Neu hier - Vorstellung

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Juli72
Beiträge: 7
Registriert: 20. Dez 2009, 23:03

Neu hier - Vorstellung

Beitrag von Juli72 »

Hallo,

ich bin durch das Buch "Schattendasein" auf das Forum aufmerksam geworden und habe mich gestern endlich mal angemeldet.
Nun möchte ich mich vorstellen.
Ich bin weiblich, 37 Jahre alt und leide seit der Kindheit an depressiven Schüben, die alle paar Jahre extremer werden.
Dieses Jahr bin ich zum ersten mal in einer Klinik behandelt worden und habe inkl. Tagesklinik nach stationärer Behandlung fünf Monate dort verbracht.

Die Krankheit Depression als solche habe ich nie akzeptiert, zwar habe ich zeitweise Medikamente eingenommen, diese aber in guten Zeiten immer wieder abgesetzt und meine schlechte Stimmung einfach auf einen schlechten Charakter geschoben und darauf, dass ich ein Weichei bin und nichts aushalten kann, was man im Leben eben aushalten können muss.
Eine jahrelange Psychotherapie habe vor ca. 6 Jahren abgebrochen, nachdem die Therapeutin mir gesagt hat, ich sei ein hoffnungsloser Fall.

Im letzten Jahr war mir klar, was wieder auf mich zukommt. Angefangen mit Appetitlosigkeit, dann kamen Schlafstörungen hinzu und wenn ich morgens aufgewacht bin, dachte ich, ich bin in der Hölle gelandet. Dennoch habe ich diese Zeichen ignoriert, erst recht, weil mein damaliger Lebensgefährte eine Depression ebenfalls nicht akzeptiert hat.
Bis zu meinem Totalzusammenbruch im Juni- da konnte ich nicht mehr ignorieren, weil ich nicht mal mehr gehen oder irgendetwas essen konnte.
Nach einer kurzen Wartezeit kam ich in eine Klinik, in der mir sehr geholfen wurde.
Nach 9wöchigem stationären Aufenthalt wurde ich in die Tagesklinik entlassen. Nach weiteren 11 Wochen wurde ich vor 2 Wochen entlassen.
Mit viel Hoffnung auf mein zukünftiges Leben habe ich mich sehr gefreut, wenn auch Angst dabei war.
Dass ich jedoch in ein so schwarzes Loch fallen würde, wie es dann tatsächlich passiert ist, damit hätte ich nicht gerechnet.
Ich fing wieder an, mich auf die Couch zu legen, meine Tage verstrichen ungenutzt und ich habe die Käseglocke vermisst, unter der ich in der Klinik leben durfte.
An Pläne, die ich hatte, habe ich mich nicht gehalten, und so versuche ich auch jetzt gerade wieder Ausreden dafür zu finden, das Haus nicht verlassen zu müssen, obwohl ich dringend zum Arzt müsste.
Es scheint, dass ich alles, was ich in der Klinik gelernt habe, vergessen habe und auch das Leben vergessen will.
Was nicht heißt, dass ich suizidal bin, auf keinen Fall.
Ich habe die Hoffnung, wenn ich hier auf Gleichgesinnte und ihre Erfahrungen stoße, wieder einen Weg zu finden aus dem Dunkel. Und vielleicht etwas motivierter bin, weiter an mir zu arbeiten.

Liebe Grüße,
Juli
mystery60
Beiträge: 344
Registriert: 13. Nov 2009, 11:12

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von mystery60 »

Hallo Juli

Erst mal herzlich willkommen.
Ich bin auch neu hier, finde aber die Beiträge ganz gut und habe mich letzte Woche entschlossen, auch mal aktiv zu werden.

Was ich erst mal nicht verstehen kann, ist, dass deine Psychotherapeutin dich als "hoffnungslosen Fall" bezeichnet hat. Wenn das noch ihre Wortwahl war, finde ich das schon grenzwertig.
Sicher gibt es viele therapeutische Ansätze gerade in der Psychotherapie und man sollte sich, wenn es geht, einen Ansatz wählen, von dem man sich etwas verspricht. Auf der anderen Seite wird immer wieder gesagt, dass vor allem die Beziehung zur/m Therapeutin/en stimmen muss - es muss eine Vertrauensbasis da sein, man muss Klartext reden können. Also, ggf. Therapeutin wechseln noch mal einen neuen Anlauf nehmen.
Vielleicht fragst Du Dich vorher mal, warum es nicht geklappt hat, was bei einem 2. Versuch anders sein sollte.

