Verlorene Jahre?

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student84
Beiträge: 1
Registriert: 18. Feb 2007, 00:14

Verlorene Jahre?

Beitrag von student84 »

Hallo,

vor etwa 3 Wochen hatte ich das erste mal professionelle Hilfe aufgesucht. Dazu hatte ich mich an die Psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende an meiner Uni gewendet, die einer ersten Abklärung und Diagnose sowie nach Bedarf Weitervermittlung dient.

Nach 2 Sitzungen in denen ich grob auf meine Belastungen/Situation einging äußerte die Therapeutin den Verdacht auf Depression. Weiterhin empfahl sie mir eine Therapie und gab mir drei Adressen.

Jedenfalls gelingt es mir allmählich zu verstehen, dass mein Denken schon die ganzen letzten Jahre total depressiv verändert war. Mir wird eben zunehmend bewusst, wie mich dieses negative Denken auch über diese Zeit in allem Möglichen beeinflusst hat. Es geht mir allmählich besser, zumindest meine ich auf einen positiven Weg zu kommen und bezogen auf diese Erkenntnisse frage ich mich nun ob diese Jahre unter dieser dauerhaften depressiven Verstimmung verlorene Zeit für mich waren. Das Bewusstsein, dass das negative Denken, was einen ständig begleitet hat, mich in allem Handeln, in meinem gesamten Lebensstil etc. beeinflusst hat, lässt mich nun so denken, dass diese Zeit im Grunde genommen für mich als verlorene Zeit zu werten ist, weil ich diese ja irgendwie nur "eingeschränkt" gelebt habe.

Muss ich das so sehen oder wie kann ich im Nachhinein auf diese Zeit zurückblicken?
BeAk

Re: Verlorene Jahre?

Beitrag von BeAk »

Lieber Student,

ich verbuche meine Depression als Erfahrung. Wenn ich mir ein Bein gebrochen hätte, würde ich es auch nicht anders sehn.
Hina1
Beiträge: 761
Registriert: 23. Mai 2006, 23:23

Re: Verlorene Jahre?

Beitrag von Hina1 »

Lieber Stundent,

ob das tatsächlich verlorene Jahre für Dich waren, wird sich vermutlich erst dann wirklich rausstellen, wenn Du depressionsfrei bist. Das wird Dir niemand beantworten können, denn es ist ja auch die Frage, wie stark warst Du tatsächlich eingeschränkt. Aber eine Frage hätte ich da schon. Du hast geschrieben, daß Du drei Adressen bekommen hast. Nutzt Du sie? Tust Du ansonsten noch etwas gegen die Depression, z.B. ADs nehmen? Wenn nicht, dann kann ich Dir nur raten, tu so schnell wie möglich etwas, sonst machst Du Dir in weiteren Jahren immer noch Gedanken, wieviele Jahre Du verloren haben könntest. Übernimm die Verantwortung für Dich, mach einen Strich unter die Vergangenheit und beginne den Kampf, gegen die Krankheit. Du hast nichts zu verlieren aber unglaublich viel zu gewinnen und vor allem hast Du eine große Chance aber Du must wirklich etwas tun.

Übrigens habe ich meine Depression nicht wirklich als verlorene Zeit gesehen sondern als Chance, weil ich ganz unten endlich mal "aufgewacht" bin, hab dann allerdings auch wirklich etwas getan. Allerdings kamen bei mir nur ein paar Monate "Verlust" zusammen.

Liebe Grüße
Hina
otterchen
Beiträge: 5118
Registriert: 3. Jan 2007, 10:43

Re: Verlorene Jahre?

Beitrag von otterchen »

Lieber Student,

diese Zeilen hat mir gestern meine Therapeutin gemailt:

Spiritualität gehört zur Allgemeinbildung, so wie Depression oder Verliebtheit.
Ohne ein Praktikum in der Hölle versteht man ja nichts vom Leben.
(Peter Sloterdijk)

Ich lass das mal so stehen und wünsche allen Foris einen schönen Sonntag

das Otterchen
mein gelerntes Sammelsurium: https://otterchenblog.wordpress.com/
Without
Beiträge: 209
Registriert: 27. Aug 2006, 18:58

Re: Verlorene Jahre?

Beitrag von Without »

Liebe Bea!

Sei mir nicht böse, dass ich dir jetzt so vehement widerspreche. Es mag vielleicht sein, dass du deine Depri mit einem gebrochenen Bein gleichsetzt.
Aber dieser Vergleich behagt mir so gar nicht. Denn mit einem gebrochenen Bein kann ich immer noch fühlen, normal denken, meine Kinder liebevoll in den Arm nehmen, Gespräche führen und denke auch nicht übers Sterben nach.
Natürlich hast du Recht, dass beides Erfahrungen sind. Aber ich bin seit langen Jahren Depri und mir wäre es lieber ich hätte derzeit "nur" ein gebrochenes Bein.

Ist nicht als Kritik jetzt gemeint an dir! Ich mußte jetzt nur einfach was dazu sagen, weil mich deine Aussage irgendwie getroffen hat. Bitte nicht übel nehmen!!!

Hallo Student!

Ein herzliches Willkommen im Forum!

Zu mehr reichts leider im Moment bei mir nicht, aber ich wünsche dir alles Gute für deinen Weg!

Gruß Petra
>> Der Optimist sieht das Licht am Ende des Tunnels - der Pessimist den entgegen kommenden Zug
em17
Beiträge: 31
Registriert: 17. Jun 2006, 20:19

Re: Verlorene Jahre?

Beitrag von em17 »

Hallo Student84,

hmm, verlorene Jahre? Diese Frage habe ich mir auch gestellt - aber auch noch keine abschliessende Antwort gefunden.
Weiss aber auch nicht, ob das noch so wichtig ist. Wichtig fuer mich ist ist jetzt aber auf jeden Fall, dass ich durch die Depression erkannt habe, dass mir etwas wichtiges in meinem Leben fehlt. Die Krankheit hat mich also irgendwie davor bewahrt, weiterhin so vor mich hin zu leben, zu funktionieren - am Leben vorbei.

Was mir persoenlich definitiv nicht gut tut, ist zurueckzublicken und mir vorzustellen, was haette sein koennen, wenn ... Das macht mich nur fertig. Bringt mir ausser Schmerzen und Leid auch nichts. Ich kann's ja eh nicht mehr aendern. Von daher wuerde ich Dir eher anraten wollen, auf das Jetzt und nach vorne zu schauen.

Ich wuensche Dir Alles Gute,
me
Lankes
Beiträge: 321
Registriert: 4. Aug 2006, 16:47

Re: Verlorene Jahre?

Beitrag von Lankes »

Da kann ich mich den anderen nur anschließen. Depris sind ja nicht plötzlich da, wie ein Schnupfen. Sie werden auch nicht sofort erkannt.
Von daher hat wohl jeder von uns hier einige Zeit "verlorene" Zeit gehabt, ehe die Depris erkannt wurden.

Rheuma wird ja auch nicht sofort diagnostiziert.....ist vielleicht ein Vergleich...

Mir wurde immer gesagt, ich solle die Depris als Chance ansehen, mein Leben umzustellen. Ich habe mich nie besonders gut behandelt und auch nie angenommen, Depris zu haben....auch dafür habe ich Zeit gebraucht, ich würde sie aber nicht als verloren bezeichnen, sondern als Weg zur Erkenntnis und Gesundung....


Katy



***Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag***

***Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.***
Sunshine77
Beiträge: 261
Registriert: 11. Okt 2006, 20:55

Re: Verlorene Jahre?

Beitrag von Sunshine77 »

Selbst wenn du die Erkenntnis für dich selbst haben solltest, daß diese Jahre "verloren" sind, kannst du es nicht mehr ändern und quälst dich selbst nur mit diesen Gedanken. Du kannst die Zeit nicht mehr zurück drehen - nur noch nach vorne schauen. Ich persönlich denke nicht wirklich daß es sowas wie verlorene Jahre gibt, denn jede Phase meines Lebens, ob gut oder schlecht, hat mich mit zu dem Mensch gemacht der ich heute bin. Also versuch deine Krankheit anzunehmen und das Beste daraus zu machen, dann wirst du dir diese Frage künftig nie wieder stellen müssen denn du hast alles gegeben wozu du zu der zeit fähig warst!

LG,
Tini
Bleib dir selbst stets treu

BeAk

Re: Verlorene Jahre?

Beitrag von BeAk »

Liebe Perta,

warum sollte ich Dir böse sein? Ein jeder hat das Recht auf seine eigene Sicht der Dinge.
Auch ich habe schon des öfteren (auch schwere) Episoden gehabt, mit allem was dazu gehört, auch wenn ich mir dessen nicht bewust war. Mein Arzt hat mir Ende des Jahre zudem Dysthmia diagnosiziert und wenn ich mir mein Leben so anschaue, ist leichte Antriebsschwäche und leichte Herruntergestimmtheit fast immer vorhanden gewesen. Somit ist die Diagnose berechtigt (z.Z. spüre ich nur nichts davon).

Trotzdem sehe ich es so. Und um so besser ich verstehe, was die Depression mir sagen will, um so mehr kann ich mit diesen Erfahungen auch anfangen, im Sinne "die Depression als Chance".
rm
Beiträge: 2209
Registriert: 5. Nov 2006, 15:46

Re: Verlorene Jahre?: ich meine, NEIN!!!

Beitrag von rm »

Hallo ihr,

will nur kurz ein Zitat beisteuern und dann ab in's Bett! Habe gestern/ heute mal wieder nur zwei Stunden geschlafen und wie könnte es anders sein: mal wieder absolut müde .

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Luise Rinser schreibt:

Nur wer meint, festhalten zu können, leidet.
Wer sich in den Strom wirft, wird getragen.
Wer weiß, daß nichts dauert,
hält sich an die Wandlung.
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Ich glaube, wer evtl. liebgewordene Gewohnheiten loslassen kann, wenn es die Situation gebietet und wer sich auf neue Wege begeben kann, der hat an Erkenntnis und Lebensqualität gewonnen. Das ist oft ein langer Lernprozess.
z.B. meine ich damit die Erkenntnis, nach Aufarbeitung der Vergangenheit diese abzuhaken, als erledigt zu betrachten, um dann im Hier und Jetzt zu leben - denn in DIESEM Moment, HIER wo wir diese Zeilen lesen ist das Leben. Nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft, sondern JETZT!

Wenn wir uns mit dem 'Lernen' etwas schwer tun (der eine mehr, der andere weniger) und uns nicht mit neuen Wegen anfreunden können (auch mit evtl. Schmerz verbunden), so müssen wir üben, ob wir wollen oder nicht. Und das ist meiner Ansicht nach ein Teil der dann folgenden Depression.

Das Leben setzt uns meiner Ansicht nach neue Lektionen (eine nach der anderen )solange vor, bis wir sie verinnerlicht haben und danach leben.

Insofern sehe ich mittlerweile den WEG zu neuen Zielen nicht als verloren an, sondern als Teil von einem Ganzen. (Manchmal gelingt es mir sogar schon, mich an meinen Erkenntnissen SELBST zu orientieren ?! )

Liebe Grüße und eine gute Nacht wünscht euch Emma und Reinhart. + .

M und Tini
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