Psychotherapie von Depression & Narzismuss

schatzi
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Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von schatzi »

Hallo,

mich interessiert das Thema Narzismuss aus gegebener Veranlassung, daher eine Anfrage aus der Abteilung "Umgang mit der Krankheit".

Ist diese Störung nur ausschliesslich über Psychoanalyse beeinflussbar, hat jemand entsprechende Erfahrungen?

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1173296114

bo
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bohni,

wie kommst Du darauf, dass Narzissmus ausschließlich über Psychoanalyse behandelbar ist?????

Soweit ich weiß gilt auch bei allen Persönlichkeitsstörungen auf dieser Achse im DSM IV (Borderline, histrionisch, narzisstisch, antisozial) die Verhaltenstherapie als führend.

Ich glaube auch, dass der gestörte Narzissmus unterhalb der Schwelle zur Persönlichkeitsstörung besser auf VT anspricht.

Gruß

Xenia
schatzi
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von schatzi »

Hallo Xenia,

ich lese häufiger davon in einem speziellen Narzissmusforum und auch in anderen Medien häufiger eine langwierige und tiefergehende Analyse dieser grundlegenden Störungen empfohlen wird (siehe u.a. Kernberg).

Meinen Verhaltenstherapeuten habe ich mehrfach daraufhin befragt und bekomme natürlich nicht die entsprechenden Antworten, er wird besser wissen warum er mir diese nicht gibt. Trotzdem möchte ich mehr darüber wissen, da einfach sehr viele Voraussetzungen so "prima" übereinstimmen.

Ist auch eine narzisstische Störung nur ein Fehlverhalten, welches über kognitive Verhaltenstherapie behoben werden kann oder ist es unabdingbar 3 bis 6 Jahre auf einer Couch zu verbringen, ohne dieses abwerten zu wollen.

Gibt es evtl. Texte wo ich hierüber mehr erfahren könnte?

Grüsse

bobo
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bobo (was'n das jetzt fürn Name??? Erinnert mich an die sog. Bobodoll-Experimente zu aggressivem Verhalten) ,

Hier, das habe ich eben gefunden:

http://www.charite-psychiatrie.de/filea ... 050827.pdf

Habe es mir mal gespeichert, klingt ganz interessant, finde ich.

Meine persönliche (!!!!!!!!!) Theorie zu NPS und Psychoanalye ist folgende (habe mir vor einiger Zeit mal Gedanken darüber gemacht, warum einige Betroffene so auf die Analyse schwören): Sie brauchen nichts im aktuellen Leben zu verändern, da ja immer alles nur von den bösen Müttern (oder Eltern insgesamt) ausgelöst wurde. Außerdem kriegen sie in der Analyse ja vermutlich keine kritischen Bemerkungen zu ihren Verhaltens- und Denkweisen, außer wenn diese schon in den ersten paar Monaten von den Eltern verursacht wurden.

Ich persönlich (!!!!) meine, in der Analyse wird dem Patienten eine Passivität eingeräumt, die für persönlichkeitsgestörte Menschen nicht wirklich sinnvoll ist, da es bei ihnen ja zumeist um Schwierigkeiten in Beziehungen bzw. Interaktionsstile allgemein und Erwartungen an sich selbst geht.

Bei der Analyse kann man jedenfalls wunderbar Verantwortung abgeben, d.h. man muss nicht darüber nachdenken, was man selbst im Hier und Heute verändern muss.

Aber wie gesagt: das ist meine ureigenste persönliche Meinung.

Gruß

X.

Edit: ich beziehe das auf Narzissten!!!! Und die zeichnen sich nunmal oft dadurch aus, dass sie ihre Umwelt als krank ansehen. Das passt vielleicht zu dem Modell, dass die Mutter (= Umwelt) an allem schuld ist.
schatzi
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von schatzi »

Hallo Xenia,

ja das stimmt. Kognitive Verhaltenstherapie ist nichts für "Drückeberger".

Zweifeln und hinterfragen ist mein derzeitiger Zustand, da es sehr hart ist und ich häufiger auf die "Couch" schiele, da ich dort liegenbleiben kann. Stimmt oder stimmt nicht?

Andere Meinungen besagen, was jahrelang krankmachte, müsste auch jahrelang behandelt werden.

bo
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Hallo Bohni,

ja, das stimmt, VT ist nichts für passive Menschen. Vor allem nicht für solche, die felsenfest davon überzeugt sind, die Umwelt mache sie krank und nicht sie die Umwelt. (Die zweite Hälfte meine ich nur halb-ernst). Deshalb gefällt ihnen die Analyse vielleicht so gut, wie ich in mein obiges Posting noch als "Edit" reingesetzt habe, damit sich jetzt niemand aufregt, ich würde die Psychoanalyse schlecht machen.