Ich selbst war auch ein paar Wochen in einer Klinik. Hat mir sehr gefallen und gut getan. Ich hatte nach langer Zeit mal wieder Zeit und Ruhe über mich selbst nachzudenken, was ich will, was mir wichtig ist (und was eben nicht).
Ich hatte auch einen Rucksack voll mit guten Vorsätzen und Zettel voll geschrieben mit Dingen, die ich nicht mehr machen wollte oder tun wollte - und vieles ließ sich nicht realisieren.
Vielleicht auch ganz normal, weil man nicht in einem Schutzraum ist, nicht im Kreis von Leuten, mit denen man offen reden konnte, wo ein gegenseitiges Verständnis vorausgesetzt wird, sondern im "normalen Leben", wo man oft Rollen spielt und Masken trägt und es als riskant gilt, offen und ehrlich zu sein.
Also, lass Dich nicht gleich aus der Bahn bringen, wenn die gefassten Pläne (noch) nicht umgesetzt werden konnten. Zum einen muss man diese immer einem Realitätstest unterzeihen (hat man sich - mal wieder - zu viel vorgenommen) und zum anderen darf man einfach nicht aufgeben. Entweder immer mal wieder schauen, was man machen will und ob man ein Stück weit damit anfangen kann und dann sagen ja alle immer wieder: kleine Schritte!
Also, ich wünsche Dir Mut und Kraft
- man muss sich immer wieder selbst motivieren, es versuchen
- z.B. einfach beim Arzt anrufen, einen Termin verabreden - oft ist man dann ja doch so "pflichtbewußt", dass man dann auch hingeht - und schon ist man auch wieder mal draußen aus dem Haus, hat frische Luft und trifft auf andere Leute .....~ ein Stück "normales" Leben ~

Toi toi toi
TG
Juli72
Beiträge: 7
Registriert: 20. Dez 2009, 23:03

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von Juli72 »

Hallo Tiefgrund,

lieben Dank für die nette Begrüßung

Ja, die Therapeutin hat das wörtlich gesagt. zusätzlich noch: so wie es Frauen gibt, die keine Kinder bekommen können, so können Sie wahrscheinlich kein glückliches Leben führen.

Der Arzt in der Klinik war stinksauer, als ich ihm das erzählt habe. Aber allein daran kann ich mich nicht aufhängen. Sie ist bei mir irgendwann eben nicht weiter gekommen. Ich hab mich da nie wohlgefühlt, hab es aber hingenommen.

Ich hatte jetzt zwei Sitzungen bei einer neuen Therapeutin, bei der schon am Anfang eine Sympathie da war, die zuvor gefehlt hatte. Sie scheint der Therapeutin ähnlich zu sein, mit der ich in der Klinik so supergut klargekommen bin.

Du sprichst von Leuten, die man in der Klinik kennengelernt hat und mit denen man sich so gut versteht - GENAU das ist es bei mir: dass ich mich am liebsten nur noch mit diesen Menschen abgeben würde, weil die mich verstehen und eben genauso ticken wie ich.
Leider geht das nicht.
Mir ist klar, dass ich Zeit brauche, mich zu aklimatisieren und wieder irgendwie in der alten Welt anzukommen, die doch neu werden soll.
Genauso habe ich erst mal zwei Wochen gebraucht, um in der Klinik "anzukommen".

Ich hab mich gerade fertig gemacht und werde jetzt zum Arzt fahren. Und danach... mal sehen

Ich wünsche allen einen angenehmen Tag
Babi
Beiträge: 1963
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von Babi »

