Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

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Vinzenz
Beiträge: 10
Registriert: 2. Mär 2006, 16:03

Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von Vinzenz »

Meine Lieben,

bin grad in einer schweren Episode und wundere mich über meine unerklärliche Kraftlosigkeit.

Fehlt uns die Kraft, weil unser Kopf nur mit der Grübelei ( Hirnwichserei nach Giacobbe ) beschäftigt ist ?

Wie gewöhnen wir uns das ab ? Das ist ja ein grundlegender Verhaltensfehler, der sonst immer wieder kommt.

Wünsche euch einen schönen Tag,

VINZENZ
paradiddler
Beiträge: 237
Registriert: 19. Sep 2003, 08:21

Re: Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von paradiddler »

Tja Vinzenz,

so ist das wohl. Das Idiotische ist ja, dass wir grübeln und grübeln um eine Lösung zu finden, obwohl gerade dieses Grübeln das Problem ist bzw. erst erzeugt. Was tun wir da also die ganze Zeit? Wir versuchen, durch Nachdenken etwas in uns zu finden, was wir von Geburt an einfach nicht mitbekommen oder auf dem Weg verloren haben. Das lässt einen schon echt verzweifeln, denn im Endeffekt heißt das doch, dass wir keine Chance auf Heilung haben, oder? Wo nichts ist, da kann man sich auch nichts "hindenken", sozusagen. Aber damit kann ich mich einfach nicht abfinden. Konsequenterweise müsste ich mich dann nämlich sofort umbringen. Dafür bin ich aber nicht bereit. Niemals. Lieber lebe ich ein Leben voller Zweifel und Enttäuschungen. Wenn es mal wieder besonders schwer ist, dann versuche ich, die Gedanken und Grübeleien so weit es geht als Teil meines Charakters zu sehen, und nicht als Fremdkörper in meinem Leben.

Viele Grüße,
Stefan


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Der Kampf gegen den Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
Vinzenz
Beiträge: 10
Registriert: 2. Mär 2006, 16:03

Re: Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von Vinzenz »

Stefan,

ich bin nicht der Ansicht, dass uns etwas fehlt, dass nicht hinzugedacht werden kann und unsere Lage daher aussichtslos ist.

M.E. ist jeder vielmehr in seinen eigenen Teufelskreis reingelaufen. Mich interessieren aber die "handwerklichen Verhaltensalternativen". Was wir brauchen ist Entspannung für Kopf und Seele um den Druck im Kopf abzubauen.

Hat jemand von euch Erfahrungen mit Entspannungstechniken im Alltag ?

Wie schaffen wir es die Straße runterzulaufen und nicht an tausend Sachen zu denken ?

Gruss,

VINZENZ
Chiron
Beiträge: 2006
Registriert: 14. Feb 2005, 15:45

Re: Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von Chiron »

Hallo Vinzenz,

ich selbst stecke gerade tief in der Depriphase und denke nicht an Entspannungstechnik, obwohl ich in einigem davon Erfahrung habe.
Zum Beispiel Progessive Muskelentspannung nach Jacobson, Meditation und Reiki.
Zu allem habe ich aber gerade keine Lust.
Mir ist alles irgendwie schnuppe. Ich will einfach nicht mehr.
Deshalb ist es mir egal ob ich grüble mir was fehlt oder nicht.
Kannst Du das verstehen?

Liebe Grüße,
Chiron
"Was mich nicht umbringt, macht mich noch stärker."
mamoria
Beiträge: 7
Registriert: 24. Apr 2006, 09:36
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Re: Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von mamoria »

Hallo Vinzenz,
schau doch mal unter meinen Beitrag über die Fantasiereisen.
Das ist eine Technik, die zu meiner Depressionszeit hervorragend bei mir anschlug.
Ich konnte endlich wieder für einen gewissen Zeitraum Ruhe und tiefe Entspannung empfinden.
Der Kopf war dadurch mit anderem beschäftigt, als mit der schrecklichen Grübelei.

Vielleicht ist es ja etwas für Dich.
Solche Fantasiereisen sind nicht nur für Kinder gedacht, sondern auch ganz speziell für Erwachsene, die an Depressionen leiden.

Liebe Grüße sendet Dir Mamoria
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Das Leben ist wie eine Pusteblume - irgendwann muss jeder alleine fliegen.
tomroerich
Beiträge: 3102
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Re: Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von tomroerich »

Hallo Vinzenz,

ich weiß nicht, ob Dir das jetzt hilft, auf die richtige Spur zu kommen. Worum geht es bei der Grübelei denn eigentlich? Darum, dass ein Gedanke sich selbst weiterdenkt, also zu einem sich selbst erhaltenden Prozess wird. An und für sich ist ein Gedanke immer etwas, das in uns spontan entsteht und in unser Bewusstsein tritt. Wir sagen zwar sehr gerne von uns "ich denke" aber es ist vielmehr so, dass wir gedacht werden, dass es in uns denkt. Was beim Grübeln hinzukommt ist, dass die Denkinhalte sich um emotionale Fragen drehen, ihre Kraft also in Wahrheit aus Gefühlen schöpfen, die für uns problematisch sind. Besonders beliebt sind Themen des Selbstwertes, ob man geliebt wird oder nicht, wie man dieses oder jenes Problem lösen könnte. Das Grübeln führt niemals irgendwohin weil es sich denkend mit Dingen beschäftigt, die es gar nicht begreifen kann. Man kann es deshalb getrost als ein absolut schädliches Seelenphänomen betrachten und als eine Form der Selbstschädigung.

Es kommt alles darauf an, seine eigene Aufmerksamkeit davon abzuziehen und den grüblerischen Gedanken innerlich entschieden von sich zu weisen. Man kann Gedanken unterbrechen, indem man mit der Aufmerksamkeit (die während des Grübelns voll und ganz dem Grübeln gehört- man sagt ja auch, ich bin ganz IN Gedanken) aus ihnen herausgeht. D.h. es ist ein Willensakt, der immer und immer wieder zu wiederholen ist. Weil es unser Mental nicht gewohnt ist, seine Aufmerksamkeit auf nichts zu lenken, gibt man ihm ein Ersatzobjekt, das man sich innerlich so lebhaft wie möglich vorstellt- einen Baum z.B. oder etwas, was Du magst, was Du schön findest und wo Du Dich jetzt wohlfühlen würdest (Phantasiereisen funktionieren ganz ähnlich). Es ist ein Kampf, denn der Gedanke wird immer wieder in Dein Bewusstsein eintreten wollen und immer wieder musst Du ihn zurückweisen und deine Aufmerksamkeit zu deinem inneren Bild wenden. Aber dadurch kann man lernen, seine Gedanken zu unterbrechen und Kontrolle über sie zu erhalten.

Allerdings muss man bedenken, dass man das in der Depression wohl kaum leisten kann. Genau die Gestimmtheit, die Chiron beschreibt, macht es unmöglich. Es ist ein Vorhaben für die Zeiten, in denen es einem besser geht und man sich fähig fühlt zu arbeiten und es kann sehr helfen, nicht erneut in eine Depr. zu rutschen, die ihre negative Kraft ja auch aus dem Grübeln zieht.

Grüße von

Thomas
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
Onkel_Albert
Beiträge: 52
Registriert: 11. Nov 2005, 07:29

Re: Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von Onkel_Albert »

Einspruch, lieber Thomas

Ich glaube nicht, dass man Grübeln als unbedingt schädlich ansehen sollte. Es kann zumindest in normalen Phasen näher an Lösungen heranführen. Ich denke da an solche Tätigkeiten wie z.B. Programmieren. Außerdem wären Schuldgefühle wegen Grübelns auch nicht hilfreich ...

Sonst stimme ich dir zu: es kommt darauf an, die Aufmerksamkeit auf andere Dinge zu lenken. Gerne stelle ich mir dabei meine Mutter vor, die das wunderbar bei ihren Enkeln fertigbrachte.
Aber das Kämpfen sollte man sich wirklich für Zeiten aufsparen, in denen man die Kraft dazu hat.

Übrigens mache ich oft die Erfahrung, dass (klassische) Musik, am besten live, mich nachher noch tagelang beschäftigen (und von grauen Gedanken abhalten) kann. Aber da hat sicher jeder seine individuellen Erfahrungen.

Frühlingsgrüße


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Ein jegliches hat seine Zeit,

und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde ...

(Prediger Salomo)
dw
Beiträge: 15
Registriert: 23. Apr 2006, 22:03

Re: Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von dw »

hallo vincenz ... auch ich fühle mich beim denken oft wie der hamster im rad ... und kann mich selber nicht ausstehen ... da ein kein vorankommen gibt ... immer das gleich thema das gleiche problem ... mir hilft dann zum einen musik ... bewege mich dazu ... versuche mich da richtig reinzu"fühlen" ... und zum anderen jogge ich ... beim laufen werden DIE gedanken im ersten moment zwar noch klarer ... aber je mehr kraft der körper dann aufwenden muß je relativer werden die dinge im kopf ... und danach habe ich eben dann doch ein paar glückshormone freigesetzt weil ich es mal wieder geschafft habe ... ES kommt natürlich trotz allem wieder ... aber ich hatte wenigstens mal eine kleine phase des nicht bzw. anders-denken ... vielleicht ist das ja ein weg für dich ... du solltest dir aber schon ein ok deines arztes holen bevor du mit dem training beginnst ... und laufen lernen kann jeder ... wirklich ...
mamoria
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Registriert: 24. Apr 2006, 09:36
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Re: Macht unsere Grübelei uns so schwach und kaputt ?

Beitrag von mamoria »

Hey.

Ich habe eine Art Gedankenbuch geführt. In dem habe ich immer alles eingetragen, was ich gerade als wichtig empfunden hatte. Überlegungen, Fragen, Lösungen, Weisheiten, Hilfestellungen etc.
Das hat meinen Kopf unheimlich entlastet und ich wusste wo ich meine Gedanken notiert hatte, ich konnte sie somit jederzeit wieder abrufen.

Und dadurch musste ich mich nicht tausendmal wieder um den selben Gedanken drehen, nur weil ich doch nicht mehr genau wusste, was ich schon einmal dazu gedacht habe.

Vielleicht hilft ja der Tipp.

Liebe Grüße, Mamoria
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