mir fällt kein Betreff ein

otterchen
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mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von otterchen »

Hallo,

irgendetwas nagt derzeit an mir, und ich möchte dies hier gerne veröffentlichen, um Eure Kommentare und Ratschläge dazu zu hören.

Kurz zum Background:
schlechte Kindheitserfahrungen, nie Urvertrauen oder Geborgenheit und dergl. kennengelernt
Defizite in der Sozialisation


Im Moment habe ich das Gefühl, ich kann das, was ich als Kind versäumt habe, nicht mehr erlernen.
Wenn ich z.B. in Zoosendungen (z.B. Lama, Geier & Co.) sehe, wie Tierpfleger mit Gorillakindern umgehen, bemerke ich viel Geduld, Zartheit, Behutsamkeit, Vorsicht etc. Das sind Momente, in denen ich heulen könnte. Zum einen, weil ich das in dieser Form nie mitbekommen habe, aber auch, weil ich weiß, dass ich total anders bin. Ich bin direkter, viel bestimmter, ungeduldiger, nicht so vorsichtig. Ich möchte mein Verhalten fast als ruppig bezeichnen.

Und dann kommt wieder die Frage in mir hoch, wie ich das lernen kann. Das ist doch eine Katze, die sich in den Schwanz beißt: ich habe womöglich genau deshalb wenig soziale Kontakte, aber ich kann dieses Zarte nicht lernen, weil ich wenige Kontakte habe.

In der Firma bin ich die Schlagfertige, die mit den Haaren auf den Zähnen, die für fast alles eine witzige Entgegnung findet. Ja, Spaß macht es, und ich bin auch gut in dem, was ich tue. Aber ich habe auch den Eindruck, dass mir die leisen Töne abgehen. Mir kommt gerade die Idee, dass ich vielleicht wieder in die Impulssteuerung abdrifte. Besser wäre wohl innezuhalten: was will ich? Will ich wirklich einen Spruch ablassen oder mal die Ruhige sein?

Ich stelle derzeit einiges in Frage: was fehlt mir, weshalb viele keinen Kontakt (mehr) zu mir haben möchten? Da gab's leider wirklich ein paar Beispiele in den letzten 2 Jahren
Wo liegen meine Defizite genau? Und warum kann ich die vielleicht gar nicht erkennen?

Das, was mir gerade als Gedanke im Kopf herumgeht, ist "warum will mich keiner dabei haben?"

Wirke ich zu stark?
Oder stoße ich durch meine oft etwas schroffe Art doch ab?

Wo liegt das zwischenmenschliche Geheimnis, das ich noch nicht ergründet habe? Ist es das sich-ausliefern-können, in der Gewissheit, dass man aufgefangen wird? (woher soll das kommen, ich wurde seit der Kindheit immer nur fallengelassen)


Ich bin echt ratlos... ich würde mir jemanden wünschen, der mir widerspiegelt, wie ich eigentlich bin bzw. wirke... ich glaube, ich weiß aber, wen ich da mal fragen kann.




Ich bin nicht mehr in Therapie, befinde mich gerade in der 2-jährigen Pause (mit dem Wunsch, nach dieser Frist wieder eine VT zu beginnen).
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
flocke
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von flocke »

Hallo Otterchen,

entschuldige, dass ich nicht wirklich was beisteruern kann... ich habe nur gerade beim Lesen gedacht, das hätte auch ich geschrieben haben können...

Aber was ich spüre und höre ist eine Sehnsucht bei dir und auch die "leisen Töne" die du glaubst nicht zu kennen...

Klar it es schwer für andere mit einem Umzugehen, wenn man solche Probleme hat, aber es gibt Menschen (da bin ich ganz sicher, manchmal zumindest) die damit umgehen können und einen entweder so nehmen wie man ist.... oder eben wie ein Tierpfleger noch mal mit einem Nachholt was man verpasst hat, einen päppelt und versorgt... mit so viel Geduld...


Ich denke zwar, dass man nicht alles lernen kann, was man früher hätte lernen sollen/müssen... nicht alles ist aufholbar, zumindest nicht zu 100%... aber man kann lernen immer und sei es auch nur wenig und klein... man kann Wege finden damit zu leben und die Defizite zu kompensieren... und man kann Menschen finden die einen so nehmen und wollen.


Du besitzt diese leisen feinen Töne... nur hast du noch nicht gelernt sie zu zeigen... noch musst du dich da schützen, weil du Angst hast wieder fallen gelassen zu werden...


Flocke
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kartoffelsalat
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von kartoffelsalat »

Hallo Otterchen,

es ist vielleicht etwas seltsam, aber mir fällt spontan folgendes dazu ein.

Ich habe das was du vermisst auch nicht richtig erhalten. Und wenn jemand sowas wie ich liebe dich von mir hören will, muss er sich mit einem "du bist einigermaßen in Ordnung" erstmal zufrieden geben. Dennoch merke ich, dass ich da unheimlich bedürftig bin.

Nun aber zur Sache: Ich war kürzlich im Zoo und bin dann da in den Streichelzoo gegangen. Da stand eine schwangere Ziege und sah recht unglücklich aus, (meine Wahrnehmung) ich zu ihr hin und habe sie gestreichelt, sie hat sich ganz still an mich angelehnt und versucht sich an mich anzukuscheln, nicht nach Futter gebettelt, aber den Kopf ganz fest an meinen Arm gedrückt und di Augen zu gemacht. Es war seltsam, aber diese Nähe gab mir plötzlich unglaublich viel. Ich konnte sie nehmen und geben und hatte nicht das Gefühl mich aufzudrängen. So stand ich fast 15 Minuten im Streichelzoo und habe eine Ziege gestreichelt.