Hi Juli,
herzlich willkommen hier.
Oh je, dein Post hört sich sehr frustriert an.
Du hast recht, du mußt dich langsam akklimatisieren, das kann manchmal wochenlang dauern, setz dich da auf keinen Fall unter Druck.
Hier sind wir alles Gleichgesinnte und tragen uns gegenseitig, deswegen finde ich es gut, daß du hierher gekommen bist, hier wirst du sicher motiviert und auch verstanden.
Es ist sehr schwer, mit einer Depri zu leben, da muß man wirklich mit sich selbst nachsichtig umgehen und geduldig sein.
Und du bist sicher kein Weichei, es hat seinen Grund, warum du die Krankheit hast.
Du darfst dich selbst nicht so runtermachen, damit machst du alles nur nochb schlimmer, das ist ganz wichtig.
Ich denke, du bist jemand, der Menschen braucht, die ihn mitziehen.
Ich verstehe deinen Frust sehr gut, ich habe ihn selber oft. Gib nicht auf, du wirst es schaffen, und laß dich nicht von Therapeuten demotivieren, die dir blöde Dinge sagen. Ich war auch sauer, als ich gelesen hab, was dein erster Therapeut gesagt hat.
Wahrscheinlich war er einfach mit seinem Latein am Ende, wie man so schön sagt.
Auch Therapeuten sind manchmal hilflos, weißt du.
Ich schick dir mal ein Kraftpaket und drück dich!
Lieber Gruß Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
uli2705
Beiträge: 179
Registriert: 12. Aug 2007, 19:20

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von uli2705 »

Hallo Juli.

Herzlich willkommen hier im Forum.

Also, ich muß schon sagen: wenn eine Therapeutin Dir so etwas sagt, dann gehört ihr die Lizenz entzogen!

Der Therapeut ist in dieser Phase die absolute Vertrauens- und Bezugsperson. Wenn man eh schon down ist und man bekommt das auch noch zu hören, dann glaubt man da auch dran - leider. Dessen bin ich mir ziemlich sicher

Doch ich kann Dir sagen, das es gewiß nicht so ist und Deine ehemalige Therapeutin unfähig ist diesen Beruf auszuüben!
Es ist möglich, das Patient und Therapeut nicht zusammen passen (die Chemie stimmt einfach nicht). Dafür aber die Erstgespräche und manchmal merkt man das auch selber. Das war bei Dir wohl der Fall. Scheue Dich bitte nicht einen Neuanfang in dieser Hinsicht (also neue Therapie) zu starten.
Du bist mit Sicherheit kein "hoffnungsloser Fall". Das ist es nur in der Vorstellung Deiner Ex-Therapeutin, die sich wohl selbst 'mal einen Therapeuten suchen sollte.

Zweifle nicht an Dir! Zweifle an dem "Urteilsvermögen" dieser Person.


Lieber Gruß
Ikarus

Ich mache keinen Hehl daraus, das auch mich so etwas richtig wütend macht. Vielleicht ein Fall für "WISO". Aber die Person würde gewiß jede Stellungnahme verweigern.
Juli72
Beiträge: 7
Registriert: 20. Dez 2009, 23:03

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von Juli72 »

Hallo ihr Lieben,
auch euch danke für die Begrüßung.

Ihr müsst euch nicht aufregen wegen der alten Therapeutin. Das ist ja schon sechs Jahre oder so her. Klar hat es mich damals teils mitgenommen, teils sah ich mich in der Aussage bestätigt.
Ich habe eine neue Therapeutin, der ich auch davon erzählt habe. Sie war ebenso schockiert.
Mit der neuen könnte es aber klappen, hab ich im Gefühl.
Leider habe ich erst im neuen Jahr wieder einen Termin bei ihr bekommen.
Dann fange ich auch mit der Wiedereingliederung in meinem Job an.
Davor habe ich ziemlich große Angst, weil auch Mobbing eine Rolle gespielt hat. Naja, es hieß, das habe ich mir eingebildet.

Ich hab ohnehin große Angst in letzter Zeit.
Jahrelang schon zittere ich und schwitze, habe Pulsrasen und Atemnot, usw. und dachte immer, das sei mein Kreislauf, bis in der Klinik neben der Depression noch eine Angsterkrankung diagnostiziert wurde.
Darauf wollte und will ich mich aber nicht versteifen. Bedarfsmedikation habe ich immer abgelehnt. Bis auf einmal, als ich Promethazin eingenommen habe und den absoluten Film gefahren bin.
Gerade jetzt wäre ich froh, ich hätte Bedarf zur Beruhigung hier.
Es geht mir nicht sonderlich gut. Mein Herz rast wie verrückt und mir wird schwindelig wenn ich aufstehe. So schlimm kenne ich das kaum.
Mag am Stress liegen, da ich derzeit auch eine Trennung verarbeiten muss und täglich erneut mit Hoffnung oder auch wieder nicht konfrontiert werde.

Was bin ich froh, wenn dieses Jahr vorbei ist. All meine Hoffnung liegt in 2010 und darin, dass alles besser wird.

