wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

imagine
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von imagine »

Liebe Pferdediebin,
ich finde alles was in diesem Zusammenhang geschrieben wurde sehr interessant, so auch deinen Beitrag, denn wir sind ja alle nicht frei von Ängsten.
Mir hat auch dein Ansatz geholfen, nicht alles unter dem Krankheitsaspekt zu sehen.
Es ist normal und natürlich vor etwas Angst zu haben, dass man nicht kennt, das denke ich auch.
Nene kommt einfach den Beschreibungen meiner Tochter - so denke ich - am nächsten, aber ich gehe ein großes Stück mit dir konform.
Ich habe früher auch gGruselfilme geliebt und mich danach auch nicht mehr gefürchtet, allerdings könnte ich die heutigen nicht mehr ansehen, früher waren sie total irrational und man wusste, sowas kann einfach nicht passieren!

Ich danke also auch dir

imagine
Von mir aus hättestdu übrigens nicht den Stecker zeihen müssen
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
Lankes
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von Lankes »

Hallo Imagine,

ich habe ähnliche Gedanken wie Deine Tochter. Ich kann nicht mit dem Gedanken umgehen, daß ich irgendwann nicht mehr bin. Jetzt sehe ich unsere Kinder aufwachsen und auf einmal ist da nichts mehr? Auf einmal bin ich weg? Liege in der Erde, werde von Würmern zerfressen und ich kann nicht mehr am Leben teilnehmen.
Mich macht der GEdanke wahnsinnig, ich meide alte Leute, die vor allem gebrechlich sind und eigentlich nur noch auf den Tod warten. Ich kann mit ihnen nicht umgehen und der Gedanke, daß ich irgendwann mal nicht bin, - ich verdränge ihn ganz schnell, bevor ich durchdrehe!

Vielleicht war das in meiner Familie so üblich, meine Großeltern haben immer versucht mit modernsten Klamotten, buntem Nagellack, Haare färben usw., jung zu bleiben, sie haben das Alter nie zugelassen. Jetzt geht es nicht mehr anders, mit über 80 und fast 90, meine Oma braucht einen Stock zum GEhen, hat immer mehr Probleme - und sie leidet, kommt damit nicht klar. So wie ich.


Katy



***Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag***

***Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.***
pferdediebin
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von pferdediebin »

liebe nene!



ich hab nicht behauptet,daß die menschen nie angst vor dem tod hatten,nur daß es so viele arten des umgangs damit gibt.und alle religionen befassen sich schließlich mit dem "und was kommt dann?" und bietet auch,entsprechend dem entwicklungsstand des volkes,eine lösung an.
mir schwebte eher das bild von engen familienbanden vor,wo es oft nicht recht viel hilfe gab,als dem sterbenden beizustehen,im selben zimmer,und daß kinder da nicht ausgeschlossen waren.
ich hab bei meinem sohn gesehen,daß er tod eher als zufälliges unglück betrachtet hat,was vielleicht auch mit den medien zusammenhängt,nicht als etwas was uns zwangsläufig irgendwann alle ereilt.
und ich kann mich erinnern,wo ich ihm als mögliche konsequenz seines handelns (blind über die strasse rennen,sich zu weit aus dem 3. stock lehnen usw.) den eigenen tod vor augen halten mußte.und was das für mich bedeuten würde.
ich mußte ihm quasi angst machen,um sein überleben zu sichern.
und gleichzeitig wollte ich,daß er sich nicht vor den dingen fürchtet,die man sich als kind einfach nicht erklären kann.
denn ich weiß sehr gut,daß einem das das leben zur hölle machen kann.ich glaub,ich bin meine kindheitsängste (im dunkeln,vorm allein sein,vor unerklärlichen dingen) erst mit anfang 20 nach und nach losgeworden.natürlich hat auch mitgespielt,daß ich selber mutter geworden bin,und allein war.ich kann mich noch gut an meine träume erinnern,in denen ich mich meinen kindheitsmonstern stellen mußte,um meinen sohn zu schützen.zeitgleich hab ich mich mit erziehung und ihren folgen befaßt,und hab unheimlich viel psychologisches gelesen.und nach und nach kamen die informationen zusammen.und je mehr ich wußte,desto weniger angst hatte ich,weil ich den ursprung und die entwicklung nachvollziehen konnte.und sehr wichtig war auch die erkenntnis,daß man seine innere chemie mit seinen gedanken beeinflußt,und daß niemand anderer meine gedanken verändern kann,als ich selbst.ich hab seit frühester kindheit unter stress gestanden,und mein inneres system hat sich brav danach gerichtet,um mein überleben zu sichern.ich hatte nie gelernt,in mein leben zu vertrauen,mich sicher zu fühlen.

