Verletzte Gefühle überwinden

tomroerich
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Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

Hallo Brittka,

ich wollte dir noch antworten. Dieses Thema der verletzten Gefühle, die sich ja auch dann noch hartnäckig halten können, wenn man lange erkannt hat, dass sie eigentlich "überflüssig" sind und Vergangenheit. Du hattest geschrieben:


Damit kommen wir zu der Phase 3, wie du es genannt hast.

Es gibt Menschen, die mich - bei aller Mühe meinerseits - eben NICHT wahrnehmen, nicht wertschätzen werden, die mich verletzen werden und denen ich das nicht werde vermitteln können. Und wie nun damit umgehen? Darüber könnte ich mich nun den Rest meines Lebens grämen - oder sie, wie du sagst, hinter mir lassen.

Und das ist wirklich nicht einfach! Ja, wie geht das ? Über das Akzeptieren? "Es ist nun mal so, er/sie wird das nicht tun, das muss ich hinnehmen - ich kümmere mich nicht mehr darum." Das reicht nicht, es ist mehr, nicht?

Übrigens: meine Erfahrung hat auch mir gezeigt, dass Männer mit der Phase 1 größere Schwierigkeiten haben als Frauen. Es wird von Männern oft lieber argumentiert oder abgeleugnet oder mit Wut reagiert, als verletzte Gefühle "einzugestehen". Als ob Gefühle eine Art "Schwäche" wären.

Es könnte durchaus sein, dass Frauen größere Schwierigkeiten mit der Phase 3 haben. Aus demselben Grund, nur umgekehrt. Die Gefühle spielen eine wichtiger Rolle, sie bieten viel Identifikation. Das Aufgeben ist schwer.
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imagine
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von imagine »

Hallo Thomas und alle, denen an diesem Thread etwas lag,
ich finde es schade, immer wieder, dass auch so interessante Themen nicht mit der nötigen Distanz?
(mir fällt leider kein besseres Wort ein)diskutiert werden können.
Dabei ist dieses so ein zentrales Thema, dass so viele so lange in die Irre zu treiben vermag, wie kaum ein anderes!
Ich verstehe es einfach nicht, warum immer wieder dieselben Menschen aufeinander rumhacken müssen und ich frage mich, ob sie es denn selbst verstehen, ob sie denn gar nichts gelernt haben.
Lernen tut so verdammt weh, man kann es nicht theoretisch lernen, sondern muss es durch Schmerzen erfahren, denn nur durch diese hat man die Kraft eine Therapie erfolgreich durchzuhalten.
Das ist meine feste Überzeugung!!!

Freundliche Grüße an alle Menschen hier, denen es um die Klärung der Sache gegangen wäre, um eine Überwindung ihres geprägten Ichs

imagine
(traurig und fragend!)

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Liber
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Liber »

Hallo Thomas,

mich würde deine Antwort sehr interessieren!

Liebe Grüße

Brittka
tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

Mein Denken und Menschenbild ist stark von den älteren Psychologien geprägt - also den Ansichten buddhistischer oder vedantischer Kultur, die zu ihren Auffassungen auf einem grundsätzlich anderem Wege kamen, als die heutige Wissenschaft. Während unsere Kultur zu 100% darauf setzt, Wissen durch Untersuchung des Objektes von außen zu gewinnen, ging man früher vollkommen anders an die Sache heran. Menschen erforschten sich selbst - der ganze Wissensdrang, der auch heute noch die Menschen antreibt, musste sich zwangsläufig nach innen wenden, da es an geeigneten Methoden fehlte, die uns heute aber zur Verfügung stehen.

Was da aber an Wissen über den Menschen hervorgebracht wurde, ist zwar subjektiv Erlebtes aber das tut der Sache keinen Abbruch. Denn es geht ja in der Psychologie um das Verständnis der Seele und es gibt keinen Grund zu behaupten, man könne die von außen besser untersuchen als von innen. Man muss sogar sagen, dass sich bestimmte Aspekte des Seelenlebens überhaupt nicht von außen betrachten lassen - Bewusstsein z.B. Es ist das Privateste, was man sich nur denken kann und, wie die alten Psychologien herausfanden, der Schlüssel zum wirklichen Verständnis der Seele. Der Wissenschaft ist Bewusstsein nicht zugänglich - es existieren nur philosophische Theorien darüber, die allesamt nichts bringen und nichts wirklich Stimmiges über das Phänomen Bewusstsein zu sagen wissen. Und das ist eine sehr seltsame Tatsache. Denn jeder wird einsehen, dass ohne Bewusstsein auch das Sein aufhört zu existieren. Wir würden verlöschen wie eine Kerze, wenn es vergeht - im Schlaf passiert dies ja auch. Das Seltsame ist, dass unsere Wissenschaft Theorien über die Seele hervorbringt, obwohl sie das Zentrum, nämlich das Bewusstsein, nicht versteht. Alles ereignet sich auf dem Hintergrund des Bewusstseins, es ist wie ein Leinwand, auf der Bilder zu sehen sind, deren Beschaffenheit von der Leinwand abhängig sind. Man untersucht zwar die Bilder, aber man kann sie nicht richtig deuten, weil man die Leinwand nicht versteht.

Der große Schlenker war notwendig, um zu verdeutlichen, warum ich den Erkenntnissen der modernen Psychologien nicht recht trauen mag - sie verstehen das Wichtigste nicht. Meine Ansichten darüber, wie man verletzte Gefühle überwinden kann oder wie man überhaupt inmitten dieses Wirrwars von Gefühlen, Gedanken, Sinneseindrücken, die jeder Mensch hat, ein Ich ausmachen kann oder ein Selbst, wenn du so willst, gründen sich vollkommen auf eigener Erfahrung und sie sind absolut nicht beweisbar. Das heißt aber nicht, dass sie nur für mich Gültigkeit haben. Es bedeutet nur, dass ein wichtiger Teil des Wissens über die Seele nur über die Selbsterforschung gewonnen werden kann und den Instrumenten der Wissenschaft nicht zugänglich ist.

Ich muss da mal einen Punkt machen und schreibe demnächst weiter.

Liebe Grüße,

Thomas
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tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

Hallo Imagine,

ich will doch auch nicht einfach aufgeben! Ich fühle, dass ich dort nicht willkommen bin und nun bin ich hier. Ich finde, damit ist alles oK. Das Forum ist so groß, wie man will

Thomas
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ben1
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von ben1 »

Hallo Brittka, Tach Thomas, alter Haudegen und Weggefährte

Verletzte Gefühle - wer kennst das nicht! Ich fasse mal kurz für mich zusammen

- Es gibt also Mensche, die meine Gefühle verletzen und mich nicht wertschätzen, auch wenn ich mich noch so bemühe
- Das kann ich akzeptieren und "Loslassen" - das ist aber sehr, sehr schwer
- Ginge es nicht auch, mir mal zu vergegenwärtigen, wie viel Macht ich dem Menschen damit gebe und ob ich das will? Wem steht es überhaupt zu, über mich zu urteilen und in welchen Bereichen? (ich hab z.B. nix dagegen, wenn mein Chef meine Arbeit kritisiert - wie ich aber z.B. koche (ich bin kein Koch, das nur, um Verwirrung zu vermeiden) geht den nix an. Wenn ich soweit bin, mein tun vor mir völli rechtfertigen zu können und die volle Verantwortung dafür zu übernehmen, passiert was ganz komisches - kein Mensch nimmt mir das mehr ab, da ist kein Vakuum, in das irgendjemand seinen Müll werfen kann, um sich auf- und mich abzuwerten (bitte jetzt nicht egomanisch deuten - ich bin schon mein eigener Chairman, reflektiere mein Verhalten und setze mich mit Kritik auch auseinander).

Ben
imagine
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von imagine »

Hallo Ben,
das stimmt so, wie du das sagst und ich stimme dir zu, dass es völlig natürlich ist, aber eben auch schmerzt, gerade, wenn man sich die Ablehnung nicht erklären kann.
Im Umkehrschluss gibt es aber auch Menschen, die ich nicht wertschätzen kann, die ich also verletze, zwar ohne es zu wollen, aber es in Kauf nehmend, weil ich mit diesen Menschen, warum auch immer, nichts anfangen kann..

Das gilt hier im Forum genauso, wie im realen Leben und es tut auch ähnlch weh, allerdings kann man sich im Forum natürlich leichter ausklinken.
Es ging ja aber auch um die verletzten Gefühle in der Kindheit.
Die kann man auf ewig behätscheln, kann sich selbst leid tun (was für eine gewisse Zeit auch richtig und notwendig ist) dann aber muss ein Umdenkungsprozess stattfinden, der losgelöst von der Schuldfrage das Selbst annimmt und anerkennt.
Schwierig fand ich, mich auch so zu benehmen, wie ich bin, so verletzlich und diese Verletzbarkeit auch nach außen zu transportieren, nicht um der anderen willen, sondern ganz alleine für mich selbst.
Ich hoffe und denke, dass auch das ein Zustand ist, der vorübergeht, vielleicht kann ich dann gelassener mit Menschen umgehen, muss nicht mehr so sehr auf der Hut sein.
Nicht vor den anderen, sondern aus Sorge um mich selbst.
Wenn meine eigene Wertschätzung irgendwann diesen Grad der Sicherheit erreicht hat, dann habe ich es geschafft!
ich hoffe sehr, dass ich mich nicht zu verworren ausgedrückt habe.

Hallo Thomas,
ich verstehe gut, dass du umgezogen bist, kann allerdings immer noch nicht verstehen, warum die Anfeindungen stattfanden...
Aber, ich bin dir mal gefolgt, wir werden sehen, wie sich das hier anlässt

Freundliche Grüße

imagine
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Liber
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Liber »

Liebe Imagine, lieber Thomas und Ben, hallo an alle,

ich freue mich über diesen neuen Thread!