Es tut mir leid, die letzten Tage bin ich wieder in einer schlimmeren Verfassung. Dabei gibt es zwischenzeitlich Tage, an denen es mir nicht schlecht geht.
Ich will niemanden runterziehen mit meiner Jammerei...

Ich weiß ja, dass es auch für mich wieder bessere Zeiten geben wird.

Danke nochmals für die Resonanz.
Juli
Babi
Beiträge: 1963
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von Babi »

He Juli
du ziehst niemanden runter mit deinem Gejammere. Und du brauchst dich auch gar nicht entschuldigen.
Dafür sind wir hier doch da, dass man sich aussprechen kann.
Ich sehe, du findest für dich schon Wege, wie du da raus kommen kannst.
Mache weiter so, du machst das schon richtig und hab keine Angst wegen der Wiedereingliederung, geh es einfach langsam an, ich denke deine Therapeutin wird dir da auch begleitend zur Seite stehen.
Gruß Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Juli72
Beiträge: 7
Registriert: 20. Dez 2009, 23:03

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von Juli72 »

Lieben Dank, Babi. Ich denke auch, dass mir die neue Psychologin sehr helfen wird.
Leider dauert es ja noch, bis ich sie wieder sehe.
Ich habe ganz besonders in den letzten Tagen gemerkt, dass mir eine anleitende Psychologenhand doch sehr fehlt.

Manchmal begreife ich das alles nicht - dass ich mich so schwach fühle, mich unter Druck setze, glaube, die Verantwortung für alles (was ist alles?? das ganze Leben eben) nicht mehr tragen kann, nichts tauge, faul bin, dumm dazu, quasi nicht lebensfähig in der realen Welt bin. Dabei habe ich einiges geleistet.
Ich erziehe mein Kind seit 12 Jahren allein, habe in dieser Zeit noch zwei weitere Ausbildungen gemacht und abgeschlossen und mich aus ärmlichen Verhältnissen "hochgearbeitet", zumindet so hoch, dass ich gut verdiene, um meinem Kind alles bieten zu können, was ihre Klassenkameraden zu Hause haben, die beide Eltern haben.

Ich habe als Frau alleine ein Haus geplant und es gebaut (just zu dem Zeitpunkt als ich halbwegs aus meiner letzten schweren Depression kam).
Es ist ein kleines Haus natürlich, keine Villa (seht ihr, ich mache alles einfach klein, nichts, was ich tue ist mir etwas wert)und die Schulden sind überschaubar, ich muss also keine Angst haben zu verarmen.

Da Sicherheit mir immer über alles geht und ging, ist mein Leben spießig voraussehbar so aufgebaut, dass mir und meinem Kind zumindest dahingehend eher nicht so viel passieren kann - finanziell zumindest.

Ich habe einiges erreicht, was nicht leicht war, und ich habe mich durchgebissen, egal wie schlimm meine Depri auch war.
Ich hatte beruflich wie privat viel um die Ohren und habe nicht auf mich geachtet. Viele Jahre nicht.
Ich habe mich, meine Krankheit, meine Bedürfnisse so weit in den Hintergrund gestellt, dass ich irgendwann sogar vergessen habe, was meine Bedürfnisse eigentlich sind.
Ich habe mich verloren, wobei ich nicht mal genau definieren kann, was ich damit eigentlich meine. Irgendwann war ich mir fremd. Wusste nichts mehr über mich. Wusste nicht mal, wie ich reagieren werde, wenn gewisse Dinge passieren. Ich war leer.

So z. Bsp. bei der Trennung von meinem langjährigen "Lebensgefährten". Ich wusste, dass die Beziehung nichts taugt, dass er nicht gut für mich ist. Aber dass es mich dann so zerrissen hat, als die Trennung kam, damit hätte ich nicht gerechnet.
Wir hatten kaum Zeit miteinander verbracht, und dennoch hatte ich mich komplett auf ihn eingestellt. Nach seinen Bedürfnissen gehandelt, auch wenn es meinen widersprach. Ich habe hingenommen, dass er mich zu fett findet (ich war oft noch kapp über dem Untergewicht), dass er sich meiner scheinbar schämt, weil er nichts mir mir unternehmen wollte. Er hat mich niedergemacht wo es nur ging und ich habe still gelitten und mich nicht gewehrt.