Gruß

X.
schatzi
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von schatzi »

Hallo Xenia,

hatte mir den eingestellten Artikel von Dir durchgelesen, sehr sehr interessant. Im Moment brauche ich verständlicherweise stützendes Material, da ich beginne unbekanntes Terrain zu betreten.

Ja wir machen uns ganz individuell selber krank, da Millionen von Kindern auch aus schwierigen frühen Beziehungen hervorgehen und nicht alle die gleichen Störungen später entwickeln.
Manche Menschen hatten aber leider keine anderen Möglichkeiten oder Alternativen dieses besser zu verarbeiten. Siehe vorgelebte elterliche Interaktionen und Erziehungsstile!

Die Mutterbilderklärung wird in diesem Zusammenhang benutzt obwohl seinzeit schon häufiger schüchtern gewesen, wodurch auch immer und meistens hinter kindlicher Schüchternheit Depressionen vermutet werden.

Danke.

bo
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Guten Morgen, Bohni,

>Ja wir machen uns ganz individuell selber krank, da Millionen von Kindern auch aus schwierigen frühen Beziehungen hervorgehen und nicht alle die gleichen Störungen später entwickeln.

ich glaube, da hast Du mich vielleicht nicht ganz richtig verstanden: natürlich haben frühe Erfahrungen eine enorme Auswirkung auf einem Menschen und vermutlich gerade auch seine Beziehungsgestaltung. Insofern gehe ich schon konform damit, dass die Eltern einen Großteil der Verantwortung tragen. Aber ich denke eben, dass dies nur ein Faktor von vielen ist.

>Manche Menschen hatten aber leider keine anderen Möglichkeiten oder Alternativen dieses besser zu verarbeiten. Siehe vorgelebte elterliche Interaktionen und Erziehungsstile!

Das ist auch meine Meinung... Das, was man über lange Jahre gelernt hat, wird man natürlich auch verinnerlicht haben und daraus sein Verhalten zumindest teilweise ableiten.

In Bezug auf Narzissten und Psychoanalyse meinte ich jedoch, dass es für sie vielleicht die perfekte Ausrede ist, dass sie sich nicht verändern müssen. Schließlich sind ja die anderen Schuld an seinem "komischen" Zustand. Wäre seine Umwelt anders (= würde sein Selbstschema bestätigen) wäre alles in bester Ordnung. Und ich persönlich meine halt, dass narzisstische Menschen vermutlich von verhaltenstherapeutischen Interventionen mehr profitieren können: da ist ja eine der Maßgaben, das Verhalten und seine irrationalen Annahmen zu verändern. In der PA hingegen kommt es darauf an, die Verletzungen immer wieder durchzuleben. Und da bekomme ich einfach nicht die Verbindung zu der auf jeden Fall notwendigen Verhaltensänderung. (Mag ja sein, dass PA bei anderen Verstimmungen helfen kann).

Aber: das ist meine persönliche (!!!) Meinung.

Mal eine vielleicht provokative, aber dennoch nicht böse gemeinte Frage: wieso machst Du eigentlich Therapie bei Deinem Therapeuten, wenn Du von dessen Vorgehensweise nicht überzeugt bist, so dass Du immer wieder mal nach anderen Therapieformen suchst?

So, jetzt muss ich an den Schreibtisch, lernen.

Grüße und nen schönen Tach

X.

Hab noch was vergessen: wenn man also die Verantwortlichkeit der bösen Mutter in die Schuhe schiebt, dann reagiert man auf aktuelle Schwierigkeiten in Beziehungen vermutlich mit Rückzug, Abbruch der Beziehung, Abwertung usw. Weil "das ist ja wie damals mit meiner Mutter und ich muss mich am besten von solchen Leuten fernhalten, sie machen mich krank". Wo soll da ein funktionales Beziehungsmuster entstehen?
Regenwolke
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von Regenwolke »

Hallo Ihr,

ich bin zwar weit davon weg, eine "Analyseanhängerin" zu sein, finde aber trotzdem, daß die Psychoanalyse, so wie Du, Xenia, sie darstellst, in einem falschen Licht dargestellt wird.

Sie hat weder zum Ziel, Passivität zu fördern oder Verantwortung abzunehmen, noch werden kritische Bemerkungen, Konfrontation etc. ausgespart (so wie ich Analytiker kennengelernt habe, eher im Gegenteil).

