Diese Mutter!

r.p.mcmurphy
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Diese Mutter!

Beitrag von r.p.mcmurphy »

Hallo zusammen,

ich fühle mich gerade wieder hilflos, bin total aufgewühlt.

Wieso können Mütter nicht loslassen?
Wieso zeigen sie keinen Funken Einsicht?
Wieso machen sie einen seelisch fertig?

Die Hintergründe. Wo fang ich bloß an? Ich möchte Euch nicht mit einer ewig langen Geschichte zumüllen. Versuch es stichpunktartig.

Ich selbst bin 40 Jahre alt. Befinde mich auf dem Weg, mich aus der psychischen Umklammerung meiner Mutter zu lösen. Möchte als erwachsener Mann gesehen werden, nicht als kleiner Junge. Ich denke, ich habe für mich auf diesem Weg schon viel erreicht, bin erwachsener geworden. Bei ihr jedoch: Null Einsicht, dass sie etwas verkehrt gemacht haben könnte.

Wir haben gerade miteinander telefoniert und sind wieder auf dieses Thema gekommen. Hab mich selbst um Sachlichkeit bemüht, bin ihr ein Stück weit entgegengekommen. Sie ist aber Argumenten völlig unzugänglich, wird hysterisch oder zieht Sachen ins Lächerliche. Das macht mich hilflos und wütend!

Ich werde an dieser Stelle nicht weiter ins Detail gehen und Hintergründe schildern.

Ich würde mich über Rückmeldungen sehr freuen, falls ihr ähnliche Probleme habt. Auch um zu spüren, dass ich damit nicht allein bin.

Ach, dieses Thema ist so schwierig, meine Gedanken schwirren hin und her. Weiß nicht, was richtig ist und was falsch, wer "Schuld" hat und wer nicht.... oh Mann!

Es ist ein gefangen sein in Verhaltensweisen, in Unhöflichkeiten, in mangelndem Respekt - auf beiden Seiten.

Ich müsste mich eigentlich mit der Situation arrangieren können, aber es gibt immer wieder diese seelischen Tiefs(chläge)... zu wissen, man hat Recht, man ist den Ursachen auf der Spur, man arbeitet an sich und diese Mutter ignoriert das völlig.... kein entsprechender Dialog, kein sich annähern, sich wieder finden - auf einer anderen Ebene. Auf einer gleichberechtigten Ebene, auf einer Ebene wo man als erwachsener Mann von ihr akzeptiert wird - keine Chance!

Gruß,
Patrick
Moya
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von Moya »

Hallo Patrick,

Ich kann dich sehr gut verstehen! Habe viele jahre lang regelrecht darum gekämpft nur ein einziges Mal ein vernünftiges Gespräch mit meiner Mutter zu führen - ohne Erfolg. Das einzige Ergebnis war, dass ich mich damit kaputt gemacht habe und vergessen habe, mich um mich selbst zu kümmern, weil ich ständig IHR Verhalten mir gegenüber ändern wollte.

Inzwischen weiss ich: Man kann nur sich selbst ändern, nicht die anderen und auch nicht die eigene Mutter.
Es ist ein schmerzvoller Prozess das zu akzeptieren, aber deine Mutter kann ihr Verhalten nur selbst ändern.
Du kannst jedoch entscheiden, wie sehr du dich von ihr beeinflussen und dir damit schaden lassen möchtest! Warum stellst du dich sinnlosen Diskussionen? Du weisst bereits aus Erfahrung, dass sie in einer bestimmten Weise verlaufen! Schütze dich davor. Vielleicht würde dir etwas mehr Distanz zu ihr gut tun?

Vielleicht magst du ja doch noch ein wenig mehr berichten...

Liebe Grüße von Moya
gfb
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von gfb »

Hi Patrick,

>falls ihr ähnliche Probleme habt. Auch um zu spüren, dass ich damit nicht allein bin.

Du bist NICHT allein!

Eine Anekdote aus den späten 80ern:

meine Mutter (ist 1992 verstorben, über ihren Tod hab' ich noch keine einzige Träne vergossen!) war im Krankenhaus; als treusorgender Sohn macht man sich natürlich Gedanken...

Anyway: irgendwie kriegte ich die direkte Durchwahl zu ihrem Krankenbett raus (damals gab's weder Internet noch Flatrate beim Tel) - und das Erste, was ich hörte, war ein mit ersterbender Stimme dahin gehauchtes
"Hallo Friedrich, leg auf, es wird zu teuer!"...

DAFÜR könnt' ich ihr HEUTE noch den Hals umdrehen - und zwar genüsslich!!!

Alsooo: für mich ist der Begriff "Mutter" eher negativ besetzt:
die Väter üb(t)en physischen Terror aus und die Mütter emotionalen Terror, der mindesten ebenso schädlich ist/war...

Naja (und sorry an alle mit mitlesenden Mütter; es mag auch richtig tolle Mütter geben...)

Friedrich
------------

"Warum sind wir so kalt?

Warum? Das tut doch weh!"



Erika Mann, "Die Pfeffermühle"
r.p.mcmurphy
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von r.p.mcmurphy »

Hallo Friedrich,

da hab ich ne ähnliche Anekdote auf Lager, die sich wiederholt im Frühjahr 2009 ereignet hat.

Bis vor kurzem hatte sie immer wieder mal während unserer Telefongespräche damit angefangen, dass das Telefonieren teuer sei und wir nun aufhören sollten. Und immer wieder hatte ich ihr RUHIG erklärt, dass dem nicht so sei, weil ich eine Flatrate hätte, wir also von Festnetz zu Festnetz kostenfrei telefonieren könnten.

Keine Chance! Erst nachdem wir während eines Streits auch auf dieses Thema kamen und ich ihr den Sachverhalt mit der Flatrate wieder "erklärte", und zwar dieses Mal SEHR LAUT, ist diesbezüglich Ruhe im Karton.