Warum ich dir das schreibe, weil ich mir danach überlegt habe, ob ein Haustier nicht evtl das richtige für mich ist.
Ich pesönlich bekomme auch unglaublich viel durch mein Kind, dem gegenüber ich anders sein kann und bei dem ich versuche mich anders als meine Eltern zu verhalten. Jedoch habe ich Angst mein Kind mit meinem Nähebedürfnis zu überschütten.

Hast du ein Haustier, ist das etwas was du dir vielleicht vorstellen kannst?
Kannst du vestehen, dass ich in diese Richtung schreibe. Ich finde es halt schwierig durch die Gegend zu laufen und zu Menschen zu sagen: "Entschuldigung, aber können Sie mich vielleicht mal kurz in den Arm nehmen." Aber es gibt dieses Bedürfnis und wen es nicht erfüllt wird entsteht daraus bei mir eine innere Aggression.

So, dies mein Beitrag dazu liebes Otterchen
wenn du magst, dann fühl dich mal ganz lieb umarmt.
kaitain
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von kaitain »

Zorra
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von Zorra »

Hallo Otterchen,

genauso wie Flocke habe ich die leisen Töne auch gehört/gelesen bei dir.

Interessanterweise habe ich genau andersherum lernen müssen - verschüchterte, graue Maus, die nicht pieps sagt - heute durchaus selbstbewußt, oft als stark gesehen, fröhlich (wenn nicht gerade krank *grummel*). Mit Hilfe von 2 Therapien habe ich diese Lebensfreude in mir geweckt.
Heute laufe ich fast Gefahr, dass man in mir nur die Starke, Funktionierende, "wenn man dich braucht, bist du immer da ..." sieht und nicht auch die Bedürftige, die auch mal Schwache, Sehnsuchtsvolle. Allerdings habe ich Freunde, die mich auch schwach sein lassen können. Es sind vielleicht nicht wirklich viele, aber es sind mir wichtige Menschen.

Und ich möchte dir sagen, dass ich selber bis heute Menschen sehr mag, die auch "ruppig" sind, gerade aus dem Wissen, dass im Kern jeder auch eine weiche, berührbare, sehnsuchtsvolle Stelle hat, die (aus welchen Gründen auch immer) nicht gezeigt werden kann. Früher habe ich diese Menschen ob ihrer Stärke bewundert - ich wollte auch so taff sein. Heute mag ich sie wegen meines Wissens, dass manche Stärke auch nur aufgesetzt ist, dass innen noch mehr ist. Stärke ist ja auch etwas Gutes - die Mischung macht es!
Und ich betrachte es als Geschenk an mich, wenn jemand "Starkes" dann auch mal seine leise Seite zeigt. Das zeugt für mich nicht für Schwäche, sondern für ungeheures Vertrauen, dem ich dann auch gerecht werden möchte - also nicht ausnutzen, fallen lassen o.ä.
Du wolltest jemanden fragen und hattest wohl auch schon eine Idee, dir zu spiegeln, wie du wirkst - das ist doch dann schon mal ein Gespräch der leisen Töne, gell?
Ich habe so viel Gedanken und auch Gefühle dazu, aber ich ziehe mich erst mal zurück, mein Geschreibsel ist auch erst mal noch unsortiert ...
Liebe Grüße von Elke


Wir sind nicht die Masken, die wir tragen ... doch wenn wir sie zu lange aufhaben, werden wir dann nicht wie sie?

© Aya Yven

otterchen
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von otterchen »

Hallo,

vielen lieben Dank für Eure Antworten! Ich möchte jedoch später darauf eingehen.

Mir fiel gerade auf/ein, dass es anscheinend 2 von mir gibt:
die sprechende und die schreibende.

Wenn ich schreibe, formuliere ich viel sorgfältiger, wähle meine Worte mit Bedacht, korrigiere und kann "leise" sein.
Wenn ich spreche, dann oft laut, lustig, schnell.

In diesem Zusammenhang ist mir vor kurzem mit viel Erstaunen aufgefallen, dass man mich auch hört, wenn ich ganz leise etwas sage.

Ist das vielleicht einer der Gründe? Das Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden, wenn ich leise bin? Übergangen zu werden, nicht gehört zu werden, wenn ich mir für die Antwort Zeit lasse?

Wenn also irgendwas in mir schreit "hört mich", dann sollte ja wohl erst einmal ich selbst hinhören. Hm. Ich dachte, das hätte ich schon getan...

Anderer Erklärungsversuch (ja, ich gebe es zu: ich habe Frau Kallwass im TV gesehen und mich hat dieser Punkt angesprochen):
da testet das Kind seine Grenzen aus, "mögt ihr mich auch, wenn ich schlimm bin? hält euer netz noch, wenn ich mich schwer mache? fangt ihr mich auf, auch wenn ich ruppig bin?"

Vielleicht ist es eine Mischung aus beidem, gepaart mit der Erziehungsgeschichte, die ich einfach als defizitär bezeichnen möchte (oder muss).



Und obwohl Eure Beiträge meine Tränen runterlaufen ließ, fühle ich mich doch bei Euch gut aufgehoben, verstanden und nicht alleine.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Nienor
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von Nienor »

Sag mal, bist du ich?
In vielem jedenfalls.
Antworten habe ich leider auch nicht so wirklich. Es ist zwar im Laufe der Jahre besser geworden, aber so gute soziale Fähigkeiten werde ich nie haben *grmpf*