ich habe meine erfahrungen nicht absichtlich verallgemeinert,ich hab nur in meinem umfeld ähnliche entwicklungen erlebt.und es tut mir sehr leid für dich,daß deine entwicklung anders verlaufen ist.
ich hab mir ja auch nie vorgenommen: HA,jetzt nehm ich mir diese oder jene angst vor,das kam einfach mit der zeit,mit der suche nach lösungen.ich kann nur jetzt zurückblicken und sagen,ja,es ist bedeutend besser geworden.aber die entwicklung hat auch fast 20 jahre gedauert.
und ich hab erkannt,daß alles zur rechten zeit kommt.erst wenn man sich eine weitgehend sichere basis geschaffen hat,ist man fähig sich damit zu konfrontieren.denn solange man eine angst hat,will sich unser innerstes mitteilen.es will zeigen,daß da noch was ungeklärt ist,daß etwas weiterhin stress verursacht,und damit die innere chemie stört.

ich schiebe meine ängste nicht weg,sondern ich seh sie mir von allen seiten an,um mit meinem erworbenen wissen lösungen zu finden.das kann ich aber besser,wenn ich nicht unter adrenalin stehe,sondern meine reserven an serotonin und dopamin anzapfe,die ich aktiviere,wenn ich mich wohl und sicher fühlen will (das geht z.b. durch autogenes training,meditation,oder durch einfaches bewußtmachen der aktuellen situation,und die prüfung auf den wahrheitsgehalt des erlebten gefühls)
ich möchte schließlich ganz genau wissen was es ist,und woher es kommt,und das kann ich ned,wenn grad der renn-weg-und-überlebe-modus läuft

aber das alles ist bei gott nicht so einfach gewesen,wie sich das jetzt anhört.

und selbst die depression hat mir geholfen,meine versagensängste zu überwinden,weil ich sowas von versagt hab wie noch nie zuvor,und es ist eigentlich mit mir als person nicht viel passiert,die welt dreht sich einfach weiter.und ich hatte auch keine angst vor dem tod mehr,denn ich hab mich so tot gefühlt,daß er eher eine erlösung bedeutet hätte.
und wenn ich zurückschaue (gut eingestellt auf 40mg fluctine) dann war alles gut und richtig so,denn es hat mir alle diese erfahrungen ermöglicht,ich möchte keine einzige missen.denn das alles war anscheinend notwendig um vertrauen zu lernen.


alles gute

pferdediebin


PS:ich denke übrigens,daß du dich warscheinlich auch schon auf der suche nach lösungen befindest,zumindest zeigt mir das dein motto.denn man kann echt nicht frei sein,wenn man seine schatten nicht versteht.
"Die Stimme des Fleisches verlangt: nicht hungern,nicht dürsten,nicht frieren.Wer dies erreicht und hoffen darf,auch künftig zu erreichen,kann sich selbst mit Zeus im Glücke messen"



Epikur





BinAmEnde
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von BinAmEnde »

Hallo imagine!