Im normalen Ton funktioniert's einfach nicht. Sie lebt in ihrer eigenen Welt mit ihren festgefahrenen Meinungen.

Wenn ich so recht überlege: Wahrscheinlich glaubt sie mir das mit der Flatrate bis heute nicht und geht nur deswegen nicht mehr auf dieses Thema ein, um einen weiteren Streit zu vermeiden. Zutrauen würde ich es ihr... nicht nur auf dieses Thema bezogen. Insbesondere auch, wenn man ihre latente Beleidigtheit in Betracht zieht.

Na ja, vielleicht ein bisschen weit hergeholt, aber sicher nicht unrealistisch...

Gruß,
Patrick
r.p.mcmurphy
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von r.p.mcmurphy »

Hallo Moya,

danke für Deine Antwort!

Das vernünftige Gespräch habe ich heute auch versucht. Es klappt nicht.

Eine sachliche Diskussion mit ihr hat noch nie geklappt. Nie! Entweder fängt sie irgendwann zu heulen an oder zu schreien oder wird sarkastisch / verletzend oder sie flüchtet aus dem Raum.

Es gibt keine gemeinsamen Überlegungen, keine Eingeständnisse von Fehlern etc. bei ihr. Dafür ist sie anscheinend zu stolz! Auch muss sie immer das letzte Wort haben - bei kleinen Streitereien, die nicht vollkommen ausarten. Dies ist ihr anscheinend auch absolut wichtig!

Dieses Verhalten... wie ich es hasse!!!

Sie hat es einfach nicht gepackt, zu akzeptieren, dass mein Bruder und ich keine Kinder mehr sind, sondern erwachsene Männer. Im Gegensatz zu mir hat sich aber mein Bruder (37 Jahre) mit dieser Beurteilung abgefunden - mit ihm kommt sie gut zurecht. Sie darf ihm ja auch die Wäsche waschen und seine Gehaltsabrechnungen einsortieren und ihm ständig sagen, es solle vor diesem und vor jenem aufpassen und dies so und das andere anders machen...

Viele Grüße,
Patrick
Moya
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von Moya »

Hallo Patrick,

Wenn deine Mutter die letzten 20 Jahre nicht akzeptieren konnte, dass du erwachsen geworden bist, dann wird sie es vermutlich in den kommenden 20 Jahren auch nicht verstehen! Ihre Unfähigkeit vernünfig mit dir zu kommunizieren zeigt, dass sie nicht bereit ist dieses Thema anzugehen.
Wie lange willst du das noch mit dir machen lassen? Ihre Art verletzt dich.
Vielleicht kannst DU es schaffen zu akzeptieren, dass sie sich nicht ändern kann oder will und so etwas innere Distanz herstellen.
Wichtig ist, dass du es geschafft hast eigenständig zu leben. Zu einem eigenständigen Leben gehört aber auch GRENZEN zu ziehen. Und deine Mutter überschreitet diese Grenzen immernoch - und das lässt du zu.

Liebe Grüße von Moya
SonnenzimmerHell
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von SonnenzimmerHell »

Hallo Patrick

ja das was du da schilderst, kenn ich nur zu gut......und ich glaube deine Hauptfrage war, warum die Mutti sich in Ihrem verhalten nicht ändert......

Ich glaube dafür gibt es 2 Gründe

zum einen ist deine Mutter wohl noch aus der Kriegsgeneration und die haben aus reiner Uberlebensnot nicht gelernt über menschliches Verhalten auch mal selbstreflektiv nachzudenken...woher sollten Sie es auch lernen, denn die Elterngenaration davor, war auch eine Krieggeneration, in der es auch aus Überlebensnot und Ängsten kein Platz und Raum für refletives Nachdenken,Gefühle, Austausch, eigene Wünsche gab....ein schönes Buch zu diesem Thema ist das Buch "Wir Kinder der Kriegskinder"

und der zweite Grund hängt damit zusammen....das was deine Mutter an den Tag legt lässt sich mit einem Abwehrprozess erklären...sie müsste ja über sich und ihr Leben und über Ihr Verhalten allgemein und zu Dir nachdenken und das könnte ja die gefahr bergen mit den eigenen unnschönen Gefühlen und Verdrängungsprozessen und fehlern in der Erziehung konfrontiert zu werden und dass will und kann sie nicht und wehrt sich wehement gegen Veränderungen auch in DEINER Entwicklung...alles soll so bleiben wie sie es gewohnt ist, damit sie sich nicht verändern muss um in ihrem gedeckelten aber sicheren Schneckenhaus zubleiben....

aber wenn Du dich veränderst, wird sie sich verändern müssen...das geht garnicht anders...

als ich meine Mutter mit ihrer erzieherischen Vergangenheit und unseren Famileienproblemen konfrontierte und sie einlud mit zu meiner Tera zu kommen, brüllte sie mich an und zeterete, ich solle sie in ruhe lassen mit meinem SCHEIß.....unglaublich oder ?

ich hab dann eindeutige Regeln festgelegt und sie darüber informiert wie ich künftig von ihr behandelt werden möchte, mich also abgegrenzt, das war für sie natürlich die schlimmste Grenzüberschreitung, die ich je begangen haben kann, was erdreistet sich der unter ihr stehende, hörig zu sein beleibende Sohn IHR Regeln aufzustellen...das war für sie ein Skandal ohne Gleichen....und sie hat versucht mir mit den üblichen Mitteln Schuld einreden und Beschämung ein schlechtes Gewissen zu machen.....das war natürlich hart...aber allein mein Satz an sie "Mutti, die alten Mittel Beschämung und schlechtes Gewissen klappen nicht mehr, es hat keine Wirkung mehr auf mich...lies sie dann ziemlich kleinlaut und zahnlos werden....

ich hab mch dann jahrelang nicht blicken lassen und nicht angerufen und ihr auch verboten mich anzurufen und mir hinterher zu telefonieren, vor allem auf Handy und im Job...nach und nach hat sie es kapiert ..und so jetzt nach 3-4 jahren wird sie gelegentlich auch mal weicher und fragt wie es mir geht...ob sie tatsächlich Einsehen hat, weis ich nicht und ist mir auch egal...hauptsache ich habe mich abgerenzt und sie lässt mich in Ruhe....als 41Jähriger Sohn bin ich ja auch nicht mehr auf die Mutti angewiesen...und das muss man als Mann auch erstmal selber kapieren und das muss man die Mutti dann auch spüren lassen......