, nie Urvertrauen oder Geborgenheit und dergl. kennengelernt
> Defizite in der Sozialisation
>
>
> Im Moment habe ich das Gefühl, ich kann das, was ich als Kind versäumt habe, nicht mehr erlernen.
> Wenn ich z.B. in Zoosendungen (z.B. Lama, Geier & Co.) sehe, wie Tierpfleger mit Gorillakindern umgehen, bemerke ich viel Geduld, Zartheit, Behutsamkeit, Vorsicht etc. Das sind Momente, in denen ich heulen könnte. Zum einen, weil ich das in dieser Form nie mitbekommen habe, aber auch, weil ich weiß, dass ich total anders bin. Ich bin direkter, viel bestimmter, ungeduldiger, nicht so vorsichtig. Ich möchte mein Verhalten fast als ruppig bezeichnen.
>
> Und dann kommt wieder die Frage in mir hoch, wie ich das lernen kann. Das ist doch eine Katze, die sich in den Schwanz beißt: ich habe womöglich genau deshalb wenig soziale Kontakte, aber ich kann dieses Zarte nicht lernen, weil ich wenige Kontakte habe.
>
>
tomroerich
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von tomroerich »

Hi Otterchen,

Kurz zum Background:
schlechte Kindheitserfahrungen, nie Urvertrauen oder Geborgenheit und dergl. kennengelernt
Defizite in der Sozialisation


Im Moment habe ich das Gefühl, ich kann das, was ich als Kind versäumt habe, nicht mehr erlernen.

ja, es ist eine gängige Sichtweise, dass Akzeptanz, Geborgenheit, Liebe etwas sei, was gelernt werden könne...... Du schaust der Orang-Mama zu und denkst: Das Kind lernt gerade Geborgenheit. Wenn es sie jetzt lernt, "hat" es die Geborgenheit, wenn nicht, dann "hat" es sie eben nicht.


Ich biete dir eine andere Sichtweise an: Liebe wird nicht gelernt, sie wird bestätigt oder nicht. Liebe und Geborgenheit sind Eigenschaften des Lebens selbst - sie müssen nicht gelernt werden, sondern werden erkannt. Das Orang-Kind bekommt etwas angeboten, was in ihm selbst als wesentlichste Eigenschaft seiner eigenen Natur schon da ist und dann erkennt es dies in sich - es wird erweckt. Jedes Lebewesen hat in sich diese Eigenschaft - sie drückt sich als Bedürfnis nach Schutz aus, als Bedürfnis nach Überleben und Zusammensein mit seiner eigene Art.

Diese Sichtweise schafft eine andere Grundlage für das, was dir fehlt. Sie sagt, dass Liebe und Geborgenheit eine unverbrüchliche Essenz deiner Natur sind und nicht außerhalb von dir, wo sie durch Lernen erworben werden müssen. Du hast sie bereits, sie sind nur verdunkelt. Jetzt erlebst du sie gerade als Mangel, als Suche und dadurch nehmen sie eine scheinbar negative, schmerzende Form an. Aber das ist nur eine Auswirkung ihrer Abwesenheit. Das wird sofort verschwinden, wenn du sie in dir wiederentdeckst. Schau nicht nach außen, dort gibt es nichts zu finden.

Als man dir die Liebe verweigert hat, hat man dir "nur" verweigert, deine eigene Natur zu bestätigen - genommen hat man sie dir dadurch nicht. Das ist unmöglich.

Dein soziales Verhalten - wenn es tragfähig ist - basiert nicht auf etwas, was gelernt wurde. Seine wirkliche Basis ist eine Übertragung dessen, was du für dich selbst hast, auf andere. Nur die Form der Übertragung hat etwas mit Lernen zu tun -also wie das ausgedrückt wird. Die treibende Kraft dahinter ist jedoch die Liebe in dir, die du für dich selbst hast. Es ist ihre Natur, sich auf andere ausdehnen zu wollen.

Herzliche Grüße

Thomas
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flocke
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von flocke »

Thomas das war ein ganz tolles Post (wie so oft)

Flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
no name
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von no name »

Hallo otterchen,
großartige Tipps im einzelnen kann ich dir jetzt hier auch nicht geben, dazu kenne ich dich einfach zu wenig.
Aber was ich aus einem anderen Thread und so wie du schreibst meine zu erkennen, ist, dass du eine starke Persönlichkeit bist.
Und das finde ich ganz toll, für das was du in deiner Vergangenheit erlebt hast oder eben auch nicht erleben durftest.
Ich glaube auch nicht, und da spreche ich aus eigener Erfahrung, das dich jemand ablehnt weil du eine starke Persönlichkeit bist, ganz im Gegenteil. Sicher es gibt vereinzelt Leute, für die hat man einfach zu viel Stärke, die können damit nur schlecht oder gar nicht umgehen. Aber das ist sicher nicht die Mehrzahl.
So wie ich dich im Forum erlebe, kannst du gut zuhören und machst dir umfangreiche Gedanken zu einzelnen Beiträgen.
Ich denke, du agierst im tatsächlichen Leben nicht viel anders. Das sind für mich wesentliche Voraussetzungen für zwischenmenschliche Beziehungen.
Vielleicht solltest du dich bei dieser Thematik selbst nicht zu sehr unter Druck setzen.
Lieben Gruß
no name

Sorry, hab hier nur den Beitrag von otterchen gelesen.
eligeo71
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von eligeo71 »

Otterchen,

Wo liegt das zwischenmenschliche Geheimnis, das ich noch nicht ergründet habe? Ist es das sich-ausliefern-können, in der Gewissheit, dass man aufgefangen wird?

Fast, es ist "das sich-ausliefern-können, ohne die Gewissheit, dass man aufgefangen wird." Das setzt voraus, dass ich in mir selbst ruhe, aber Thomas hat das gerade viel besser als ich es kann, beschrieben. Ist wahrscheinlich kein Trost, aber ich beherrsche diese "Disziplin" auch noch nicht, obwohl ich weiss wie's geht.

LG, Rainer
Ich bin der Mensch, welcher mein Leben entscheidet!
Clown
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von Clown »

Lieber Thomas,

«Dein soziales Verhalten - wenn es tragfähig ist - basiert nicht auf etwas, was gelernt wurde. Seine wirkliche Basis ist eine Übertragung dessen, was du für dich selbst hast, auf andere. Nur die Form der Übertragung hat etwas mit Lernen zu tun -also wie das ausgedrückt wird. Die treibende Kraft dahinter ist jedoch die Liebe in dir, die du für dich selbst hast. Es ist ihre Natur, sich auf andere ausdehnen zu wollen.»

