Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Antworten
Nimar
Beiträge: 10
Registriert: 28. Jan 2007, 11:05

Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Nimar »

Hallo liebe Gemeinde,
ich glaube viele von uns darüber einig sind, dass viele Psychologischen Krankheiten der Erwachsenen an Problemen in der Kindheit (Misshandlung, Bestrafungen usw.)zurückzuführen sind.
Ich frage mich trotzdem, warum es für die werdenden Eltern keine Schulungen bzw. Seminaren angeboten wird? Wenn ich mit meiner Tochter unterwegs bin, muss ich ab und zu erleben, wie manche Eltern respektlos ihre Kinder behandeln. Ich will nicht wissen, was innerhalb der Vierwänden passiert. Ich wünschte mir, dass diese Eltern mindestens die Gelegenheit hätten, auf ihre Handlung und deren Konzequenzen aufmerksam gemacht worden.
Leider wird in unserer Gesellschaft solche Erziehungsmethoden unter sog. "Diziplin" verkauft. Auch in den Schulen sieht nicht viel besser aus.
Viele Grüße
Nima
Wycombe1
Beiträge: 278
Registriert: 7. Dez 2006, 15:22

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Wycombe1 »

Hallo,

ich bin selbst mutter von 2 kindern (fast 7, fast 3) und bin alleinerziehend seit etwas über 1,5 jahren; ohne vater der die kinder alle 14 tage holt, also ist mein "job" 7 tage/woche/365 tage im jahr.

du hast recht, für jeden schei§§ muss man eine prüfung ablegen, aber fürs elternsein nicht.

mich erschreckt es auch oft wenn ich erwachsene sehe, wie die mit ihren kindern umgehen.

bloss nicht jeder, der etwas strenger mit seinen kindern umgeht ist auch ein potenziell schlechtes elternteil.

ich habe auch tage an denen ich die wände hochgehen könnte, an denen ich wirklich von meinen kindern genervt bin und dann auch mal "ausflippe", will heissen laut werden, streiten etc.

meine grosse tochter z. b. ist grad fürchterlich zickig, beleidigt und alles was ich sage ist mist, denn es kommt ja von mama und ich will ihr was "böses". die kleine ist eine echte "besen bertha", will heissen, dreh ich mich um, baut sie nur mist!

da reisst selbst dem geduldigsten menschen mal der faden, es sammelt sich viel an und dann entlädt es sich durch streit, mal brüllen usw.

ich will damit nicht sagen das das der perfekte weg ist, aber ich bin nicht perfekt, ich bin ein mensch mit höhen und tiefen und auch ich "darf" mal schlecht drauf sein und dies loswerden.

ich würde mir manchmal wünschen ich hätte mehr disziplin und würde besser grenzen setzen, aber ich neige dazu zu reden und zu reden und zu reden - bloss irgendwann fruchtet das nicht mehr.

daran arbeite ich gerade, das ich lerne konsequenter zu sein; besonders wenn man krank ist (ich leide unter angst und panikattacken) ist es nicht immer leicht es allen recht zu machen.

viele grüsse,
silke
Ich weiß freilich nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird.

Aber soviel weiß ich sehr wohl, es muß anders werden,

wenn es besser werden soll.



(G. C. Lichtenberg)
Nimar
Beiträge: 10
Registriert: 28. Jan 2007, 11:05

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Nimar »

Hallo Silke,
ich kann Dich ganz gut verstehen. Insbesondere, wenn man alleine 2 Kinder erzieht. Das Problem ist, dass die Kinder immer noch die Probleme nicht verstehen. Sie haben die Situation nicht gewollt. Sie müssen (aus welchem Grund auch immer) auf die Dasein des Vaters verzichten. Sie schauen sich um. Sie werden zörnig. Für sie ist es schwer Dich und Deine Überlastungen zu verstehen. Als ich meine Tochter (heute 6) beobachtet habe, wie sie ihre Fingernageln abreisst, habe ich Sie nach dem Grund gefragt (sie war 4): MSie sagte mir, sie habe angst, wenn ich mit ihr schimpfe. Das war bei mir ein Hinweis, wie sie Kinder darunter leiden. Daraufhin habe ich sie versprochen, dass es sowas nicht mehr vorkommt und nach einer Woche hat sie dann aufgehört. Jetzt ich rede mit ihr und beschreibe warum und wieso statt ihr zu befehlen. und das funktioniert zu 90%. Es ist mir bewusst, dass es nicht einfach ist, aber machbar ist es schön. Eines will ich in meinem Leben vermeiden: Ein krankes Kind (wenn sie erwaschsen ist).
Ich lege viel wert an ihrer Selbstwertgefühl. Ich kann in Deinem Fall ein Buch empfehlen. Es heisst " Die Neue Familienkonferenz. Kinder erziehen ohne zu strafen" von Thomas Gordon. Du wirst sehen, es gibt auch alternativen, die man sehr gut die Erziehung im Griff bekommt.
Viele Grüße
Nima
Nima schrieb:
> Hallo liebe Gemeinde,
> ich glaube viele von uns darüber einig sind, dass viele Psychologischen Krankheiten der Erwachsenen an Problemen in der Kindheit (Misshandlung, Bestrafungen usw.)zurückzuführen sind.
> Ich frage mich trotzdem, warum es für die werdenden Eltern keine Schulungen bzw. Seminaren angeboten wird? Wenn ich mit meiner Tochter unterwegs bin, muss ich ab und zu erleben, wie manche Eltern respektlos ihre Kinder behandeln. Ich will nicht wissen, was innerhalb der Vierwänden passiert. Ich wünschte mir, dass diese Eltern mindestens die Gelegenheit hätten, auf ihre Handlung und deren Konzequenzen aufmerksam gemacht worden.
> Leider wird in unserer Gesellschaft solche Erziehungsmethoden unter sog. "Diziplin" verkauft. Auch in den Schulen sieht nicht viel besser aus.
> Viele Grüße
> Nima
Shay
Beiträge: 357
Registriert: 5. Jan 2007, 14:06

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Shay »

Hallo Nima, Hallo Silke,

ich kann Euch da auch nur beipflichten. Im Grunde genommen ist die Situation ja noch viel absurder, denn ich werde z.B. als Mann mit 18 Jahren verpflichtet, zur Bundeswehr zu gehen; dort lerne ich dann, ohne es zu wollen, wie man Menschen tötet. Wenn ich das nicht möchte, werde ich vor eine Kommission gerufen und muss dort einen Seelenstriptease vollführen, um glaubhaft darzulegen, dass ich nicht lernen KANN, wie man tötet.

Erst lerne ich, andere Menschen umzubringen, dann soll ich völlig unbedarft und ahnungslos einem Kind ein liebevoller und fürsorglicher Vater sein... Kranke Gesellschaft!
Ich bekomme einen Mordsärger, wenn ich in einem Beruf arbeiten will, den ich nicht gelernt habe, ich bekomme Ärger, wenn ich Autofahre ohne den entsprechenden Führerschein zu besitzen - ich könnte ja jemanden verletzen oder Schaden anrichten. Aber wieviel Schaden ich bei einem Kind anrichte, weil ich mich nicht unter Kontrolle habe oder nicht weiß, was für das Kind gut oder schlecht ist - das interessiert quasi niemanden.

Bis so ein Kind dann plötzlich tot aufgefunden wird.
Gruß: Martin





„A ship is safe in harbour - but this is not what a ship is made for."
Sunshine77
Beiträge: 261
Registriert: 11. Okt 2006, 20:55

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Sunshine77 »

Hallo Nima,

Es geht mir heute nicht gut, aber ich wollte dir kurz schreiben. Ich erziehe unsere Tochter seit Tag 1 genau so wie du gerade beschrieben hast. Ich rede ständig mit ihr, erkläre warum ich was mache oder nicht und frage wie sie dabei empfindet oder sag ihr, es ist i.O. so zu fühlen wie sie es tut (auch wenn sie mal sauer auf mich ist). Bin in den letzen 5 Jahren sehr gut damit gefahren und kann diese Form der Erziehung nur jedem ans Herz legen. Dennoch ernte ich von meinem Umfeld viel Kritik oder werde als schwach eingeschätzt warum ich ihr nicht zeige wer "Herr im haus ist" und so weiter. Mitspracherecht für Kinder ist selten erwünscht,denn erstaunlicherweise denke viele Menschen Kinder haben einfach zu gehorchen. Sie sehen Kinder nicht als "kleine Menschen" sondern als ihr Eigentum und wenn das Eigentum anders ist als gewünscht, verlieren sie manchmal sogar das Interesse. Denke Nichtbeachtung und nichtwertschätzung sind der Grundstein allen übels und aus diesen Kindern werden irgendwann verstörte Jugendliche oder kranke Erwachsene.

Weiß nicht ob sowas wie eine Prüfung für Eltern die Lösung ist, aber ein wenig mehr Interesse und sich hineinfühlen in Kinder als "kleiner Mensch" wäre schonmal ein guter Anfang...

Liebe Grüße,
Tini
Bleib dir selbst stets treu

Nimar
Beiträge: 10
Registriert: 28. Jan 2007, 11:05

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Nimar »

Hallo Shay,
ich kann Dir 100%ig zustimmen und ich habe ein Wort für die, die meinen sich nicht kontrollieren zu können.
Wieso können sich diese Menschen gegenüber dem Chef, dem Polizist oder einem Freund kontrollieren, nur gegenüber Kindern nicht?
Wieso reden manche Erwacsene sehr höfflich und respektvoll gegenüber einem Kellner im Restaurant, aber gegenüber eigenem Kind respektlos? Warum viele Leute sich über Kinderlärm beschweren aber über die Strassenlärm weniger? und und und.
Wir müssen lernen die Kinder mit Respekt behandeln.
Grüße
Nima
Nimar
Beiträge: 10
Registriert: 28. Jan 2007, 11:05

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Nimar »

Hallo Tini,
Diese Kritik kenn ich auch. Aber ich lebe nicht für die anderen. Ich lebe für mich und meine Familie. Ich lerne auch viel von meiner Tochter.
Und Du hast Recht: Kinder sind nicht under Eigentum, genauso dass wir sind nicht das Eigentum unserer Eltern.
Wenn wir unsere Kinder mit viel Liebe und Geborgenheit und Respekt behandeln, ernten wir auch Respekt und Liebe.
Aber auch wenn wir durch eine Art Schulung bzw, Seminar 10% der Eltern für die andere Erziehungsmethode (menlicher), dann haben wir einiges gewonnen.
Danke für Deine Antwort.
Nima
BinAmEnde
Beiträge: 486
Registriert: 21. Aug 2006, 13:21

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von BinAmEnde »

Hallo Nima,

Du fragst zu recht:
"Wieso reden manche Erwacsene sehr höfflich und respektvoll gegenüber einem Kellner im Restaurant, aber gegenüber eigenem Kind respektlos?"

Meine Einschätzung dazu, ist so bitter wie einfach:
Gesellschaftliche Zwänge! Ein Fehlverhalten gegenüber einem erwachsenen Kellner hat schlechte Bedienung als Strafe zur Folge! Ein Fehlverhalten gegenüber dem Kind, Keine. Zumindest keine bedeutsame.

Besonders schlimm wird es, wenn die Bedienung offensichtlich noch nicht volljährig ist, was einige Menschen zu einem Mischverhalten veranlasst! Vielleicht hast Du das auch schon mal beobachtet.

Viele denken wohl: "Wir müssen in dieser Gesellschaft funktionieren, also muss mein Kind auch in meiner Gesellschaft funktionieren!"

Natürlich ist das nicht richtig, aber zu diesem Thema bekam ich mal von einem männlichen Gesprächspartner zu hören: "Scheiße fließt eben immer den Berg hinunter!" Tja, und da unten, am Fuße des Berges, stehen unsere Kinder scheinbar vielfach! Oder Obdachlose! Oder Tiere! Respektlosigkeit ist Ausdruck unserer Gesellschaft! Mittel, sich Respekt zu verschaffen! Seine eigene Stellung zu manifestieren!

Ich habe lang genug im Ausland gelebt, um zu wissen, dass es auch ganz anders gehen kann! Ich war Ausländer in einem fernen Land, deren Bewohner mir als Fremdem mehr Respekt entgegenbrachten, als es hierzulande einem Artgenossen gegenüber für nötig gehalten wird. Das bezieht sich also nicht nur auf Kinder!

Und ehrlich, grundsätzlich wäre eine Schulung für angehende Eltern sicher wünschenswert, besonders für die Kinder, aber wir wissen doch, das solche Schulungen nicht wirklich etwas ändern würden, oder? Respekt kann man nicht lernen! Nicht als Eltern, und nicht als Mensch! Eine "Elternschulung" wäre also nur die Behandlung eines Symptoms unter Vielen, die unsere Gesellschaft zeigt.

Respekt vor dem Leben! Gleich ob Kind, Erwachsener, Tier oder Pflanze!

Wie Du schon sagtest, man muss für jeden Sch... eine Prüfung ablegen! Aber was willst Du mit denen machen, die durch die "Elternprüfung" fallen? Ihnen das Recht auf Nachwuchs aberkennen? Ihre Kinder zwangseinweisen? Weiterschulen, bis sie die Prüfung schaffen?

Verzeih mir meine deutlichen Worte. Mir geht es nicht anders als Dir und vielen anderen hier. Auch ich ärgere mich über den respektlosen Umgang mit Kindern. Aber ich denke dies ist nur ein Teilbereich dessen, was man ändern müsste.

Liebe Grüße, Werner
Nimar
Beiträge: 10
Registriert: 28. Jan 2007, 11:05

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Nimar »

Hallo Werner,
auch wenn das Thema "Prufüng" nicht von mir stammt, aber es geht mir grundsätzlich nich um Bestanden einer prüfung, sondern um das "Thematisieren" eines wichtigen Phänomens, das vielen nicht bewusst sind. Bevor ich Vater geworden bin, waren einiger Sachen auch nicht bewusst. Erst nach dem ich mich mit dem Thema Erziehung auseinandergesetzt habe, sind mir viel
klarer geworden.
Ich glaube, wenn einige Eltern sich über Konzequenzen (die sich später bemerkbar machen)ihrer Handels bewusst werden, werden sie vielleicht anders handeln. Das ist genau wie bei Führerschein.
Danke für Deinen Beitrag.
Grüße
Nima
Hina1
Beiträge: 761
Registriert: 23. Mai 2006, 23:23

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Hina1 »

Hallo Nimar,

es gibt natürlich keinen "Elternführerschein" aber es gibt durchaus die vielfältigsten Angebote, Eltern, die in ihrer Erziehung unsicher sind, zu unterstützen. Das geht von Erziehungsseminaren an Volkshochschulen über vielfältige Literatur, diverse Foren im Internet bis hin zu der Möglichkeit, sich an einen Erziehungshelfer zu wenden. Das Spektrum diebezüglich ist recht groß.

Nur, der springede Punkt ist doch, daß Eltern erstmal erkennen müßen, daß etwas falsch läuft, daß ihr Weg nicht förderlich für eine gesunde Entwicklung des Kindes ist. Und solange das nicht im Bewußtsein der Eltern ankommt, werden diese auch nicht die Möglichkeiten, die es gibt, ausschöpfen.

Damit von außen eingegriffen wird, müssen die "Zustände" leider auch erstmal sichtbar werden und in den meisten Fällen ist eine ungesunde Erziehung erstmal nicht auffällig.

Selbst wenn es sotwas wie Pflichtkurse für Eltern geben würde oder so etwas wie "Elternführerscheine", mit welchen Mitteln will man Zuwiderhandlungen oder Verweigerung ahnden? Es wäre m.E. ein viel zu großer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Menschen. Es wäre einfach nicht machbar.

In sofern wird es wohl immer eines der traurigen Kapitel bleiben, mit dem durchaus die Grundlagen für Depressionen und andere psychische Störungen gelegt werden.

Liebe Grüße
Hina
Lankes
Beiträge: 321
Registriert: 4. Aug 2006, 16:47

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Lankes »

Es gibt ihn wohl, den Erziehungsführerschein, wird mittlerweile recht häufig, z.B. in der diakonie angeboten. