großer Bestandteil deines Lebens sein.Vielmehr besteht die Gefahr das du nach und nach auch hier mit aufkommender Routine oder eben den verschiedenen -überall vorhandenen- unangenehmen Aufgaben,oder einfach dem Zwang in einem bestimmten Zeitraum bestimmte Leistungen erbringen zu MÜSSEN,weil sie von dir erwartet werden,wieder in den Strudel des Aufschiebens zurück fällst und obwohl es es sich um deine große Leidenschaft handelt den Spass die Lust und letztendlich auch das Interesse an deinem Beruf verlierst (dies mag nicht für das völlig ungezwungene private Interesse gelten).

Wichtig:Ich schreibe dies aus reiner Selbstbeobachtung und ohne jegliches Hintergundwissen,es ist also durchaus möglich dass ich ein absoluter Einzelfall bin und meine Folgerungen völlig falsch sind!

Für mich scheinen die Beobachtungen aber sehr schlüssig und ich bin wild entschlossen(relativ zur Kraft gesehen die ich im Moment spüre müsste man eher von einer wild gewordenen Schnecke sprechen ) dieser scheinbar sehr speziellen depressiven Symptomatik auf die Spur zu kommen und wollte dir einen Denkansatz geben den du mit Sicherheit selbst schon oft hattest und vielleicht auch ähnlicher Meinung bist.
Denn ich empfinde dich in deinen Postings auch immer als sehr rational und reflektiert, so dass ich den von dir zitierten Satz eher als kleinen emotionalen Hilfeschrei betrachte, weil du vielleicht genauso wie ich noch keine Lösung gefunden hast.
Schlimm ist ja nicht nur der ständige, aussichtslos erscheinende Kampf mit sich selbst als würde man gerade mit einem Flugzeug abstürzen und mit geschlossenen Augen auf den Aufprall warten,nein es sind auch all die Menschen um einen herum die glauben die zu verstehen und zB sagen:"Hey das Problem hatte ich auch schon oft,auf die und die Klausur hatte ich ja gar keinen Bock drauf und habs tagelang vor mir her geschoben.Musst dir dann einfach nen Tritt geben dann klappt das schon"
In diesen Momenten fühlt man sich einfach nur hilflos,frustriert und resigniert und "funktioniert" einfach so weiter-auf niedrigstem Level.

Leider habe ich bisher nicht den geringsten Ansatz um aus der Gedankenspirale des Aufschiebens herauszukommen,aber ich glaube fest daran dass es gelingen kann.Ich selbst brauche gar keine andere Prioritäten mehr die ich vor etwas "Unangenehmes" schieben muss.
Ich tu einfach so oder so nichts mehr außer der üblichen Routine(so spät aufstehen wie es geht,Pc und Ferseher abwechselnd,essen und hoffen irgendwann wieder einschlafen zu können).

Leider weiß ich nicht wie das bei dir ist Cable, vielleicht bin ich hier auch völlig übers Ziel hinaus geschossen(aber ich muss die Kraft nutzen die ich gerade fühle,seit Wochen gings mir nicht so gut wie in die letzten paar Stunden ),wie lange leidest du schon unter der Aufschieberitis,hast du eine Ahnung wann und durch welche Ereignisse es entstanden sein könnte?
Ich denke bei dir ist noch nicht so weit gediegen wie bei mir, also nimm mich als warnendes Beispiel wie es kommen kann.Vielleicht gibt das Kraft irgendwann näher hinter die Gründe der Problematik zu kommen und wie sie zu bekämpfen sind.Denn ich glaube nicht, dass Medikamente und ein paar Gespräche für eine dauerhafte Heilung sorgen können.

Liebe Grüße

Arno
MadMax
Beiträge: 383
Registriert: 1. Jun 2003, 14:05

Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von MadMax »

Hallo ihr alle hier!

Ich hab in diesem Thread bisher nicht geschrieben, so wie ich sowieso wenig schreibend hier tätig bin (vielleicht weil ich quasi meinem inneren kleinen Kind nachgebe, das sich gegen das Schreiben wehrt. Das aber nur am Rand ).

Auf jeden Fall verfolge ich zum grössten Teil das hier Geschriebene und erkenne mich in einigen Punkten recht gut wieder.

Was ich aber insbesondere kurz aufgreifen will, ist diese Sache aus Arno's vorletztem Posting:

>Noch schlimmer macht es das Ganze,dass mein Kopf es quasi als Rechtfertigung sieht sich völlig hängen lassen zu dürfen,jetzt wo ich die Bestätigung habe krank zu sein.<

Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Diskussion vor Jahren als ich neu hier war. Der damalige Thread lief unter dem Titel "Will ich eigentlich wirklich, dass es mir besser geht...?" und setzte sich genau mit dieser sehr bequemen Rechtfertigung auseinander.
Auch heute noch bzw. wieder ist das ein grosses Thema für mich. Ist es doch in der Tat sehr einfach zu sagen "Ich bin erwiesenermaßen krank, also entschuldigt das eigentlich alles". Okay, das ist vielleicht etwas provozierend ausgedrückt, aber ich will niemanden damit angreifen. Also bitte nicht falsch verstehen, Arno! Mir geht es ja ähnlich. Nur wie schaffe ich es, mich aufzuraffen aus dieser "bequemen" Lage? Das erfordert sooo viel Energie.

Hm, so, hab ich jetzt eigentlich das geschrieben was ich sagen wollte? Keine Ahnung, ich wollte das nur loswerden. Lag mir auf der Seele.

Viele Grüße!
MadMax
adorno78
Beiträge: 38
Registriert: 22. Mär 2010, 12:07

Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von adorno78 »

Hallo MadMax,

danke für deinen Beitrag!

natürlich verstehe ich dich nicht falsch, denn die Fragen die du aufwirfst stelle ich mir ja jeden Tag selbst:

Ich zitiere:
"Nur wie schaffe ich es, mich aufzuraffen aus dieser "bequemen" Lage? Das erfordert sooo viel Energie."

Ich denke mit dem von mir empfunden Aufwand schaffe ich es nie und mein Ziel ist es nicht mehr mich "aufzuraffen".Das habe ich(vorerst)endgültig aufgegeben.Dies liegt an der jahrelangen Erfahrung sich immer wieder aufgerafft zu haben und immer wurde es danach nur schlimmer bis die Kraft letztendlich endgültig verschwunden war.
Ich glaube der einzige Ausweg kann darin liegen, zu erreichen all die mehr oder weniger aufwendigen Tätigkeiten nicht mehr als derart krankhaft kraftraubend zu empfinden,dass man zB für einmal Spülen mindestens 1 Tag Erholung braucht und das nächste mal Wochen herausschiebt.

"Will ich eigentlich wirklich, dass es mir besser geht...?"

Diese Frage muss ich mit einem ganz klaren JA beantworten.
Nur leider weiß ich nicht mehr wie es ist gesund zu sein!
Ich stelle mir vor was ich als gesunder Mensch alles tun würde/könnte/müsste, und dann kommt dieses einschnürende Gefühl in mir auf ,dass ich das niemals schaffen kann, weil ich nunmal nicht weiß wie es sich anfühlt,wenn einem die meisten Dinge des Lebens relativ leicht von der Hand gehen und dann zieht einen diese leise Stimme in mir noch weiter runter die sagt:"Tu nichts,du bist krank,du darft das".Und ich versuche mich zu wehren,wenn auch mit noch lächerlich geringem Aufwand.

Ich kann es mir schlicht und ergreifend nicht anders vorstellen als nach 3Tagen völlig erschöpft am Boden zu liegen und darauf zu hoffen jemand möge mich abholen und in eine Klinik einweisen.Denn dann wäre ich wieder frei-vorerst...
niamh.karli

Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von niamh.karli »

Hallo MadMax, Hallo Arno,
ich kann nicht für andere sprechen aber mir sprecht ihr ziemlich aus der Seele.

Endlich hat man "offiziell die Erlaubnis" sich hängen zu lassen, man ist ja schließlich krank!
Gibt uns aber noch lange nicht das recht dazu, oder?
Ich meine es ist total schön mal die Verantwortung abgeben zu dürfen, ich meine danach sehne ich zumindest mich häufig!
Steht man sich deswegen so häufig selbst im weg? Ist es das wenn ich als gesund angesehen werde, dann muss ich auch wieder total in Selbstverantwortung alles alleine bewätigen!

Es stellt sich langsam Panik ein wärend ich das schreibe!
Versteht mich nicht falsch, gesund möchte doch jeder gerne sein aber bedeutet das das man dann plötzlich wieder von allen alleine gelassen wird!

So das ist dein Leben, dann fang mal an!
Sorry wollte nicht so ausflippen!

Liebe Grüße Niamh.
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hallo Arno

Sozialpsychiatrischer Dienst siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialpsyc ... her_Dienst

(Sorry für den Link, aber besser kann ichs auch nicht beschreiben) - ist halt eine kompetente Anlaufstelle.

Was mir bei den letzten Postings aufgefallen ist (danke an die vielen klaren Worte) ist das Subjekt-Objekt-Problem. Häufig ist es einfacher, sich zum "Objekt" zu machen, das ein anderer dann richten muss (beim Zahnarzt z.B. bin auch ich ganz bewußt "Objekt", das zu behandeln ist - denn meine Kenntnisse in Dentalmedizin sind doch eher rudimentär). Und nun ist die große (und angstbesetzte) Aufgabe, in meinem Leben nicht "Objekt" zu sein, mit dem gehandelt wird, sondern "Subjekt" zu werden, das selbst (richtige und falsche) Entscheidungen trifft, das selbst Verantwortung übernimmt in einer Welt, die nicht durchschaubar ist, selber Akteur zu werden in einem Schauspiel, dessen Drehbuch wir nicht kennen. Und wäre das nicht kompliziert genug, haben wir auch keine Ahnung, wie das Ziel überhaupt aussehen kann. Wenn ich diese sehr ungenau definierte Aufgabe dann noch mit dem Anspruch angehe, etwas "richtig" zu machen, ist es wahrscheinlich klüger, erst gar nicht zu starten. Das widerum ist auch nicht besonders verlockend.

Ich würde trotzdem den Versuch wagen - mit folgenden Grundannahmen
- Ich werde es nicht schaffen, ein perfektes Leben zu führen. Das macht nix, ich darf scheitern, ich darf Fehler machen, daran wachsen und mich weiterentwickeln
- Ich habe eine begrenzte Zeit, Erfahrungen zu machen. Am Ende macht jeder den Deckel von innen zu. Bis dahin möchte ich möglichst viel von dem, was das Leben bietet, auch kennenlernen, und das beinhaltet alle Erlebnismöglichkeiten, die einem Menschen zur Verfügung stehen, positive wie negative. Wie es ist, depressiv zu sein, weis ich schon.
- Ich spiele nicht "alles oder nichts"; ich darf in vielen Bereichen Objekt sein und andere meine Probleme lösen lassen; aber ich sehe auch meine Möglichkeiten, in vielen Bereichen vom Objekt zum Subjekt zu werden und selbst zu tun, selbst Verantwortung zu übernehmen, und vor allem für das Projekt "mein Leben" werde ich Stück für Stück und Nach und Nach zum Subjekt werden.

Sich für den Start einen erfahrenen Begleiter zu suchen (Therapie) finde ich sehr wichtig und richtig - immer mit der Prämisse, das ich aus dem Objekt-sein auch raus will! Kein Thera kann diesen Schritt für mich machen! Wie ich (Ben) mit mir selbst in diese Richtung arbeite, hab ich mal kurz im Thread "Merkt man eigentlich, das man Gesund ist" erzählt.

Ben
adorno78
Beiträge: 38
Registriert: 22. Mär 2010, 12:07

Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von adorno78 »

Hallo Ben, Lt.Cable und alle Anderen,

vielen Dank für den link erst einmal.In Köln gibts tatsächlich mind.1000 Adressen die mit dem Dienst zusammenhängen.
Und für Wikipedia muss man sich auch nicht entschuldigen,sie ist mit Sicherheit eine der besten Ideen des letzten Jahrzehnts gewesen
Das einzige sch... Problem ist,dass ich jetzt schon ein leicht panisches Gefühl empfinde,wenn ich daran denke dort anrufen zu müssen.
Könnte ein paar Tage dauern bis ich mich durchgerungen habe,so traurig das klingt.Ich kann selbst auch gar nicht verstehn wo das her kommt.
Ansonsten ruf ich auch schon bestimmt 1Jahr niemanden mehr an.

Die Grundannahmen die du erwähnst zielen höchstwahrscheinlich exakt auf meine größten Schwierigkeiten ab.

"Ich werde es nicht schaffen, ein perfektes Leben zu führen. Das macht nix, ich darf scheitern, ich darf Fehler machen, daran wachsen und mich weiterentwickeln."

Bewusst scheine ich nie Probleme damit gehabt zu haben Fehler zu erlauben,ich habe sie ja auch ständig gemacht. War zB als Kind immer einer der miesesten Schüler.
Allerdings war ich damals immer total stolz auch absolut nichts dafür getan zu haben.Später ist mir aufgefallen,dass ich es niemals ertragen hätte keine 1 zu schreiben,
wenn ich vorher viel dafür getan hätte.So konnte möglicherweise das "Nichtstun" bereits als Entschuldigung für Versagen oder schwaches Abschneiden hinhalten.
Die Erkenntnis allein hat das Problem aber nie lösen können, der "Mechanismus" der Prokrastination scheint zumindest bei mir seit langer Zeit extrem übermächtig,alleine schaff ich das nicht mehr.

"Ich habe eine begrenzte Zeit, Erfahrungen zu machen. Am Ende macht jeder den Deckel von innen zu. Bis dahin möchte ich möglichst viel von dem, was das Leben bietet, auch kennenlernen."

Ich zitiere den wunderbaren Satz von Lt.Cable der für mich in gleichem Maße gilt:

"Eine meiner größten Horrorvorstellungen ist die Endlichkeit meines Lebens, die Begrenztheit meiner Lebenszeit, und doch verschwende ich unglaublich viel Zeit mit Dingen, die nicht besonders wichtig sind."

Hängt wohl mit der mir innewohnenden Angst zusammen den Ausgang der Szenarien die ich mir selbst schaffe nicht in vollem Maße selbst bestimmen kann.Der Ausgang(Zb eines Telefongesprächs) liegt nicht nur
in meiner Hand sondern ist von auch von anderen Akteuren abhängig was zur Enttäuschung führen kann.Nur wie konnte es soweit kommen???

"Ich spiele nicht "alles oder nichts"; ich darf in vielen Bereichen Objekt sein und andere meine Probleme lösen lassen."

Die Subjekt-Objekt Betrachtung ist in der Tat höchst interessant.Auch hier hast du genau ins Schwarze getroffen.
Wenn du mein Zitat im Thread "Worte des Tages" liest,wirst du schnell bemerken,dass es genau darum geht sich nicht als Subjekt sondern als Objekt zu fühlen,nichts selbst im Griff zu haben.
Und natürlich hat man das Bedürfnis einfach Objekt sein zu wollen,wenn man von seiner Gefühlswelt einfach völlig überfordert ist.Nur dazu ist großes Vertrauen in andere Menschen von Nöten.Hat man das,wenn man in nahezu jeder Lebenssituation Angst empfindet?Es scheint ein Teufelskreis zu sein.
Andererseits,und darauf zielt das Zitat ab, ist es wahrscheinlich ein Bedürfnis jedes Menschen selbst Akteur/Subjekt sein zu können,das sich wie auch immer verwirklicht.
Aber gerade wenn du dich als Sklave deiner Emotionen fühlst,ist es frustrierend das alles einfach nicht schaffen zu können.Denn Gerade das Subjekt sein,der Kapitän auf dem eigenen Schiff des Lebens,ist das was unser Selbstwertgefühl nährt.

Ich fühle mich höchstens als Käpitän der Titanic der den Eisblock schon direkt vor sich sieht.

Wenn ich sehr niedergeschlagen bin,denke ich oft,dass wir wohl alle nur Objekte sind und pure Leistung und Geld die eigentlichen Subjekte sind,die unser aller Handeln bestimmen.Und ich hatte für mein Leben doch einen ganz anderen Plan.
Aber irgendwie ist das nunmal unser Leben und man sollte es annehmen,schließlich hat es zuviel Schönes zu bieten, ob Marionette oder nicht.
Nur wie schaffe ich es mich nicht mehr als solche zu fühlen,und wie allergisch auf alles zu "Tuende" zu reagieren???

Es wird ein langer Weg sein, setzen wir uns erst einmal!

Liebe Grüße

Arno
ben1
Beiträge: 1379
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von ben1 »

Hallo Arno

ich finde die Erkenntnis über Dein Schülerverhalten (ich hab nix gelernt und bin trotzdem durchgekommen, hätte es aber niemals ausgehalten, etwas zu lernen und dann keine 1 zu schreiben) den zentralen Gedanken, aus dem man alles weitere Verhalten wenn nicht herleiten, so doch erklären kann.