Hoffe es war für dich was nützliches dabei.....
Feeling good
Nienor
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von Nienor »

Du bist 40, ich bin 2 Jahre älter.
Mit meiner Mutter rede ich einfach über bestimmte Themen nicht.
Ein bisschen über das ADS meiner Söhne, aber nicht über deren medikamentöse Behandlung, aber nicht über mein eigenes ADS und erst recht nicht über meine Depressionen.
Das ist meine Sache, vielleicht auch noch die meiner Familie, aber meine Mutter geht das überhaupt gar nichts an.
Seit ich selbst Kinder habe, vor allem welche, die nicht den üblichen Mustern entsprechen, kann ich nachvollziehen, dass es nicht unbedingt einfach war, mich zu erziehen, aber ich denke auch, dass meine Eltern weder schuld an meinem ADS sind (außer, dass irgendwo in der Familie entsprechende Gene rumschwirren), und auch nicht an den Depressionen, die halte ich eher für eine Folge des (damals natürlich unerkannten) ADS, weshalb ich immer anders funktionierte als andere etc.

Vergiss sie, sie wird es eh nicht kapieren, also mach dich nicht selbst fertig, indem versuchst, ein längst fossiliertes Huhn mit ihr zu rupfen.
Zwiebel
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von Zwiebel »

Hi Patrik und alle!
Hi über deinen Bericht, Friedrich mußte ich sehr schmunzeln, nett geschrieben!

Meine Mutter hat mich immer "klein" gehalten, es ist ihr gelungen! hast du dies, hast du das, du vergißt immer alles, hilf mir doch, arbeite bitte, du bekommst es auch bezahlt....wir fuhren zusammen in Urlaub, wir hatten auch Spaß, wir gingen sonntags zusammen spazieren, wir gingen einen trinken, wir haben viel zusammen gearbeitet. Bisher habe ich ihr alles sagen können, jenachdem was in der Therapie dran kam, ich bin es los geworden, das war alles, sie kann gar nicht darauf eingehen, und ich habe einiges angesprochen, bisher mit vielen dingen aufgeräumt, dem Mobbing meines Bruders, er ist 5 Jahre älter und er war nicht harmlos, sie hat es nie gemerkt. sie war eine sehr verwöhnte Frau, sie war eine Geschäftsfrau, beliebt und sportlich, immer lustig, für jeden da, fleißig und jeder bewunderte sie wegen ihrer kraft. Heute wäscht sie sich nicht mehr, ihre zähne sind alle verfault weil sie sie nicht geputzt hat, sie stinkt, sie putzt auch nicht ihre Wohnung, sie verweigert einen Arztbesuch und sie hat keine sozialen kontakte, sie ernährt sie mangelhaft und sie läßt mich kaum in ihre Wohnung zum putzen, da ist schon viel Feingefühl nötig, so schämt sie sich. Ich liebe meine Mutter! Ich bin ihr dankbar, ich lerne los zu lassen!
Ja Friedrich, das hast du gut ausgedrückt, der Vater machte psychischen Druck, die Mutter emotionalen, hmm...

Achja, dann wollte ich noch sagen, daß ich ein gutes Verhältnis zu meinen Kindern habe! Es gibt mir sehr viel kraft und bestätigt mich!

Liebe Grüße Ruth
imagine
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von imagine »

Hallo
irgendwie bin ich erschrocken, als ich das alles gelesen habe und wusste gar nicht WARUM
aber bei Ilses letztem Satz ist es mir klar geworden, ich habe nicht an meine Mutter gedacht, sondern an meine Rolle als Mutter und ob ich meine Tochter so behandle und ich weiß es nicht.
Das ist so eine Sache mit dem Loslassen, gar nicht so einfach.
Ich weiß nicht einmal welches der eigentliche Grund ist, warum das so schwer fällt...
Aber zurück zu meiner Mutter, sie hat mich auch nie richtig losgelassen, hat sich nie geliebt gefühlt (was ja in der späteren Kindheit auch so wahr)
Dennoch war ich immer schrecklich verantwortlich.
Aber, sie hat schon eingesehen, dass sie Fehler gemacht hat, aber das machte irgendwie die ganze Sache noch schlimmer, ich kann es nicht richtig erklären, es war fast so, als nähme sie mir damit die Chance Wut auf sie zu haben.
Erst nach ihrem Tod (sehr lange danach) konnte ich mich einigermaßen lösen.
Nun habe ich Angst, dass meine Tochter das gleiche Problem mit mir hat...
Ich versuche schon, sie los zu lassen, dachte auch ich hätte das geschafft, aber nun fährt sie im Sommer ganz alleine nach Südamerika und damit bin ich total überfordert, ich habe solche Angst...
liebe nächtliche Grüße
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
maggy
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von maggy »

Hallo Patrick,

Du schreibst:

>Ach, dieses Thema ist so schwierig, meine Gedanken schwirren hin und her. Weiß nicht, was richtig ist und was falsch, wer "Schuld" hat und wer nicht.... oh Mann!<

Und wenn es gar kein Richtig und gar kein Falsch gibt und niemand "Schuld" hat, sondern die "Beteiligten" einfach nicht in der Lage sind die Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen?

