Wie komme ich aus dem Teufelskreis?

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sandraxy
Beiträge: 17
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Wie komme ich aus dem Teufelskreis?

Beitrag von sandraxy »

An alle, die mir geschrieben haben, erst einmal danke!! Es hat wirklich gut getan, endlich mal auf "Gleichgesinnte" zu treffen. Die Familie, der Freund, die Freunde und Bekannten können nicht wirklich verstehen, was ich durchmache. Das können nur die, die es selbst durchlebt haben. Ich bin allerdings nach wie vor nicht der Meinung, daß ich ein Medikament nehmen sollte. Ich probierte bereits ca. 6 verschiedene Antidepressiva, die mir nichts gebracht haben. Diese extreme Angst vor der Wirkung und Nebenwirkung von Medikamenten gehört nämlich auch zu meinen Problemen. Ich bin einfach zu skeptisch. Oder kennt einer von Euch ein Medikament, was gut sein könnte, oder was schon einem echt geholfen hat?? Eine Therapie sollte ich vielleicht wirklich noch einmal beginnen. Nur wie soll ich einen wirklich guten Psychologen/in finden, der/die zu mir paßt??? Ich kann ja nicht 15 verschiedene ausprobieren. Außerdem sind die Wartezeiten enorm lang... Ich hoffe trotzdem die ganze Zeit, daß ich ohne Therapie und ohne Tabletten aus dem Loch rauskomme. Nur fällt es mir super schwer, mich aufzuraffen. Gestern war ich zum Beispiel mit meinem Freund auf einem "Viehmarkt". Alle Leute um mich herum erschienen mir glücklich, nur ich fühlte mich plötzlich unendlich müde und hatte das Gefühl, die Beine sinken jeden Moment unter mir weg. In solchen Momenten habe ich immer das Gefühl, daß ich schwer krank (Krebs) bin und bald sterben muß. Ich empfinde dann mein ganzes Dasein als sinnlos, weil ich denke, daß die Gefühle nie weggehen und ich ohnehin keine Zukunft mehr habe. Kinder kriegen kann ich unter solchen Umständen ohnehin nicht. Wie soll es dann ein Psychologe schaffen, daß ich da rauskomme? Ich bin erst 24 Jahre alt. Das kann doch nicht mein Leben sein!? Wie alt seid Ihr eigentlich?? Und von FREYA hätte ich gerne mal die E-Mail-Adresse! Grüße SandraXY
heidi
Beiträge: 153
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Wie komme ich aus dem Teufelskreis?

Beitrag von heidi »

Liebe Waltraut, ganz herzlichen Dank für Deine liebe Antwort. Du bist absolut kein schlechtes Beispiel für mich. Da ich 57 Jahre und schwerbehindert bin, kann ich in 3 Jahren aufhören. Ich habe zwar nicht so einen tollen Job, trotzdem hänge ich an meiner Arbeit. Nachdem ich mit 52 nach 28 Jahren Zugehörigkeit von meinem letzten Arbeitgeber die Kündigung bekam, musste ich mir - was ziemlich schwierig war - einen neuen Job suchen, weil ich unbedingt noch arbeiten wollte. Ich wollte einfach nicht "nur" zu Hause sein, weil ich einfach befürchtete und das befürchte ich immer noch, den Tag dann nicht strukturiert zu bekommen. Das steht für mich absolut im Vordergrund. Die Gefahr ist einfach zu groß, dass ich dann erst mittags aufstehen würde, und dann würde es mir ganz gewiß auch nicht besser gehen. Dein Vorschlag mit der Auszeit ist gewiß gut gemeint, aber das geht einfach nicht. Dann wäre ich auch diesen Job los. Ich war in den vergangenen beiden Jahren jeweils ca. 6 Monate im Krankenhaus. Mein Chef hat zwar Verständnis als Chefarzt der Psych. Abt. unseres KH, nicht aber als Arbeitgeber, was ich in gewisser Hinsicht verstehen kann, aber ich wäre ja auch lieber zur Arbeit gegangen und nicht in eine psych. Klinik. Da ich sowieso nur halbtags tätig bin, kann ich nicht weiter reduzieren. Außerdem bin ich immer der Meinung gewesen, dass man halbtags eine ganze Menge aushalten kann. Ich mag meine Arbeit, wenn sie mich auch bei weitem nicht so fordert wie mein vorheriger Job. Ich war ja froh, überhaupt in dem Alter noch etwas gefunden zu haben, habe meine Ansprüche ganz gewaltig reduziert, habe mir dann vor Augen gehalten, wie lange es oft gedauert hat, bis die Entlassungsbriefe nach meinen Krankenhausaufenthalten bei meinem Neurologen waren und ich jetzt also dazu beitragen kann, dass bei uns diese Briefe in kürzerer Zeit verschickt werden. Oft lenkt mich meine Arbeit wirklich ab, manchmal belastet sie mich aber auch. Das hängt davon ab, wie es mir selbst gerade geht. Besondere Probleme habe ich natürlich, wenn sich jemand auf Station suizidiert. Diese Vorfälle stellen für mich dann den Job absolut in Frage. Auch wenn einer unserer Ärzte einmal gemeint hat, auch sie hätten lernen müssen, damit umzugehen. Aber sie und auch das Pflegepersonal haben eine Supervision, wo sie alles ansprechen können. Entschuldige bitte, wenn ich zu ausführlich und weitschweifig war. Wie geht es Dir inzwischen? In letzter Zeit hatte ich das Gefühl, dass es auch Dir überhaupt nicht gut ging und Du Dich recht zurückgehalten hast. Zumindest hatte ich Dich sehr vermißt. Kommst Du denn jetzt in Deinem "Rentnerdasein" mit Deiner Erschöpfung besser zurecht? Gut, Du kannst Dir die Hausarbeit besser einteilen. Aber da Du künstlerisch tätig gewesen bist, kann ich mir schlecht vorstellen, dass Du Deine Erfüllung in der Erledigung von Hausarbeit findest. Alles Gute für Dich und liebe Grüße Heidi
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von waltraut »