Zum Thema "narzißtische Störung" gibt es innerhalb der Psychoanalyse zwei verbreitete Theorien, die eine stammt vom schon genannten Otto Kernberg, die andere von Heinz Kohut. Beide Konzepte sind sehr unterschiedlich, sowohl was die Beschreibung des Störungsbildes, als auch was die Behandlungsansätze angeht.
Die Beschreibung der narzißtischen Persönlichkeitsstörung im DSM-IV ist nochmal eine andere Geschichte, hier steht sie als Persönlichkeitsstörung neben anderen, während z. B. Kernberg von einem kontinuierlichen Übergang zwischen "Störungen auf narzißtischem Niveau" und "Störungen auf "borderline Niveau" ausgeht, wobei die narzißtische Störung die weniger gravierende ist.
In der für Diagnosen in Deutschland maßgeblichen ICD-10 gibts übrigens für die narzißtische Persönlichkeitsstörung keine eigene Kathegorie, sie wird unter "sonstige pezifische Persönlichkeitsstörungen" kathegorisiert, womit den vielen noch existierenden diagnostischen Unklarheiten Rechnung getragen wird.

Ingesamt hat sich die Psychoanalyse sehr viel früher mit Persönlichkeitsstörungen beschäftigt, als die VT, wahrscheinlich ist das der Grund, warum sie im Zusammenhang mit der Behandlung von Persönlichkeitsstörungen oft zuerst genannt wird. Psychoanalytiker, die sich mit diesem Feld befaßt haben (oft werden Persönlichkeitsstörungen in der PA auch unter die "Frühstörungen" gepackt), betonen (in unterschiedlichem Ausmaß) eigentlich alle, daß für persönlichkeits- bzw. frühgestörte Patienten das analytische Vorgehen verändert werden muß, es wird eine mehr am "Hier und Jetzt" orientierte, weniger regressionsfördernde Behandlung empfohlen.
In den letzten Jahren hat sich dann auch die VT intensiver mit Persönlichkeitsstörungen befaßt und hier gute Behandlungskonzepte entwickelt, die aber auch in vielen Punkten vom "klassisch" verhaltenstherapeutischem Vorgehen abweichen. Aus meiner Sicht ist da nicht die eine "Schule" besser als die andere, sondern sie ergänzen sich gegenseitig.

Viele Grüße,
Regenwolke
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Hallo Regenwolke,

mein Posting war natürlich überspitzt, das gebe ich gerne zu und ich hätte das sicher deutlicher machen sollen.

> Sie hat weder zum Ziel, Passivität zu fördern oder Verantwortung abzunehmen, noch werden kritische Bemerkungen, Konfrontation etc. ausgespart (so wie ich Analytiker kennengelernt habe, eher im Gegenteil).

Das ist natürlich nicht das Ziel, das ist das, was viele NPS'ler als Ziel ansehen, zumindest habe ich dieses Gefühl (und ich habe einige kennengelernt). Und ich hatte auch den Eindruck, dass sehr gerne in Konfliktsituationen darauf hingewiesen wurde, dass man vernachlässigt wurde, eine "nicht hinreichend gute" Versorgung durch die Mutter etc. Einige, die schon jahrelang in psychoanalytischer (nicht tiefenpsychologisch fundierter, worauf sich mein Posting auch gar nicht bezog) Therapie befanden, hatten immer noch dieselben Probleme in Beziehungen (Arbeit, Freundschaft, Partnerschaft usw.) und waren nicht in der Lage zu sehen, dass sie auch verantwortlich sind für die Gestaltung von Beziehungen usw.

Zur klassischen Psychoanalye ist Kernberg der Meinung ("Borderline-Störungen und pathologischer Narzissmus"), dass narzisstisch gestörte Menschen in der klassischen Analyse oftmals resistent gegen eine funktionale Übertragung, die zum Ziel hat Charakterabwehr zu bearbeiten. (Hoffentlich erinnere ich mich jetzt nicht falsch...).

Es gibt wohl aber einen tiefenpsychologisch fundierten Ansatz für die Behandlungen von Persönlichkeitsstörungen, von der ich aber den Namen nicht mehr weiß, in Deutschland wohl hauptsächlich vertreten durch einen Herrn Lohmer (oder so).

Ich glaube auch, so wie Du, dass VT und PA sich gegenseitig ergänzen und meine Erfahrung ist, dass sich eine gute Psychotherapie u.a. dadurch auszeichnet, dass sie verschiedene Ansätze integriert.

Für die Borderline-Persönlichkeitsstörung soll im übrigen einzig die Dialektisch-Behaviorale Therapie, die in meiner Erfahrung sehr VT-bezogen ist, jedoch auch einige andere Aspekte miteinbezieht, einen Wirksamkeitsnachweis erbracht haben.