>... zu wissen, man hat Recht, man ist den Ursachen auf der Spur, man arbeitet an sich und diese Mutter ignoriert das völlig....<

Du kannst entweder Recht haben, oder glücklich sein! Ich habe mich fürs "glücklich sein" entschieden .

>Auf einer gleichberechtigten Ebene, auf einer Ebene wo man als erwachsener Mann von ihr akzeptiert wird - keine Chance!<

Lieber Patrick, ein erwachsener Mann buhlt nicht um die Gunst seiner Mutter, das machen Kleinkinder, deren Überleben von der Gunst der Mutter abhängt.

Meine Mutter ist vor 2 Jahren mit fast 92 Jahren gestorben. Oh, ja...ich kenne das alles. Immer wenn sie uns besuchte putze sie das ganze Haus, obwohl wir eine Haushaltshilfe haben. Sie konnte nicht einfach da sein und mit ihren Enkeln spielen. Sie brauchte ein Alibi für Ihre "Daseinsberechtigung" und sie konnte dann ihren Bekannten erzählen, dass sie ja mal alles wieder geputzt hat, da ich ja als Geschäftsfrau einfach nicht dazu komme. 1982 kam sie 2 Tage vor Weihnachten. Mein Mann wollte den Koffer ins Gästezimmer bringen und sie sagte zu ihm: ach laß den mal hier, da ist mein Kittel drin ich werde mal noch die Fenster putzen, die kann man ja über Weihnachten nicht so lassen.
Ich habe gedacht ich raste aus und ich sagte:
In meinem Haus werden die Fenster geputzt wann ich das will, und du setzt dich jetzt auf diesen Stuhl und denkst über dein Leben nach.
Sie wollte eigentlich bis ins Neue Jahr bleiben, ließ sich dann aber am 2.Weihnachtstag von meiner Schwester abholen und wir hatten fast 2 Jahre keinen Kontakt miteinander. Danach hätte sie mein Haus 3 x täglich von oben bis unten putzen können, es hätte mich nicht gestört. Machte sie aber nicht, sie setzte sich in den Garten und beschäftigte sich mit ihren Enkeln .

Ich bin selber Mutter und unsere Söhne sind fast 33 und 24 Jahre alt (und unsere Enkelkinder 6 J. und 4 Monate). Ich habe meine Söhne nicht erzogen, ich habe einfach mit ihnen gelebt.
Wir lieben uns sehr, aber es gibt auch heiße Diskussionen in denen es nicht darum geht wer Recht hat und wer nicht, sondern darum, dass an den gemeinsamen Punkten, an denen sich unsere Vorstellungen vom Leben aneinander reiben, Klärungsbedarf besteht.

Kleine Empfehlung:
die CD von Reinhard Sprenger, Die Entscheidung liegt bei Dir.

http://www.amazon.de/Entscheidung-liegt ... 510&sr=8-2

Lebenswerte Feiertage
wünscht Dir
Maggy
-------------------------------------------

Depression ist die Fähigkeit mit tiefster Gefühlsbereitschaft auf Konflikte zu reagieren
niederländer

Re: Diese Mutter!

Beitrag von niederländer »

Guten Morgen Patrick,

Aus Mannheim einen Gruss zu dir. Ich kann einigermaßen nachvollziehen was du im Moment dürchmachtst.
Bei mir war es nicht so krass, bin aber auch manipuliert geworden. In meine Pubertät war ich schrecklich schüchtern wegen die Mädchen.
Mein ältester Bruder hatte schon lange eine Beziehung und ich war nur daheim. Ich wurde dann mehr oder weniger gezwungen um einen Tanzkurs zu folgen.Später hat sie mich gebeten dann entlich mal in die Disco zu gehen.Gegen meinen Willen. Ich wollte ja meine Mutter nicht verletzen und ging.Ausserdem, so sagte meine Mutter, hatten alle meine Freunde schon ein Mädchen und ich nicht. Was wurden die Nachtbarn und Verwandten wohl denken ?
Während den Tanzkurs bin ich das erste mal verliebt geworden, konnte es aber nicht zeigen.
Aus reiner Frust und Enttäuschung bin ich dann depressiv geworden.

Als ich 22 Jahre war hatten meine Eltern die Idee mich zu kuppeln an die Tochter aus den Bekanntenkreis. Das klappte auch, aber von richtige Liebe war nie die Rede.
Mit ihr bin ich geheiratet nach Vorschrift und drei tolle Kinder bekommen.Meine damalige Frau jedoch konnte nicht richtig ihre Gefühle zeigen und war ein geschlossenes Buch.Nicht grad gut für meine Sensibilität.
Über die Jahre sind wir dann aus einander gewachsen und die Depressionen kamen wieder.
In 2004 hab ich mich getrennt und bin in ein sehr tiefes Loch gestürtzt.

In diese Zeit hab ich zum ersten mal den Alkohol als Selbstmedikation eingesetzt.
Nach kurze Zeit hatte ich eine Sucht entwickelt und damit ein zweites Problem.