dies ist ein sehr heikles thema für mich! wie viele hier, hatte auch ich als kind schon panische angst vor dem "nicht mehr sein"! warum, weiss ich nicht. irgendwann verdrängte ich diese gedanken. aber sie holten mich ein. mein älterer bruder starb mit 37 und ich, der jüngste, musste mich um alles kümmern. für einen abschied kam ich eine stunde zu spät ins krankenhaus, aber alle formalitäten blieben an mir hängen! fragt lieber nicht warum.

ich ging dann, berufsbedingt, fort. und irgendwie lebte ich jahrelang jeden tag, als ob es der letzte sei. das waren meine glücklichsten jahre! ich wusste, es wird irgendwann zu ende sein, doch es machte mir keine angst mehr! das ist genau die einstellung, die mir dann irgendwann abhanden gekommen ist und die ich so sehnsüchtig versuche wieder zu finden!

in anlehnung an deine frage möchte ich formulieren: warum nicht heute leben, wenn es morgen schon vorbei sein kann? okay, ich kann es heute nicht aus überzeugung sagen, aber irgendwo tief in mir drin weiss ich, dass das der schlüssel ist!

lasst uns bitte diesen schlüssel suchen! und aus gesprächen mit meinen kindern weiss ich, dass auch sie ein verständnis dafür entwickeln können. denn die angst vor dem ende kann sehr lähmend wirken!

deine großeltern mögen unter ihrem alter leiden. vielleicht. aber darum müssen wir es noch lange nicht auch tun! genießen wir die zeit, in der wir keinen echten grund haben zu leiden! und vielleicht gibt es dann keinen grund mehr für uns zu leiden!

lasst uns nicht vom schlimmsten ausgehen! lasst uns versuchen, die zeit zu nutzen! es gibt so viele dinge, die wir beeinflussen können!

sterben müssen wir alle irgendwann! lasst uns heute leben!

viele grüße, werner
Guitaranderl

Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von Guitaranderl »

>panische angst vor dem "nicht mehr sein"

Ich finde Werner´s Ausdruck interessant und er bringt mich auf Folgendes:
Wir hatten hier schon den Punkt, dass es oftmals die Menschen sind, die imgrunde Angst vor dem Leben -oder eben ihrer speziellen Lebendigkeit- haben, die auch den Tod insbesondere fürchten. Diese Menschen "sind" ja im gewissen Sinne gar nicht, denn sie beschneiden ja -warum auch immer - ihre Vitalität und Spontaneität.

Vielleicht ist ja die Angst vor dem Tod die Angst vor "dem nicht gewesen sein"... Vielleicht ist diese Angst der Ruf nach der eigenen Lebendigkeit......


>Mich beschäftigt das Thema "Endlichkeit" auch sehr. Nicht die Tatsache, dass das Leben irgendwann vorbei ist, ängstigt mich, sondern das Unvorstellbare. Ich versuche, mir das Nichts vorzustellen. Funktioniert natürlich ganz toll

Mensch Lee, Du hier!? Wie schön! Kannst Du mich mal bitte kurz anmorsen...?
Zu Deinem Problem der Unvorstellbarkeit: Gandhi hat mal was m.E. sehr Einleuchtendes gesagt: Wir sterben jeden Tag; und werden jeden Tag neu geboren. Er meinte damit den Schlaf......
imagine
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von imagine »

Hallo Werner,
lieb von dir, dass du schreibst, ich dachte schon, dass es dir so gut geht, dass du dir das hier nicht mehr "antun" willst, was ich auch für den Moment ganz okay gefunden hätte, denn mir tut es auch nicht immer gut hier zu lesen oder zu schreiben...
Aber du verwechselst mich, oder auch nicht, denn auch ich hatte eine Mutter, die nicht oder erst spät älter werden konnte und dann ist sie recht früh an Krebs gestorben -wie ich diese Krankheit hasse-

Nein, es betrifft meine Tochter, die diese schmerzliche Angst mit sich herumschleppt.