Liebe Heidi, bevor ich Rente eingereicht habe - ich bin auch schwerbehindert -,war die Vorstellung,nicht zur Arbeit zu gehen,nur Horror für mich. Deshalb habe ich mich auch so lange immer noch hingeschleppt,im wahrsten Sinne des Wortes. Und ich kann mir dich genau vorstellen. Ein Trick hat mir geholfen. Ich weiß nicht,ob das für dich in Frage kommt,aber ich mache meine Arbeit auf einer Minimalbasis im Rahmen des 325 Euro-Gesetzes weiter,an einem Tag in der Woche. Mehr darf ich ja gar nicht verdienen. Und heute,nach einem Jahr als Rentnerin,kann ich sagen,daß ich es keinen Moment bereut habe,und daß es mir nicht mal schwer werden würde,auch diesen einen Tag noch aufzugeben. "Ich wollte einfach nicht "nur" zu Hause sein, weil ich einfach befürchtete und das befürchte ich immer noch, den Tag dann nicht strukturiert zu bekommen" Das war ganz genauso bei mir. Ich habe schon etwa drei Jahre mit der Entscheidung gekämpft,konnte es mir einfach nicht vorstellen. Dann war ich 99 wieder einmal sehr krank und wußte,es ging nicht weiter. Die Folge war die schlimmste Depression,die ich je hatte,eineinhalb Jahre,davon 9 Monate in der Psychiatrie. Ich habe dann noch ein Jahr reduziert gearbeitet und mich in der Therapie auf den Entschluß loszulassen vorbereitet. Sofort nach Beginn der Rente kaufte ich den PC,geriet auch bald ins Forum. Außerdem fing ich an,nach 30 Jahren wieder Auto zu fahren. Ich bin noch nicht sehr weit damit,hatte auch einen Unfall,der mich sehr zurückwarf,aber ich fahre. Und Heidi,ich fühle mich so viel wohler. Vor allem,weil ich nicht mehr fremdbestimmt lebe,weil ich nicht den täglichen Kleinkrieg und die Nadelstiche auf der Arbeit erlebe (weniger an mir als allgemein). Da ich Pianistin bin,kann ich natürlich weiter Klavierspielen. Du mußt dich ganz intensiv vorbereiten,gedanklich,darauf vertrauen,daß du deinen eigenen Rhythmus finden wirst,wenn erst die Erschöpfung weg ist. Ich bin nicht mehr erschöpft. Am Anfang hab ich noch den Fehler gemacht,daß ich meinte,ständig etwas machen zu müssen. Jetzt erlaube ich mir,so zu leben,wie ich es sonst nur im Urlaub konnte,die Dinge zu machen,auf die ich Lust habe (das ist jetzt noch nicht viel) und im übrigen einfach auszuruhen. Nach jahrzehntelanger Arbeit brauchst du das. Ich hätte nie geglaubt,daß ich so froh sein würde,diesen Schritt gemacht zu haben. Quäl dich jetzt nicht,eine Entscheidung zu treffen,lass es in dir reifen,fang an,dich mit dem Gedanken zu beschäftigen,die positiven Aspekte zu sehen und dann wirst du auf einmal so weit sein. Alles Liebe Waltraut
Marina
Beiträge: 134
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Marina »