Machts gut und viel Kraft,

Herzlichst,


Benny
Zwiebel
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von Zwiebel »

Hi Ihr!
Puh, eure Berichte machen mich schon betroffen, Mannheimer! Mein Dad ist dran getorben, er war Alkoholkrank. Kommst du denn klar mit deinen 2. Problem?
Bist nicht allein Patrik! Tut mir auch gut zu lesen, hier!
Doch, ich kann meine Kinder los lassen, eher im gegenteil, sie kommen immer wieder zu mir und fordern ein, wo ich mich dann liebevoll abgrenze und sie ihre Erfahrungen machen lasse! Wenn jedoch einer von uns im sumpf hängt, dann ist der andere da!Die Tochter ist 19 der sohn 17. War so schnell rum, die Zeit!
Ich habe ein Ge4dicht im Kopf, ich suche es , kann mir jemand helfen, es handelt davon, daß unsere Kinder nicht unser eigentum sind, zum Schluß steht, das sie der Pfeil sind und wir der Bogen, oder die Hand am Bogen und nur die Richtung beeinflußen können? Ich suche es, es passt hier schön hin, glaube ich
Liebe Grüße Ruth
maggy
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von maggy »

Hallo Ilse,
ich denke Du meinst das, es hing seit der geburt unseres Großen im haus und hängt jetzt noch in unserem Büro:

Kahlil Gibran


Deine Kinder sind nicht deine Kinder,
sie sind Söhne und Töchter
der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.

Sie kommen durch dich,
aber nicht von dir,
und obwohl sie bei dir sind,
gehören sie dir nicht.

Du kannst ihnen deine Liebe geben,
aber nicht deine Gedanken,
denn sie haben ihre eigenen Gedanken

Du kannst ihrem Körper ein Heim geben,
aber nicht ihrer Seele,
denn ihre Seele wohnt im Haus von morgen,
das du nicht besuchen kannst,
nicht einmal in deinen Träumen.

Du kannst versuchen,
ihnen gleich zu sein,
aber suche nicht,
sie dir gleich zu machen,
denn das Leben geht nicht rückwärts
und verweilt nicht beim Gestern.

Du bist der Bogen,
von dem deine Kinder
als lebende Pfeile ausgeschickt werden.

Lass deine Bogenrundung
in der Hand des Schützen Freude bedeuten.

Liebe Grüße
von
Maggy
-------------------------------------------

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Re: Diese Mutter!

Beitrag von maggy »

Und hier noch das, das bei uns vor 30 Jahren zeitenweise von morgens bis abends lief; denn ich hatte immer das Gefühl wer wie ich in der Kindheit physische und psychische Mißhandlungen erleben mußte kann sich gar nicht oft genug vor Augen halten, was das für Auswirkungen hat; denn selber habe ich die lange genug verleugnet, weil der Schmerz einfach zu groß und nicht auszuhalten gewesen wäre, alles braucht halt seine Zeit:

Hier also:

Kinder

Bettina Wegner

Sind so kleine Hände
winz'ge Finger dran.
Darf man nie drauf schlagen
die zerbrechen dann.

Sind so kleine Füße
mit so kleinen Zehn.
Darf man nie drauf treten
könn' sie sonst nicht geh'n.

Sind so kleine Ohren
scharf, und ihr erlaubt.
Darf man nie zerbrüllen
werden davon taub.

Sind so schöne Münder
sprechen alles aus.
Darf man nie verbieten
kommt sonst nichts mehr raus.

Sind so klare Augen
die noch alles sehn.
Darf man nie verbinden
könn' sie nichts versteh'n.

Sind so kleine Seelen
offen und ganz frei.
Darf man niemals quälen
geh'n kaputt dabei.

Ist so'n kleines Rückgrat
sieht man fast noch nicht.
Darf man niemals beugen
weil es sonst zerbricht.

Grade, klare Menschen
wär'n ein schönes Ziel.
Leute ohne Rückgrat
hab'n wir schon zuviel.
-------------------------------------------

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1970
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von 1970 »

Hallo
Ich find die Gedichte sehr schön und gleichzeitig auch sehr traurig.

Machen nachdenklich.

Und hier kommt noch ein extra "Winker" für Kormoranin
hat mich sehr gefreut, dass du dich f. mich gefreut hast
Gr. Dori
Ina80
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von Ina80 »

Hallo Patrick, hallo alle anderen,

@Patrick: Du schreibst, Dein Bruder hätte sich mit der Situation abgefunden, aber ehrlich gesagt, ist er auch glücklich damit? Wenn man mit fast 40 Jahren noch die Wäsche von der Mutter gemacht bekommt frage ich mich, ob man dann ein eigenes Leben hat. Du aber hast ein Stück mehr Dein eigenes Leben, auch wenn es mit vielen Kämpfen verbunden ist! Und glaube mir, unsere Mütter müssen nicht alles verstehen!

Ich habe ähnliche Probleme mit meiner Mutter, wie Du und das ist wohl mit einer der Hauptgründe, warum ich mit meiner Therapie begonnen habe. Ich wäre nie alleine aus den Klauen meiner Mutter gekommen, meine Mutter hat mich gradezu umklammert. Dass wir ein gleichberechtigtes Gespräch führen können, von Frau zu Frau ist für mich im Grunde ausgeschlossen und ich versuche, mich mit dieser Situation so abzufinden. Wir führen dann halt besser gar kein Gespräch. Für mich war es ein harter und steiniger Weg, mich aus dem Leben meiner Mutter ein bisschen heraus zu ziehen und ohne meine Therapeutin hätte ich das im Leben nicht geschafft. Und ein Stück dieses Weges liegt wohl auch noch vor mir. Jedes Mal habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich meine Mutter quasi alleine lasse und zu mir in meine eigene Wohnung fahre. Nicht ohne Grund wohne ich mittlerweile in einer anderen Stadt, aber immer noch nahe genug, dass ich "mal eben"zu meiner Mutter fahren kann. Mein Bruder ist 33 und lebt immer noch bei unserer Mutter, ich glaube, es ist für ihn nicht unbedingt ein schönes Leben. Natürlich ist es für ihn auch kein schlechtes Leben, aber für mich ist es schrecklich, es von aussen hilflos betrachten zu müssen. Aber ich kann da nichts machen, mein Bruder hat das Leben selber so gewählt. So findet er wahrscheinlich nie eine Frau und nie eine eigene Familie. Das tut ganz schön weh, dabei zusehen zu müssen. Aber sagen mag ich es ihm auch nicht....Ich würde ihn damit schon verletzen, obwohl ich ihn vielleicht auch zu einer Einsicht bewegen könnte. Tja, was hat mein Bruder davon, wenn unsere Mutter einmal nicht mehr da ist und er aber keine eigene, kleine Familie hat und ein ganzes Stück seines Lebens an ihm vorbei gelaufen ist, weil unsere Mutter ihn nicht loslassen konnte. Es liegt eigentlich an meiner Mutter zu sagen, dass er ausziehen soll und sein eigenes Leben leben muss. Aber meine Mutter ist der Meinung, sie hat nie Fehler in der Erziehung gemacht und das wäre alles richtig so. Natürlich macht mich das wütend, wenn meine Mutter jedes Mal in unseren Gesprächen sagt, dass sie ja doch wieder Recht hat....