Ich persönlich (!!!) kann mir auch irgendwie einfach nicht vorstellen, dass man eine Persönlichkeitsstörung erfolgreich behandeln kann, ohne aktiv auf eine Veränderungsebene zu gehen und Strategien zu besprechen, wie man mit kritischen Situationen besser umgehen kann. Methoden, wie z.B. Verhaltensanalysen sind für mich ein ziemlich notwendiges Mittel, um sich selbst und sein dysfunktionales Verhalten kennenzulernen und Alternativen zu entwickeln.

Wie gesagt, mein Posting bezieht sich auf Persönlichkeitsstörungen, die mich aufgrund gewisser Umstände schon immer interessiert haben. Und ich gebe auch ehrlich zu, dass ich eine absolute PA-Gegnerin bin. Ich hatte einige Sitzungen bei einer Analytikerin, die mir eine Metapher über Eva, die Schlange und den Apfel erzählte, als ich über Mißbrauchserfahrungen sprach. Weiß nicht, ob das wirklich gut ist. Aber ich sollte vermutlich wirklich versuchen, ein bisschen gelassener mit dem Thema Psychoanalyse umgehen. Danke insofern nochmal für Dein Feedback.

Grüße

Xenia
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Hallo,

ich habe eine ernstgemeinte (!) Frage: soweit ich weiß, gibt es hier einige, die durch die Analyse anscheinend ein gutes Leben im Hier und jetzt führen.

Meine Frage dazu: wie läuft das eigentlich in der Psychoanalyse, ich meine, wenn man festgefahrene Verhaltens- und Beziehungsmuster hat. Wie hilft die Analyse dabei, anderes Verhalten und andere Beziehungsmuster zu leben?

(Außer den üblichen Erklärungen wie Auflösung von Abwehr, Projektion usw.). Ich habe bisher keine wirklich plausible Erklärung finden können. Damit ich aber meine Meinung bezüglich der PA relativieren kann, wäre es sicher gut, wenn ich wüsste, wie man durch PA zu einem "besseren" Verhalten kommt und nicht immer die gleichen Fehler wieder begeht. Vor allem würde ich mich interessieren, wie man erkennt, welches die dysfunktionalen Verhaltensweisen bzw. Muster sind.

Danke für Antworten.
schatzi
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von schatzi »

Hallo X.,

siehe u.a. mein Thread den ich aus gegebener Veranlassung betrieben habe: "Wie wirkt Psychoanalyse?"

Ich habe mich mit psychoanalytischen Wirkmechnismen befasst und habe für meine Person bzw. für dieses Störungsmodell Zweifel, dass sich dieses lediglich durch

Deutungen

Erinnerungen an die Kindheit

Nacherleben

Einsichten

beseitigen ließe.

Der Mensch an sich eine "große träge Masse" darstellt, die Motivation für umfassende Verhaltensänderungen benötigt.
Diese nur durch Worte zu erreichen, daran kann ich für meine Person nicht glauben.

Ich schließe mich der Frage von Xenia direkt an, wie heilt Psychoanalyse narzisstische Verhaltensweisen?

bo
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Also angesichts der überwältigenden Menge an Postings und der transparenten Erklärung der Verhaltensänderung durch Psychoanalyse, sehe ich ein, dass Psychoanalyse tatsächlich Mittel der Wahl ist.


schatzi
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von schatzi »

Hallo X.,

ich schaue daher häufiger in andere Foren, wo sich Psychoanalytiker über Wirkprozesse austauschen, denen ich verständlicherweise schlechter folgen kann, als wenn sich hier jemand mit entsprechenden Erfahrungen dazu äußern würde.

Erschwerend offene Meinungen zu erhalten ist durch bestimmte Fangruppen, die wie bei Bundesligavereinen auftreten um ihre Psychotherapie als die alleinig richtige und Heil bringende massiv verteidigen zu müssen und jede offene Diskussion somit unmöglich machen.

Viele Menschen auch während ihrer Krankheitsbehandlung ihre stattgefundenen und heilenden Wirkprozesse weder erklären noch verstehen können.

Außerdem es sehr schnell zu Missverständnissen kommen kann, siehe den Text der chronischen Externalisierung von Krankheiten in einem anderen Thread.

Trotzdem wäre ein Livebericht garnicht schlecht um zu erfahren ob der Ausstieg aus einer Übertragungsneurose genauso spannend war wie der Einstieg vor 40 Jahren.

