Mein (nicht-) Umgang mit der Krankheit

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Negri
Beiträge: 5
Registriert: 14. Mai 2004, 18:50

Mein (nicht-) Umgang mit der Krankheit

Beitrag von Negri »

Hallo!

Ich lese hier manchmal mit; aber es geht mir dann meist noch schlechter, und deswegen verschwinde ich immer wieder für in paar Monate. Besonders entmutigend finde ich es, wie wenige etwas wirklich positives in ihrer Entwicklung zu berichten haben. Wo einem in der Presse etc. immer weisgemacht wird, man braucht nur zum Arzt gehen und dann wird man geheilt, irgendwann.

So ganz der Wirklichkeit entspricht das nicht, nicht wahr?

Ärtze und Medikamente hatte ich schon und ja, es gibt sie wirklich, die 30%, die resistent sind und ich bin eine davon. Und ich bin eine von denen, die mit Therapeuten nicht reden können und nichts zu reden haben.

Wie gehe ich nun mit meiner - Krankheit- Anderssein?- um, allein damit wie ich bin?

Gar nicht, ich gehe gar nicht damit um. Ich ignoriere sie, soweit ich kann. Ich habe mir Mechanismen angewöhnt, um mich an zerstörerischen Gedankengängen zu hindern. Damit verhindere ich, wenn es klappt, jeden Gedanken am mich selbst und meine Lebenssituation. Und am Ende jedes Gefühl. Das ist der Preis dafür.
Kein Schmerz= keine Liebe.

Wenn es *nicht* klappt, dann kippe ich in heulendes Elend um (und hasse mich noch mehr dafür so wehleidig und hilflos zu sein. Ein Teufelskreis).

Funktioniert es, dann fühle ich nicht mehr viel, denke nicht mehr viel, bin nur noch, funktioniere im Alltag gut, arbeite brav, lache auch über Witze und trage Maske. Aber eigentlich bin ich tot. Ich habe keine Hobbies (war früher sehr kreativ und phantasievoll), keine Freunde, keine Beziehung. Und es ist mir gleich, nein, es ist (gut) so. Ich kann mit Beziehungen nicht umgehen und wer nicht lieben kann wird auch nicht geliebt. Mein Telefon ist ausgestöpselt.

Die vielen Tränen, die ich früher darüber vergossen habe, das endlose verzweifelte Sehnen, das ist nichts, was ich wieder haben möchte. Und wenn ich so bin, verzweifelt, dann bin ich selbstmordgefährdet. Dies kommt natürlich immer wieder vor, einen Abend die Woche, eine schwarze Woche, mit Glück nur einmal im Monat. Es war, ist, furchtbar, und zwecklos (denn ich kann an meiner Situation (d.h. meinem besch... verhasstes Selbst) nichts ändern, wie ich herausfand. Und mit mir selbst leben müssen, heißt entweder leiden oder...


...daß ich dahinlebe (vegetiere), nicht viel denke; verhindere Grübeln, verhindere zwecklose Gedankenkreise, lese, schaue fern, surfe im Internet, gehe früh zu Bett (ich schlafe viel, fest und gut und bin doch immer müde und langsam), wenn es an langen Abenden gar nichts zu tun gibt. Mein Hirn ist langsamer geworden von diesem Nichtbenutzen, und unkonzentrierter. Meine Neugier und Kreativität ist vollkommen eingetrocknet (ich bin, war, Malerin, Fotografin (nicht professionell, dazu hatte ich nie den nötigen Ergeiz und Elan). Vielleicht hatte sie sich aus meiner Verzweiflung genährt, dann wäre der Verlust einleuchtend.

Eigentlich warte ich nur darauf, dass das Leben zu Ende geht. Vorbeiplätschert, ein nicht gelebtes Leben. Meine Autobiographie wäre nur zwei Seiten lang und würde ich auch 80 Jahre alt.

Pathetisch, nicht wahr. Und ich bin froh, dass andere nicht so sind wie ich und sie Gründe finden zu kämpfen.

Negri
paperdoll
Beiträge: 20
Registriert: 21. Feb 2007, 22:47

Re: Mein (nicht-) Umgang mit der Krankheit

Beitrag von paperdoll »

Hallo Negri,

so eine Phase hatte ich vor 11 Jahren. Sie dauerte ca. 15 Monate und hat ne Menge Kraft gekostet. Da blieb ein bisschen was von mir auf der Strecke.

Danach hatte ich unterschiedliche Hochs und tiefs. Es gab Zeiten, in denen es mir so gut wie lange nicht ging. Ihc dachte schon, ich sei gehilt (wie trügerisch). Im Moment ist es mal wieder was schwerer und ich denke, der Weg zum Dok und ein paar Medis ist unvermeidlich...

Zurück zu deiner Gefühlswelt... Was mir damals geholfen hat? In dieser Phase nur Ablenkung. Ne extrem nervige, aufdringliche Arbeitskollegin, die unbedingt mit mir befreundet sein wollte...

