Strukturen einer Depression

Gretchen
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Strukturen einer Depression

Beitrag von Gretchen »

Lieber Faustus... endlich erwache ich aus meinem Schweigen, fast schon neu gehäutet wie die Spinne. Ich habe einen Virus in meinem Computer und konnte (kann) mich deshalb zur Zeit kaum melden. Ich weiß, dass Du Dich ein paar mal bei mir gemeldet hast als ich nicht da war, es tut mir sehr leid, heute Abend wäre ich da... Es scheint Dir nicht sonderlich gut zu gehen, dass ist schrecklich... Halt durch Faustus, ich denk an Dich, bald ist das Seminar, das wird Dir sicherlich erstmal helfen. Vielleicht freut es Dich zu hören, dass ich noch immer auf dem Weg der Besserung bin. Langsam, mit Einbrüchen, aber immerhin. Eines Tages werden wir beide gesund sein, garantiert, ich verspreche es Dir. Du musst da jetzt durch. Wenn meine Spinne sich häutet frisst sie vorher monatelang nichts, die Häutung ist für sie sehr schwer, viele Spinnen brauchen dafür tagelang. Und dann liegen sie völlig erschöpft, wie tot auf dem Rücken. Und ganz, ganz plötzlich kehrt die Kraft in sie zurück, dass was so schrecklich und quälend war, dass war ein Erneuerungsprozess, sie haben eine neue Haut. Der Tag an dem Du eine neue Haut hast wird auch kommen, nur jede Häutung ist so wahnsinnig schwer... Du weisst ja, du kannst Dich jederzeit bei mir melden, nicht wahr? Ich habe einen ganz dicken Klos im Hals wenn ich daran denke, dass ich nie da war in den letzten Tagen. Ich werde Dir mal schnell eine mail schreiben. Lieber Faustus, fühle Dich virtuell von Herzen und mit aller Liebe umarmt, Dein Gretchen
Gretchen
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Strukturen einer Depression

Beitrag von Gretchen »

Hui... da ist sie wieder... Komisch...die Technik... fremde Computer... kaum ist Gretchen da gibt es wieder ein heilloses Durcheinander in den Postings... Vielleicht bringt Dich das ja zum schmunzeln Faustus...
Gretchen
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Beitrag von Gretchen »

@Data: Wir haben uns noch gar nicht kennen gelernt, wenn ich mich vorstellen darf: Ich bin Gretchen. *knicksmach* Vielleicht bin ich bald wieder öfter online und dann können wir öfter "reden". Ich wollte Dir nur mal sagen, dass ich es super finde wenn Du Faustus einen Haufen mails schreibst, er ist nämlich der aller aller Beste, und hätte 1000000000000000000000000 mails pro Tag verdient! Liebe Grüße Gretchen
Commander Data

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Beitrag von Commander Data »

Liebes Gretchen, ich bin so froh, ich glaube, du bist zum rechten Zeitpunkt aufgetaucht...danke dir! :-)))) Ich komme mir total bescheuert vor, daß ich mich darüber freue, aber ich tu es wirklich... Daß Faustus der beste ist, hab ich schon gemerkt! :-)))) Und du bist DIE beste! Paßt doch! :-)))) Nochmals danke, man sieht sich. Muß jetzt endlich mal was anderes tun als im Forum lesen, ich hab schon Angst, ich komme nicht mehr los davon, ist so spannend! Liebe Grüße an euch beide! Data
Commander Data

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Beitrag von Commander Data »

Ach, noch was, Gretchen, wie heißt den der Virus in deinem Computer? Und hast du ihn wegbekommen?
Muriel
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Beitrag von Muriel »

Lieber Faustus, wie wäre es, wenn du probierst, die 5 Monate wie Treppenstufen anzusehen ? (Ist ja auch nicht hundertprozentig sicher, dass es wirklich noch so lange dauert .... ist ja in erster Linie einmal eine sehr allgemeine Aussage.) 5 Monate wären die ganze lange Treppe über einige Stockwerke .... und du stehst jetzt unten an der ersten Stufe. Wenn du jetzt hochschaust und die ganze Treppe auf einmal siehst .... die ganzen Stufen auf einen Blick .... dann "erschlägt" dich dieser Anblick und der Gedanke an diese Anstrengung, die vor dir liegt, mit ziemlicher Sicherheit. Wenn du den Blick aber geradeaus richtest und immer eine Stufe im Blick behältst, nämlich die, die jetzt gerade dran ist .... auf die du als nächstes deinen Fuss setzen wirst .... dann wird es einfacher und vielleicht stellt sich auch ein kleines Erfolgsgefühl ein, diese Stufe bewältigt zu haben. Schritt für Schritt, Stufe für Stufe. Und, wie du siehst, steht auf jedem Treppenabsatz ein lieber Mensch, der auf dich wartet und auch mal ein Stück neben dir geht, wenn du das brauchst. Gretchen, ich bin froh, dass du da bist und auch Data, schön euch zu "sehen". *lächel* Faustus, vergiss niemals, du bist nicht alleine, auch wenn es sich manchmal so anfühlen mag. Fühl' dich in diesem Sinne ganz lieb gegrüsst Muriel
Wer zugleich seinen Schatten und sein Licht wahrnimmt,

sieht sich von zwei Seiten,

und steht somit in der Mitte.
Gretchen
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Beitrag von Gretchen »

Muriel, fühle Dich mal ganz lieb von mir gegrüßt!!! Dein Gretchen
Muriel
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Beitrag von Muriel »