Also Du siehst, Du bist nicht allein in so einer Situation und ich bin durch diesen Beitrag erstaunt, wievielen es so geht, wie uns! Warum können Mütter nicht loslassen? Ich hoffe, ich werde es später bei meinen Kindern können! Und wenn ich mich dazu zwingen muss und es wehtun wird, sie gehen zu lassen. Aber auch dafür sind Eltern nun einmal da, ihre Kinder in die Welt ziehen zu lassen. Es nutzt nichts, sie festzuhalten. Meine Mutter hat mir durch das Umklammern sehr viele Steine in den Weg gelegt und wegen ihr sind bei mir einige, sehr schöne Beziehungen gescheitert. Meinen eigenen Kindern werde ich das nicht antun wollen!

Alles Gute für Dich, Lg
Ina
Bedenke: Ein Stück Deines Weges liegt hinter Dir, ein weiteres vor Dir. Wenn Du verweilst, dann nur, um Dich auszuruhen, nicht aber, um aufzugeben. (Augustinus)
Zwiebel
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Registriert: 13. Feb 2008, 20:36

Re: Diese Mutter!

Beitrag von Zwiebel »

Hi Maggi,
ja genau das ist es, ich hatte es auch grad gefunden, danke! Brauche ich es nicht zu tippen! Ich finde sehr viel Trost und auch Wahrheit in den Gedichten, beide, das andere ist mir auch bekannt, macht mich sehr traurig.
Mir ist noch bewußt geworden, wie lange es gedauert hat, sie kam bis jetzt in jeder Therapie vor, bis ich ihr meine Dinge sagen konnte. bis ich soweit war, daß ich kapierte, daß sie sich nicht mehr ändert, ich aber trotzdem heilung erfahren kann, wenn ich ihr meine Dinge sage.Immer wieder stieß ich in der Therapie auf die Frage, wieso ich etwas mit meiner Mutter habe, sie hatte mich doch immer gekuschelt, ich saß oft auf ihrem Schoß? Sie war immer nett zu mir! irgentwann traute ich mich, ihr die Frage zu stellen, wie es für sie gewesen sei, als ich immer auf ihrem Schoß gesessen habe. Sie antwortete: ja der Vater war ja nicht da (ihr Mann!) Mein Körper reagierte prompt, ich hätte mich fast übergeben in diesem Moment, ich brauchte dann noch einige Therastunden um damit klar zu kommen, war schon heftig. Und ich merke grad, das ich es am Dienstag in meiner nächsten Stunde auch noch mal erzählen werde. Es ist schon 11 Jahre her, das Gespräch mit Ihr. In den weitern Jahren warf ich ihr alles vor die Füße was in den Therastunden raus kam, sie betraf, ich wollte einfach alles los werden, daß nix mehr offen ist, wenn sie gehen sollte. Irgentwann kam der Punkt, wo ich ihr sagen wollte, das ich sie lieb habe, das war auch eine schwere Aufgabe für mich. Ich fuhr zu ihr und stellte fest, das ich es nicht konnte. Ich fuhr nach Hause und merkte, das man sie anbrüllen muß, damit sie einen versteht und ich kann nicht brüllen das ich jemanden lieb habe, das sage ich leise! Ich schrieb es schön auf und fuhr wieder hin, hielt ihr den Zettel unter die Nase und sie fing an zu weinen, es war ein schöner Moment, ich konnte sie mal autentisch erleben, sie zeigte mal ein ehrliches Gefühl.
Und vor einem halben jahr habe ich mich bei ihr bedankt, das sie so viel gearbeitet hat, so lange bei ihrem Mann geblieben ist, sich eigentlich geopfert hat um das Anwesen zu erhalten.(Wo ich auch von profitiere) Früher habe ich sie verachtet, weil sie nie gegangen ist. Heute weiß ich was es bedeuten kann! Grade für diese Generation!
Ich kann heute sehen, daß sie mit mir überfordert war, als Geschäftsfrau konnte sie kein Kind brauchen, ja heute sagt man ADS daran, früher kannte man den Ausdruck nicht.
Liebe Grüße Ruth
r.p.mcmurphy
Beiträge: 170
Registriert: 6. Mär 2006, 04:11

Re: Diese Mutter!

Beitrag von r.p.mcmurphy »

Hallo zusammen,

ich habe mir Eure Antworten aufmerksam durchgelesen. Vielen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen. Tut gut zu wissen, dass man nicht allein ist!

Ich werde versuchen, auf einzelne Antworten noch näher einzugehen.

Vielen Dank nochmals!

Gruß,
Patrick
thekla
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Registriert: 18. Mär 2006, 00:39

Re: Diese Mutter!

Beitrag von thekla »

Hallo,

das hört sich so an, als ob sie gerne klein hält, es nicht anders kennt, selbst so erzogen wurde, kann das sein?