Liebe Heidi, auch bei mir war es anfangs sehr schwierig, das Rentnerdasein zu akzeptieren nach 3O anstrengenden Dienstjahren und hoher Verantwortung bei der DB. Geholfen hat mir, dass ich etwas habe, womit ich mich gern beschäftige, nämlich das Schreiben - bei Waltraud ist es eben das Klavierspielen. Es hat mir gut getan, endlich dafür Zeit zu haben. Ich muß aber auch zugeben, wenn mich die Krankheit dann wieder mal fest im Griff hatte, ließ ich mich fallen, es fehlte der Antrieb, das Muß. Und wenn dann niemand da ist, der dich auffängt, wird es schwieriger und dauert länger. Heut könnte ich mir nach 3 Jahren Rente gar nicht mehr vorstellen, all dem Druck noch gewachsen zu sein. Hinzu kommt ja noch, das Depressionen im Kollegenkreis meistens gar nicht ernst genommen werden, da entsteht schnell der Eindruck, das man sich schonen will und deshalb längere Zeit ausfällt. Sicher hast Du auch Freunde und Bekannte, mit denen Du oft einmal etwas unternehmen kannst. Wenn Du Dich eine Weile innerlich darauf vorbereitest, kannst Du Dich vielleich auf ein berufliches Aus freuen. Ich wünsche Dir eine für Dich gute Entscheidung und alles Liebe. Viele Grüße - Marina
freya
Beiträge: 14
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Wie komme ich aus dem Teufelskreis?

Beitrag von freya »

Hallo SandraXY, leider kann ich Dir zu Medikamenten und Therapien nicht viel sagen, da ich selber erst ganz am Anfang einer Behandlung stehe. Vielleicht sprichst Du hier im Forum mal jemanden von den "Erfahreneren" direkt an. Ich bin 31 Jahre alt. Aber es scheinen hier alle Altersklassen vertreten zu sein. Und Du bist auch nicht die Jüngste. Mir fällt es heute schwer zu schreiben. Aber meine E-Mail-Adresse müßte jetzt sichtbar sein, wenn Du auf meinen Namen klickst. Liebe Grüße, Freya
heidi
Beiträge: 153
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Wie komme ich aus dem Teufelskreis?

Beitrag von heidi »

Liebe Waltraut, Sch... PC, erst seit gestern komme ich wieder ins Internet. Und heute bin ich einfach nicht in der Lage, Dir ausführlich zu antworten, was ich doch so gern getan hätte. Ich hatte mich so über Deine lange Antwort gefreut und hätte sooo viel dazu zu sagen, aber ich kann einfach nicht, diesmal nicht nur wegen der Erschöpfung, sondern einfach, weil mir der Nacken so sehr weh tut, die Schmerzen in die Arme ausstrahlen und ich das Gefühl habe, meine Arme nicht richtig bewegen zu können. Dann muss ich nachher noch packen, weil wir für eine Woche wegfahren, aber ich komme 100%ig auf das Thema zurück. Es ist für mich sehr wichtig, zu hören, wie andere mit der ständigen Erschöpfung umgehen, weil damit doch sehr viel verbunden ist. Liebe Marina, auch Dir danke ich ganz herzlich für Deine Worte. Sobald ich kann, werde ich noch darauf eingehen. Aber das wird erst in einer Woche geschehen können. Aber ich habe mir einiges ausgedruckt, damit ich wenigstens später - wenn dann auch mit ziemlicher Verzögerung - darauf noch antworten kann. Ich Moment möchte ich mich nur hinlegen mit Heizkissen im Nacken trotz der großen Wärme. Wenn die Schmerzen wenigstens nicht so ausstrahlen würden. Liebe Waltraut, liebe Marina, ich habe mich so gefreut über Eure Reaktionen, und es macht mich jetzt einfach traurig, nicht antworten zu können. Euch beiden ganz liebe Grüße Heidi
meike
Beiträge: 510
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von meike »

dir, liebe HEIDI eine hoffentlich schöne woche. ich spring mal durch den PC und massiere deinen nacken. grüßlis von meike
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