Danke, Gretchen. Ebenso liebe Grüsse an dich zurücksende. Die Geschichte mit der Häutung deiner Spinne fand ich wirklich toll und beeindruckend. Muriel
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Faustus
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Beitrag von Faustus »

Hallo, Data, Gretchen, Muriel ... IHR SEID PHANTASTISCH ! Ich bin so geruehrt ueber Eure Postings .... Bevor ich darauf eingehe, erstmal zu gestern - ich war ziemlich unten. Als ich nach Hause kam, waren die Nachbarskinder gerade wieder dabei, meine Haustuer mit Muell zu bewerfen. Wieder diese Gedanken - das ganze Leben lang fuehle ich mich verfolgt und bedroht. Meist von Kindern und Jugendlichen, die ueber mich lachen, mir Schimpfworte und Muell hinterherwerfen. Ich ging durch die Kinder durch in meine Wohnung. Sie lachten nur und riefen mir einige fiese Sachen hinterher (wenigstens heute mal nicht Hitl..). Ich bekam wieder mein "negative thinking". Hey, rational weiss ich dass es so falsch ist. Aber ich redete mir ein, die Kinder wuerden mich in den Wahnsinn oder in den S..... treiben wollen. Ich musste noch einkaufen, wurde noch zweimal mit der johlenden Meute konfrontiert. Ich glaube, sie haben gemerkt dass mit mir was nicht stimmt. Schliesslich ging ich mit einer Flasche Wein zum Nachbarn - sie konnten nicht auf meine Party kommen und ich dachte, ich schenke ihnen den Wein stattdessen. Kam auch gut an, und die Nachbarin sagte sie wolle mich mal spontan einladen. Soziale Integration, das ists was ich brauche. Auf dem Rueckweg fuehlte ich mich schon besser. Die Kinder rannten an mir vorbei, da sie an einer Tuer gegenueber geklopft hatten. Die aeltere Dame machte auf, und ich sagte ihr dass die Kinder es waren und dass sie sonst mich terrorisieren. Als ich die S-Bemerkung abliess, fragte sie nach, und ich sagte ihr dass das nichts macht weil ich erstens in meinem Leben daran gewoehnt bin auf der Strasse nur gehasst zu werden und dass ich ja zweitens Antidepressiva nehme. Sie sagte ein paar verstaendnisvolle Worte ... danach fuehlte ich mich besser. Am Abend ging meine Stimmung wieder ziemlich hoch, bis ich mich wieder schaemte, mit meinen Problemen hausieren gegangen zu sein. Es musste einfach raus. Es gibt da zwei ichs: Das weinerliche, das offen mit jedem ueber seine Depris spricht und denkt, dass eh bald alles vorbei ist. Und das "Reiss-Dich-Zusammen-Ich", sozusagen die Reste des "Mannes" in mir, das sich wiederum schaemt fuer die Aktionen des ersteren Ichs. Ob da eine Persoenlichkeitsspaltung stattfindet ? Ich weiss es nicht, aber manchmal schalte ich wie ein Flipflop von einem Ich aufs andere um. Nun zu Euren Postings: @Data: Ja, ich bin mir nicht sicher ob das Feuer das in mir brennt mich zum Einsturz bringen wird oder ob es rechtzeitig unter Kontrolle kommt. Ich habe ein paar sehr gute Freunde in Deutschland - teils kenne ich sie seitdem ich 14 bin, aber teils haben sie auch Familie und eigene Sorgen und Belastungen. Sie koennen mir da nur eingeschraenkt helfen, ich will sie auch nicht als Muelleimer missbrauchen. Mit meiner Expartnerin verstehe ich mich auch sehr gut, sie weiss alles und unterstuetzt mich sehr. Aber mir fehlt etwas Lokales, jemand den ich z.B. abends oder am Wochenende besuchen koennte, wenn ich wieder einsam bin. Ich habe Angst vor jedem Wochenende, weil mich da die Einsamkeit ueberkommt. Ich habe ueber die Astronomie Freunde gefunden, aber die wohnen auch im weiteren Umkreis und ich kann mit ihnen nur eingeschraenkt ueber Gefuehle reden. Sport kann ich mit dem Schrittmacher machen (ich fahre mit dem Fahrrad - wenn ich nicht gerade erkaeltet bin wie derzeit - 10 km zur Arbeit und abends wieder zurueck), ich muss aber Koerperkontakt vermeiden, also keine Ballspiele etc. - macht mir nichts aus, habe eh "Angst vorm Ball" und deswegen war Sport meist meine schlechteste Note auf dem Zeugnis. Meinen Job liebe ich, habe ich doch das Hobby zum Beruf gemacht. 15 Jahre lang war ich auf dieses Ziel fixiert, wollte auch deswegen in den ersten Jahren von Beziehung etc. nichts wissen. Jetzt bin ich am Ziel und merke, dass ich die Risse in meiner Persoenlichkeit kitten muss, da ich Raubbau betrieben habe. Ueber Mailkontakt freue ich mich - Du hast ja den ersten Schritt schon getan - und ich werde Dir nachher antworten ... @Gretchen: Das mit der Spinnenhaeutung ist ein wunderschoenes Analogon ! Es wird in meine Memoiren eingehen. Auch schoen, dass Du wieder da bist. Hatte mir Sorgen gemacht, aber auch gedacht dass es Dir vielleicht besser geht und Du Abstand gewinnen moechtest. Dass ein schnoeder Computervirus hinter Deinem Schweigen steckt, habe ich natuerlich nicht in Betracht gezogen ... Es freut mich zu hoeren, dass es Dir besser geht. Ich freue mich schon auf das Seminar - nicht nur wegen des Seminars . Du musst keinen Kloss im Hals haben, weil Du die letzten Tage nicht da warst. Du bist ein freier Mensch ! @Muriel: Danke auch an Dich ! Das mit der Treppe ist auch ein sprechendes Bild. Ich mute mir wohl wirklich zuviel zu, und andererseits drappiere ich alle Impressionen des Umfelds gegen mich und erzeuge so heftige Gegenstroemung, gegen die ich ankommen muss. Wenn man mit einem Flugzeug fliegen will, sollte man als erstes die Schubumkehr rausnehmen - das muss ich lernen, auch wenn ichs rational klar habe. Hey, es geht mir wirklich schon besser heut morgen. Hatte gerade auch einen Smalltalk mit meinem Buerokollegen, den ich bezueglich meiner Probleme einweihte. Er hatte sowas auch schonmal ... Wir muessen da alle durch, und es gibt Licht am Ende des Tunnels ! Alles alles Liebe !!!! Euer Faustus ....
Faustus
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Beitrag von Faustus »