Grüsse

bo
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Ja, aber was ich dann nicht verstehe: wenn ich doch so tausendprozentig von einer Methode überzeugt bin, dann muss ich doch auch verstehen, wie sie funktioniert? Oder auf welchen Mechanismen Verhaltensänderung beruht...

Aber das ist eben das Problem von PA: sie erklärt alles und nichts. Vermutlich wehrt sich ein Großteil der PA auch heute noch gegen empirische Untersuchungen.

Ich finde es halt nur schade, dass es offensichtlich niemand erklären will oder kann. Denn mich interessiert es wirklich.
Emriye2
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von Emriye2 »

ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Hallo Emriye,

würdest Du Postings eher auf den Inhalt hin lesen und weniger danach, von wem das Posting stammt, würdest Du feststellen, dass es hier im Forum einige Menschen gibt, die über narzisstische Verhaltensweisen berichten.

Meine Frage ist ganz einfach: wie erklärt man sich sein verändertes Verhalten nach einer PA.

Was ich mich gerade frage: für Dich ist doch Bohneberger ein ganz übler Trigger. Warum beteiligst Du Dich dann in seinen Threads? Überlies solche Threads doch einfach, wenn sie von den Bösen eröffnet wurden. Dann wirst Du auch nicht getriggert.
Emriye2
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von Emriye2 »

ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

>das ist aber sehr einfach, Xenia, immer wennn ich nicht konform mit den Gedanken bestimmter Menschen gehe, mir einfach vorzuwerfen sie seien ein "übler Trigger" für mich

Äh, sorry, aber warst Du nicht diejenige, die sich mehrmals dafür ausgesprochen hat ihn zu sperren, weil seine Postings ein Trigger für Dich sind (den Rest der Argumentation habe ich vergessen).

Aber vermutlich täusche ich mich oder verwechsle Dich mit jemandem.
Emriye2
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von Emriye2 »

Liber
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von Liber »

Hallo,

ich habe den Link zu Narzissmus interessiert gelesen - bisher hatte ich mich mit diesem Begriff bzw. dieser Erkrankung noch nicht ausführlich auseinandergesetzt.

In den möglicherweise auslösenden Vorbedingungen dieser Erkrankung erkenne ich meine eigenen Bedingungen aber erschreckend ähnlich wieder.

Vor allem das Gefühl des Nicht-Wahrgenommenwerdens sowie die schwammige Nicht-Stimmigkeit von dem, was gesagt oder auch getan wurde und den eigentlichen Gefühlen, die weit dahinter verborgen waren, erlebte ich in meiner Kindheit ganz genauso wie in dem Link beschrieben.

Mein authentisches Ich konnte ich auf diese Weise nur wenig oder gar nicht finden oder gar entwickeln.

Auch in manchen der Symptome erkenne ich mich wieder (nicht in allen).

Nun bin ich in der Schlussphase meiner Psychoanalyse.

Hier wurde gefragt, inwiefern die PA helfen kann, die Krankheit Narzissmus zu "heilen".

Ich weiß nicht, ob ich dazu eine Antwort geben kann, da ich ja - wie gesagt - nicht mit dieser Diagnose in die PA gegangen bin.

Zum anderen bin ich in der Fachterminologie bei weitem nicht so bewandert wie Ihr beide, Bohneberger und Xenia.

Ich kann über die PA nur aus meiner eigenen Erfahrung berichten (was auch in anderen Threads über Psychoanalyse hier übrigens schon mehrfach geschehen ist.)

Entscheidend in der Psychoanaylse ist nicht allein das Sich-Erinnern, das Nacherleben, das Deuten, das Neu-Bewerten dieser vergangenen Situationen und neue Einsichten.

Entscheidend ist meiner Erfahrung nach die Qualität der Beziehung, in der dies geschieht.

Die Beziehung zum Analytiker/zur Analytikerin, in der neue Beziehungs-Erfahrungen gemacht werden können, ist das, was eigentlich zur Änderung führt.

In einer gelungenen Beziehung ist es möglich, das eigene Selbst durch all die vermüllten Räume und leeren Hüllen hindurch zu suchen und sich dessen gewahr zu werden. Und die akzeptierende Anwesenheit des Analytikers/der Anayltikerin ermöglicht es, ganz langsam dieses Selbst dann auch "selbst" anzunehmen.

In dieser Beziehung ist es darüber hinaus möglich, Nähe und Distanz zu üben, es ist möglich, den Wunsch nach Verschmelzung, aber auch die notwendige Abgrenzung anzuschauen und zuzulassen. Es ist möglich, sich selbst in dieser Beziehung zu "erfahren".