Ich weiß, dass der Herrscher über den Augenblick auch der Herrscher über sein Leben ist, aber ich kann das so selten umsetzen...


Lieber Andreas,
die Franzosen nennen den Schlaf ja auch nicht umsonst den kleinen Bruder des Todes..

Meine Tochter verarbeitet ihre Probleme alle in Träumen, ich finde das bemerkenswert, sie kann auch einschlafen, wenn sie großen Kummer hat, ich bin dann glockenwach.... und könnte einen Mord an demjenigen begehen, der sich mir durch Schlafen entzieht.

Dieses Phänomen kennen glaube ich viele

An alle liebe Grüße von
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
Guitaranderl

Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von Guitaranderl »

>die Franzosen nennen den Schlaf ja auch nicht umsonst den kleinen Bruder des Todes..

Und den Orgasmus "le petit mort"; den kleinen Tod... (Thema Hingabe... Loslassen)
BinAmEnde
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von BinAmEnde »

Hallo imagine!

ich verwechsele dich nicht. beim schreiben an dich sind meine gedanken nur mit mir derart spazieren gefahren, dass ich vergass, das du dich auf deine mutter bezogen hast, nicht auf die großeltern. macht mein voriges posting jetzt sinn?

weisst du, angst ist schlimm. egal für wen! aber es gibt etwas, das noch schlimmer ist: verdrängte angst! denn sie frisst sich tief in die seele, zeigt sich immer dann, wenn man sie nicht erwartet und zerstört jeden klaren gedanken! und es wäre furchtbar, wenn deine tochter durch die angst leiden müsste.

tod macht kindern, so denke ich, deswegen so viel angst, weil wir selbst so schlecht damit umgehen können. vielleicht ganz ähnlich wie mit dem thema sexualität bei kleinen kindern. ist ja auch schwierig. ich habe aber auch keine lösung parat, da ich nur weiss, wie meine eltern damals mit mir als 6-jährigem umgegangen sind. damals starb mein onkel an darmkrebs. ich wünsche dir, dass du das besser machst, für die kleine da bist, ihr zuhörst und sie reden lässt. wir haben angst vor dem tod - natürlich. aber er gehört eben dazu. ich denke heute, er mahnt uns heute zu genießen und zu leben!

ich hoffe du verstehst, was ich sagen möchte!

liebe grüße, werner
heute
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von heute »

Hallo Werner,

es war Katy, die von ihren Großeltern schrieb, die auf keinen Preis alt werden wollten (es nun aber unweigerlich doch sind).

Vielleicht lag hier das Missverständnis?

Und: Imagines Tochter ist bereits erwachsen, kein kleines Mädchen mehr.

Hmm, jetzt war's mir grade nach "Klärung" und "Richtigstellung", Imagine und Werner. Bitte nehmt es mir nicht übel, falls das unangebracht war.

Schöne Grüße

Nene
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ege0804
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von ege0804 »

Im Buch 'Als Nitzsche weinte' gibt es einen schönen Abschnitt:
sinngemäß:
'krank werden wir dadurch, indem wir etwas Sinnlosem einen Sinn aufzwingen wollen oder diesen Sinn suchen, den es nicht gibt.'

Gott ist tot, die Welt ist leer, na und....

Hauptsache das Leben ist schön, solange wir leben, den auf lange sicht macht nichts wirklich sinn, ausser die Gelegenheit Glücklich zu sein, die paar Tage noch!.

Vielleicht hat unsere Existenz den Sinn Leben weiter zu geben.

Vielleicht muss es uns erst schlecht gehen damit wir immer beschäftigt sind dem Glück hinterher zu laufen.

