Vergesslichkeit

chrigu
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Vergesslichkeit

Beitrag von chrigu »

Hallo zusammen,

in letzter Zeit stelle ich bei mir immer wieder ganz merkwürdige Aussetzer fest.

Neulich etwa war ich mir plötzlich nicht mehr sicher, wie alt ich bin. Also ungefähr wusste ich es schon, aber ich wusste nicht, ob ich nun ein Jahr älter oder jünger bin. Ich musste dann meinen Personalausweis rausholen und nachrechnen.

Dann wären da noch die vielen Löffel, die im Müll landen, während die Joghurtbecher in die Spüle gestellt werden...

Am häufigsten jedoch habe ich diese Aussetzer, wenn ich nachdenke oder schreibe. Dann meine ich, einer brandneuen Erkenntnis auf der Spur zu sein (und freue mich auch darüber). Wenn ich dann aber in alten Schreibereien nachsehe, stelle ich fest, dass ich diese Erkenntnis schon die Woche vorher hatte.

Ich vergesse häufig auch, was andere Menschen mir erzählt haben und muss nachfragen, was einigen natürlich sauer aufstößt, weil ich dann sehr unaufmerksam wirke oder gar einen uninteressierten Eindruck hinterlasse. Oder ich möchte jemandem etwas zwei Tage später erzählen und dann vergesse ich komplett, dass überhaupt etwas Erzählenswertes passiert ist beziehungsweise was genau eigentlich passiert ist.

Ich weiß, dass Vergesslichkeit zu den Depressions-Symptomen gehört. Aber ist das wirklich normal? Erleben andere Depressive so etwas auch?

Fragt sich
Chrigu
ils_pixent9
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von ils_pixent9 »

Liebe Chrigu,
ich habe von einem Bekannten gehört, dass ihn das Symptom der Vergeßlichkeit sehr während seiner Depression plagte, er hatte wahnsinnige Angst, Alzheimer zu haben.

Kaufe dir doch einmal das Buch von Piet Kuipers, einem Psychiater der später an Depressionen erkrankte: Seelenfinsternis.

Auch er hatte eine panische Angst davor, wegen seiner Vergeßlichkeit Alzheimer zu haben, es wurde dann direkt eins seiner Symptome.
Lieben Gruß Gret
ils_pixent9
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von ils_pixent9 »

P.S. Natürlich hatte er nicht Alzheimer, nach langem Experimentieren wurde ein Medikament gefunden das seine Depressionen zum Verschwinden brachte.
rm
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von rm »

> Dann wären da noch die vielen Löffel, die im Müll landen, während die Joghurtbecher in die Spüle gestellt werden...

Hallo chrigu, bei mir landet die Brille im Eisschrank etc...bin - glaube ich jedenfalls - der absolute Spezialist im Vergessen...werde vielleicht morgen noch einmal darauf zurückkommen (wenn ich es nicht vergesse ).

Eine gute Nacht wünscht Reinhart

Gret
chrigu
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von chrigu »

Liebe Gret,

wow, bist Du schnell!
Bei mir ist es weniger Angst vor Alzheimer als vielmehr die Verärgerung darüber, dass mein Kopf mich austrickst.
Wenn er das bei solchen Dingen tut, wer weiß, wo er es noch tut?

Lieber Reinhart,

tiefgekühlte Brille, auch nicht schlecht. Aber für mich gerade irgendwie beruhigend.

Chrigu
feuerfisch
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von feuerfisch »

Na denn auch hier: Hai Chirgu

*lach*
das kenn ich so verflixt gut!

ich versuchs inzwischen mit Humor zu nehmen, aber manchmal stößt es doch ziemlich bitter auf, mir und auch anderen Menschen.

Oftmals habe ich eine Frage gestellt - und nicht nur die Antwort vergessen, sondern auch die Frage.....Vor allem meine Tochter war da sehr genervt drüber, kann ich auch gut verstehen, denn auf die Art habe ich oftmals 10x in zwei Stunden dieselbe Frage gestellt....

Inzwischen ist es viel besser geworden, aber meine Konzentration ist immer noch miserabel. Ich hab auch festgestellt das es zum Teil sehr unterschiedlich ist. Berufliche Dinge kann ich mir leichter merken, Privates fällt häufiger unter den Tisch....

Ich glaube das ist und bleibt nur ein Symptom (ich hoffe es zumindest). Lohnt nicht drüber nachzudenken. Einige Strategien dagegen entwickeln - und durch! Wird irgendwann wieder!

Kopf hoch!

feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
chimera

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Beitrag von chimera »

feuerfisch
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von feuerfisch »

P.S.

vielleicht auch zum Lachen - auch an Reinhardt:

einmal habe ich stundenlang nach meinem Geldbeutel gesucht - bis mir dann irgendwann auffiel dass die Butter immer noch vom Frühstück auf dem Tisch stand - dabei war ich fest überzeugt sie in den Kühlschrank getan zu haben...

Wo war der Geldbeutel?
Richtig!
Im Butterfach.

*wink*
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Caren
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von Caren »

Ich erlebe das auch so, immer wieder. Je depressiver ich bin, desto mehr Dinge vergesse oder verwechsle ich. Teilweise fallen mir völlig normale Dinge wie meine Telefonnummer oder die Pin für die EC-Karte und dergleichen nicht mehr ein, oder ich bringe die Pin-Codes durcheinander, versuche, mit dem Telefon den Fernseher umzuschalten, weiß nicht mehr, wo ich die frisch gewaschenen Socken hingelegt habe etc. etc. etc.

Zuhause ist das nicht weiter tragisch, aber leider passiert mir so etwas dann auch bei der Arbeit. Oder ich habe bei der Arbeit ein Telefongespräch und weiß währenddessen plötzlich nicht mehr, worum es in dem Gespräch eigentlich geht. Sehr peinlich das Ganze... und für mich nur sehr schwer zu akzeptieren, denn eigentlich - ja, eigentlich ist sowas wie Vergeßlichkeit überhaupt kein Problem für mich, wenn ich nicht gerade wieder in einem Depressions-Tal hocke.

Dann frage ich mich, was mein Umfeld von mir wohl denken mag, wenn ich in Gesprächen völlig den Faden verliere oder nicht in der Lage bin, beim Bäcker einen Euro zwanzig aus dem Portemonnaie herauszufischen.
kerry
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von kerry »

Nabend....
Tja das kenne ich nur zu gut.
Ich habe das immer wenn ich in eine depressive Phase rutsche oder bin...
Wohl es mir in einer Hoch Phase gegenteilig geht, indem ich dann extrem schnell Denke und Gedanken Sprünge mache.
Als ich vor 2 Jahre das 1.mal offensichtlich depri. erkrankte, war es so schlimm das ich die komplette Orientierung verlor. Beim Arzt, grade noch meinen Namen wusste (im glauben daran der Zustand liegt an einem Tumor oder Alzheimer) aber für die restlichen Angaben meinen Freund per Handy anrufen musste, welcher auch gleich kam.... die Gesichter in der Praxis waren schon nicht schlecht!!! dafür bin ich aber auch sehr flott dran gekommen
Dies ist mir auch beim Auto fahren passiert. Dabei hab ich totale Panik bekommen. Ich hab im wahrsten Sinne des Wortes mein zu Hause eingekreist, und war fix und fertig als ich endlich angekommen war.
Danach hab ich mich nicht mehr ans Steuer gesetzt.
In meiner Therapie hab Ich gelernt dieses als Warnzeichen (STOP) zu erkennen und mich zurück zunehmen.
Ich kann dieses "blöde" Gefühl sehr gut nachvollziehen. Ich vergesse dann die Sachen/Gespräche/Schriftkram u.s.w. und am "blödsten" ist dieses WIRKLICH nicht mehr Wissen dessen. Ja viele sind etwas genervt deswegen... ich probiere mich dann raus aus dem geschehen zu ziehen, und probiere jeglichen Stress aus dem Weg zu gehen/ vermeiden. Ich bleib dann auch mal 3 tage zu Hause, wenn es sein muß... Besserung bringt nur der Stressabbau, und Ruhe.... so kriege ich es ganz gut wieder in den Griff.
Aufjedenfall stell dich nicht noch mehr deswegen unter Stress!! Nehme es an, dein Kopf signalisiert dir das alles ein bisschen arg viel ist im Moment.
mach dir selbst keinen Druck, das verschlimmert es nur.
Also Ruhe, relaxen, entspannen...
Äußere Einflüsse einschränken!!!!
keine Laute Musik !!!!
Gruß kerry
Schenke jeden Tag ein Lächeln