Vielleicht ist es sehr unpassend, meine Frage hier im Forum, ich möchte es riskieren, weil es mich sehr beschäftigt:

Was ist mit der Natur des jungen Menschen aus Winnenden, du sagst sie sei Liebe und Geborgenheit, passiert?

Entschuldige Otterchen, wenn du willst, lösche ich meine Frage.

Grüße,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
otterchen
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von otterchen »

Hallo Clown,

nein, diese Frage können wir eigentlich stehen lassen... wenn wir das irgendwie einknüpfen können.

Wisst Ihr, mir fehlen aus der Vergangenheit irgendwie grundlegende Vor- oder Leitbilder... Rollenbilder, wie man sich warm und herzlich umeinander kümmert... Rollenverhalten, wie Partner / Freunde / Eheleute etc. miteinander umgehen... Werte und Lebensentwürfe, wie man sein Leben gestalten kann.
Und schlussendlich ein Urvertrauen. Das Gefühl, ok und willkommen zu sein, nicht nur falsch und verbesserungswürdig. Selbstvertrauen und -sicherheit.

Auch wenn Thomas einen tollen Beitrag geschrieben hat: ich bin der Ansicht, dass gewisse Grundsteine, die früh im Leben gelegt werden "sollten", nicht oder nur sehr schwer nachträglich erarbeitet (erworben, erlernt, beschafft) werden können.

Aber zurück zum Drama in Winnenden: mein Gedanke dazu ist, dass diesem Täter sehr viel gefehlt haben muss. Ob er noch sowas wie Liebe in sich hatte? Was wird aus einem Menschen, der keine Liebe erfährt und auch keine geben kann? Wird dann Angst zu Wut und Zorn? Wird dann alles so egal, dass man wild um sich schießt (wortwörtlich in diesem Falle, aber im übertragenen Sinne verbal auch manch einem von uns bekannt)? Dass die anderen endlich auch mal die Schmerzen fühlen sollen, die einem selbst so unendlich weh tun? Dass man sich in eine Situation bringt, die einem augenscheinlich nur noch den finalen Ausweg bietet?

Wo ist da die Liebe hin? Das Vertrauen, angenommen zu werden, sich öffnen zu dürfen, wichtig zu sein?
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Liber
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von Liber »

Hallo ihr Lieben,

liebe Clown, seit ich davon gehört habe, beschäftigt mich dieses Geschehen in Winnenden auch stark.

Und es hat, denke ich, auf einem tiefen Grundlage auch mit dem Thema deines Threads zu tun, Otterchen. Mit der Liebe.

Die immense Aufmerksamkeit, die dieser Amoklauf auf sich zieht, sagt viel über uns, die wir auf diese Nachricht reagieren, aus. Täglich hört man in den Nachrichten von vielen Toten und Verletzen in Krisengebieten, bei Unfällen, bei Selbstmordanschlägen usw. Keine einzige löst auch nur ansatzweise soviel Anteilnahme aus.

Aber diese tut es. Sie schreckt uns regelrecht auf. In einer Mischung aus Unfassbarkeit und Schock.

Es ist "nahe" bei uns - es passiert in einer Schule, wie wir alle sie kennen. In einer Schule der Art, wie sie auch unserer Kinder besuchen. Auch der Junge ist ein Typ, den jeder aus der Nachbarschaft "kennt". Unauffällig, ruhig. Nie war was besonderes an ihm zu bemerken.

Und auf einmal bricht aus diesem jungen Menschen wie aus einem Vulkan eine unglaubliche Aggression und Wut heraus. Sie tötet fast wahllos alles um ihn herum. Einmal entfesselt ist sie nicht mehr aufzuhalten.

Woher diese Aggression? War es zu verhindern? Wenn ja, wie?

Und: was löste sie letztendlich aus?

Ist da vielleicht auch Angst vor dieser entfesselten Kraft - die potentiell in jedem vorhanden ist, so auch in mir??

Viele richten diese Kraft nicht nach außen, sondern nach innen, implodieren sozusagen innerlich, und töten das Leben in sich selbst ab.

Liebe ist da nicht spürbar.

Natürlich ist die Liebe da! Aber die Trennung von sich selbst ist so massiv, dass es nicht möglich ist, sie wahrzunehmen.

Das mal ganz spontan....

zu deinem Eingangsposting schreibe ich später noch, Otterchen!

Liebe Grüße
Brittka
tomroerich
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von tomroerich »

Liebe Clown,

Was ist mit der Natur des jungen Menschen aus Winnenden, du sagst sie sei Liebe und Geborgenheit, passiert?

Wo ist der Himmel, wenn er bedeckt ist?



Thomas
Betroffene für Betroffene

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tomroerich
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von tomroerich »

Hi Otterchen,

ich bin der Ansicht, dass gewisse Grundsteine, die früh im Leben gelegt werden "sollten", nicht oder nur sehr schwer nachträglich erarbeitet (erworben, erlernt, beschafft) werden können.

damit verurteilst du dich aber dann auch selbst dazu, "nicht oder nur sehr schwer" glücklich sein zu können.

Dieser Glaube daran, einen Mangel zu haben, der in der eigenen Natur liegt, ist für sich alleine schon so mächtig, dass er dir nicht erlaubt, glücklich zu sein. Der Glaube, etwas von außen zu benötigen, um glücklich sein zu können, verurteilt dich auch dazu, von außen abhängig zu sein.

Was soll denn das sein, was diesen Mangel in dir beheben könnte? Menschen verändern sich, sterben, gehen fort. Alles andere verhält sich nicht anders. Man benötigt das nicht, um glücklich zu sein, weil Glück nur damit zu tun hat, sich selbst zu haben.