Ich habe so ein Verhalten von meinem Vater gekannt und alle seine Kinder hatten damit gewaltige Probleme. Ändern wirst du sie nicht mehr können, nur deine Einstellung ihr gegenüber.

Ich kenne auch diese Sparsamkeit (Telefonkosten). Wahrscheinlich eine Folge des Krieges oder? Hilft es dir nicht, ihre eigene Biographie/ Erziehung anzugucken und vielleicht zu verstehen/ vermuten, warum sie so tickt wie sie tickt, damit du mehr Abstand zu ihrem Verhalten bekommst?
r.p.mcmurphy
Beiträge: 170
Registriert: 6. Mär 2006, 04:11

Re: Diese Mutter!

Beitrag von r.p.mcmurphy »

Hallo Ina,

Du sprichst mir aus der Seele!

Ob mein Bruder glücklich ist? Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht.

Als mein Verhältnis zu meiner Mutter noch anders war, (bzw. als ich mich ihr gegenüber noch nicht abgegrenzt hatte), rief sie mich des öfteren an und erzählte mir wie schlecht es meinem Bruder gehen würde, weil er keine Freunde / Freundin hätte. Ich solle doch meinen Bruder mitnehmen, wenn ich abends weggehe etc.

Als ich den Vorschlag machte, er solle doch mal seinen (einzigen?) Kumpel im München besuchen, wurde mir erklärt, dass er nicht alleine dorthin fahren könne, weil er sich nicht auskennen würde...

Ich machte einen anderen Vorschlag, nämlich, dass er einen ehemaligen Klassenkameraden besuchen könnte, der damals sogar in seiner Nachbarschaft gewohnt hatte. Mir wurde von ihr - fast empört - entgegnet - das ginge doch nicht, denn dieser Klassenkamerad sei verheiratet und hätte sicher keine Zeit.

Als ich meinem Bruder riet, sich ein Handy zuzulegen bzw. wenigstens seinen Anrufbeantworter auf Vordermann zu bringen, um leichter erreichbar zu sein, fuhr mich dieser wütend an, er kaufe sich kein Handy, da diese ständige Erreichbarkeit eine Verletzung seiner Privatsphäre darstellen würde...

Es gäbe da noch weitere Beispiele. Auf der einen Seite wurde mir ständig von beiden Seiten vorgejammert, wenn ich jedoch Vorschläge brachte wie man die Sache mit der Einsamkeit meines Bruders ändern könnte, wurden mir diese Vorschläge vorgeworfen. Ich wurde zum bösen Buben erklärt.

Irgendwann hat's mir gereicht und ich habe den Kontakt zu meinem Bruder eingestellt bzw. auf das absolute Minimum reduziert.

Nun kamen (und kommen) die Vorwürfe von meiner Mutter, warum ich denn nicht mehr mit meinem Bruder reden würde.

Seit dieser Zeit höre ich übrigens nichts mehr von ihr über das Befinden meines Bruders. Falls das Thema irgendwie angesprochen wird, höre ich von ihr aber immer und immer und immer wieder wie gut doch mein Bruder in seinem Job sei und wie anerkannt. Über sein Privatleben: kein Wort.

Ich muss dazu sagen, dass ich selbst seit zwei Jahren nicht mehr arbeite und derzeit eine 3jährige Schule im künstlerischen Bereich besuche (völlig neue Berufsausbildung). Ich bin diplomierter Betriebswirt, wurde aber in diesem Feld niemals glücklich.

Mein Misserfolg im alten Beruf war ein Grund für meine Depressionen, ein anderer was das Verhältnis zu Mutter und Bruder.

Ich wäre in meinem alten Job zugrunde gegangen und musste etwas ändern, daher der völlige Neubeginn mit damals 38 Jahren. Ich weiß zwar nicht wie die Zukunft aussieht, aber, wie gesagt, in meinem alten Berufsfeld bin/wäre ich sicher gescheitert.

Meine Mutter nimmt die berufliche/schulische Veränderung mit einem Seufzer zu Kenntnis, obwohl sie von meiner Krankheit mittlerweile weiß (vor eineinhalb Jahren ein paar Tage BKH wg. möglicher Suizidgefahr - auch das weiß sie). Aber bisher kam kein Wort des Zuspruchs. Sie unterstützt mich zwar finanziell etwas, aber ich weiß, dass ihr meine Schule gegen den Strich geht. Ich glaube sie schämt sich vor ihren Freundinnen und besonders vor ihren Geschwistern / Verwandten...

Von Seiten meiner Mutter wird mir immer der berufliche Erfolg meines Bruders vorgehalten, sozusagen als Gegenstück für meinen privaten Erfolg. Ich habe zwar ebenfalls keine eigene Familie, aber sehr viele gute Freunde, fahre in den Urlaub, gehe auf Veranstaltungen, mache Sport etc.).

Oh, jetzt hab ich aber viel geschrieben! Ich höre an dieser Stelle auf.

Viele Grüße,
Patrick
r.p.mcmurphy
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Registriert: 6. Mär 2006, 04:11

Re: Diese Mutter!

Beitrag von r.p.mcmurphy »

Hallo nochmal zusammen,

das Thema "KLEIN HALTEN und "SICH NÜTZLICH / UNENTBEHRLICH MACHEN wurde in einigen Beiträgen erwähnt.

Ich glaube, dies ist ein wesentlicher Grund für das Verhalten meiner Mutter.

Mein Bruder und ich sind neben dem Haus ihr einziger Lebensinhalt und -sinn. Unser Vater / ihr Mann ist vor über 30 Jahren gestorben. Seitdem hatte sie - soviel ich weiß - bis auf eine kurze Ausnahme nie mehr wieder eine Beziehung.

Mein Therapeut sagte mir einmal, ich hätte von ihr sowohl die Rolle des Sohnes als auch die Rolle ihres Ehemannes und Vaters für meinen Bruder übertragen bekommen. Dass ich die beiden letztgenannten Rollen niemals erfüllen kann., liegt auf der Hand.