Hallo, gestern abend gings mir etwas besser. Erst als ich meine Ex-Partnerin anrief und diese mir offen gestand, dass sie meine Depris nicht mehr ertragen kann und ich mit jemand anderem darueber reden soll, war ich wieder unten. Klar, sie hat in ihrem Leben viel mit Depression zu tun gehabt und sie ist am Ende ihrer Kraft. Ich verstehe das. Schliesslich moechte ich sie ja nicht mit meiner Depression "anstecken". Habe wieder Schuldgefuehle, sie als Muelleimer benutzt zu haben. Es ist so hart. Und wieder faellt eine Stuetze weg ... Ist Depression "ansteckend" ? Ich bin dazu erzogen worden, immer zurueckzustehen und immer der "schlechtere" zu sein. Wenn unter Freunden Aussage gegen Aussage stand, standen meine Eltern nie hinter mir sondern sie schaemten sich fuer mich weil sie mir nicht glaubten, weil ich ja der Schlechtere sein musste. Meine Eltern kommen beide aus kleinbuergerlichen Verhaeltnissen, wo sie auch einen harte Jugend hinter sich hatten - voller Komplexe und ohne Selbstvertrauen. Als ich klein war, habe ich oft die Traenen meiner Mutter mitbekommen, die voellig ueberfordert und wohl auch depressiv war. Hat mich das angesteckt ? Und trage ich die Gefahr in mir, diesen "Virus" (?) weiterzuverbreiten ? Meine Ex-Partnerin sagte mir, sie wuerde selbst schon depressiv werden, und sie wirft mir vor zu wenig gegen meine Depris zu tun. Ich werde mit ihr nur noch selten darueber reden koennen, um zu verhindern dass das Feuer das in mir brennt auf sie uebergreift. Aber es gibt auch Positives - ich stehe mit einem befreundeten Psychologen in Kontakt, der mir auseinandersetzt, dass es mit "schizoid" bei mir nicht so weit her ist wie gedacht. Und auch mein Seminar ist gebucht - ein Ziel auf das ich hinsteuern werde. Alles Liebe Euch allen, Faustus
Muriel
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Beitrag von Muriel »

Lieber Faustus, die Zwiespältigkeit, die du in dir spürst, hat wenig mit einer Persönlichkeitsspaltung zu tun, denke ich. Ich kenne das selber von mir und ich glaube, es ist einfach ein weiteres Symptom der Depression. Und auch "gesunde" Menschen kennen sicher das Gefühl, dass sie hin und wieder "zwei Seelen in ihrer Brust" spüren. Hin und hergerissen sein, Zwiespältigkeit ist also völlig "normal" .... und das die Depression sowas verstärken kann, ist eigentlich gut nachvollziehbar. "Ansteckend" ist eine Depression insofern, dass erworbene "krankmachende" Verhaltensmuster innerhalb einer Familie weitervermittelt werden .... ob deshalb nun aber jeder krank wird, wage ich zu bezweifeln .... jeder geht mit diesen familiären Systemen ja auf seine ganz individuelle Art und Weise um. Es gibt, glaube ich auch noch eine Möglichkeit zur Vererbung bei der endogenen Form der Depression, aber dazu gehören wir beide ja wohl eindeutig nicht. *lächel* Ich seh' das so: wir sind krank geworden, weil wir die "krankmachenden" Verhaltensmuster nicht mehr einfach wegstecken wollen/können .... wir lehnen uns quasi dagegen auf und bekommen so nun die Möglichkeit, über AD's und Therapien andere Verhaltensmuster zu erlernen. Die "Chancen" unserer Kinder an einer Depression zu erkranken sind also wesentlich geringer .... jetzt mal sehr utopisch und wissenschaftlich gedacht. Faustus, das deine Exfreundin meint, sie würde selbst depressiv werden, ist doch ihr Problem und nicht deines. Niemand hat sie gezwungen, deine Gesprächspartnerin zu sein, dir zuzuhören .... und wenn sie jetzt für sich die Notbremse zieht, ist das ihr gutes Recht .... das ist nicht deine Schuld, du trägst keinen "Virus" in dir. Deine Mutter hat dich mit Sicherheit auch nicht "infiziert" .... aber du bist in einer Atmoshäre aufgewachsen, in der dir ständig vermittelt wurde, du seist schuld, minderwertig und so weiter. Ich bin auch mit solchen "Stempeln" aufgewachsen .... aber sie haben nichts mit dem wirklichen "Faustus" zu tun. Sie geben lediglich eine Meinung wieder, nämlich die deiner Eltern und das die sich geirrt haben, darauf gebe ich dir Brief und Siegel. *lächel* Du bist ein wunderbarer Mensch und durch die Depression bekommst du die Möglichkeit, das auch für dich sichtbar zu machen, auf deinem Weg zum "Gesund sein". Stufe für Stufe, Schritt für Schritt .... don't forget. (c;= Sei mir lieb gegrüsst Muriel
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Faustus
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Beitrag von Faustus »