Voraussetzung ist, sich auf diese Beziehung zum Analytiker/zur Analytikerin tief einzulassen. Das braucht, gerade mit den o.g. Vorerfahrungen erfahrungsgemäß sehr lange.

Wenn es denn mal geschehen ist, ist umgekehrt die Erfahrung des bevorstehenden Abschieds (wegen Ende der Stundenzahl) sehr schwer - in dieser Phase bin ich im Moment.

Mir ist aber bewusst, dass die gewonnenen Erfahrungen nun zunehmend in meine reale Beziehungen umgesetzt werden müssen. Das ist ein zugegebenermaßen sehr schwieriger Schritt, da die "schützende Hülle" der Therapie-Situation hier ja nicht gegeben ist. Ich habe mich entschlossen, mir hierzu jetzt noch Unterstützung, und zwar in einer Gruppe, zu holen.

Ist die Frage hiermit ansatzweise beantwortet?

Viele Grüße

Brittka
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Hallo Brittka,

vielen Dank für Deine Antwort. Das macht es für mich ein wenig nachvollziehbarer. Zu einigen Punkten habe ich aber noch Fragen, die Du mir vielleicht beantworten kannst:

>Die Beziehung zum Analytiker/zur Analytikerin, in der neue Beziehungs-Erfahrungen gemacht werden können, ist das, was eigentlich zur Änderung führt.

Und das ist etwas, was ich nicht so richtig verstehen kann. Mir ist nicht klar, wie allein die gute Beziehung etwas verändern kann.

In meiner Therapie war/ist die Beziehungsgestaltung und -pflege auch ein sehr zentrales Thema. Und auch Voraussetzung, dass ich mich auf die Therapeutin einlassen konnte. Erst wenn Vertrauen da ist, kann ich mich öffnen. Ich denke, das ist/war bei Dir ähnlich?

Aber das allein verändert meine Beziehungs- und Verhaltensmuster doch nicht. Da muss doch noch mehr „passieren“, denke ich wenigstens. Beispielsweise muss ich doch wissen, warum ich mich immer wieder auf die gleiche Art in Beziehungen verhalte.

Und so wie ich Dich verstanden habe, führt die gute Beziehung zwar dazu, sich selbst kennenzulernen und anzunehmen. Das soll dadurch passieren, dass Du zu Deinem Kern vordringst:

>In einer gelungenen Beziehung ist es möglich, das eigene Selbst durch all die vermüllten Räume und leeren Hüllen hindurch zu suchen und sich dessen gewahr zu werden.

Habe ich das richtig verstanden? Übrigens: ich finde diesen Satz echt prima geschrieben, sehr anschaulich.

Dieses sich selbst finden ist auch in meiner Therapie wichtig, nämlich in Form von – verkürzt ausgedrückt – dysfunktionale Grundannahmen identifizieren und zu verändern. An diese Grundannahmen komme ich auch, indem ich meine Vergangenheit anschaue, Beziehungen analysiere.

Zwischenstand also: Du findest zu Dir selbst durch die Suche; ich finde zu meinen mich behindernden dysfunktionalen Verhaltensweisen. Bei Dir geht es dann so weiter:

>Und die akzeptierende Anwesenheit des Analytikers/der Anayltikerin ermöglicht es, ganz langsam dieses Selbst dann auch "selbst" anzunehmen.

Aber wie? Wie kann man lernen, sich selbst anzunehmen, ohne dafür ein „Werkzeug“ an die Hand zu bekommen? Und vor allem: wie kann man sich selbst anzunehmen und gerüstet zu sein für die zukünftigen Ereignisse in der Umwelt, die sich ja nun einmal größtenteils nicht ändert. Ich meine, einiges kann man doch nicht ändern sondern man muss lernen, möglichst gut damit zurechtzukommen, z.B. Zurückweisung von Freunden, Arbeitgeber, Misserfolg in irgendeinem Bereich usw.

Das ist, was ich der PA „vorwerfe“: sie bleibt doch irgendwie an diesem Punkt stehen, oder nicht?

Wenn ich von mir ausgehe: wäre ich an dem Punkt „stehengeblieben“, hätte ich nur einige Zeit in dieser Umwelt bleiben müssen, um mindestens genauso krank wie vorher zu sein. In meiner Therapie haben wir eben irgendwelchen typischen Situationen analysiert, einen Punkt „herausgerechnet“, an dem ich entweder in die eine Richtung (Rückzug, Depression, schlechte Stimmung usw.) abbiegen kann oder in die andere Richtung (mit der mich belastenden Situation besser umgehen können). Aber allein diesen Punkt zu kennen, macht mich natürlich auch nicht zu einem glücklicheren Menschen. Also habe ich Strategien gelernt, wie ich mit solchen Situationen umgehen kann.