SIE HAT SICH AUFGEOPFERT - auch das habe ich in einem Beitrag von Euch schon gelesen. Das stimmt in gewisser Hinsicht. Und gerade deshalb ist es so schwierig, sich von ihr abzugrenzen.

Bis zum Alter von etwa 30 Jahren hatte ich das beste Verhältnis zu meiner Mutter. Sie war eine gute Mutter. Hat mir und meinem Bruder sehr viel ermöglicht. Nur ab einem gewissen Punkt hat sie sich nicht mehr weiterentwickelt, d.h. hat uns nicht losgelassen, uns nicht als erwachsene, ernstzunehmende Gesprächspartner anerkannt. (Vielleicht hat sie auch alles unternommen, damit wir dies nicht werden? Stichwort: ermöglichte Bequemlichkeit bei ihr zu Hause; Aber wenn man etwas tat, stand sie sofort hinter einem um zu sehen, ob man alles richtig machte bzw. um zu kontrollieren. Irgendwann macht man dann halt nichts mehr im elterlichen Heim.)

In meiner Wohnung dagegen trage ich selbst Verantwortung. Bin ich nicht bequem. Redet mir keine Mutter rein. In meiner Wohnung bin ich nicht "starr".

Gruß,
Patrick
r.p.mcmurphy
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Re: Diese Mutter!

Beitrag von r.p.mcmurphy »

Hallo Maso,

ja sicher liegt ein Grund für ihr Verhalten in den Bedingungen wie sie in der Nachkriegszeit herrschten.

Ein anderer Grund liegt im Verhältnis zu ihren Geschwistern. Sie ist das jüngste Kind von ca. acht oder neun Geschwistern (mag sie mir jetzt nicht im einzelnen abzählen).

Ein Schlüsselerlebnis hatte ich vor ein paar Jahren auf dem Leichentrunk einer ihrer Schwestern. Ich saß neben dem fast 80jährigen Bruder von ihr. Er fragte mich mit einer beispiellosen Süffisanz, warum mein Bruder und ich denn noch nicht verheiratet wären und was denn da los wäre. Ich dachte mir sofort: okay, ich kann nachvollziehen, wenn Deine kleine Schwester (meine Mutter) alles tut um Dir (Arschloch) gegenüber nicht in einem schlechten Licht zu erscheinen. Sie will die beste Mutter sein, um es ihren Geschwistern zu zeigen! Leider bedeutet die beste Mutter zu sein, ab einem bestimmten Alter ihrer Kinder eben nicht mehr zu klammern etc. Leider hat sie dies wohl nicht begriffen...

Gruß,
Patrick
Ina80
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Registriert: 24. Jul 2007, 16:17

Re: Diese Mutter!

Beitrag von Ina80 »

Hallo Patrick,

wenn ich Deinen Beitrag lese, denke ich immer wieder an meine eigene Mutter. Meine Mutter sagt mir auch immer, ich solle doch meinen Bruder abends mal mitnehmen, wenn ich weggehe.
Ab und zu tu ich es auch, sozusagen als "Tarnung", damit meine Mutter zufrieden ist. Aber meistens gehe ich abends alleine weg, ohne meinen Bruder. Und das ist auch richtig so. Und dass ich meinen Bruder ab und zu abends mal mitnehme beim Weggehen, hilft ihm nicht, eine Frau oder Freunde zu finden...

In meine Berufswahl mischt sich meine Mutter zum Glück nicht ein. Naja, unterschwellig hat sie es irgendwann vielleicht doch mal getan, ich habe nach dem Abitur erst BWL studiert. Dann habe ich aber gewechselt, weil mir der Studiengang überhaupt keinen Spaß gemacht hat. Ich glaube, dass ich zunächst BWL studiert habe, lag schon indirekt an meiner Mutter, aber mein Studiengangwechsel fand sie nicht schlimm bzw. da hat sie sich überhaupt nicht eingemischt. Zum Glück:-)Und nun mache ich einen etwas kreativeren Studiengang;-)

Meiner Mutter zeige ich nun die Grenzen, zumindest versuche ich es. Es ist nicht immer leicht, aber ich arbeite dran;-) Und auch ich werde immer die Tochter meiner Mutter bleiben, da kann ich mich auf den Kopf stellen;-)

Viele Grüße und ein schönes Pfingstwochenende!

Ina
Bedenke: Ein Stück Deines Weges liegt hinter Dir, ein weiteres vor Dir. Wenn Du verweilst, dann nur, um Dich auszuruhen, nicht aber, um aufzugeben. (Augustinus)
Lee
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Registriert: 5. Jul 2004, 16:42

Re: Diese Mutter!

Beitrag von Lee »

Hallo, Patrick!

Nein, du bist nicht allein. Ich glaube, Eltern beziehen einen enormen Vorteil aus diesem Verhalten: Sie müssen nicht über sich nachdenken, nichts einsehen und, vor allem, nichts verändern. Das schafft ein gutes Gefühl: Sicherheit.

Außerdem gehört deine Mutter vielleicht noch zu einer Generation, die das Reflektieren nicht gelernt hat. Im Ernst: wir haben das in der Schule gelernt, Ältere können es aber nicht unbedingt - selbst, wenn sie wollten.


Hallo, Friedrich!

>>> "Hallo Friedrich, leg auf, es wird zu teuer!"...
Ich kriege mich gerade kaum ein vor Lachen. DAS kenne ich! Muttern begrüßt mich außerdem nicht, sondern stürzt davon, kaum dass ich in der Tür stehe, zückt das Portemonnaie und spricht: "Hier hast du dein Reisegeld wieder!" Kennst du das auch?

Viele Grüße,
Lee
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