Liebe Muriel, vielen Dank fuer Dein Posting. Mein Gott, vor ein paar Monaten haette ich nicht gedacht, dass es bei mir nochmal so dicke kommt. Den ganzen Tag gegen meine Traenen ankaempfen ... was ist nur mit mir los ... Du hast Recht, meine Ex-Partnerin hat das gute Recht, sich von mir zu loesen. Sie ist ein freier Mensch. Aber weh tuts mir trotzdem. Nun gut, ich kann dieses Opfer von ihr nicht verlangen. Die Zweiteilung - ja, in meinen finsteren Momenten denke ich wahnsinnig zu sein aber vielleicht ist das ganz normal. Ich glaube, seitdem ich mich mit der Depri beschaeftige, ists schlimmer geworden. Die Depression wehrt sich mit aller Kraft dagegen, vertrieben zu werden. Und ich bin das "verletzte Kind", hatte immer Unrecht, war immer der schlechtere. Durfte mich nicht wehren. Wurde mein ganzes Leben lang zur Zielscheibe polemischer Attacken. Jede Kinderschar meint, mich zum Narren halten zu koennen, weil ich nicht schlagfertig bin. Nur fluechte. Noch laechel, wenn ich im Innern bereits kollabiert bin. Hey, Muriel, ich schreibe nur zusammenhanglos rum. Gleich gehe ich zu einem Abendvortrag ueber Kosmologie. 14 Milliarden Jahre alt ist der Kosmos. Wen kuemmert da eine Depression - dreht sich keine Galaxie von andersrum. Leider funktioniert dieser Denkansatz nicht ... hoffe, ich ueberstehe den Vortrag ... Hey, Dir und den anderen Lesern ein schoenes, insbesondere nicht einsames, Wochenende !!! Euer Faustus ....
Faustus
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Strukturen einer Depression

Beitrag von Faustus »

Hallo, jetzt bin ich doch zum Samstag kurz ins Buero gekommen. Aber eins muss ich loswerden. Ich habe mich gestern davor angesehen, in den Kosmologievortrag zu gehen, da ich mich wirklich sehr schlecht fuehlte. Zumal ich noch mitbekam, wie mein Kollege im Buero von seiner Partnerin angerufen wurde, die ihm den Laufpass gab. Und ich war so froh, dass er endlich eine Partnerin hatte. Verstaendlicherweise hatte ich den Kaffee auf. Dann ging ich in den Vortrag. War total winzig, sieben Zuhoerer, alles recht klein. Der Kollege, ein Doktorand, gab einen sehr schoenen Einblick. Jetzt kommts - er zeigte das Bild eines Galaxienhaufens. Die Schwerkraft dieses Galaxienhaufens wirkt wie eine Linse, sodass das Licht wesentlich entfernterer Galaxien verstaerkt wird und diese als verzerrte Boegen erscheinen. Hat man nun ein Modell der Masseverteilung, kann man die Verzerrung der Galaxie rausrechnen und man erhaelt das Bild einer Galaxie in der Fruehzeit des Universums. Gleich kam die Diskussion auf, dass hier ein "cyclic argument" vorliegt - man modelliert die Gravitationslinse und testet, ob eine Galaxie dabei rauskommt wie man sie erwartet. Entspricht das Bild nicht der Erwartung, muss die Linse falsch sein. Man modelliert solange weiter bis das Bild erscheint, das man erwartet. Da hats bei mir *klick* gemacht. Genauso ists doch auch mit unserer Wahrnehmung der Aussenwelt im Rahmen der Depression. Jemand tadelt uns - und sofort ist uns durch die Betrachtung mit der passend modellierten Linse klar, wie Recht dieser Jemand mit seinem Tadel hat. Jemand lobt uns - und *schwupp* modellieren wir die Linse um, denn er muss sich irren oder er lobt uns nur, weil er Mitleid hat. Oder meint ers ironisch ? Wir verschieben die Massenpunkte unserer Gravitationslinse einfach so lange, bis das resultierende Bild unserer depressiven Erwartung entspricht. Unsere ganze negative Wahrnehmung ist ein "cycling argument" - alle behandeln uns schlecht weil wir es nicht anders verdient haben, und natuerlich koennen wir nicht anders da uns ja alle schlecht behandeln. Die Katze beisst sich in den Schwanz. Was bleibt, ist diese Erkenntnis in Taten umzusetzen. Die Linse nicht immer passend umzumodellieren und auch zu akzeptieren, dass etwas unerwartet Positives im Fokus erscheint. Heute war ich schon besser drauf, und selbst der Gang durch die Fussgaengerzone hat mich kaum beeindruckt. Und da sag mal jemand, Kosmologie haette keinen Nutzen ... Euer Faustus
Martina R

Strukturen einer Depression

Beitrag von Martina R »