Ein weiterer Punkt in meiner Therapie war eben auch, das Umfeld anzuschauen, zu analysieren, welche krankmachenden Faktoren es da gibt. Und diese ggf. zu verändern.

So wie ich es empfinde, richtet die PA den (fast) einzigen Fokus auf das „Warum“, lässt aber dem Patienten selbst überlassen, wie er in Zukunft mit doofen Situationen umgehen soll. Für mich war gerade wichtig, bestimmte Strategien zu besprechen, was im übrigen nicht heißt, dass ich sie alle internalisiert habe oder dass ich vollkommen stur nach einem Strategienplan lebe. Die Hauptaufgabe lag, glaube ich, bei mir, passende Wege zu finden. Meine Therapeutin hat sich mit Ratschlägen zurückgehalten bzw. in der Regel mit einer Gegenfrage geantwortet, wenn ich wissen wollte, wie ich was machen soll. Das hat mich natürlich in dem Moment oft genervt. Aber im großen und ganzen denke ich, dass einige Strategien bzw. Verhaltensmuster gerade sich gerade deshalb so fest etablieren konnten, weil ich sie mir eben selbst erarbeitet habe und entsprechendes Feedback von meiner Therapeutin bekam.

>In dieser Beziehung ist es darüber hinaus möglich, Nähe und Distanz zu üben, es ist möglich, den Wunsch nach Verschmelzung, aber auch die notwendige Abgrenzung anzuschauen und zuzulassen. Es ist möglich, sich selbst in dieser Beziehung zu "erfahren".

Auch das war bei mir sehr wichtig. Und das ist auch ein Punkt, den ich bei der PA nicht ganz verstehen kann, da der Analytiker ja total neutral sein soll (weiße Leinwand, auf der der Analysand sein Leben malen kann; hat irgendwer glaube ich mal gesagt). Ich verstehe nicht, wie man unter solchen Umständen Nähe und Distanz spüren, aushalten und üben kann. Zumal man dem Analytiker ja gar nicht ins Gesicht schauen kann, also nicht seine Reaktionen sieht. Für mich war es gerade wichtig, ein authentisches Feedback zu kriegen, auch in Form eines „Anschisses“, denn dadurch konnte ich lernen, dass eine Beziehung auch bestehen bleiben kann, wenn man sich mal überhaupt nicht gut versteht. Das war eines der Schlüsselerfahrungen für mich, glaube ich. Und ich kann mir halt nicht vorstellen, dass es möglich ist, eine Beziehungskonstanz zu erleben, wenn man auf einer Couch liegt und denjenigen gar nicht sieht, mit dem man spricht.

>Wenn es denn mal geschehen ist, ist umgekehrt die Erfahrung des bevorstehenden Abschieds (wegen Ende der Stundenzahl) sehr schwer - in dieser Phase bin ich im Moment.

Ein weiterer Punkt, den ich nicht verstehe. Bereitet Ihr den Abschied denn nicht vor, z.B. indem Ihr die Sitzungen nur noch alle paar Wochen macht?

>Mir ist aber bewusst, dass die gewonnenen Erfahrungen nun zunehmend in meine reale Beziehungen umgesetzt werden müssen. Das ist ein zugegebenermaßen sehr schwieriger Schritt, da die "schützende Hülle" der Therapie-Situation hier ja nicht gegeben ist.

Spielt es in der PA wirklich keine Rolle, wie man sein weiteres Leben plant bzw. wie man zukünftig mit den Widrigkeiten des Lebens am besten zurechtkommt?

Für mich ist das nämlich einer der Hauptgründe, warum ich mich in Therapie begeben habe: ich wollte endlich ein normales Leben leben können, hatte aber keine Ahnung, wie ich das anstellen soll.

Weil ich immer wieder lese, dass in der VT die Auslöser der Erkrankungen bzw. die Vergangenheit allgemein (z.B. Traumata) keine Rolle spielen oder nicht besprochen werden, möchte ich anfügen, dass ich bei meiner VT'lerin eine ca. halbjährige Phase der Traumaarbeit hatte. Diese Phase hat es mir letztendlich ermöglicht, Frieden mit mir und vor allem meiner Vergangenheit zu schließen.

Ehrlich gesagt kann ich halt einfach nicht nachvollziehen, worin der Nutzen einer Therapie besteht, wenn man kein Handwerkszeug für die Zukunft bekommt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass allein das Wissen um Abwehrmechanismen mich vor irgendwelchen Zuständen schützen soll. Ohne dass ich auch weiß, wie ich mit belastenden Situationen umgehen soll. Mir fehlt dabei die Anleitung zum Umsetzen dessen, was man gelernt hat.