Wieso habe ich nicht aufbegehrt und ihm gesagt, dass er mich nur kleinmachen muss, damit ich auf seiner Stufe stehe, weil er nicht annähernd das geleistet hat, was ich geleistet habe? Dass er auf meine Kosten gelebt und sich durchgeschnorrt hat, dass er mir Geld schuldet, das ich auf der Stelle wiederhaben will? Ich hab es nicht getan. Nie. Aus angst, ihn zu verlieren und ganz alleine dazustehen. Dabei war ich all die Jahre ohnehin alleine.

In der Klinik wurde ich soweit wieder aufgebaut, dass ich irgendwann eingesehen habe, er war nicht das Hauptproblem, er war nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte.

Und irgendwann gab es einen neuen Mann.
Wir hatten uns in der Klinik kennengelernt und waren die besten Freunde geworden. Ohne Worte haben wir uns verstanden und überall hat er mich gefunden, ohne vorherige Absprache.
Nachdem wir uns unsere Lebensgeschichten erzählt hatten, waren wir in meinen Augen gleich.
Beide als Kinder missbraucht, das kann nur gleich machen.
Nur, dass es bei mir in der Depression endete, was ich erlebt hatte und bei ihm in einer bipolaren Störung.

Nach seiner Entlassung musste ich weiter in der Klinik bleiben, wir haben telefoniert und uns versprochen nie wieder den Kontakt zueinander zu verlieren. Als beste Freunde. Das tat mir gut, so jemanden, so einen guten Freund zu haben.
Wir haben uns getroffen und Dinge miteinander unternommen und es war herrlich locker und wunderschön.
Bis er mir seine Liebe gestand, wusste ich nicht mal annähernd, was auch er mir bedeutet hat.
Es war alles so anders. Seine Komplimente, sein zu mir aufschauen, das Zusammensein mit ihm. Und kein Ekelgefühl, weil wir gleich waren.
Irgendwann hab ich auch mehr für ihn empfunden, mich richtig in ihn verliebt. Meine Bedenken, alles gehe zu schnell, habe ich beiseite geschoben und wir hatten ein paar wunderschöne Monate.
Bis mir auffiel, dass er nach Alkohol riecht. Aber sein Abstreiten hat mich glauben lassen, er sagt die Wahrheit. Da ich mit einem Alkoholikervater aufgewachsen bin, wusste er, ich kann mit so etwas nicht leben.
Und irgendwann habe ich die Flasche gefunden. Leer. Sie roch genau nach dem Zeug, nachdem er immer gerochen hat.
Es gab ein großes Drama mit der Androhung, er würde sich umbringen, wenn ich ihn verlasse. Mit schweren Anschuldigungen seinerseits, ich sei nicht krank und alles, was mir je passiert sei, geschieht mir recht.
Ein Wort gab das andere und ich hab ihn rausgeworfen.
Das war in der Nacht zum 4. Dezember.
Ich hatte Angst vor ihm und mich mit meiner Tochter in meinem Schlafzimmer eingeschlossen.
Ich hatte wirklich panische Angst, er könnte mir etwas antun, wenn er die Möglichkeit dazu hätte.
Und gleichzeitig hatte ich die Befürchtung, er könne seine Drohung wahrmachen und sich umbringen.
Hat er nicht.
Er ging. Und zunächst gab es tagelang Flehen und Bitten abwechselnd mit Hasstiraden und weiterem Drohen.
Ich war gerade aus der Tagesklinik entlassen worden und konnte kaum den Alltag meistern, weil ich mir mein Leben nach der Entlassung mit ihm anders vorgestellt hatte. Und ich fiel in ein tiefes Loch.
Einerseits habe ich mir gewünscht, alles würde gut werden, andererseits hatte ich nur noch Angst.
Ich wollte keine solchen "Verhältnisse" haben, wie man in Talkshows hört. Mit Gebrüll und so einem Theater kann ich nicht leben.
Es tut mir jetzt immer noch weh, weil alles, was ich mir vorgestellt hatte, kaputt ist. Und weil er seine Versprechen mir gegenüber nicht eingehalten hat. Kein einziges. wie alle anderen vor ihm.
Es ging dann ziemlich schnell bei ihm, dass sich das Blatt gewendet hat.
Es hat sich wohl schon was neues ergeben. Zwischenzeitlich kam noch ab und an eine SMS, er liebe mich, dann doch wieder nicht, dann doch wieder. Und von einem Tag auf den anderen hat er scheinbar jemanden kennengelernt und wir haben keinen Kontakt mehr.