Hi Faustus, bei mir LINSE müsstest aber schon genügend ummodelieren, soviel positives könntest du zur Zeit bei mir nicht entdecken, bin nämlich echt in einem gesundheitlichen Tief, nicht nur psychisch. Doch was du da geschrieben hast, ist schon logisch, nur die Umsetzung halt etwas schwierig. Übrigens mein Notebook heißt Orion und der Server Cassiopeia *g*. Gratuliere dir, daß es dir besser in der Fußgängerzone gegangen ist und deine Deprilinse hat nicht mal gesagt, nein das stimmt ja gar nicht. Na vieleicht helfen die Fluoxetin doch. Tschüß und ein schönes sternenklares Wochenende wünscht die noch nicht zum Positiven ummodilierte Linse
Faustus
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Strukturen einer Depression

Beitrag von Faustus »

Hallo Linse ! Ja, Dein Nickname ist mir schon vorher angenehm aufgefallen - ich mag Optik ... Das Wochenende war wirklich gut. Waeren diese Nachbarskinder nicht, haette es gut ausgehen koennen. Am Samstag haben sie alle Gullideckel auf meinem Hof geklaut, und als ich gestern abend nach Hause kam war eine Fensterscheibe eingeschlagen. Unklar, wie ich in einem solchen Umfeld gesund werden soll. Na immerhin ist jetzt ein Punkt erreicht, an dem gewisse Erziehungsberechtigte eigentlich aufwachen sollten. Klar, dass ich heut nacht wieder unten war und die Nacht schlecht schlafen konnte. Waere ich mal rausgegangen, es war eine superklare Nacht, die Sterne lachten mich an. Aber nach diesem "Attentat" war mir nicht danach. Ich hoffe, Dir gehts bald besser und Deine koerperlichen Beschwerden gehen zurueck. Doch hoffentlich nichts Ernstes ? Ich hatte letzte Woche ne gewoehnliche Erkaeltung, aber wenn man schon seelisch down ist addiert sich das auf. Ist es bei Dir aehnlich ? Alles Gute, Faustus
Martina R

Strukturen einer Depression

Beitrag von Martina R »

Hi Faustus, hab schon seit meinem 18.-Lebensjahr Spannungskopfschmerzen, nur durch die Depri empfinde ich die eben noch stärker und nachdem jetzt sogut wie alles ausgeschöpft ist, Botolinium Toxin hat auch nicht geholfen, bin ich halt grad ganz am Boden. Das Botox hat außerdem noch mir Nackenbeschwerden und Übelkeit, Erbrechen und Schwindel beschert. Ja das addiert sich auf, vorallem aber eben auch noch diese Hoffnungslosigkeit und die Ohnmacht gegenüber Ärzten und so. Mein Schmerzthera hat mich ja quasi rausgeschmissen, ich solle erst wieder kommen, wenn ich eine Psychotherapie mache. Nun ich habe es versucht. Meine Psychiaterin will sie lieber nicht machen, da ich dazu einen Fahrtweg von ca. 50 km in Kauf nehmen müßte und eine Therapie ginge über mind. 2-3 Tage die Woche, das würde mich zu sehr belasten. Dann hab ich es bei einer in meiner Stadt ansässigen probiert, die hat erst im Oktober einen Termin frei und heute hatte ich ein Vorstellungsgespräch im Nachbarort, dieser meint nun ich solle die Therapie bei meiner Psychiaterin machen und noch besser erst mal stationär gehen. Ja stationär würde ich sogar, nur muß ich erst zu den Gutachtern der BfA, deshalb soll ich mich dann halt danach melden, er würde mir dann weiter helfen, doch auf seine Warteliste könne er mich nicht setzten, da ich ja schon eine Therapeutin hätte und bei ihr diese Therapie machen soll, weil es eben viel zu wenige Therapeuten in unserer Gegend gäbe. Mit den Halbstarken haben wir auch viel Ärger, wir wohnen genau gegenüber einer Schule. Das Wochendende haben solche, die ganzen Pflanzkübel vor der Schule umgeschmissen und demoliert und auf dem Markt vor dem Rathaus auch. Unser Vermieter hat schon aus Frust den Holzzaun vor dem Haus entfernt, da wurden ständig Latten rausgerissen und nun liegt oft der ganze Müll auf dem Rasen. Ich kann dir da sehr nachfühlen wie frustrierend das ist. Nur wenn man dann welche anspricht, wird man nur noch angepöpelt und was noch alles, also läßt man es lieber. Als mein Mann noch in der Klinik und zur Kur war, bin ich sehr viel in der Nacht spazieren gegangen. Es war schön die dunkle Nacht und die Sterne am Himmel, mein Lieblingssternbild ist halt der Orion, da hab ich schon mal Sternschnuppen gesehen, deshalb heist auch mein Notebook Orion. In der Nacht hatte ich überhaupt keine Angst, da waren die Straßen so schön leer und ich wurde nicht ständig angesprochen, wie es meinem Mann ginge und so. Jetzt ist mein Mann zu hause und wir gehen tagsüber spazieren und füttern ab und zu die Nachbarskatzen mit Leckerli, sonst gibt es kaum Abwechslung. Ich bin einfach zu nichts zu gebrauchen. Mein Nick hab ich jedoch schon seit der Schulzeit, kommt von meinem Nachnamen, der ähnlich war. In meiner Klasse gab es soviele Martina´s, daß einfach Spitznahmen nötig waren. Doch Optik, Physik, Astronomie, Mathe und halt die meisten naturwissenschaftlichen Fächer hab ich geliebt, da konnte ich zeigen, daß ich nicht so dumm bin, da brauchte ich auch nicht vor der Klasse irgendwas vortragen, denn das war für mich Horror. Ich hab schon von früh an eine soziale Phobie, die sich leider immer mehr verfestigt hat. Na ja was solls, vieleicht bekomme ich ja doch noch irgendwann Hilfe, nur heute hab ich mal wieder einen Dämpfer bekommen und meine Hoffnungen sind fast dahin. Hab ich jetzt nicht schön viel gejammert? Ich mach lieber damit schluß, will dich nicht zu sehr runter ziehen, hast mit dir ja genug. mfg Linse
Faustus
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Strukturen einer Depression

Beitrag von Faustus »

Hallo Linse, tut mir leid zu hoeren, dass es Dir nicht so gut geht ! Chronische Schmerzen koennen das Leben wirklich zur Hoelle machen. Deine Probleme mit dem Therapieplatz kenne ich - ich habe ja vor einer Woche erfahren, dass ich nicht in ein paar Wochen, sondern in fuenf Monaten an der Reihe bin. Auf die Frage, was ich machen soll in der Zwischenzeit, wenn ich mich wirklich schlecht fuehle, nur Schulterzucken. H.D.S. = Hilf Dir Selbst. Toll. Zum Glueck habe ich ein paar Freunde, die Kontakt halten. Und dieses Forum. Zur stationaeren Therapie: Ich kenne jemanden, der das gerade hinter sich hat. Sie haben ihn mit einem anderen Patienten auf ein Zimmer gelegt, und das war schon schwierig. Mich hat das jedenfalls erschuettert, da ich von einer stationaeren Therapie erwarten wuerde, dass man auch die Freiheit hat sich zurueckzuziehen. Aber wahrscheinlich ist das auch je nach Krankheitsbild und Klinik anders ... Zum Vandalismus: Der ist in England leider ziemlich stark vertreten. Viele Haueser verfallen, wirken ungepflegt und ueberall liegt Muell herum. Was ich allein nach ein paar Wochen aus meinem Garten fische ... und so ein Wohnumfeld ist natuerlich auch trostlos. Eigentlich bin ich in dieses Dorf gezogen, weil es vorher noch schlimmer war. Aber die Radikalisierung der Kinder (ich spreche ja nichtmal von Jugendlichen) ist schon erschreckend. In mir haben sie einen Unbekannten gefunden, der dazu noch "anders" ist, und schon haben sie ein Zielobjekt fuer ihre Schandtaten ... Der Orion ist wirklich schoen - laut Meinung der meisten Sterngucker ists das schoenste Sternbild ueberhaupt (auch wenn das jetzt keine wissenschaftliche Aussage ist ). Du schreibst, keine Abwechslung zu haben - hast Du nicht irgendeine Beschaeftigung, die Dich ein bisschen zerstreuen kann ? Ein Hobby kann sehr hilfreich sein. Mein troestendes Kissen ist schon immer die Himmelskunde gewesen - schuetzt natuerlich nicht vor Traurigkeit, macht sie aber dann und wann ertraeglicher. Ist Deine Soziophobie universell oder gibt es Situationen, in denen Du kein Problem damit hast ? Bei mir ists komisch - ich kann vor beliebig vielen Leuten vortragen, macht mir garnichts. Aber die Fussgaengerzone ist ein Horror fuer mich. Dein "Jammern" stoert mich nicht. Ich jammere ja auch schon viel rum in diesem Thread. Es muss raus. Gestern war ich bei einem Bekannten, der vor zwei Jahren in einer wirklich tiefen Depression steckte - und er sagte mir, was ihm am meisten geholfen haette, waere das Reden ueber seine Probleme gewesen. Alles Gute und es kommen wieder bessere Tage ... ! Faustus
Martina R

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Beitrag von Martina R »