Warum gibst du dir nicht die Chance und nimmst mal lieber an, dass du so, wie du bist, bereits perfekt bist? Weil du anderes fühlst? Und wenn es nun wirklich so ist, dass diese Annahmen über dich selbst gar keine anderen Gefühle mehr zulassen? Dass sie nur das ausdrücken, was du für dich selbst als Definition gefunden hast? Vergiss die Definition. Sie untermauert nur das, was du bereits für richtig hältst und ihr Denksystem wurde von dem Problem geschaffen, das du mit ihr lösen willst. Sie ist selbst das Problem.

Ich habe auch nur ein einziges Argument für diese Sichtweise. Sie hilft und erweist sich dadurch als richtig.


Thomas
Betroffene für Betroffene

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flora80
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von flora80 »

Man benötigt das nicht, um glücklich zu sein, weil Glück nur damit zu tun hat, sich selbst zu haben.



Danke! Tut gut, das mal wieder von jemandem gesagt zu bekommen (auch wenn du es ja eigentlich Otterchen gesagt hat!)

otterchen
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von otterchen »

Hmpf,

bei mir kommt irgendwie im Moment nur folgendes an:

wenn andere nichts mit dir zu tun haben wollen, ist das egal, Hauptsache, du bist mit dir selbst zufrieden

???

und SO zufrieden kann ich ja gar nicht sein, wenn ich merke, dass andere nicht sooo viel Interesse an mir haben oder einen Kontakt von früher nicht wieder aufleben lassen wollen...
Ich habe mich eigentlich recht wohl gefühlt und hatte den Eindruck, es gehe bergauf, aber so langsam denke ich doch, an mir ist etwas grundlegendes "falsch".
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Donnerschlag
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von Donnerschlag »

hallo, otterchen

als ich deinen thread gelesen habe, dachte ich, dass es der schrei ...der urschrei nach liebe ist. der wunsch, geliebt zu werden, liebe zu erfahren, liebe zu spüren, so angenommen zu werden, wie man ist ohne für und wider. und das so lange, bis sie in einem angekommen ist und das selbst bestätigt.

deine "burschikose" fassade soll sie wahrscheinlich überdecken...deine bedürftigkeit, deine sehnsucht nach liebe, geliebt und angenommen werden, so wie du bist. wenn man als kleinkind genau dieses nicht oder zu wenig erfahren durfte, aus welchen gründen auch immer, wird man sein leben auf der suche nach ihr sein, so meine meinung. sie wird manchmal partiell befriedigt und lebbar sein, mal mehr und mal weniger. sonst könnte man nicht überleben. und man entwickelt seine strategien, um diese sehnsucht nicht so zu spüren, sich angreifbar zu machen, sich zu zeigen, wie man ist und sich fühlt.

es ist der ruf nach liebe...

lieben gruss
tama
Donnerschlag
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von Donnerschlag »

an dir ist nichts falsch...vielleicht kommen die anderen gar nicht auf die idee, dass du genau das brauchst, was sie dir geben könnten.

tama
Liber
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von Liber »

Liebe Otterchen,

>Wenn ich z.B. in Zoosendungen (z.B. Lama, Geier & Co.) sehe, wie Tierpfleger mit Gorillakindern umgehen, bemerke ich viel Geduld, Zartheit, Behutsamkeit, Vorsicht etc. Das sind Momente, in denen ich heulen könnte. Zum einen, weil ich das in dieser Form nie mitbekommen habe, aber auch, weil ich weiß, dass ich total anders bin.

Du würdest Geduld, Zartheit, Behutsamkeit, Vorsicht nicht so gut und sensibel wahrnehmen, wenn du genau das nicht in dir hättest!

Es zu ersehnen und es in sich zu haben - da ist kein Unterschied!

Es kommt uns nur so vor. Wir GLAUBEN, wir finden es nur außerhalb. Aber in Wirklichkeit ist es nicht so. Das in dir, das sich nach Zartheit und Behutsamkeit sehnt, das ist es bereits. Sonst würdest du die Sehnsucht danach nicht wahrnehmen.

Wie Kartoffelsalat oben kam auch mir die Idee, ob du vielleicht ein Haustier hast? Dem du erst mal all die Liebe und sanfte Zärtlichkeit geben könntest, die da in dir schlummert? Bei dem du dir keine Gedanken machen musst, ob es "falsch" ankommt, ob es erwidert wird oder sonstwas alles?

Irgendwo habe ich gelesen: "Gib, was du dir wünschst und du erhältst es."

Vielleicht oder wahrscheinlich nicht genauso, wie ich es du es dir vorgestellt habe - aber du erhältst es.

Warum es nicht mal mit der Liebe versuchen

Liebe Grüße
Brittka
otterchen
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von otterchen »

Hallo Ihr Lieben,

jetzt möchte ich doch noch auf Eure Antworten eingehen.

Liebe Flocke:

das hätte auch ich geschrieben haben können...

Weißt Du, wie gut das tut?
Ich habe hier im Forum schon den Begriff Alien gehört, damit kann ich mich nicht identifizieren, aber ich habe momentan verstärkt das Gefühl, dass ich anders bin. Und das Schlimme ist: ich sehe nicht genau, in welchem Punkt. Was sehen die anderen in mir? Welches Verhalten von mir stößt andere vielleicht vor den Kopf oder verletzt sie oder gibt ihnen nicht das Gefühl, für mich wichtig zu sein?
Es erscheint mir derzeit wie ein Geheimnis, das ich partout nicht ergründen kann.
"Die machen alle im stillen Kämmerlein etwas, was ich niemals sehen werde und mir daher auch nicht aneignen kann".
Ich will ja lernen, mein Sozialverhalten bessern, aber was machen die Menschen denn so untereinander, um ihr soziales Netz zu knüpfen?
Werde ich schon paranoid, oder habt Ihr womöglich ähnliche Gedanken? Ich fühle mich in dieser Hinsicht derzeit recht unfähig und ratlos.