Somit kann ich mein "Scheitern" im Leben mit meiner eigenen Passivität erklären - ich hab nix gemacht, also ist es logisch, das ich "scheitere" - das hält mir immer noch die "Lösung" offen "Wenn ich aber was richtig machen würde, dann würde es gehen". Nö, hier ist der ganz große Denkfehler! Das Ziel ist völlig falsch justiert. Der Begriff "gelingendes Leben" ist falsch definiert!

Können wir einen Begriff einfach umdefinieren? Natürlich! Begriffe sind Menschenwerk.

Schau mal (ich wiederhole mich und bitte um entschuldigung, das ich so ein flammender Fan des inneren Teams bin), welche Ziele die Arnos im Leben verfolgen, mit welchen Zielen sie sich zufrieden geben würden. Du wirst überrascht sein. Es geht in einem ersten Schritt nur darum, mal wieder in Bewegung zu kommen, mal die Denkstrukturen ein wenig zu sprengen, den Blickwinkel zu ändern, um auch mal wieder Licht zu sehen. Dafür Dir alles Gute! Und ich wünsche Dir den Mut, wieder in Bewegung zu kommen - mit dem Ziel, das sich nur wieder was bewegt, nicht gleich mit der Frage, wohin die Reise gehen soll. Du bist wie ein Mensch, der eine ganze Zeit in einerm Gipskorsett gelegen hat - da gehts erst mal wieder darum, einzelne Muskeln zu bewegen, wieder stehen zu lernen (also nicht erst mal hinsetzen ) - wohin Du dann mal gehen wirst, muss jetzt noch gar nicht entschieden werden.

Noch ein Gedanke zum "ins Leben geworfen sein", wie Heidegger wohl formulieren würde (wenn ich Deinen letzten Absatz richtig verstanden habe) - natürlich gibt es viele Rahmen, die uns beschränken und viele Seile, an denen wir hängen (die Marionette) - und dennoch bleibt Spielraum, der gesehen und genutzt werden will. Das Alles, das angewiesen sein auf Andere, die Unberechenbarkeit des Seins an sich, die Endlichkeit, sind Bedingungen der Möglichkeit des Lebens! Da kommen wir nicht raus, auch mit noch so viel Nachdenken. Und das muss auch nicht sein. Man kann sich mit diesen Bedingungen auch Einverstanden erklären (wenns auch das Ego kränkt)

Ben
lt.cable
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Re: Ziellos, unmotiviert, beliebig, emotional blockiert. 2010 geht ja gut los.

Beitrag von lt.cable »

Hallo zusammen!

Aktuell schaffe ich es nicht, eine Antwort mit inhaltlichem Bezug zu den hier doch sehr umfangreich eingestellten Textbeiträgen zu verfassen. Zumindest übersteigt es momentan meine Kräfte, allen Usern und ihren Beiträgen hier einigermaßen gerecht zu werden. Daher nur eine kurze Wasserstandsmeldung von mir:
Das neue Semester läuft bekanntlich, ich habe immer noch keinen Stundenplan und bin nun auch schon drei Tage in Folge einfach nicht zur Uni gefahren - wozu auch ohne Stundenplan. Gefühlt ist es mir aktuell einfach zuwider, einen Stundenplan zu machen, denn dafür müsste ich mir einen Überblick verschaffen, wo ich denn gerade im Studium stehe und wohin ich eigentlich will. Heute hat meine Mutter mal dezent danach gefragt, ob ich denn nicht gesagt hätte, dass ab dieser Woche wieder Uni sei. Eigenartig: Vorher war ich noch beleidigt darüber, dass niemand fragt, und wo die Frage jetzt kam, habe ich mir gedacht, dass das doch wohl meine Sache ist. (Fr-)Essen, zocken, rumhängen und glatte Uni-Verweigerung. Das scheint so ziemlich der bisherige Tiefpunkt meiner Studienkarriere zu sein. Ich bin in diesem Moment ehrlich gesagt etwas ratlos.

Es grüßt
lt.cable
Ein Nilpferd wollte zum Ballett
als schönster aller Schwäne.
Nur war es fürs Ballett zu fett.
So scheitern viele Pläne.
- Charles Lewinsky
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