Hallo Faustus, schön, daß du mir geantwortet hast, war mir nicht sicher ob ich dich nicht doch mit meinem langen Posting zu sehr belasten würde. Mit den Kopfschmerzen konnte ich früher recht gut umgehen, wenn es zu arg wurde, habe ich einfach die Arbeitszeit verlagert, das war das gute an meinem ehemaligen Job, das ging sogar ohne größere Erklärungen. Jetzt ist es durch die Depri halt etwas anders, da belasten die mich schon sehr, wenn man ehe zu nichts mehr Lust hat und dann wegen der Schmerzen auch dann nicht kann, wenn man sich endlich mal aufgerafft hat, das ist echt Schitt. Vorallem ist es bei mir so, daß gerade schöne und erfreuliche Dinge die Auslöser von extremstarken Kopfschmerzen sind. Sobald wir mal was unternehmen, wie vor etlicher Zeit, da waren wir in einem wunderschönen Meeresaquarium und was ist passiert, kaum daß ich 10 min. drinn war, fingen die Kopfschmerzen an und auf der Nachhausefahrt konnte ich dann nicht mal mehr den Kopf bewegen. Als wollte mein Körper sagen, du darfst dich nicht freuen. Na was solls. Heute habe ich nochmal den Psychologen angerufen und ihn gebeten, daß er mir hilft, wegen einer stationären Psychotherapie und zu mittag wurde ich dann auch von der Klinik angerufen, ich darf mich am 14.03. vorstellen. Mal sehen ob ich aufgenommen werde, viel Hoffnungen mache ich mir nun nicht mehr, die werden ja sowieso immer gleich zu nichte gemacht. Übrigens als ich in der Psychiatrie hier am Ort war, da gab es zwar Einzelzimmer, doch die waren immer doppelt belegt und die Doppelzimmer, da waren drei drin. Ich hab mich dann, wenn ich es gebraucht habe, in der Waschzelle eingeschlossen, das war der einzige Ort, wo man allein sein konnte und im allgemeinen auch nicht gestört wurde. Wenn ich sehr aufgeregt war und mich beruigen mußte oder wenn ich mal flennen mußte, da schloß ich mich dort ein. Mein SM ist ebenfalls dort passiert, wollte das zwar nicht doch irgendwie hatte es an dem Tag mit beruigen nicht geklapt. Doch mehr will ich darüber lieber nicht schreiben, sonst wird es gelöscht und das auch mit Recht. Also so ungewöhnlich ist es nicht, wenn man kein Einzelzimmer in der Psychiatrie bekommt und auf der Geschlossenen war es erst recht nicht der Fall, obwohl man dort noch nötiger seine Ruhe gebraucht hätte. Über den Vanalismus könnte ich dir auch noch so manches schreiben, bei uns sieht es sicherlich nicht anders aus als bei dir, damit muß man anscheinend in der heutigen Zeit leben. Heute ist nun Kinderfasching in der Schule und das ist dann ganz "ulkig", wenn die Kid´s (grad mal 1. Klasse) verkleidet sind und dann aber rauchen. Nur wie schon geschrieben, sagen darf man denen da aber nichts sonst werden die sehr pampig. Du fragtest mich ob ich nicht ein Hobby hätte, doch schon ich bin eigentlich im Schwimmverein und da wird nicht nur geschwommen, nur ich kann mich dazu einfach nicht überwinden. Meine Schwimmtasche ist immer noch gepackt, brauchte also nur hingehen, vorallem es sind grad mal 5 min Weg. Ich packe es jedoch nicht, heute wäre wieder Wassergymnastik und was sagt dann mein Körper ne du hast Nackenschmerzen und wenn die nicht dann deine "geliebten" Kopfschmerzen. Vor Weihnachten hab ich´s mal versucht und was war das Ergebnis, ich hatte anschließend einen Weihnkrampf und seit dem ist es noch schwerer mich zu überwinden. Ansonsten las ich sehr gern, auch das ist wegen der Ausdauer kaum noch möglich. Einzig und allein bringt mir zur Zeit das Forum ein wenig Abwechslung und aber auch das Gefühl hier auf Verständnis und echtes Mitgefühl zu stoßen und das ist genau das was man als Depri so in der realen Welt dadraußen kaum zu spüren bekommt. Freunde hab ich nicht grad viele, die vom Schwimmverein und ein paar wenige Freundinen, die jedoch recht weit weg wohnen und mit denen ich grad mal so telefoniere. So für heute beende ich mein Posting, ist ehe schon viel zu lang geworden, wegen meiner Soziophobie schreib ich das andere mal. Sei lieb gegrüßt Linse p.s. zur Zeit ist echt besch... Wetter nur regenverhangener Himmel, da kann man die Sterne am Abend nicht sehen, schade.
Faustus
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Strukturen einer Depression

Beitrag von Faustus »

Hallo Linse ! Danke fuer Dein Posting ! Du belastest mich in keiner Weise. Das Forum ist schliesslich dafuer da, dass man Emotionen rauslassen kann. Und wenn ich sehe, was ich noch letzte Woche in diesem Thread rausgelassen habe, muesste ich mit dem Vorwurf kaempfen das ganze Forum zu "vergiften". Es ist wieder die typische Selbstkritikerstimme, ja die Depression in Dir, die da spricht. Koennen die Kopfschmerzen eine Folge der Depression sein ? Ich meine, wenn sie immer dann auftreten wenn Du Dich freust, koennte ein im Unterbewusstsein ablaufender Prozess dafuer verantwortlich sein. Dass "Du" oder besser gesagt Deine Depression Dich bestraf(s)t. Weil Du ein schlechtes Gewissen hast, wenn Du Dich freust. Ich hoffe, dass Du diesmal Glueck hast mit der Therapie ! Ich habe da mehr Probleme (noch 5 Monate ...) - aber Wartezeiten sind ja nicht alles. Deine Erfahrung mit der Ueberbelegung von Kliniken ist doch eigenlich ein Alarmzeichen in unserer Gesellschaft. Offenbar gibt es weitaus mehr seelisch Kranke als "geplant" - die Kliniken platzen aus allen Naehten. Finde ich besorgniserregend. Fuer mich persoenlich habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass eine ambulante Therapie besser fuer mich ist. Ich habe mein gewohntes Umfeld, nehme am Alltagsleben teil und kann meinem Beruf nachgehen. Sozusagen "Wartung im Betrieb" anstatt totalem Stillstand. Okay, da spricht wieder die Maschine in mir ... Hey, das was Du in der Klinik erlebt hast (SM) hat mich sehr beruehrt. Hat man Dir helfen koennen ? Bist Du aus dem Groebsten raus ? Ich wuerde Dir das so wuenschen ... ich hatte auch destruktive Gedanken in den letzten Wochen, habe mich selbst nicht wiedererkannt. Seit ein paar Tagen gehts bergauf, vielleicht wegen des Fluoxetins ... Du scheinst ziemlich allein zu leben - ein Tag wie der andere, trostlos. Andererseits fehlt Dir der Antrieb zu sozialen Aktivitaeten. Das ist eine Zwickmuehle. Geht es Deinem Mann aehnlich, oder kann er Dich nicht behutsam aus dem Loch herausholen ? Ich wuerde Dirs so wuenschen ... ich glaube, da muss ein Widerstand ueberwunden werden. Dass Du so viel Positives erlebst, dass Deine Depression mit dem "Bestrafen" durch Kopfschmerz nicht mehr nachkommt. Dass Du wieder eine Perspektive bekommst ... ! Alles Liebe aus Nordengland ... Faustus
Gretchen
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Strukturen einer Depression