Ich weiß, ich sollte froh sein, dass mir ein krankheitsuneinsichtiger alkoholkranker Bipolarer erspart geblieben ist. Dass man nicht mit Suizid drohen darf. Dass ich mein Leben alleine leben und glücklich werden muss. Dass ich mir positive Gedanken machen und an mir arbeiten muss. Dass ich mich mögen muss. Nein, mich lieben.
Aber es scheint, als habe ich alles, was ich in der Klinik gelernt habe, vergessen.
Und dabei war ich eine Musterpatientin. Wie mein ganzes verdammtes Leben lang. Anpassen, Forderungen erfüllen.

Und meine Forderungen sind auch dieses mal wieder auf der Strecke geblieben.
Nach Liebe und Harmonie.

Ich weiß, das reale Leben sieht anders aus und ist hart und ich muss damit leben und umgehen können, daran führt kein Weg vorbei.

Aber gerade im Moment, an den Feiertagen, fühle ich, dass ich für das reale Leben überhaupt nicht gemacht bin. Dass ich es gar nicht ertrage. Dass ich mich zurückziehe, weil ich lieber alleine bin, als unter Menschen, die mich nicht verstehen.
Dass mich mein ewiger Drang nach Anerkennung so sehr ankotzt. Dass ich mich nicht annehmen kann. Dass ich nicht mit Kritik umgehen kann, gleichzeitig im Moment aber nicht mal fühlen kann, wenn es jemand gut mit mir meinen sollte.
Das kleine Mädchen will gelobt und geliebt werden. Und wenn das nicht rüberkommt, wird es krank.
Ich bin 37 Jahre, allein, verbittert, verzweifelt, schlage mich mit der Ansicht herum, dass kein Mann mich wirklich so lieben kann wie ich bin, dass etwas mit mir nicht stimmt, weil keiner um meiner selbst Willen bei mir bleibt, wenn ich nichts großes leiste. Dass ich verlassen werde bei der kleinsten Forderung, und dass immer schnell Ersatz für mich gefunden ist. Jedenfalls scheint "Mann" nach mir zu wissen, was er nicht will und ist bereit für eine normale Beziehung mit einer normalen Frau. Es muss doch an mir liegen, es kann doch nicht daran liegen, dass ich mir die falschen aussuche. Zumal die mich ausgesucht haben. Schon immer. Und dass ich immer erst nach einer gewissen Zeit entdeckt habe, dass ich sie auch will. Und dann an ihnen hing. Und am ende lsolassen nie meine Stärke war und ich immer und immer den Fehler bei mir suche, weil alles in die Brüche geht. Ich muss so eine furchtbare Frau sein und möchte wissen, was ich anders machen muss, damit es einmal im Leben gelingt.

Gerade gestern war ein schlimmer Tag. Beim Familienfest war ich gestresst, absolut reizempfindlich, den Tränen nahe und mit dem Wunsch einfach einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen.

Und diese Phasen kotzen mich an, machen mich fertig, machen mich wütend. Ich will da raus! Aber mir fehlt so oft einfach die Kraft...
Ich hatte so viel im Kopf, und oft kann ich nicht alles schnell genug tippen und hab es dann vergessen.
Ich wollte nur einfach mal das rauslassen, was mir gerade in den Sinn kam.

Was ändert es? Gar nichts...
uli2705
Beiträge: 179
Registriert: 12. Aug 2007, 19:20

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von uli2705 »

Hallo Juli.

Zweifelsohne eine sehr schwere Phase, die Du gerade durchlebst. Aber Du bist hier nicht allein!
Sei Dir gewiß: Du ziehst hier niemanden 'runter! Und wenn es alles in Dir hoch kommt und 'raus muß, dann nur zu.

Was Du versuchen könntest und vielleicht auch solltest wäre "die Ruhe zu bewahren".
Wahrscheinlich leichter gesagt als getan.

So wie Du hier schreibst und Du einiges von Dir gibst könnte ich mir vorstellen, das Dir die Therapie sehr viel bringt. Mehr Stabilität, eine gewiße Beruhigung sowie Sicherheit.

Das, was Du für Dich entschieden hast ist
richtig. Lasse Dich in dieser Frage nicht verunsichern.