Denn dies Thema, ob und wie verletzte Gefühle überwunden werden können, ist für mich ein ganz zentrales Thema.

In meiner PA bin ich erneut mit diesen Gefühlen, die Kindheit betreffend, konfrontiert worden. Ich habe den Schmerz, den die Verletzungen ausgelöst haben, erstmals richtig wahrnehmen können. Zuvor hatte ich die Gefühle, die von diesen Verletzungen ausgelöst worden waren, verdrängt, weggesperrt gehabt. Sie "durften" sozusagen nicht existieren, ich selbst habe es mir nicht erlaubt. Weil ich mir diese Gefühle, diese Trauer, die Angst und den Schmerz selbst nicht zugestanden habe. Ich hatte als Kind gründlich verlernt, meinen eigenen Gefühlen zu trauen. Fühlte ich Schmerz und Trauer, glaubte ich mir sozusagen selbst nicht - so wie mir als Kind nicht geglaubt worden war. "Das ist doch kein Grund zum Weinen". "Stell Dich nicht so an".

Und wenn doch etwas hochkam, sperrte ich es aus Angst vor dem Hinschauen und dem Schmerz, der dabei hochkommen würde, rasch wieder weg. Ich "wollte" es gar nicht wissen, wollte mir lieber weiterhin etwas vormachen "so schlimm war das nicht", - und auch das Leben in der Dauerdepression zog ich diesem genauen Hinschauen vor.


Die authentische Rückmeldung in der PA durch die Therapeutin: "das IST traurig. Das TUT weh. Ich verstehe den Schmerz, ich fühle ihn." hat es mir erst ermöglicht, meine Gefühle, den Schmerz, die Trauer, auch die Wut (!) selbst zu fühlen, wahrzunehmen und ernst zu nehmen. Ich habe ganze Seen von Tränen in der PA geweint. Nicht nur aus Trauer, all meine Gefühle, auch meine Wut drückten sich so aus.

Ich bin seither auch sehr verletzlich. Das heißt, ich empfinde es jetzt, wenn ich verletzt werde. Ich verstehe Dich sehr gut, liebe Imagine.

Ich will diese Gefühle auch nicht mehr "wegsperren" - und statt dessen depressiv werden! - wie es früher mein Muster war.

Nur - wie gehe ich jetzt mit diesen Gefühlen um. An diesem Punkt stehe ich.

Die eigene Wertschätzung - ich glaube, das ist ein sehr zentraler Punkt. Wenn ich mich selbst genügend wertschätze, liebe, brauche ich es von anderen nicht mehr in dem Maße wie vorher.

Aber ich glaube, es geht noch darüber hinaus. Es hat damit zu tun, was Thomas geschrieben hat.

Das eigene Selbst zu finden, das unabhängig von den Verletzungen des "Ich" ist, das von anderen Menschen - egal was sie tun oder nicht tun - nicht verletzt werden kann.


Liebe Grüße!

Brittka
imagine
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von imagine »

Liebe Brittka,
ja, ich weiß, dass gerade du mich verstehst und das tut mir unendlich gut...
Aber ich verstehe auch, worauf du hinaus willst, auch das strebe ich an, vielleicht bin ich da ein wenig weiter wie du, es kann sein, muss aber nicht.
Ich kann zum Beispiel viel besser alleine sein, ohne mich grundsätzlich einsam fühlen zu müssen.
Ich fühle mich oft einsam, keine Frage, das ist auch ein Stück Realität, denn ich habe so gut wie keine eigene Famile(von Mann und Tochter mal abgesehen)
Das mit den Freunden ändert sich, je mehr man sich slbst verändert, aber ich denke, ich habe mich schon immer sehr einsam gefühlt, war es auch in meiner Kindheit und es ist schwer, sich nur mit sich selbst immer geborgen zu fühlen.
Aber und das ist das Tröstliche, es gelingt mir immer ein Stückchen mehr...
Was ich als so tröstlich empfinde ist zum Beispiel auch die Tatsache, dass ich von einigen Menschen so wahrgenommen werde, wie ich nun mal bin.
Ich kann mich auch von Beziehungen freimachen, oder sie ändern, die mir nicht gutgetan haben.
Wenn ich schreibe, ich kann die Beziehungen ändern, heißt dass, ich muss sie nicht beenden, sondern kann schauen, wo diese Menschen mir gutun, ohnd dass ich mich verbiegen muss und kann vieles andere einfach wegblenden.
Ich kann mich noch so gut an meine Angst vor jeder Form der Ablehnung erinnern, ich tat fast alles, damit ich dieses Gefühl nicht spüren muss...
Es hat nur nichts geholfen, je mehr ich mich verbogen habe, umso mehr Gelegenheit gab ich meinen Mitmenschen...
Dennoch, ich erlebe es auch jetzt noch als sehr schwierig, immer die richtige Mischung zu finden.

dir liebe Brittka ganz liebe Grüße
imagine
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Clown
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Clown »

Hallo Brittka, Imagine, ihr Männers,

an den beiden Punkten bin ich auch Brittka, momentan und schon länger, immer wieder, mal intensiv, mal eher von weitem:

"Die eigene Wertschätzung - ich glaube, das ist ein sehr zentraler Punkt. Wenn ich mich selbst genügend wertschätze, liebe, brauche ich es von anderen nicht mehr in dem Maße wie vorher."

Ich bin sogar der Meinung, ich kann die Wertschätzung durch andere erst wirklich annehmen, wenn ich sie selbst für mich habe.

"Das eigene Selbst zu finden, das unabhängig von den Verletzungen des "Ich" ist, das von anderen Menschen - egal was sie tun oder nicht tun - nicht verletzt werden kann."

Das finde ich richtig spannend, meinem Selbst auf die Spur zu kommen, es herauszufiltern aus meinen ganzen 'Ich-Erlebnissen'.

Durch eure Gedanken und Berichte fühle ich mich bestätigt und bestärkt auf meinem Weg, das tut mir gut und ich danke euch!

Sonnige Grüße,
Clown

PS für Maruschka und Petz, meine 'Big Sister and Brother': Habe eine Hohlstunde!
Liebe Grüße nach Hamburg! *sehn*
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
Emriye2
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Emriye2 »

Hallo zusammen,
sehr interessanter Thread, das Thema hat mich schon im anderen Thread sehr angesprochen. Werd mal heute Abend versuchen meine Gedanken dazu zu äußern, obwohl schon einiges ausgedrückt wurde.

Euch allen einen schönen Tag
emriye
ils_pixent9
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von ils_pixent9 »

Hallo ihrs,
ich überlege mir gerade warum ich den Ausdruck " ich bin verletzt" noch nie angewendet habe und auch nicht anwenden würde.

Gret
tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

Hallo ihr alle und besonders Ben!

Ich bin sogar der Meinung, ich kann die Wertschätzung durch andere erst wirklich annehmen, wenn ich sie selbst für mich habe. Das ist wirklich so. Du weißt vorher nämlich nicht, was es ist, bevor du sie nicht für dich selbst hast.

Das finde ich richtig spannend, meinem Selbst auf die Spur zu kommen, es herauszufiltern aus meinen ganzen 'Ich-Erlebnissen'.


Es ist das Spannendste, was es im Leben gibt und das Einzige, das wirklich lohnt! Die Fülle des eigenen Selbst zu erfahren, ist das Erstaunlichste, was es geben kann. Und niemand, der das nicht kennt, kann sich vorstellen, wovon die Rede ist. Ich selbst wusste es auch nicht, bis die entsprechenden Entwicklungen bei mir einsetzten. Es kann am besten mit dem Erwachen aus einem Schlaf verglichen werden.

Aber ich wollte ja etwas zu verletzten Gefühlen, oder allgemeiner, zu negativen Gefühlen sagen. Manchem wird das sehr radikal und seltsam vorkommen und es ist nicht das erste Mal, dass ich so eine Diskussion hier führe - jedes Mal gab es ziemliche Aufregung deshalb, die aber einfach auf Missverständnissen beruhten. Man warf mir vor, ich wolle anderen ihre Gefühle absprechen und ähnliche Dinge, die mir ganz fern liegen. Ist die Aufregung dann erst einmal groß genug, entgleist das Ganze ziemlich schnell und man kann sich nicht mehr verständigen. Ich muss dazu sagen, dass mir diese Ideen, die ich vertrete, anfangs auch seltsam vorkamen - allerdings auch bestechend und faszinierend. Je mehr ich davon umsetzte, um so mehr erkannte ich durch Erfahrung, dass es sich so verhält, wie diese Ideen es sagen. Ich spreche also von wirklichen Erfahrungen, die mein Verständnis für mich selbst und auch meine Lebensqualität grundlegend verändernd haben.


Man muss sich von ein paar sehr tief sitzenden Überzeugungen über die eigenen Gefühle trennen, wenn man negative Gefühle überwinden will. Zuallererst muss ich die Überzeugung aufgeben, dass negative Gefühle etwas seien, das zu mir gehört. Ich habe sie, das ja. Und diese Tatsache muss unbedingt anerkannt werden, denn um eines geht es bei diesen Ideen ausdrücklich NICHT: Es geht nicht um Verdrängung. Es geht um die Erkenntnis, das neg. Gefühle einfach nutzlos und schädlich sind. Man könnte sie eine Fehlfunktion des Geistes nennen. Sie erfüllen keinerlei notwendige Funktionen, verbrauchen jede Menge Energie und rufen Krankheiten hervor. Und man nennt sie ja nicht umsonst negative Gefühle.

Daher besteht der erste Schritt im Umgang mit ihnen, dass man sie nicht mehr haben will und sich klar macht, dass man sie nicht benötigt. Ohne sie ist das Leben wirklich schön und bietet erheblich mehr Möglichkeiten. Man sollte auch keine Schuldgefühle haben, weil man negative Gefühle hat. Man sollte die Tatsache ihres Bestehens einfach akzeptieren, das ist sehr wichtig, weil man sonst wirklich in die Verdrängung verfallen könnte. Man sollte sie nicht gewaltsam bekämpfen oder böse mit sich selbst sein, weil es so schwer ist, sie loszulassen. Die Kunst des Loslassens kann nicht darin bestehen, negative Gefühle wegen seiner negativen Gefühle zu entwickeln *grins* sondern zu erkennen, dass man sich nicht braucht. Und wie auf alles, was man nicht braucht, kann man auf sie verzichten.

Vielleicht erscheint manchem das ja sogar selbstverständlich, aber andererseits gibt es erstaunlich viele Menschen, die sehr an ihren negativen Gefühlen hängen. Nur deshalb, weil sie in ihnen stattfinden, haben sie den Eindruck, sie seien ein Teil von ihnen. Sie identifizieren sich mit ihren negativen Gefühlen regelrecht und sie rechtfertigen sie andauernd. Und das ist ganz und gar verrückt, denn so leidet man zwar einerseits sehr an seinen negativen Gefühlen, auf der anderen Seite nimmt man sie aber dauernd in Schutz - so wird man sich selbst zum Feind.

Daher soll man aufhören, seine negativen Gefühle zu rechtfertigen. Das tut man z.B. dann, wenn man jemandem vorwirft, er habe einen verletzt. Oder wenn man behauptet, der und der habe einen ärgerlich gemacht. Man rechtfertigt seine eigenen Gefühle, an denen man leidet, indem man sagt, jemand anderes habe sie verursacht. Jemand anderes kann keine Gefühle verursachen, die Ursache liegt immer in mir selbst und es ist alleine meine Verantwortung, wie ich mit ihnen umgehe. Aber gerade weil es so schwer ist, zu seinen negativen Gefühlen zu stehen, übertragen wir sie so gerne auf andere. Mit den positiven tun wir das nicht. Zu denen stehen wir sehr gerne und mit wachsender Begeisterung. Es ist leicht und angenehm, seine gute Laune, ein glückliches Gefühl, liebevolle und warme Momente zu genießen und sie mit anderen zu teilen. Das ist die Natur positiver Gefühle. Und die Natur neg. Gefühle ist das Gegenteil. Man will sie vor anderen verbergen und vor sich selbst.
Aber man sollte zu ihnen stehen und sie ruhig anschauen (was meist erst geht, wenn sie verraucht sind) und man sollte sehr gut registrieren, was neg. Gefühle tun und wie man sich durch sie fühlt. Das ist nicht so einfach, aber das wollte ich später noch einmal aufgreifen, sonst ist es zu viel auf einmal.

Jetzt würde mich interessieren, wie es auf euch wirkt zu hören, dass negative Gefühle etwas Überflüssiges sind und dass man sie nicht benötigt.

Einstweilen viele Grüße,

Thomas
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Andrea37
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Andrea37 »

Hallo Thomas,
ich finde Deinen Beitrag, aber nicht nur diesen, sehr interessant.
Aber ist es immer so einfach, negative und positive Gefühle auseinander zu halten?
Also ich finde das ungeheuer schwierig.
Positive Gefühle haben für mich manchmal etwas Statisches, rufen in mir keine Veränderung hervor, während die negativen Gefühle auch dazu anregen können, die eigene Position zu überdenken und sich gegebenenfalls zu ändern. Negative Gefühle können daher auch etwas Positives bewirken.

Kenne überhaupt kein Leben ohne ständige Verletzungen (negative Gefühle)
Finde es viel schwieriger, positive Gefühle anzunehmen.

Gruss
Andrea
Liber
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Liber »

Liebe Imagine, danke für deine Worte! Auch ich fühle mich sehr verstanden von dir.

Hallo Thomas,

ob wir die positiven und die negativen Gefühle so trennen können?

Grundsätzlich sind wir ja weder das eine noch das andere. Die positiven Gefühle sind angenehmer und schöner - und wir tun auch viel dafür, uns diese Gefühle zu verschaffen und zu erhalten. Wir möchten sie haben, sehnen uns danach. Die negativen Gefühle dagegen werden verdrängt oder, wenn sie zu spüren sind, werden andere dafür verantwortlich gemacht. Und auch wenn sie unangenehm sind, geben sie uns Identität.


Und ich frage mich im Moment: sind dann nicht alle Gefühle "hausgemacht"? Das heißt, von mir produziert, und eigentlich "unnötig"?

Oder sind sie einfach ein Bestandteil meines Innenlebens, den ich mir anschaue, von dem ich mich aber nicht bestimmen lassen sollte?

Íst alles eine Sache des Blickwinkels oder hängt es daran, in welchem Ausmaß ich endlich die Verantwortung für mich selbst übernehme? Das heißt, ob ich mich verletzen LASSE, wäre letzlich meine Entscheidung, meine Verantwortung?

Oder liegt es an beidem?

Das beschäftigt mich im Moment, es mag ein wenig durcheinander herüberkommen.

Herzlichen Gruß

Brittka
imagine
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von imagine »

Ein liebes Hallo in die Runde,
ich verstehe sehr gut, wie du das meinst und ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich erst zu einem negativen Gefühl stehen konnte (in diesem Fall war es Neid, tiefer Neid auf Alle, denen es scheinbar so viel besser geht)
als ich es nicht mehr hatte.
Es war meiner Wahrnehmung nach von heute auf morgen verschwunden.
Es ist nun nicht so, dass unserer Umwelt unsere negativen Gefühle verborgen bleiben, die Menschen haben meinen Neid bestimmt gespürt!!
Aber, wie eben Thomas es schon beschrieb, sie schaden uns so sehr und ich war sowas von befreit, als ich diesen quälenden Neid nicht mehr spürte, ich kann es kaum in Worte fassen...
Freundliche Grüße
imagine
An Gret:
vielleicht gestehst du dir nicht zu verletzt zu sein, weil du immer stark sein wolltest/musstest?
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petzi

 

Beitrag von petzi »

imagine
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von imagine »

Hallo Petzi,
ich habe deinen letzten Satz gelesen und bin nun am Überlegen...
Du könntest recht haben, allerdings gibt es auch positive Gefühle in meiner Vergangenheit, die ich nicht missen möchte und an die ich mich gerne erinnere.
Dazu gehört für mich Dankbarkeit, es gibt nicht sehr viele Menschen in meinem Leben, denen ich dankbar sein müsste, aber denen bin ich dankbar solange ich denken kann!!(auf die Zukunft bezogen)
Hört sich vielleicht theatralischer an, als es ist, se waren immer Menschen, die bedingungslos für mich da waren und ich möchte dieses Gefühl nicht missen.
Warum belasten dich positive Gefühle aus der Vergangenheit??
Würde mich wirklich interessieren

imagine
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tomroerich
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von tomroerich »

Hallo ihr,

freut mich sehr, dass ihr so rege teilnehmt

Brittka und Andrea finden es nicht eindeutig, was positive und negative Gefühle sind und ob man sie auseinanderhalten kann. Das stimmt auch in meinen Augen, aber es kommt sehr darauf an, ob man dem Verstand die Beantwortung überlässt. Der Verstand kann positive Gefühle negativ finden und umgekehrt, weil er innerhalb seines Bezugsrahmens zu Schlüssen kommen kann wie "Es war richtig, dass ich mal so richtig ärgerlich geworden bin, damit der jetzt weiß, dass er mit mir sowas nicht machen kann" oder umgekehrt "Meine guten Gefühle sollte ich nicht zeigen - wer weiß, was der sonst denkt". Ich glaube, jeder hier kennt den Graben zwischen Gefühl und Verstand, der viele Widersprüchlichkeiten aufwerfen kann.

Wie kann man positive von negativen Gefühlen unterscheiden? Ich will beschreiben, wie ich es tue und was ich mit positiven bzw. negativen Gefühlen assoziiere. Aber vorher möchte ich noch auf den Unterschied zwischen Empfindung und Gefühl hinweisen. Petzi brachte da ein sehr gutes Beispiel vom ekligen Kühlschrank, das ich ideal finde, um diesen Unterschied deutlich zu machen: Empfindungen basieren auf sinnlicher Wahrnehmung und sie sind instinktiv. Gefahren für Leib und Leben werden in uns von einem eigenen System wahrgenommen und verarbeitet, das Alarm auslöst, wenn etwas nicht stimmt (das instinktive Zentrum). Die Angst vor einem Hund oder der Widerwille vor schlecht riechenden Kühlschrankbewohnern ist kein negatives Gefühl sondern die Empfindung einer Gefahr. Negative Gefühle wie Ärger, Neid, Hass, Enttäuschung etc. beziehen sich nicht auf reale Gefahren sondern auf angenommene Gefahren, die aus der eigenen Geschichte und eigenen Voraussetzungen konstruiert werden. Was den einen ärgerlich macht, lässt den anderen kalt. Was der eine hasst, kann der andere lieben.


- Positive Gefühle fühlen sich bei mir so an:

Leicht, öffnend, Energie-bringend, erweiternd, beglückend, hoffnungsvoll stimmend, lebendig, himmelwärts, harmonisch und ausgleichend, beschwingt.

- Und negative:

Nagend, einengend, klein machend, einschränkend, Energie-raubend, hinabziehend, verhärtend, tot, besitzergreifend, trüb, unbewusst, eindimensional, gefangen, leer.

@ Brittka

Oder sind sie einfach ein Bestandteil meines Innenlebens, den ich mir anschaue, von dem ich mich aber nicht bestimmen lassen sollte?


Volltreffer Wenn du dein Selbst hast, sind sie genau das.

Das heißt, ob ich mich verletzen LASSE, wäre letzlich meine Entscheidung, meine Verantwortung?

Es hängt vollkommen davon ab, wie sehr du bei dir selbst bist. Es gibt keine "Methode" um das entscheiden zu können. Bist du in deinem Selbst, wird es dir von alleine sinnlos erscheinen, dich verletzen zu lassen. Wozu könnte das je gut sein? Es muss nicht entschieden werden. Deine Verantwortung ist, dein Selbst zu finden - alles andere wird sich daraus ergeben. Solange du nicht in deinem Selbst bist, kannst du nicht entscheiden und keine Verantwortung tragen, dann geschieht alles nur mit dir.

Gute Nacht,

Thomas
Betroffene für Betroffene

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imagine
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von imagine »

Hallo
und das wirklich Wunderbare daran ist, hat man es einmal gefunden, das heile Selbst, dann kann man es niemals ganz mehr verlieren, immer nur zeitweise...
Und das zweite Wunderbare ist das die Umwelt es so genau registriert, ich kann es manchmal selbst kaum glauben, aber ich werde in letzter Zeit so oft angesprochen, mit Sätzen, "dir geht es aber gut, du hast eine ganz andere Stimme".
Klar, es ist in erster Linie für mich wichtig, aber es scheint auch nach außen zu dringen, also nicht nur in meiner Einbildung zu existieren.
Was ja dann im Umkehrschluss bedeutet, dass mich die Menschen als heil wahrnehmen, weil ich heil bin und ich erlebe das als Geschenk

Imagine
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Andrea37
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von Andrea37 »

Hallo Thomas,

a propos Widerstreit zwischen Verstand und Gefühl- wie "fühlst" Du, woher Deine Gefühle kommen?

... und wenn die Gefahren nicht real sind, dann ist alles nur Täuschung???

Das würde mich sehr interessieren!

Gruss
Andrea
petzi

 

Beitrag von petzi »

chrigu
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von chrigu »

Hallo zusammen,

danke für diesen Thread, der sich mit dem auseinandersetzt, was mich auch immer wieder und gerade ganz besonders beschäftigt.
Wegen Konzentrationsproblemen konnte ich nicht alles genau lesen und erfassen, aber ich möchte trotzdem meine Gedanken dazu loswerden.

Ihr habt etwas in mir angestoßen, was ich schon ganz vergessen hatte: Die Frage nach dem Unterschied von Empfindungen und Gefühlen. Denn ich erlebe immer wieder, dass ich das gleiche Gefühl ganz unterschiedlich empfinde.

Es hat eine Weile gedauert, bis ich begriffen habe, dass z.B. Wut nicht ganz automatisch als ein negatives Gefühl zu klassifizieren ist, auch wenn es zunächst negative Empfindungen weckt. Denn Wut kann heilsam und hilfreich sein, sie sorgt dafür, dass ich mich abgrenzen kann und meinem Ich Raum verschaffen kann.

Erst durch diesen positiven Blickwinkel (unabhängig zunächst von Gefühl und Empfindung) lerne ich, die Wut als Gefühl in mir nicht nur zu akzeptieren, sondern auch, dass sie ihre Daseinsberechtigung und etwas Gutes hat. Dann ist sie nämlich nicht mehr einengend und kleinmachend, sondern befreiend und großmachend in dem Sinne, dass sie meinem Ich Raum verschafft.

Ebenso ist es, wenn ich mich verletzt fühle. Als Kind habe ich gelernt, dass verletzte Gefühle am besten unterdrückt werden, dass sie keine Daseinsberechtigung haben, dass sie schädlich sind (und zwar in erster Linie, weil sie den Verletzenden in eine "unmögliche" Lage bringen, ihn nämlich kritisieren und zur Rechtfertigung nötigen).

Deshalb habe ich Verletzungen nicht nur hingenommen, sondern oft gar nicht mehr erkannt - was ich mir selbst fälschlicherweise als Toleranz ausgelegt habe.

Wenn ich nun Verletzungen erkenne (was immer noch selten genug passiert), dann entsteht ein Gefühl, dass mich zwar auf den ersten Blick klein macht und meine Energie raubt, auf den zweiten Blick aber doch wiederum Kraft gibt. Zunächst durch die für mich ganz persönliche Bestätigung, dass ich in der Lage bin, Verletzungen zu erkennen.
Im zweiten Schritt gibt mir die empfundene Verletzung außerdem die Kraft, so zu handeln, dass ich mich aus dem Kleinsein befreien kann.