Im Ernst, in so ner Phase muss man nach jedem Strohhalm greifen. Deshalb hoffe ich, dass es in deinem Leben so jemanden gibt und er sich nicht so leicht abwimmeln lässt. Denn erst wenn du wieder etwas mehr am Leben teilnimmst, kannst du einsehen und verstehen, dass unsere Art zu Denken und zu Fühlen falsch ist. Aber wir können doch so wunderbar negativ denken. Manchmal ist es das Einzige was wir können, nicht wahr?

Deshalb mein Vorschlag: Stelle dir jeden Tag eine kleine Aufgabe und bewältige sie. Die erste Aufgabe möchte ich dir bitte geben: Stöpsel dein Telefon wieder ein und geh min. 1 x am Tag ran wenn's klingelt.

Ich wünsch dir, dass du mehr Zuversicht findest. Bei mir ist es der Trotz. Ich seh es einfach nicht ein, mich von so ner bescheuerten Krankheit unterkriedgen zu lassen. Schließlich bin ich intelligenter als sie.

Alles Liebe
paperdoll
Negri schrieb:
> Hallo!
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> Ich lese hier manchmal mit; aber es geht mir dann meist noch schlechter, und deswegen verschwinde ich immer wieder für in paar Monate. Besonders entmutigend finde ich es, wie wenige etwas wirklich positives in ihrer Entwicklung zu berichten haben. Wo einem in der Presse etc. immer weisgemacht wird, man braucht nur zum Arzt gehen und dann wird man geheilt, irgendwann.
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> So ganz der Wirklichkeit entspricht das nicht, nicht wahr?
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> Ärtze und Medikamente hatte ich schon und ja, es gibt sie wirklich, die 30%, die resistent sind und ich bin eine davon. Und ich bin eine von denen, die mit Therapeuten nicht reden können und nichts zu reden haben.
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> Wie gehe ich nun mit meiner - Krankheit- Anderssein?- um, allein damit wie ich bin?
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> Gar nicht, ich gehe gar nicht damit um. Ich ignoriere sie, soweit ich kann. Ich habe mir Mechanismen angewöhnt, um mich an zerstörerischen Gedankengängen zu hindern. Damit verhindere ich, wenn es klappt, jeden Gedanken am mich selbst und meine Lebenssituation. Und am Ende jedes Gefühl. Das ist der Preis dafür.
> Kein Schmerz= keine Liebe.
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> Wenn es *nicht* klappt, dann kippe ich in heulendes Elend um (und hasse mich noch mehr dafür so wehleidig und hilflos zu sein. Ein Teufelskreis).
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> Funktioniert es, dann fühle ich nicht mehr viel, denke nicht mehr viel, bin nur noch, funktioniere im Alltag gut, arbeite brav, lache auch über Witze und trage Maske. Aber eigentlich bin ich tot. Ich habe keine Hobbies (war früher sehr kreativ und phantasievoll), keine Freunde, keine Beziehung. Und es ist mir gleich, nein, es ist (gut) so. Ich kann mit Beziehungen nicht umgehen und wer nicht lieben kann wird auch nicht geliebt. Mein Telefon ist ausgestöpselt.
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> Die vielen Tränen, die ich früher darüber vergossen habe, das endlose verzweifelte Sehnen, das ist nichts, was ich wieder haben möchte. Und wenn ich so bin, verzweifelt, dann bin ich selbstmordgefährdet. Dies kommt natürlich immer wieder vor, einen Abend die Woche, eine schwarze Woche, mit Glück nur einmal im Monat. Es war, ist, furchtbar, und zwecklos (denn ich kann an meiner Situation (d.h. meinem besch... verhasstes Selbst) nichts ändern, wie ich herausfand. Und mit mir selbst leben müssen, heißt entweder leiden oder...
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> ...daß ich dahinlebe (vegetiere), nicht viel denke; verhindere Grübeln, verhindere zwecklose Gedankenkreise, lese, schaue fern, surfe im Internet, gehe früh zu Bett (ich schlafe viel, fest und gut und bin doch immer müde und langsam), wenn es an langen Abenden gar nichts zu tun gibt. Mein Hirn ist langsamer geworden von diesem Nichtbenutzen, und unkonzentrierter. Meine Neugier und Kreativität ist vollkommen eingetrocknet (ich bin, war, Malerin, Fotografin (nicht professionell, dazu hatte ich nie den nötigen Ergeiz und Elan). Vielleicht hatte sie sich aus meiner Verzweiflung genährt, dann wäre der Verlust einleuchtend.
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> Eigentlich warte ich nur darauf, dass das Leben zu Ende geht. Vorbeiplätschert, ein nicht gelebtes Leben. Meine Autobiographie wäre nur zwei Seiten lang und würde ich auch 80 Jahre alt.
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> Pathetisch, nicht wahr. Und ich bin froh, dass andere nicht so sind wie ich und sie Gründe finden zu kämpfen.
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> Negri
danideng
Beiträge: 1538
Registriert: 26. Feb 2006, 12:49

Re: Mein (nicht-) Umgang mit der Krankheit

Beitrag von danideng »

Hallo Negri,

es tut mir sehr leid, dass es dir so schlecht geht. Du schreibst

"Besonders entmutigend finde ich es, wie wenige etwas wirklich positives in ihrer Entwicklung zu berichten haben. Wo einem in der Presse etc. immer weisgemacht wird, man braucht nur zum Arzt gehen und dann wird man geheilt, irgendwann."

Naja, ganz so ist es nicht. Zum Beispiel kannst du hier unter "Umgang mit der Krankheit" mal unter Suchen den "Mutmacherthread" suchen, dort schreiben all diejenigen, denen es besser geht.

Hm, stimmt, sollte ich eigentlich auch mal tun. Denn nach ADs, Therapie und Klinik muss ich sagen, fühle ich mich auch auf dem Weg der Besserung. Noch nicht gesund, aber doch deutlcih besser. Ich bin immer noch in Therapie, aber es hat doch bis jetzt schon ne Menge augelöst, endlich hab ich das Gefühl, es geht wieder vorwärts und nicht nur im Kreis.

Vielleicht hilft es dir, dort mal ein bisschen zu stöbern?

Welche Behandlung machst du denn zur Zeit?

LG
Dani
Dani1112
Jojo
Beiträge: 26
Registriert: 1. Dez 2006, 19:10

Re: Mein (nicht-) Umgang mit der Krankheit

Beitrag von Jojo »

Hallo Negri,

ich schreibe hier eigentlich kaum noch.
Aber irgendwie hab ich das Gefühl, du hättest mein "Leben" geschildert.
Treffender hätte ich es nicht auf den Punkt bringen können.

Bis auf die Tatsache, dass du deiner Arbeit nachgehen kannst. Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass das kein wirklicher Gewinn ist.

Das musste ich einfach loswerden, wenn´s auch nicht konstruktiv ist...

Liebe Grüße,

Jojo
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Mein (nicht-) Umgang mit der Krankheit

Beitrag von ricky »

Hallo Negri,

du schreibst:
...Und ich bin eine von denen, die mit Therapeuten nicht reden können und nichts zu reden haben."

Das kann ich nicht wirklich nachvollziehen, ehrlich gesagt.

Hast du es denn schonmal versucht?
Ich meine, kannst du nicht reden oder willst du es vielleicht gar nicht?

Gruß Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
Negri
Beiträge: 5
Registriert: 14. Mai 2004, 18:50

Re: Mein (nicht-) Umgang mit der Krankheit

Beitrag von Negri »

Hallo,

danke für Eure Anteilnahme!

Christina,

Ablenkung, mit Kollegen ausgehen etc? Das funktioniert bei mir leider nicht.
Ich habe sowas viel getan, jahrelang und nahezu verzweifelt, aber es ist wirklich nur das: Ablenkung, d.h. eine andere Art die leere Zeit herumzubekommen. Die Leute bedeuten mir nichts, die Aktivitäten bedeuten mir nichts, und ich wünsche mich nach einer Stunde nach Hause.

Jeden Tag mir eine kleine Aufgabe stellen? Inwiefern? Ich versehe nicht, sowas wie: heute werde ich mir den Sonnenaufgang ansehen und mich freuen? Nein, das meinst Du nicht.


Liebe Jojo,

es tut mir so leid.


Dani, Uta,

ich mache im Moment keine Behandlung mehr. Es bliebe ja nur noch ein weiterer Versuch mit Psychotherapie, etc. ad nauseum.

Uta, Du verstehst nicht, wie man nicht mit einem Therapeuten über sein innerstes Seelenleben reden kann und/oder will? Dann sind wir sehr verschiedene Menschen. Ich empfinde das als Entblößung, gar als Nötigung. Mir ging es nie so schlecht wie nach einer Therapiestunde, nachdenen ich jedes Wort am liebsten zurückgeholt hätte, die Stadt verlassen, den Namen geändert...und vor allem die Gefühle wieder abgeschaltet hätte, die sich dann nicht abschalten ließen. Ich kann so nicht leben.

Ich glaube mitlereweile auch mehr, dass mein Problem physisch, nicht psychisch ist. Aber, wie erwähnt, wirken bei mir die üblichen Medikamente nicht wie sie sollen.

Grüße von
Negri
ricky
Beiträge: 1450
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Mein (nicht-) Umgang mit der Krankheit

Beitrag von ricky »

Hey Negri,

es tut mir leid, dass du beim Therapeuten so schlechte Erfahrungen gemacht hast.

Mir ist es zu beginn meiner ersten Therapie auch verdammt schwer gefallen zu reden, und die Thera stand auf der Kippe. Aber mir ging es total schlecht, und ich wusste, dass ich mir selbst nicht mehr helfen konnte. Also war die Thera meine einzige Chance. Und die habe ich dann letztendlich auch genutzt.
Dass es schwer ist, über bestimmte Dinge zu sprechen, ist klar, aber ich denke, mit dem nötigen Vertrauen zum Thera und dem Willen für sich weiter zu kommen, geht es.

Ich wünsche dir viel Kraft für deinen Weg - auch ohne Thera!!!

LG Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
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