Hoffe das der Beitrag nicht unsinnig ist.

gruß Ernie

'das Herz der weisen ist bei der trauigkeit
das herz der narren bei der freude'
(Zitat: erasmus von rotterdam)


gruß ernie
imagine
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von imagine »

Liebe Nene,,
danke dir für die Richtigstellung, ich hätte mich vermutlich dagegen entschieden, weil ich Werner sehr schätze und auch weiß, dass er mich nicht verwechselt, aber nun bin ich doch froh, dass du es mir abgenommen hast.
Leider hat meine Tochter deinen Beitrag noch nicht gelesen-nehme ich an- sie wohnt ja nicht mehr bei uns, aber sie neigt ja zum Verdrängen und ich will sie zu nichts drängen.
Es muss ihr selbst ein Bedürfnis sein, sich damit auseinanderzusetzten und dann vielleicht auch mit dir, denn ich denke immer noch, dass du sie am besten verstehen kannst

Alles Liebe und nochmal danke, ich mag dich gerne
imagine

Lieber Ernie,
ich finde deinen Beitrag absolut nicht sinnlos, keinen der Beiträge fand ich sinnlos und dass dieses Thema so viele Menschen berührt spricht ja für sich.
Ich habe andere Ängste, wie meine Tochter und kann daher dem Satz von Nitzsche zustimmen, dem ersten allerdings nur.
schön, dass auch du geschrieben hast

imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
heute
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von heute »

Liebe imagine,

ja, da hast du auf jeden Fall recht! Sie wird den Thread lesen, wenn sie sich danach fühlt und wenn SIE sich auseinandersetzen möchte. Wenn sie Lust hat, können wir dann gerne in Austausch miteinander treten!

Und dein letzter Satz (im Teil an mich)... oh, der ist wie ein Geschenk für mich! Danke! Richtig schön!

Ich mag dich ebenfalls und lese gern, was du schreibst!

Liebe Grüße

Nene
"So many things I would have done, but clouds got in my way." Joni Mitchell (Both sides now)
Guitaranderl

Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von Guitaranderl »

Im übrigen, Imagine, ist "und Nietzsche weinte" auch von Irvin D. Yalom.. ein ganz tolles Buch über das -fiktive- Zusammentreffen von Nietzsche, einem Wiener Arzt namens Breuer und dessen jungen Freund namens Sigmund Freud. Das Buch schildert den Versuch, Nietzsche mittels einer neuen "Redekur" von seiner Migräne zu kurieren.
Sehr empfehlenswert!
Onkel_Albert
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von Onkel_Albert »

Liebe imagine,

mir selbst geht es zwar ganz anders als deiner Tochter, aber das Thema hat mich doch berührt.

Ob ich meinen Kindern unbewusst (vielleicht sogar tragisch im Sinne des griechischen Orakels)
die Depressivität weitergebe, frage ich mich auch oft.

Aber einen positiven Aspekt haben die Ängste deiner Tochter auf jeden Fall:
sie hängt am Leben, sie findet ihr Leben wichtig!
Das ist schon mal eine gute Voraussetzung, nicht in eine chronische Depression zu verfallen.
Lethargie wäre da viel bedenklicher.

Es gibt übrigens im Alten Testament der Bibel sehr viele Stellen, in denen es um die Endlichkeit unserer Existenz geht. Schon vor über 2000 Jahren haben solche Fragen die Menschen gequält.


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Ein jegliches hat seine Zeit,

und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde ...

(Prediger Salomo)
imagine
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von imagine »

Hallo ihr Lieben, ich übertreibe nicht, wenn ich das so schreibe, denn viele sind mir in diesem Thread ans Herz gewachsen!!

