Weiß nicht wo ich hingehöre

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Brighty
Beiträge: 10
Registriert: 19. Sep 2008, 08:35

Weiß nicht wo ich hingehöre

Beitrag von Brighty »

Hallo an alle!

Ich bin neu hier im Forum, und bin froh, dass es dieses Forum gibt!

Ich bin seit vielen Jahren depressiv und leide unter ständiger Angst, und habe schon vieles versucht um mein Leben erträglicher zu machen.

Ich habe bereits 2 Gesprächstherapien hinter mir. Die erste liegt 10 Jahre zurück, und hat nachhaltig nicht viel gebracht.
Die 2. lieft jetzt etwas mehr als 1 Jahr, und ich habe sie vor 5 Wochen beendet, da ich jetzt in England wohne. Ich habe auch schon diverse Antidepressiva genommen, die mich aber nicht wirklich verändert haben. Sie haben teilweise die Ängste noch verstärkt, und hinzu kam der Verlust der Libido, Übelkeit, Durchfall, Müdigkeit, usw.

Vor meinem Verschwinden aus DE hatte ich eine 1,5 Jahre lange Beziehung. Meine Gefühle wurden mit der Zeit immer schwächer, und so empfand ich es als das beste die Beziehung zu beenden bevor ich auswandere.
Der Schlussstrich hat mich auch sehr mitgenommen, da mir trotz des Wenigerwerdens meiner Gefühle noch viel an ihm liegt.

Im Ausland angekommen, war ich sehr weinerlich und depri, so dass ich wieder zu meinen Antidepressiva griff, die ich zuvor schon vor 3 Monaten abgesetzt hatte.

Mein Ex meinte ich würde nur flüchten, und so komme ich mir auch irgendwie vor. Hier, in der Ferne, habe ich zwar einen angenehmen Job, aber tue mich schwer Menschen kennenzulernen, obwohl mir der Kontakt zu Menschen (Freundschaft) sehr fehlt.

Ich weiß nicht ob ich die ADs wieder absetzen soll. Und überhaupt, muss ich wenn ich längere Zeit alleine zuhause bin, wieder so sehr daran denken zurück nach Deutschland zu gehen. Aber dort erwartet mich nichts, und ich würde wieder nen scheiß job kriegen, wenn überhaupt. Hier habe ich wenigstens nen guten Job, und ein angenehmes Flair. Aber trotzdem weiß ich nicht ob ich hier wirklich hingehöre. Alles ist so schwer...

Ich weiß selbst nicht wirklich was ich will, und was gut für mich ist. Ich lebe nicht wirklich in der Gegenwart, und versuche mich durch Gedanken an die Zukunft von der momentanen schweren Situation des Neuanfangs zu befreien.

Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Und was würdet ihr mir raten?

Freue mich über eure Antworten!

Brighty
You need to be yourself, you can't be noone else.
hubsia
Beiträge: 639
Registriert: 19. Mär 2003, 16:33

Re: Weiß nicht wo ich hingehöre

Beitrag von hubsia »

Hallo Brighty!
Wenn Experten Dir nicht wesentlich helfen konnten, waren es entweder die falschen oder Du hast dich nicht richtig geöffnet. Das öffnen dauert lange, zumindest bei mir wars so.
Ich bin heute auf einem Akzeptablen Weg, ich habe lange gebraucht die Krankheit anzunehmen
und mit ihr umzugehen und mit ihr zu leben. Es ist trotz allem nicht immer Sonnenschein, aber die Bewölkung wird dünner. Wenn Du möchtest schreibe ich gerne noch mehr.
Alles liebe Hubert.
chimera

Re: Weiß nicht wo ich hingehöre

Beitrag von chimera »

Hi Brighty,

ich denke (oder befürchte), es geht vielen Menschen ähnlich wie Dir; wenigstens sind mir einige Fälle persönlich bekannt. Ich habe ganz gute Erfahrungen damit gemacht, ein klares und positives inneres Bekenntnis zu dem Ort abzugeben, an dem ich im Moment lebe – das heißt nicht, daß ich dauerhaft hier bleiben muß, und das würde ich auch never tun wollen. Aber im Moment bin ich eben (noch) hier, also mache ich das Beste daraus. Und somit fand ich hier in den letzten Jahren Kontakte, schloß viele Menschen in mein Herz.

Was Du schreibst, erinnert mich ein wenig an meine Freundin – auch sie lebte (einige Jahre) in England, kam dann aber zurück, und wechselte im Anschluß innerhalb Deutschlands mehrfach die Stadt, fühlt sich nirgendwo wirklich beheimatet. Übrigens erinnert mich auch das, was Du über Deine letzte Beziehung schreibst, irgendwie an sie – echt verblüffende Parallelen. Aber ich verstehe es; und ich halte es eigentlich sogar für normal, wenn man flüchtet, wenn man mit einer (Beziehungs-)Situation nicht mehr klarkommt, zumal man Gefühle nicht erzwingen und nicht halten kann, und vielleicht deswegen auch an sich selbst verzweifelt, an der eigenen Ambivalenz.

Ich denke, der Ort, den wir als den betrachten können, an dem wir uns zuhause fühlen, ist eben zugleich auch der Ort, an dem die Menschen sind, die uns am nächsten stehen. Als unsere Beziehung noch intakt war, war es für sie (und für mich) sogar vorstellbar, weiterhin in der Stadt zu leben, in der wir im Moment leben, trotzdem es eigentlich unser Wunsch war (oder ist), diese Stadt zu verlassen.

Antidepressiva sind (so Du nicht an einer mega-schweren Depression leidest) imho sinnlos, respektive verschlechtern Deinen Zustand noch; ich kenne auch niemanden, der durch sie 'geheilt' worden wäre; an den eigentlichen Ursachen für Deine depressiven Zustände wirst Du (hart) arbeiten müssen; Deine Seele braucht Zeit und viel Einsatz: Hubert liegt ganz richtig, wenn er schreibt, daß Du Dich öffnen mußt – die hierfür geeigneten Therapeuten sind leider nicht unbedingt einfach zu finden, viele Behandler sind überfordert davon. Und es ist auch nicht unbedingt eine schöne Aufgabe, sich mitteilen zu müssen, in seinen underlying teilweise kraß fiesen Feelings.

»Ich lebe nicht wirklich in der Gegenwart, und versuche mich durch Gedanken an die Zukunft von der momentanen schweren Situation des Neuanfangs zu befreien.

Der Gedanke an eine schöne Zukunft – wie schön er doch ist. Seitdem ich jedoch feststellte, daß eine schöne Zukunft nur auf einer schönen Gegenwart gründen kann, und Gedanken an die Zukunft eher Flucht aus dem Jetzt bedeuten, befasse ich mich ausgiebiger und liebevoller mit dem Jetzt – mit dem Ergebnis, daß es mir – im Vergleich zu früher und trotz aktuellen Einbruches – eigentlich ganz gut geht. That means: flüchten bringt nichts. Und: You need to be yourself, you can't be no one else .


Gruß,
Chimera
Brighty
Beiträge: 10
Registriert: 19. Sep 2008, 08:35

Re: Weiß nicht wo ich hingehöre

Beitrag von Brighty »

Hallo, und erstmal danke für eure Antworten!!

@Hubert: ja, das mit dem sich-öffnen ist sehr schwer, und ich habe es nie wirklich geschafft. meinem Ex gegenüber glaube ich es manchmal geschafft zu haben, und das endete immer in ewigem Weinen, und traurig sein. Aber es hat gut getan überhaupt mal in Gegenwart von jemandem geweint zu haben...

@Chimera: verblüffend wie sehr meine Story die deiner Freundin ähnelt. Bestimmte Menschen machen halt aus irgendwelchen Gründen die gleichen Erfahrungen.
Das Hart an mir arbeiten versuche ich bereits seit langem, vielleicht nur nicht hart genug. Bin von Natur aus sehr faul, und habe auch oft Stimmungsschwankungen. In diesem Moment zum Beispiel bin ich mal wieder so gut drauf, dass ich meine Depris total vergesse, und nicht an sie glaube.

Ja, "you need to be yourself, you can't be noone else" versuche ich mir zu verinnerlichen. Manchmal schaffe ich es, manchmal nicht. Bin in vielen Dingen zu ambivalent, weshalb eine vollständige Heilung sicher schwer ist.

Sorry, falls ich zu oberflächlich auf das von euch geschriebene eingehe. Aber ihr habt mir schon sehr damit geholfen, dass ihr mein Anliegen gelesen habt, und mir Ratschläge vermittelt habt. Ich danke euch nochmal!

Irgendwann werde ich wissen wo ich hingehöre!

Alles Gute!

Brighty
You need to be yourself, you can't be noone else.
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