Alls Gute Dir
Ikarus
Babi
Beiträge: 1963
Registriert: 23. Jul 2009, 17:07

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von Babi »

hi Juli,
es ist gut, daß du alles hier rausgelassen hast, was du geschrieben hast, das erleichtert.
Und nochwas: Wenn etwas schiefgeht, liegt es nicht an dir, es liegt meist an der Krankheit, die man nicht in den Griff kriegt, wie der Mann auch, den du kennenlerntest.
Ich hatte ja auch hier jemand kennengelernt, war dabei, eine Beziehung mit ihm aufzubauen, er war sehr liebevoll am Anfang zu mir, wollte eigentlich heute zu ihm fahren, aber er hat vor zwei Wochen Knall auf Fall Schluß gemacht.
Es war auch am Anfang sehr schlimm für mich, weil wir für die kurze Zeit schon sehr innig waren, aber es wäre schwerer gewesen, hätten wir uns schon mal gesehen.

Es ist ganz wichtig, daß du nicht an dir selbst zweifelst, hörst du. Das ist ganz falsch und zieht dich noch mehr runter.
Du hast schon so viel geschafft, ich weiß wovon ich rede, denn ich bin auch alleinerziehend uns ziehe meinen Sohn schon seit 14 Jahren allein groß.
Und weißt du, wenn jemand mir blöd kommt, sage ich immer, mach mir das erst einmal nach, was ich in meinem Leben geschafft habe und dann reden wir weiter.
So solltest du auch denken. Ich habe festgestellt, daß wir Kranken manchmal mehr Kräfte entwickeln wie so manche gesunde Frau, wir müssen ja auch schließlich mit der Krankheit kämpfen, vergiß das nicht.
Also, ich hätte das alleinerziehend und noch das mit dem Häuschen nicht geschafft, das geb ich ehrlich zu.
Du kannst da wirklich stolz auf dich sein,
du bist nämlich stärker als du denkst.
Lieber Gruß Babi
Man sieht nur mit dem Herzen gut, das wesentliche ist für das Auge unsichtbar
(Exupery)
:) ;)
Juli72
Beiträge: 7
Registriert: 20. Dez 2009, 23:03

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von Juli72 »

@Ikarus: es ist noch nicht mal die schwerste Phase, die ich durchlebe. Immerhin kann ich aufstehen und laufen und essen und sowas. In der schweren Phase kann ich nur apathisch vor mich hinglotzen und mich fühlen wie in der Hölle.

Gerade hätte ich die Möglichkeit gehabt, spazieren zu gehen. Eine Freundin hat mich angerufen. Aber erstens bin ich krank (Bronchitis und schwere Augenentzündung) und zweitens kann ich jetzt nicht einfach reden und lachen. Mir fehlt die Kraft, rauszugehen, ich wollte nicht mal sagen, komme auf einen Kaffee vorbei. Ich will lieber alleinsein und mich in meinem Selbstmitleid suhlen. Gott, wie ich mich ankotze...

Innerhalb von Minuten wechselt mein Antrieb, gerade bin ich wieder totmüde.
Ich wollte es mir schön machen. Vielleicht malen oder ein paar Dinge ordnen, nachdem ich ein ausgiebiges Bad genommen habe.
Nachdem ich fünf Minuten im Wasser lag, konnte ich es nicht mehr aushalten und musste raus.
Vielleicht weil gerade das Lied "The Power of Love" im Radio kam, was bei mir immer triggert. Schwupps - Stimmung wieder total im Eimer. Heulen, keiner da für den das Lied ist.
Zum Glück bin ich alleine und kann mich gehen lassen.
Ich weiß, zu Hause einigeln ist grundverkehrt, aber was würde es nützen, wenn ich rausgehe obwohl ich keinerlei Lust dazu habe und mich in Gesellschaft unwohl fühlen würde.
Die Stimmung wechselt von depressiv mit Heulkrämpfen in schlimme Wut und Aggressionen (auch mit Heulkrämpfen) dann wieder Selbstmitleid oder Wut auf mich.

Wie ich Ruhe bewahren soll, weil ich nicht. Ich bin kein geduldiger Mensch.
Im Moment habe ich auch so schlimme Angst vor der Zukunft. Das Alleinsein und keinen Partner haben, treibt mich bald in den Wahnsinn. Aber natürlich kann man sein Leben nicht von einem anderen Menschen abhängig machen. In der Theorie ist mir das klat. Praktisch kann ich das eher schlecht leben.

@Babi: ich weiß, man kann vieles schaffen. Ich weiß auch zu kämpfen. Aber was ich schaffe ist für materielle Sicherheit zu sorgen.
Ich bin unfähig in zwischenmenschlichen Angelegenheiten irgendwas richtig zu machen, nehme ich an.
Beziehungstechnisch bin ich ein Versager erster Güte.