und Du wirst Glücklich sein..
BeAk

Re: Vergesslichkeit

Beitrag von BeAk »

Hallo ihr lieben,

ja, das kenne ich auch.
Ich habe schon mal meine Geburtsnamen vergessen.
Ein andermal meinen Geburtstag nicht mehr gewust.
Wohl 5 mal hintereinander geprüft, ob ich die Geschäftstüre wirklich auch abgeschlossen habe.
Mein Geldböse im Kühlschrank gefunden.
Die und den Schlüsselbund verlege ich sowieso ständig.
Identische Geschänke für mein Tochter 2 mal gekauft.
Bestellnummern, die eigene Telfonnummer vergessen usw.

Nur, leider bin ich deswegen beim Arzt noch nicht vorgelassen worden.
Hina1
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von Hina1 »

Da bin ich ja richtig froh, daß meine Kühlschrank-Amnäsie nicht die einzigste ist. Was ich da so manches mal gefunden habe ... leider meine Fahrzeugpapiere bis heute nicht. Ich habe früher immer gewußt, wo ich meine sieben Sachen hatte. In der Depression wuchs meine Zettelwirtschaft auf erstaunliche Ausmaße an, nur vergaß ich auch, da raufzugucken oder was ich evtl. da raufgeschrieben haben könnte. Zum Glück war es mir klar, daß es ein Symptom der Depri war. Jetzt gehts mir besser, im Kühlschank befinden sich wieder nur noch Lebensmittel und die Zettelberge verschwinden langsam wieder. Aber nach wie vor sprechen mich Freunde auf Dinge an, von denen ich beim besten Willen nichts weiß.

Liebe Grüße
Hina
Schneckerl
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von Schneckerl »

Das kommt mir auch sehr bekannt vor. In der Arbeit laß ich manchmal beim Büroklatsch meine Kaffeetasse aufm Rückweg in mein Zimmer bei den anderen stehen (und wunder mich, wo mein Kaffee hin ist) oder aber ich geh ein Zimmer weiter, weil ich etwas brauch und weiß nicht mehr, was, sobald ich drin steh. Oder meine Kollegin bittet mich drum, etwas für sie mitzubringen, wenn ich einkauf und ich frag sie ungefähr 3x, ob ich ihr dieses und jenes mitbringen soll. Und auch, wenn mir Freunde was erzählen, brauch ich hin und wieder etwas "Erinnerungshilfe", wenn ich dann ein paar Tage oder Wochen später den Rest der Geschichte, der nach der Erzählung passiert ist, erzählt bekomme.