Viele Grüße

Xenia
ANOVA
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von ANOVA »

Ich finde auch, dass in der PA aus allem so ein Geheimnis gemacht, so als ob der Analysand am besten gar nicht weiß, was Sache ist...

Woraus besteht der Sinn, dass Analytiker oder analytisch gefärbte Psychiater einem nicht die korrekte Diagnose mitteilen?
Liber
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von Liber »

Hallo Xenia,

ich werde gerne versuchen, auf deine Fragen - soweit es mir möglich ist - zu antworten.


Nur werde ich ein bisschen dafür brauchen.

Bis bald!

Gruß

Brittka
tomroerich
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Re: Psychotherapie von Depression & Narzismuss

Beitrag von tomroerich »

Hallo Xenia,

da ich ja auch eine Analyse gemacht habe, möchte ich hier eine ganz grundsätzliche Anmerkung machen. Wenn ich dich richtig verstehe, ist es für dich von entscheidender Bedeutung, genau über das Wie und Warum, also den Wirkunbgsmechanismus einer Therapie Bescheid zu wissen. So traust du der Analyse z.B. deshalb nicht, weil sie nicht erklären kann, wie sie funktioniert, während es für dich sehr einleuchtend ist, wie z.B. Verhaltenstherapie funktioniert. Ich fasse das mal so zusammen, dass Erklärbarkeit (und auch beweisbare Wirksamkeit) für dich eine (1) Voraussetzung ist, damit du eine Therapie als für dich geeignet ansehen kannst.

Ich komm dir jetzt mal mit einem blöden Beispiel, worauf ich hinaus will. Nehmen wir den Geschmack einer Zitrone. Die Erfahrung, wie eine Zitrone schmeckt ist das wohl Wesentlichste, was ich mit einer Zitrone erleben kann. Nun die Frage, ob ich das auch erklären kann. Wenn ich es erklären könnte, und die Erklärung der Geschmackserfahrung völlig gleichwertig wäre, dann müsste meine Erklärung auch bei anderen, die nicht wissen, wie eine Zitrone schmeckt, dieses Erlebnis hervorrufen. Aber wir wissen, dass das so nicht ist. Ich sage daher, dass der Geschmack einer Zitrone sich selbst erklärt. Es gibt nichts zu erklären, was diesen Geschmack besser machen oder ihm sonst etwas hinzufügen könnte. Es ist sogar ganz unsinnig, das erklären zu wollen. Dein Erlebnis mit der Zitrone enthält bereits alles, was es geben kann.

Alle Erfahrungen, so wie sie jeder mit seinem Geist macht, sind ihrer Natur nach nicht erklärbar. Wären sie es, könnte man aus Büchern leben. Ebenso sind Therapieerfahrungen und die Art und Weise, wie sie im menschlichen Geist wirken, nicht erklärbar. Man kann in einer gelingenden Therapie die Erfahrung machen, dass eine einziger Gedanke, der von tief innen her empfunden wird, ganze Problemfelder einfach verschwinden lassen. Wie kam das zustande? Es ist ein Rätsel. In den wichtigsten Augenblicken der Analyse ereignet sich Heilung. Sie wird nicht herbei-erklärt, sondern sie ereignet sich. Und das Wesen dieser Heilung ist auch nicht, dass du nun etwas besser erklären kannst, sondern dass du dich selbst erlebst. Und das ist wie mit der Zitrone. Es muss nicht und kann nicht erklärt werden, weil es bereits die Erklärung ist. Es ist unmittelbares Erleben und weiter nichts. Das Wissen, wie man ein lebenswertes Leben führt, kannst du nicht erklärt bekommen. Dein Leben ist dann lebenswert, wenn du dich selbst hast. Sich selbst zu haben ist ein Gefühl von Zufriedenheit und Glück und es ist so schön, dass du gar nicht anders kannst, als dich selbst zu lieben. Aber warum das so ist - das kann ich dir nicht erklären. Es erklärt sich wirklich selbst. Und dieses eine wird alles andere erklären, ohne Mühe. Alles erklärt sich aus dir selbst heraus.

Ich muss nicht für mich klären, ob es ein Selbst gibt. Ich weiß es. Und ich kann es dir sagen und wenn du dann antwortest, das glaubst du nicht, dann ja gut. Aber wenn eines Tages, was ich dir wünsche, du deinem Selbst begegnest, dann wirst du es auch wissen. Aber du wirst es genau so wenig wie ich irgend jemandem erklären können.

Thomas
Betroffene für Betroffene

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