Ich werde mich wieder auf die Couch legen und schlafen müssen, denn Kraft für irgendwas habe ich heute nicht. Bzw. jetzt nicht.

Danke für eure Antworten
mystery60
Beiträge: 344
Registriert: 13. Nov 2009, 11:12

Re: Neu hier - Vorstellung

Beitrag von mystery60 »

Hallo Juli,

also ich glaube nicht, dass Du beziehungsmäßig "ein Versager" bist. Wie soll man das festmachen?
Wenn ich lese, was Du zu Deiner letzten Bezeihung schreibst, dann klingt das für mich eher nach ausgenutzt werden, als belogen werden, etc.
Da kann man sich nicht unbedingt davor schützen - wie soll man Lügen erkennen und wie gut kenne ich einen anderen Menschen um sicher zu sein, was ehrlich ist und was nicht und was seine Motvie?

Also ich denke, Du hast einfach auch Pech gehabt und vielleicht auch nicht das erste Mal. Aber - so blöd das klingt - auch eine Fußballmannschaft kann die ersten 4-5 Spiele verlieren und am Ende dennoch ganz oben stehen. Also nicht aus negativen Beispielen direkt generalisieren!

Du hast ja schon viel erreicht - auch wenn "nur" materiell - du scheinst sehr leistungsbezogen und ich denke Du stellst hohe Anforderungen an Dich selbst. Aber gerade Partnerschaften und Beziehungen kann man nicht planen wie ein Haus, kann nicht selbst alle Zeichnungen machen, alle Handwerker anweisen oder alle Balken selbst an die richtige Stelle setzen. Es ist ein Teamspiel, man hat nicht alle Fäden in der Hand.

Blöd ist natürlich, wenn man schlechte Erfahrungen hat, dann wird vertrauen zukünftig eher schwieriger.
Eine Möglichkeit: sich fragen, auf was man anspringt - innerer Trigger - was einen ggf. auch abhält eine kritische Distanz zu halten oder ein paar Prüfschritte einzubauen. Manchmal hilft ja auch ein TIPP einer guten Freundin - wenn da denn jemand ist.
Dass Du momentan nicht sonderlich optimistisch bist, ist klar, Dir geht es gerade nicht gut. Aber es war ja auch nicht ideal, aus der Therapie heraus mit hohen Erwartungen so eine Enttäuschung verkraften zu müssen. Dass Du das so schreiben kannst, finde ich schon gut.
Wenn die Freundin anruft, kann man ja auch sagen: "Du, mir gehts gerade nicht gut, ich kann nicht raus, aber wenn Du Lust hast, komm vorbei zum Reden, auch wenn ich gerade miese Stimmung habe".
Zumindest aus meinem Klinik-Aufenthalt habe ich mitgenommen, dass man nicht als Looser in die Ecke geschmissen wird, wenn man zugibt, dass man ein Problem hat oder mitteilt, dass es einem gerade mies geht.

Es ist ja auch kein Wunder, dass Du so gefrustet bist, wenn nach den guten Erfahrungen aus der Klinik so ein blöde Phase kam. Vielleicht kannst Du noch mal einen Schritt zurück gehen, Dir noch mal die Dinge in Erinnerung rufen, die mit dem letzten Partner nichts zu tun hatten, sondern mit Dir, Deinen Zielen, Deinen Erkenntnissen, das was Deine Antworten waren auf die Fragen: wer bin ich? was will ich?
Darauf solltest Du aufbauen. Ggf. hilft ja auch eine Kontaktaufnahme mit anderen Mitpatienten, wenn da noch Kontaktmöglichkeiten da sind.

Ich wünsch Dir jedenfalls was.
Du bist eine Kämpfernatur, gib Dir etwas Zeit, sei milde mit Dir, zieh´ nicht alles generell ins Negative - dazu gibt es keinen Grund, wie gesagt, wo es schlechte Beispiele gibt, gibt es meist auch gute, nur sieht man sie nicht immer (entweder sieht man sie im Moment nicht, oder nur man selbst sieht sie nicht).
Mir half da auch der Gedanke mit dem "inneren Kind" - sich vorzustellen, wie es diesem inneren Kind geht und wie man ihm helfen könnte, was man ihm sagen könnte.

Also: Daumen drück und dann Daumen hoch
TG
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