Ich denke zwar, dass man nicht alles lernen kann, was man früher hätte lernen sollen/müssen... nicht alles ist aufholbar, zumindest nicht zu 100%...

Denkst Du das nach dem Posting von Thomas immer noch?
Meine Einstellung ist (nach wie vor) wie Deine, dass ich einiges nicht nachholen kann - aber wohl kompensieren.

Du besitzt diese leisen feinen Töne...
Danke... aber ich vermute, dass ist wirklich der Unterschied ob ich schreibe oder jemandem wirklich gegenüberstehe.
Mir dämmert, dass ich die Langsamkeit und das Bedächtige für mich entdecken sollte und dass ich wohl immer noch zu impulsiv und damit auch reaktiv bin.


@ Kartoffelsalat:

Das Beispiel mit dem Zoo kann ich gut nachvollziehen. Ich bin z.B. immer stolz, wenn Hunde und Katzen ganz vertrauensvoll zu mir kommen (Hunde mit einem Überschwang, als würden sie sich den Schwanz abfreuen, mich eeeendlich wiederzusehen - dabei war's eine einmalige Zufallsbegegnung beim Spaziergang).

Das mit dem Haustier ist so eine Sache. Ja, der Wunsch ist irgendwo schon da. Hund geht aber nicht; ich bin zu lange außer Haus. Katze könnte mir prima auf's Dach und dann auf die Straße entwischen, und damit hätte ich ein großes Problem (Angst vor Verkehr und vielen Hunden).
Am liebsten wäre mir ein Tier, was hier rumwuselt, nirgends knabbert, tagsüber länger allein sein kann, die Terrasse nicht verlassen würde, stubenrein ist, einen Kuschelfaktor hat...
gibt's das??


@ Kaitain:

oh Liebes, warum hast Du Dein Posting gelöscht? Das war doch gut!
Ich hab's allerdings per Email erhalten, weiß aber nicht, ob es Dir unter diesen Umständen recht wäre, wenn ich daraus zitiere.

Ich fand Deine Äußerungen weder falsch noch fragwürdig noch überflüssig.


@ Elke:

Vielen lieben Dank für Deine Rückmeldung. Herrje, ich frage mich gerade, wie Ihr reagieren würdet, wenn ich dann mal auf einem Treffen real erscheine. Keine leisen Töne mehr...
Ich fühle mich gerade wirklich sehr unwohl dabei, wenn ich erkenne, wie weit diese zwei Seiten von mir auseinanderliegen.
Aber ich will ja noch jemanden dazu befragen... vielleicht ist es ja doch nicht so schlimm.

Allerdings habe ich Freunde, die mich auch schwach sein lassen können.
hmm... mein größter Hinderungsgrund dabei bin ich selber. Ich habe mal sehr emotional und mit ein paar Tränen mit einer Freundin geredet und hatte hinterher die Angst, dass sie das womöglich verschreckt hat... in mir ist immer noch die Angst, dass das "zuviel" ist, dass ich das besser lassen sollte.

ich möchte dir sagen, dass ich selber bis heute Menschen sehr mag, die auch "ruppig" sind

hehe, wo können wir uns kennenlernen?

Melde Dich doch wieder mit weiteren Gedanken zum Thema - da schien ja noch etwas in Dir zu entstehen.


@ Nienor:

Sag mal, bist du ich?

nein, nicht wirklich... aber tut es nicht gut, wenn da auf einmal mehrere Menschen sind, die sich öffnen können, und man entdeckt, dass man nicht alleine ist?


Lieber Thomas,

Du kennst das schon, dass ich irgendwie immer widerspreche

ja, es ist eine gängige Sichtweise, dass Akzeptanz, Geborgenheit, Liebe etwas sei, was gelernt werden könne...... Du schaust der Orang-Mama zu und denkst: Das Kind lernt gerade Geborgenheit. Wenn es sie jetzt lernt, "hat" es die Geborgenheit, wenn nicht, dann "hat" es sie eben nicht.

Du weißt aber schon, dass Kinder, die nur "versorgt" werden, sterben können? Dass auch Menschenaffenkinder, die lediglich eine Grundversorgung erfahren, auch verkümmern, habe ich erst vor wenigen Tagen erfahren.
Dass sich gewisse Dinge im menschlichen Gehirn in frühester Kindheit entwickeln, die kaum noch rückgängig zu machen sind, ist eine zusätzliche Theorie dazu.

Natürlich sind wir keine Tiere, wir können wohl viel mehr über den Verstand begreifen und umsetzen. Dennoch fühle ich mich ihnen manchmal so nah. Da ist ein Tier, welches falsch (auf den Menschen geprägt) aufgewachsen ist. Bei der Integration in die Gruppe kann es z.B. keine Unterwürfigkeitshaltungen zeigen, da es die nie gelernt hat. Andere Tiere machen es einfach - es sichert die soziale Ordnung, und danach ist alles wieder ok. Aber dieses eine Tier kann es partout nicht - es hat es nie gelernt. Und damit bleibt es in seiner Gruppe ein Außenseiter mit ständigen Schwierigkeiten. Es wird nie so ganz dazugehören.
Ja, ICH KÖNNTE es lernen... aber das klingt in der Theorie viel einfacher als in der Praxis. Woher die Menschen nehmen, die mich lernen lassen, die auch die Fehler verzeihen? Dazu müsste ich ja erst einmal diese Menschen kennenlernen, und da stehe ich mir wieder selbst im Weg.

Aber es scheint mir nicht das Grundgefühl der Liebe in mir zu sein, was das Problem ist... vielmehr ein gewisses Sozialverhalten, gepaart mit zu schnellen Reaktionen?


@ no name:

(warum eigentlich immer noch namenlos?)

So wie ich dich im Forum erlebe, kannst du gut zuhören und machst dir umfangreiche Gedanken zu einzelnen Beiträgen.

Danke! Das versuche ich zumindest. Das ist wohl Teil meines Wesens: ein großer Zusammenhalt, Wissen teilen und sich gegenseitig helfen etc... das ist irgendwie mein Lebensideal, welches ich anstrebe
(und was ich nicht so recht umsetzen kann, weshalb ich derzeit an diesem Thema herumnage)

Ich denke, du agierst im tatsächlichen Leben nicht viel anders.
Hm. Vom Grundprinzip her wohl ja - aber mit anderen Mitteln???

Vielleicht solltest du dich bei dieser Thematik selbst nicht zu sehr unter Druck setzen.

Danke, ich glaube, das habe ich auch gemacht. Das hat vielleicht was mit meiner tief sitzenden Unsicherheit zu tun: wenn etwas nicht innerhalb einer gewissen Zeit klappt, stelle ich mich direkt total in Frage... vielleicht stehen die Zeichen dafür einfach nicht gut; vielleicht sind mir die richtigen Leute dafür einfach noch nicht über den Weg gelaufen


Rainer

es ist "das sich-ausliefern-können, ohne die Gewissheit, dass man aufgefangen wird."

Hm. Weiß nicht. Bei mir ist es wohl eher umgekehrt: die Gewissheit, dass ich definitiv fallengelassen (wenn nicht gar bestraft) werde, wenn ich mich fallen lasse?
Wohl deshalb ein wenig Unverständnis meinerseits wegen dieser Sache.

Vielleicht bin ich es auch einfach nur leid, dass ich immer und immer der Einzelkämpfer bin, der für alles selber zuständig ist. Sich selber auffangen können, sich selber motivieren, sich liebhaben, sich trösten etc... Ich würde manchmal gerne was davon nach außen abgeben können. Warum kann / darf ich diese Erfahrung nicht machen? Und komischerweise habe ich den Eindruck, dass das ausgerechnet oft die Leute sagen, die ein intaktes Sozialleben haben. Die bekommen doch auch was - sehen die das denn nicht?


Clown

Ich hatte eigentlich gedacht, dass Du nach diesem Posting noch was nachschickst.
???


Liebe Brittka,

Ist da vielleicht auch Angst vor dieser entfesselten Kraft - die potentiell in jedem vorhanden ist, so auch in mir??

Als Grundschulkind habe ich diese Kraft einmal in mir gespürt, als ich mir vorstellte, über einem Raufbold in unserer Klasse zu hocken und auf ihn einzuschlagen. Aber das war nur einmal.
Manchmal mache ich mir heutzutage Gedanken, dass ich so in meiner Welt, so weit weg "in mir" bin, dass ich etwas tue, was ein gesellschaftliches NoGo wäre... so als wäre etwas Unkontrolliertes in mir.
Aber keine Angst: dies sind keine aggressiven oder zerstörerischen Elemente!

Was muss in diesem jungen Mann vorgegangen sein, dass er sowas durchgezogen hat...


nochmal @ Thomas:

Warum gibst du dir nicht die Chance und nimmst mal lieber an, dass du so, wie du bist, bereits perfekt bist?

Weil ich immer noch stark geprägt bin von meinem Elternhaus. Ich möchte das abschütteln, dazulernen. Ich bin noch nicht "perfekt" (und ich möchte mit diesem Punkt nicht den Perfektionismus ansprechen), weil da noch zuwenig ICH ist, noch (für meinen Eindruck) zuviel Einfluss des Elternhauses.


Liebe Tama,

dachte ich, dass es der schrei ...der urschrei nach liebe ist. der wunsch, geliebt zu werden, liebe zu erfahren, liebe zu spüren, so angenommen zu werden, wie man ist ohne für und wider. und das so lange, bis sie in einem angekommen ist und das selbst bestätigt.

Joh. Und dazu kommt wohl wieder meine Unsicherheit. Ich habe soviel gelernt, dass ich diese Liebe zu mir selbst spüren kann - aber kann das richtig und ok sein, wenn meine Umwelt keinen näheren Kontakt zu mir will? Was mache ich noch falsch?
Ok... da kommt gerade ein ''BLINK'' über meinem Kopf: wer ist denn in meinem Leben, mit dem ICH gerne was zu tun haben möchte? Und tue ich was dafür?
Da war A.
Das wollte ich wirklich, aber sie wollte nicht so nah bei mir sein wie ich bei ihr.
Aber da habe ich mich wirklich drum bemüht.
(wieder jemand, der nicht so den Drang zu mir hatte)

Und da ist U.
Wir verstehen uns gut, und ich investiere auch einiges, bin quasi die Gebende. Ich stehe ihr in einer schwierigen Situation bei. Sie ist auch nett - aber wenn ich ganz, ganz ehrlich bin, hängt mein Herz (noch) nicht so sehr an ihr. Dennoch versuche ich eine Freundschaft aufzubauen.
Und wieder schreit etwas in mir: ich möchte auch mal, dass sich jemand anders um mich bemüht!


und nochmal @ Brittka:

Du würdest Geduld, Zartheit, Behutsamkeit, Vorsicht nicht so gut und sensibel wahrnehmen, wenn du genau das nicht in dir hättest!

Danke, das tut gut. Ich muss es nur rauslassen können, und das kommt hoffentlich mit der Zeit.





Wow, erst beim Schreiben habe ich gemerkt, wieviele Leute mir eigentlich geschrieben haben. Vielen Dank dafür!
Und ich bin tatsächlich weitergekommen und habe etwas über mich selbst erfahren.
Danke dass es Euch gibt und dass Ihr mir schreibt.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
tomroerich
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von tomroerich »

Liebes Otterchen,

Weil ich immer noch stark geprägt bin von meinem Elternhaus. Ich möchte das abschütteln, dazulernen. Ich bin noch nicht "perfekt" (und ich möchte mit diesem Punkt nicht den Perfektionismus ansprechen), weil da noch zuwenig ICH ist, noch (für meinen Eindruck) zuviel Einfluss des Elternhauses.

Ja, diesen hartnäckigen Widerspruch bin ich ja gewöhnt. *seufz* Er beruht m.E. auf einer ganz grundsätzlich anderen Auffassung von dem "wie eine Seele funktioniert". Und diese Auffassung von mir wiederum beruht auf einem persönlichen Erleben. Es gibt Menschen, mit denen kann ich mich darüber sehr schnell verständigen und es gibt andere, die das so nicht akzeptieren können. Ich sage aber, dass jeder, der diesen Punkt trifft, zur gleiche Auffassung gelangen muss. Das hört sich sicher sehr seltsam an. So, als hätte ich eine Supertheorie im Hintergrund, die alles erklärt oder eine Universallösung - aber das ist es nicht. Es steckt nur die unerklärliche Erfahrung dahinter, dass es jenseits aller Annahmen, die du über dich hast, ein von allem unbeeindrucktes Sein gibt.

Wenn du sagst, du wärst nocht nicht perfekt aus dem und dem Grund - weil da noch Reste seien von früher, dann hast du missverstanden, was ich sagen wollte. Das, was da perfekt ist, war es schon immer. Es gab schon immer jene stille Zeugin in deinem Leben, die erlebt, was du erlebst. Aber du bist nicht bei ihr, sondern bei dem, was sie erlebt.

Hunderttausende von Gedanken ranken sich um diese Erlebnisse und Interpretationen. Das hier sei gut und das hier sei schlecht. Das hier ist noch nicht gut, aber das hier schon. Wenn einmal dies hier so und so sein wird, dann wird es aber gut sein. Wenn dies und das eintritt oder dies und jenes verschwindet, werde ich glücklich sein....

So wird das Leben zu einem ungeheuer komplexen Problem und kaum scheint das eine behoben, tut sich schon das nächste auf. Es ist nur eine vage Hoffnung, eine Theorie, dass man irgendwann damit fertig ist.

Ich sage nur: In dem Moment, wo du die Frau entdeckst, die schon immer Zeugin war von allem, was je passierte, verstehst du, dass all diese Gedanken und Probleme garnicht du sind. Und mit dieser Entdeckung stellt sich zugleich heraus, dass alles, was ein "Problem" genannt wurde, nur deshalb eines war, weil du diese Frau nicht kanntest. Diese Frau war schon immer da, und sie ist perfekt. Nichts von alledem, was dich an dir zweifeln lässt, kann dieser erhabenen Perfektion etwas anhaben. Es ist keine gedankliche, bewertbare Perfektion, die darauf beruht, dass man etwas als gut oder schlecht bezeichnet. Es hat nichts damit zu tun, wie man sich selbst denkt und was man möglicherweise als perfekt ansieht oder nicht. Perfektion ist ein vergleichendes Konzept, das Mangel zur Grundlage hat. Es wird immer geglaubt, dass hier und da etwas geändert werden müsse, damit es endlich gut sei.

Wovon ich spreche, ist überhaupt kein Konzept - es ist eine Entdeckung, die die Gewissheit, dass es so "richtig" ist, in sich trägt. Sie kann nicht begründet werden. Nenn es Urvertrauen - wie willst du Urvertrauen begründen? Urvertrauen - Brittka sagte ähnliches, und das muss sehr gut bedacht werden - scheint von äußeren Faktoren abzuhängen. Aber es ebenso klar, dass es seinen Ursprung in dir selbst haben muss. Es kann dort immer noch bedingungslos gefunden werden und dann stellt sich heraus, dass es eine Eigenschaft von dir selbst ist - es ist Vertrauen in dich selbst und in alles, was du bist. Vertrauen, das nicht von irgendetwas abhängt.

Thomas
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von Clown »

Hallo Otterchen,

«Ich hatte eigentlich gedacht, dass Du nach diesem Posting noch was nachschickst.»

Leider weiß ich nicht, welche Erwartung du da hattest. Meinst du, dass ich noch etwas zu deinem Problem sage oder meinst du, dass ich noch etwas zu meiner Frage und Thomas' Antwort sage?

Zu Letzterem weiß ich nichts mehr, denn seine Antwort ist für mich klar und eindeutig - ich habe (im Gegensatz zu dir ) kein 'Ja, aber...' dazu.

Zu deinem Thema weiß ich auch nichts, ich könnte dir nur meinen Eindruck von deinen Äußerungen zurückmelden - nämlich, dass ich das Gefühl habe, du drehst dich im Kreis - aber 1. willst du das vielleicht gar nicht wissen oder 2. hilft es dir auch nicht weiter, wahrscheinlich.

Tut mir leid!

Viele Grüße,

Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
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Re: mir fällt kein Betreff ein

Beitrag von otterchen »

Hallo Thomas,

hm, das liest sich richtig gut, was Du schreibst...

vielleicht sprechen wir beide von ein und derselben Sache?
In dem Moment, wo du die Frau entdeckst, die schon immer Zeugin war von allem, was je passierte, verstehst du, dass all diese Gedanken und Probleme garnicht du sind.

Ja, das suche ich doch... ich bin auf dem Weg dahin...
Aber Du wirst sicher nachvollziehen können, dass da immer noch elterliche Stimmen in mir sind, die beständig flüstern "du bist nicht in Ordnung" oder "dazu hast du kein Recht" oder "mach die Augen zu, und was du dann siehst, gehört dir" oder oder oder...
Wie soll ich also mit all diesem Geflüster mein wahres Ich entdecken?

Dies gilt es zu entlarven und dorthin zu stellen, wo es hingehört. Teil von mir, aber nicht dominant.
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
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