Liebe, liebe Nene, das freut mich, du bist mir so nah, auch in deinen anderen Beiträgen berührt mich deine Sprache.
Meine Tochter hatte den Thread doch gelesen und sie war tief beeindruckt von dem was du beschrieben hast, es spiegelt ganz offensichtlich ihre Angst wieder und sie fühlt sich nicht mehr so unverstanden.
Ich habe schon auch versucht sie zu verstehen, aber ich konnte nur den Schmerz spüren, das ist etwas ganz anderes,
ich soll dir danken dafür, ob sie sich darüber auseinandersetzen will, kann ich nicht sagen, ich fände es gut, ich denke, sie wird dann hier schreiben
Dir und deinen Kindern wünsche ich alles Liebe
Deine imagine

Lieber Albert, mein lieber Freund,
wie freut es mich, dass du mir antwortest, auch ich habe andere Ängste, als meine Tochter, auch ich finde das Vertrauen gut, aber irgendwie macht mir diese wirklich sehr tiefe Angst auch irgendwie Sorgen, vielleicht zeigt es auch nur, wie tiefgründig sie hinter ihrer manchmal recht lockeren Fassade ist.

Ich denke dass wir fast alle darunter leiden, unsere Depressivität an unsere Kinder weiterzugeben, aber die Konsequenz, wäre auch fatal.
Ich glaube dir, dass alle Menschen schon seit sie denken können sich mit ihrer Endlichkeit beschäftigt haben, vielleicht ist das eine Strafe von Gott, wer weiß das schon, um seine Sterblichkeit zu wissen, verhindert oft den Blick auf das Wesentliche.

Auch dir wünsche ich alles Liebe und Gute
Imagine


Lieber Andreas,
dann werde ich das Buch wohl lesen müssen, wenn ich dann auch von meiner Migräne geheilt werde*lächel*
Aber auch wenn nicht erscheint es mir sicher lesenswert

Liebe Grüße auch an dich
imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
heute
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von heute »

Liebe imagine,

auch wenn es sich in diesem Thread um so ein schwieriges, ernstes und belastendes Thema geht, möchte ich dir doch schreiben, dass ich mich sehr freue - über das, was du in deinem letzten Beitrag geschrieben hast.

Sag deiner Tochter liebe Grüße (oder liest du selbst mit, "imagine-Tochter"? ) und ja, vielleicht lassen sich ja doch noch Wege zu finden, mit unserer Angst umzugehen, ohne sie mit aller Macht, wann immer es geht, zu verdrängen.

Und du, lass dich doch mal - aus der Ferne - drücken und umarmen (wenn du das magst).
Ich freu mich über die Nähe.

Alles Liebe

Nene
"So many things I would have done, but clouds got in my way." Joni Mitchell (Both sides now)
Onkel_Albert
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von Onkel_Albert »

Liebe imagine,

du schreibst:
"Ich glaube dir, dass alle Menschen schon seit sie denken können sich mit ihrer Endlichkeit beschäftigt haben, vielleicht ist das eine Strafe von Gott, wer weiß das schon, um seine Sterblichkeit zu wissen, verhindert oft den Blick auf das Wesentliche."

Früher haben die Menschen das so gesehen, dass sie ihre Unschuld verloren hatten und deswegen aus dem Paradies vertrieben worden waren.
Aber eigentlich ist das eine typisch depressive Sicht (geht mir auch oft so).

Die heutige, christliche Sicht (zumindest seit Martin Luther) ist aber umgekehrt die, dass man sich *trotz* (oder vielleicht sogar wegen?) der eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten von Gott angenommen fühlen darf.

Und mir selbst geht es eher so, dass das Wissen um meine Sterblichkeit mir viele Dinge unwesentlich erscheinen lässt, die mir sonst Grübeleien und Kopfschmerzen bereiten würden. Aber ich glaube dir, dass deine Tochter das anders empfindet.

Der Herr Flick, der vor ein paar Tagen gestorben ist, war einer der reichsten Menschen in Deutschland. Was ist von ihm geblieben? Die Erinnerung an die "Flick-Affäre" ...


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Ein jegliches hat seine Zeit,

und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde ...

(Prediger Salomo)
imagine
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von imagine »

Ihr Lieben,
ich habe euch nicht vergessen, aber mir ist gerade nicht danach ausführlich zu schreiben, aber ich werde es nachholen

Imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
imagine
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von imagine »

Hallo Nene, vorweg noch einmal ein Dankeschön an dich, die du meine Tochter so gut verstehen kannst.
Im Moment geht es ihr nicht gut, die Angst scheint nicht mehr nur nachts zu kommen, sondern sie kommt scheinbar wann sie will.
Das mit dem Verdrängen klappt scheinbar auch immer seltener.
Sie will das Leben in vollen Zügen genießen, hat große Angst etwas zu versäumen, hat einfach Angst um ihre Zeit..

Mich bedrückt das alles sehr, ich fühle mich völlig hilflos, meine Sichtweise ist eher die von Albert.
Wenn ich Angst habe, dann selten um mich, sondern eher um einen geliebten Menschen.
Ich finde es schön dich zu kennen, weil ich weiß, dass du beide Sichtweisen verstehst.

Lieber Albert,
Danke auch dir, die Sichtweise des Martin Luthers behagt mir auch mehr, als der Glaube an diesen grausamen Gott und ich habe noch immer deine Sonnenblumen, auf die ich bei Bedarf zurückgreifen kann.

Alles Liebe euch

eure Imagine
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von ege0804 »

Epikur:

(griechischer Philosoph) lehrte, der Tod sei für uns ein Nichts: »Beruht doch alles Gute und alles Üble nur auf Empfindung, der Tod aber ist Aufhebung der Empfindung. Darum macht die Erkenntnis, daß der Tod ein Nichts ist, uns das vergängliche Leben erst köstlich. Dieses Wissen hebt natürlich die zeitliche Grenze unseres Daseins nicht auf, aber es nimmt uns das Verlangen, unsterblich zu sein, denn wer eingesehen hat, dass am Nichtleben gar nichts Schreckliches ist, den kann auch am Leben nichts schrecken. ... So ist also der Tod, das schrecklichste der Übel, für uns ein Nichts: Solange wir da sind, ist er nicht da, und wenn er da ist, sind wir nicht mehr. Folglich betrifft er weder die Lebenden noch die Gestorbenen, denn wo jene sind, ist er nicht, und diese sind ja überhaupt nicht mehr da.«

gruß Ernie
heute
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von heute »

Hallo imagine,

ich bin noch am Überlegen, was ich schreiben könnte.

Diese Not, diese Angst... ja, sie kann das ganze Leben überschatten...

Ich überlege noch... und schreibe später wieder.

Auf jeden Fall tut es mir von Herzen Leid, dass es deiner Tochter derzeit so schlecht geht! Ich kann verstehen, dass du in Sorge bist! (Du bist wirklich eine sehr liebevolle Mutter, dass du dich mit DIESER peinigenden Angst deiner Tochter auseinandersetzt!)

Liebe Grüße

Nene
"So many things I would have done, but clouds got in my way." Joni Mitchell (Both sides now)
ege0804
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von ege0804 »

Epikur zu Leben und Sterben

http://www.br-online.de/wissen-bildung/ ... s%20pdf%22

gruß ernie
BinAmEnde
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Re: wozu leben wir, wenn wir sterben müssen

Beitrag von BinAmEnde »

Hallo imagine,

die angst kommt also immer öfter deine tochter besuchen. das ist schrecklich und deine sorgen sehr verständlich. vielleicht hilft euch folgende erkenntnis weiter: man kann einen gedanken, eine befürchtung nicht erfolgreich verdrängen, wenn man sich nicht mit anderen gedanken und dingen beschäftigt! es ist dem menschen nicht möglich, sich zu verbieten an etwas bestimmtes zu denken! er kann diesen zu vermeidenden gedanken nur durch einen anderen ersetzen und sich dadurch davon abbringen, ständig daran zu denken! das ist nachgewiesen worden!

ich wünsche euch viel glück in dieser schwierigen situation, und dir genug kraft, dass durchzustehen!

liebe grüße, werner
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