Den Abschuß hab ich vor gut 1 Monat gebracht, da hatte ich Urlaub. Hatte noch drangedacht, meine Fahrkarte aus dem Buch, mit dem ich am letzten Arbeitstag fertiggeworden bin (ich nehm sie immer als Lesezeichen), rauszunehmen, damit ich mich nach dem Urlaub nicht dumm und dämlich such und 2 Tage später denk ich mir, wo hast du sie eigentlich hin... Hab meine Bude 4 Stunden auf den Kopf gestellt, den Müll durchwählt, selbst in den Tonnen (ich hatte zwischenzeitlich ne Tüte Müll runtergebracht), um dann einen verzweifelten Rundlauf in den Läden zu machen, in denen ich die letzten 2 Tage war. Hat sich dann rausgestellt, daß ich meine Fahrkarte tatsächlich zwischen ein paar Dvd-Hüllen "geschmuggelt" hab und sie zusammen mit den Filmen in der Videothek abgegeben hab. Nachdem ich da nie eine Nummer hinterlassen habe, konnte sie sich auch nicht bei mir melden
Without
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von Without »

Hallo!

Auch ich kenne diese Situationen mit Thermoskanne mit heißem Kaffe im Kühlschrank, Haustürschlüssel am Geschirrtuchhalter usw. Das härteste war allerdings das ich mein Kind im Auto vergessen habe!
Die Story war natürlich der Renner im Bekanntenkreis. Ob mein Kind das so witzig findet weiß ich allerdings nicht!

Ich kann über solche Dinge auch humorvoll hinwegsehen.

Witzig finde ich allerdings nicht mehr, dass bei mir Mahnbescheide und Schreiben von Rechtsanwälten reinflattern, weil ich die Rechung und zig Mahnungen in eine Schublade geschustert habe und vergessen habe, dass sie dort liegen.
Auch Termine nicht einzuhalten finde ich nicht mehr ganz so lustig.

Aber Brille eisgekühlt ist auch nicht schlecht!

Liebe Grüße Petra
>> Der Optimist sieht das Licht am Ende des Tunnels - der Pessimist den entgegen kommenden Zug
Liber
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von Liber »

Hallo alle zusammen

ja, die Vergesslichkeit kenne ich auch! Mir passiert es zum Beispiel ständig, dass ich den Cappuccino aufsetze und mich wundere, dass er nicht anfängt, zu blubbern ... und wenn ich dann überlege, ob ich überhaupt Wasser in die Maschine gegossen habe, weiß ich es beim besten Willen nicht mehr!

Als Erklärung dafür ist für mich vollkommen nachvollziehbar, was Chimera dazu geschrieben hat:

>>Der gemeine Depressive leidet ferner unter einer Aufmerksamkeitsstörung; Depression ist immer zugleich Abwendung vom Leben, vom Hier und Jetzt – <<

Genau das ist es! Wenn ich beim Aufstellen des Cappuccinos ganz DA und im Hier und Jetzt gewesen wäre, dann wüsste ich auch noch, ob ich Wasser eingefüllt hätte, weil ich den Moment bewusst erlebt hätte.

So aber ist dies einfach "weg".

Sehr nachdenkenswert finde ich auch die Formulierung "Abwendung vom Leben" ... tue ich das aktiv oder erleide ich das durch die Krankheit Depression?

Wenn ich es aktiv tue, könnte ich es dann nicht verhindern?

Liebe Grüße

Brittka
tomroerich
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von tomroerich »

Früher war ich starker Raucher und eines Abends machte ich mich, mit 3 Mark bewaffnet (ja,ja, dafür bekam man früher noch Zigaretten , auf den Weg zum Zigi-Automaten, warf das Geld in den Schlitz und trottete wieder nach Hause. Ohne Zigaretten.
Damals war ich allerdings offiziell nicht depressiv, hatte aber schon diesen Hang zum Träumen und nicht richtig im Leben zu stehen. Das ist sicher die entscheidende Ursache für Vergesslichkeit - nicht bewusst zu sein sondern immer woanders und unterschwellig beschäftigt mit allen möglichen Fantasien.

Östliche Psychologien sprechen davon, dass wir nicht wirklich aufwachen, wenn der Schlaf zuende geht, sondern dass unsere Träume nur verblassen, so ähnlich wie Sterne verblassen, wenn es dämmert. Aber im Hintergrund sind sie immer noch da und lassen unsere Aufmerksamkeit immer wieder zu ihnen hinwandern. Depressiv zu sein könnte man als Bindung an einen schlechten Traum begreifen, zu dem wir immer in Gedanken zurückkehren und dessen Ideen sich mit der Realität vermischen und sie dadurch diesem Traum ähnlich machen.
Betroffene für Betroffene

http://www.depressionsliga.de
chrigu
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von chrigu »

Hallo Ihr Vergesslichen ,

Eure Beiträge haben mich erstmal beruhigt und auch für ein paar Lacher gesorgt.

Und sie haben mich auch ermahnt, noch mehr in mich hineinzuhorchen. In der ganzen "Aufregung" um die Vergesslichkeit habe ich ganz vergessen (klar...), dass mein Kopf mir damit auch ein Signal geben will. Danke, Kerry, für die Erinnerung daran.

Mit dem Druck hast Du mitten ins Schwarze getroffen. Tatsächlich haben mich so Dinge nämlich noch mehr unter Druck gesetzt, eben ganz in der Gedankenspirale: Wer weiß, was mein blöder Kopf mir noch für Streiche spielt.
Da wird einem der Kontrollverlust ja ganz plakativ vor Augen geführt und gibt der depressiven Gedankenspirale noch mehr Futter ("nicht mal DAS kann ich...")

Abwendung vom Leben im Hier und Jetzt... ja, das ist es eben. Die Gedanken sind im Irgendwo, das sich nicht mal näher benennen lässt, aber nicht im Hier und Jetzt. Eine Ermahnung daran, Dinge bewusst zu tun und bewusst wahrzunehmen.

Will heißen: Nicht nur den Capuccino bewusst aufsetzen, sondern auch bewusst trinken, mit allen Sinnen erleben und mit dem Gedanken: Ich tue mir jetzt damit etwas Gutes.

Denn ich habe gerade das Gefühl, dass die Vergesslichkeit auch ein Zeichen der Vernachlässigung ist, nämlich die Vernachlässigung meiner selbst, meiner Bedürfnisse. Ich bin es mir unterbewusst vielleicht selbst nicht wert, meinem Handeln Aufmerksamkeit zu schenken.

Manches kann aber sicherlich auch einfach unter "verpeilt" einordnen.

Liebe Brittka, ob das nun aktives Handeln oder eine weitere Nebenwirkung der Depression ist... gute Frage. Aber immerhin können wir es uns bewusst machen, also gibt es doch auch die Chance, bewusst dagegen anzugehen, oder? Und die Vergesslichkeit ebenso bewusst als Warnsignal wahrzunehmen.

Viele Grüße
Chrigu
Sunshine77
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von Sunshine77 »

Hallo Ihr Lieben,

Möchte nur kurz ergänzen, daß ich der Meinung bin diese Art der Vergesslichkeit kann auch einfach nur "menschlich" sein. Vielleicht besonders ausgeprägt wenn man in einer depressiven Phase ist, vielleicht auch verstärkt durch die ADs. Ich nehme selber ja keine Medikamente, bin aber trotzdem ein kleiner Schussel. Sachen verlegen gehört zu der Tagesordnung oder das mit dem falschen wegschmeißen, kenne ich auch. Hab aber auch schon desöfteren Kaffee ohne Wasser gekocht (und mich gewundert warum nichts fertig wird) oder gar vergessen die Kanne unterzustellen nachdem ich eingeschaltet hab Danach herrschte natürlich völliges Chaos in der Küche und obwohl ich mich tierisch darüber geärgert habe und mir schwor künftig noch besser aufzupassen - ist mir das noch ein paar mal wieder passiert (und das obwohl ich erst 29 bin). Denke solange die Vergeßlichkeit nicht zu sehr ausartet, kann man damit lernen umzugehen Also, kopf hoch!

Liebe Grüße,
Tini
Bleib dir selbst stets treu

winnie
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von winnie »

Liebe Chrigu,

nur zu Deiner Beruhigung: meine Löffel werden auch immer weniger - weiß der Teufel, wohin die immer verschwinden...

Was mir außerdem auffällt: Ich vergesse NAMEN. Und das, obwohl ich mein Leben lang ein super gutes Gedächtnis hatte - aber in solchen Phasen kommt es immer wieder vor, daß ich von jemandem erzähle, und dann fällt mir partout der Name nicht mehr ein...
Ich hab da auch schon an meinem Verstand gezweifelt...

Lieben Gruß,
Winnie
Frauschlotterbeck
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von Frauschlotterbeck »

Hallo an Alle hier,

möchte gerne wissen,warum man alltags Dinge vergisst, aber schreckliche Erinnerungen wie eingemauert sind?

Wäre froh wenn ich so manches für immer vergessen würde.

Wünsche euch allen noch ein gutes Restwochenende
Juliane
Es geht aufwärts hat die Maus gesagt.............



als sie von der Katze die Treppe raufgetragen wurde
feuerfisch
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von feuerfisch »

Hai .-)

naja, ich hab da so meine eigene Erklärung dafür das ich so viel vergesse:

Viele von uns haben ja dieses "Gedankenkarussel". Da schwirren ne Menge unabhängiger Gedanken im Kopf herum, die uns beschäftigen. In meinen schlimmen Phasen habe ich den Eindruck dass ich noch nicht einmal einen Gedanken zuende denke, sozusagen in halben Sätzen denke.

So, so viel geht da im Kopf herum und klar, gerade die Probs und negativen Gedanken sind ja am lautesten - wie soll es denn da das Gehirn noch schaffen zusätzliches aufzunehmen, wie z. Bsp.: Löffel in die Spüle, Becher wegwerfen

Sozusagen einfache Überlastung. In einen 10 Liter Eimer passen ja auch nicht mehr als 10 Liter....

Ich denke mal das solange mein Geist es nicht schafft alles erst einmal in die richtigen Schubladen zu sortieren, es so ne Art Stau gibt

Ich hoff mal ich hab das halbwegs verständlich ausgedrückt....

Liebe Grüße

feuerfisch

(P.S.: mein Löffel werden auch immer weniger - dank euch hab ich nun Unerklärliches auch erklärt bekommen, auf DIE Idee war ich nämlich auch noch nicht gekommen)
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
chimera

x

Beitrag von chimera »

adelgunde
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von adelgunde »

Hallo zusammen,
ich war länger nich im KND, weil es mir ziemlich gut geht, aber ab und zu lese ich nochmal mit. Und bei der Vergeßlichkeit muß ich nochmal mitmischen. Ich hatte auch richtige Aussetzer. Ins Ausland fahren wollen ohne Reisepaß, überhaupt vergessen, wann der Urlaub war ... so`n Zeug. Bis irgendwann dann auch noch die Angst vorm Vergessen gerade wichtiger Dinge (hatte ich jetzt ein Vorstellungsgespräch oder nicht?) noch dazu kam. I

Ich hab mir eine eigene Erklärung gebastelt, die mir geholfen hat, die Vergeßlichkeit loszuwerden. Wenn ich mal wieder vergeßlich war, habe ich mir vorgestellt, ein Computer mit einer Festplatte mit einer bestimmten Größe Arbeitsspeicher zu sein. Der Arbeitsspeicher kann eben nur eine bestimmte Anzahl Aufgaben erledigen. Und dann gibt es ja sowas häßliches wie Piratenprogramme. Die loggen sich auf fremden Rechnern (also in meinem Hirn!) ein und benutzen den Arbeitsspeicher. Der mir dann eben nicht mehr zur Verfügung steht. (Kennt Ihr das, wenn der Rechner ewig braucht, um die lange eingetippten Buchstaben anzuzeigen, weil irgendsoein Piratenprogramm den Speicher anzapft? So kam ich mir auch oft vor: verlangsamt und nicht mehr "arbeitsfähig", weil irgendwas anderes meinen Speicher blockierte.) Das Piratenprogramm in meiner Depri sind die kreisenden Gedanken. Die Gegenmaßnahme ist herauszufinden, an WAS ich da eigentlich unterschwellig die ganze Zeit denke (meistens war das nicht unbedingt kokret oder bewußt) und welches Gefühl damit zusammenhängt. So ungefähr Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Dann ließ es sich bei mir auch abstellen. Manchmal eben auch mit der absichtlichen Konzentration auf das, was ich gerade mache. Das ist in doppeltem Sinne erholsam. Erstens bin ich voll bei dem, was ich mache und vergesse nicht so schnell was und zweitens habe ich die unfruchtbaren Gedankenkreiseleien erkannt und durchbrochen. Kleine Erfolgserlebnisse.

Und sie als Piratenprogramm zu sehen hatte noch den Vorteil, sie zu entpersonalisieren. Ich mußte dann nicht gegen MICH kämpfen, sondern gegen einen eingedrungenen Feind (zumindest in meiner Vorstellung, denn die Gedanken waren ja schon von mir, aber so fiels mir leichter), dem man mal locker so ein Säuberungsprogramm auf den Hals hetzen kann.

Ich hoffe, das war jetzt nicht zu technisch,

Inga
tomroerich
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von tomroerich »

Ich möchte hierzu ergänzen: Die inneren Kommentare, die wir über die Welt (inklusive uns selbst) haben, erzeugen die Welt, in der wir leben. Sind die inneren Kommentare nicht mehr da, dann ist die
Welt, so wie wir sie kennen, auch nicht mehr da. Die Welt, in der wir leben, ist jene Welt, die aus Einflüsterungen unserer Umgebung, Einflüsterungen unserer Erzieher besteht. Wir erzeugen und gestalten die Welt, in der wir leben, durch unsere inneren Kommentare, durch unsere Bemerkungen, durch unsere Interpretationen...


Lieber Chimera,

eine wundervolle Einsicht! Selbsterkenntnis ist etwas Totales - sie umfasst auch die Erkenntnis, dass es ein Außen nicht gibt. Es gibt nur das, was das Außen im Innen als Eindruck hinterlässt. Und das bedeutet zum Einen eine neue Form der Verantwortung für einfach alles, was es in uns gibt und zum Anderen gibt es uns die Macht zurück, die ein manipulierendes Außen mal zu haben schien. Diese Macht muss zusammenbrechen wenn wir sehen können, dass nur das real ist, was meine Reaktion auf das Außen ist. So, wie du es auch sagtest.

"Ich will dir sagen, worüber wir mit uns selbst sprechen. Wir sprechen über unsere Welt. Tatsächlich halten wir unsere Welt mit unserem inneren Gespräch aufrecht.
Die Welt ist so-und-so, nur weil wir sagen, dass sie so-und-so ist. Wann immer wir aufhören, mit uns zu sprechen, ist die Welt stets so, wie sie sein sollte."
Carlos Castaneda

Herzliche Grüße von

Thomas
Betroffene für Betroffene

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Birgit49
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Re: Vergesslichkeit

Beitrag von Birgit49 »

... und ich denke die ganze Zeit, meine Vergesslichkeit liegt an meinem Alter,

wie z. B. vor einigen Minuten, als mir mein Gulasch richtig dolle angebrannt ist. Ich war ganz sicher den Herd ausgestellt zu haben, so sicher, dass mich nicht einmal der Geruch !!!! auf den Gedanken bringen konnte, dass die Herdplatte noch volle Pulle an ist.

Hoffentlich vergesse ich jetzt bloß nicht, dass es auch ein Symptom der Krankheit sein kann.

Liebe Grüße

Birgit
Die Fähigkeit das Wort “Nein“ auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit.
(Nicolas Sebastién Chamfort)
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