Der dritte Schritt könnte (in weiter Zukunft) sein, diese Gefühle dann so wie von Thomas beschrieben loszulassen. Im Moment hänge ich aber noch an diesen Gefühlen und den damit verbundenen auch negativen Empfindungen, weil sie mir einen Handlungsweg zeigen können, der mich aus den negativen Empfindungen wieder herausbringt.

Und nicht zuletzt: Auch negativ empfundene Gefühle sind Gefühle und manchmal freue ich mich auch darüber, weil es überhaupt Gefühle sind, die mir zeigen, dass ich ein lebendiges Wesen bin.

Viele Grüße
Chrigu
DorleB
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Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von DorleB »

Hi Thomas und Ihr alle,

was für ein überaus interessanter Thread!

Habe ich das bislang richtig verstanden, dass unter der Oberfläche herum-musende Gefühle mich so lange steuern, bis ich sie ehrlich wahrnehme, würdige – und dann loslasse?

Das wird schwierig… bedeutet es doch, alle Gefühle sind wie Wolken, die am Himmel vorüberziehen, ebenso wenig beeinflussbar – und letztlich ebenso unbedeutend, wenn sie vorübergezogen sind.

Ich merke gerade, dass ich das intellektuell nachvollziehen kann, es entsteht als unmittelbare Reaktion aber ein starkes Gefühl von vermeidender Unsicherheit, fast schon Angst. Eine instinktive Reaktion auf eingebildete Gefahr? Ich fühle mich bedroht…

Was bleibt übrig von mir, wenn die Gefühle „weg“ sind? Was ist „ich“? Und was ist dieses „selbst“, von dem Ihr geschrieben habt? Spannende Fragen…

Liebe Grüße
von
Dorle (die noch weit gehen muss)




Wir alle suchen nach Etwas, das uns schon längst gefunden hat
heike56
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Verletzte Gefühle überwinden

Beitrag von heike56 »

Hallöchen,

da ich selber immer Schwierigkeiten habe, diese Begriffe auseinander zu halten, habe ich versucht mich bei wikipedia schlau zu machen.

Dabei habe ich folgendes zu Tage gefördert :

http://de.wikipedia.org/wiki/Emotion

Begriffliche Abgrenzungen

Eine Emotion ist ein komplexer Prozess, der auf verschiedenen psychischen Funktionsebenen abläuft. Davon zu unterscheiden ist der Begriff Gefühl, der nur das subjektive Erleben der Emotion bezeichnet, wie z.B. Freude, Lust, Geborgenheit, Liebe, Trauer, Ärger, Wohlbehagen. Gefühle werden gewöhnlich als verschieden von Wahrnehmungen, Empfindungen und Denken, aber auch vom Wollen angesehen, können sich jedoch mit allen anderen Erfahrungsweisen verbinden. Vielfach wird angenommen, dass Gefühle Lust- und Unlustcharakter haben und durch ihr Angenehm- oder Unangenehmsein den Erfahrungen ein Wertprofil aufprägen (vergl. Wert).

Im Gegensatz zu Stimmungen sind Emotionen relativ kurz und intensiv. Während Stimmungen und deren Auslöser oft unbemerkt bleiben, sind bei Emotionen das auslösende Objekt und die psychologischen und physiologischen Emotionskomponenten üblicherweise im Fokus der Aufmerksamkeit.

Betreffen Emotionen Handlungsintentionen oder lösen sie Handlungen aus, die nicht mehr oder in geringerem Maße kontrollierbar sind, dann spricht man von Affekten („Affekthandlung“). Während beim Gefühl der kognitive Aspekt durchaus fehlen kann – um beispielsweise Schmerz zu fühlen, muss man nicht verstehen, was passiert –, beinhalten Emotionen immer auch irgendeine Art von Verständnis. Dies trifft auch auf Affekte zu, die dann meist mit einem Werturteil wie „richtig“, „falsch“, „gut“ oder „böse“ verbunden sind.

Stimmungen unterscheiden sich von Gefühlen, Emotionen und Affekten u.a. dadurch, dass sie als zeitlich länger ausgedehnt erlebt werden („gute Laune“, „Depression“). Ähnlich wie meist nur kurzzeitige Gefühlseindrücke vermögen Stimmungen die Wahrnehmung „einzufärben“, als erlebe man die Wirklichkeit durch eine Gefühlsbrille. Was dabei erlebt wird, ist in erster Linie nicht eine kognitive Klassifizierung (z.B. „Ich bin gut gelaunt.“), sondern diese folgt normalerweise erst dem Erlebnis des Gestimmtseins. Entscheidend ist wie beim Gefühl und der Emotion, aber auch dem Affekt das jeweilige Angenehm- und Unangenehmsein. Insofern gleichen sich alle Arten des Fühlens. Ohne Unangenehmensein des Fühlens ist beispielsweise keine schlechte Stimmung erlebbar.

In der Hoffnung etwas Klarheit gebracht zu haben

liebe Grüße von

Heike 47
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