Beitrag von Gretchen »

Lieber Faustus! Noch einmal einen dicken Gruß über das Forum... ...ich hab gemerkt, dass es Dir ganz zart und zaghaft besser geht. Ich hoffe das bleibt ein wenig so, wenigstens bis April... :-) Vielleicht telefonieren wir ja noch mal heute... alles alles Liebe, Gretchen
artemis
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Beitrag von artemis »

Hi Faustus Wartung im Betrieb ist ein klasse Bild. Wenn es denn geht, ist es sicherlich das Beste. Man muß die Maschine nicht erst runterfahren, dann reparieren und anschleißend wieder mühsam hochfahren und alltagstauglich machen. Aber es gibt eben auch Reparaturen die nur bei Stillstand möglich sind. Es dauert dann etwas länger aber es lohnt sich. Liebe Grüße Arte
Faustus
Beiträge: 690
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

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Beitrag von Faustus »

Hallo, Gretchen und Arte !!! @Gretchen: Schoen, mal wieder ein Lebenszeichen von Dir zu bekommen -- ich werde heute abend anrufen ... @Arte: Danke auch fuer Deine Email (beantworte sie im Lauf des Tages). Fuer mich ists sehr wichtig, dass ich die "Wartung im Betrieb" bekomme. In meinem Job bin ich fuer ein Projekt zustaendig, das ohne mein Zutun liegenbleibt. Fuer ein paar Wochen in eine stationaere Therapie gehen hiesse dieses Projekt zu stoppen, und ich bin emotional mit ihm sehr verbunden. Folge waere ein weiterer Verlust des Selbstwertgefuehls und innere Unruhe. Dann doch lieber was Ambulantes, sodass ich weiterarbeiten kann ... Alles Liebe Euch allen, Faustus (der wieder die halbe Nacht wach war, aber irgendwie sollte es bergauf gehen ...)
artemis
Beiträge: 912
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Beitrag von artemis »

Hallo Faustus Ich sehe das im Prinzip genau wie du und bin sehr froh, daß die "Wartung" bei mir bisher immer im Betrieb möglich war. Mir bedeutet mein Job auch sehr viel. Der neue macht mir meistens richtig Spaß, ist deshalb oft auch willkommene Ablenkung, und im alten habe ich mich auch für schwer ersetzbar gehalten. Nun bin ich da fast 1 Jahr weg, aber die Arbeitsgruppe gibt es immer noch. Wie gut es dort läuft weiß ich allerdings nicht, ist mir aber auch ziehmlich egal. Schließlich haben die mich auch heftig geärgert, wenn es also deutlich schlechter läuft, haben sie es nicht besser verdient, wenn nicht liegt es daran, daß eben doch niemand unersetzlich ist. Aber zurück zum Thema. Es kommt aber eben auch vor, daß die Depri so heftig ist, daß einige zeit normaler Alltag nicht möglich ist. Dann heißt es alle Maschinen stop und sich erstmal nur um das Hauptproblem kümmern. Das ist immer noch besser als einen Totalschaden riskieren. Wenn jemand ein verstopftes Gefäß im Herzen hat, wird man sicherlich auch versuchen es zunächst wieder zu öffnen und den Patienten möglichst schnell wieder gesund und arbeitsfähig zu machen. Aber bei vielen klappt das nicht. Dann ist Bypas-OP und eine gute Reha angesagt. Derjenige muß dann auch einige Wochen aus seinem Job raus, egal wie wichtig er dort gerade ist. Manchmal geht es eben nicht anders und letztlich geht doch die Gesundheit vor. Ich wünsche dir sehr, daß es für dich ambulante Hilfe gibt und glaube auch fest, daß das bei dir möglich ist. Nur sollte man die andere Möglichkeit nicht völlig außer acht lassen. Liebe Grüße von Arte
Faustus
Beiträge: 690
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Beitrag von Faustus »

Hallo Arte und alle ... ... die "Wartung im Betrieb" geht in eine neue Runde. Ich war heute beim Hausarzt, habe ihm erzaehlt dass ich trotz der letzten Tage (okay, gestern abend wieder Absturz) noch keine signifikante Wirkung des Fluoxetins verspuere. Auch erzaehlte ich ihm von dem Terror in meiner Nachbarschaft, und den selbstzerstoererischen Gedanken die ich davon bekomme. Er hat nun die Dosis auf 40mg/Tag erhoeht (also verdoppelt) und er setzt sich dafuer ein, dass ich beschleunigt einen Therapieplatz bekomme. Na hoffentlich wirkts ... Ich bin fertig ... Alles Liebe, Faustus !
Captain Kirk
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Beitrag von Captain Kirk »

Hallo Faustus- zum Thema Medikamente. Ich finde es irgenwie erschreckend. Es ist doch so, der Körper und die Seele signalisieren etwas. Alarmstufe rot. Etwas stimmt nicht. Der Ort, die Nachbarschaft, die Situation, die Arbeit, man Selbst? Und um die nicht stimmende situation durchzuhalten gibts einfach noch mehr Tabletten? Da stimmt doch was nicht.
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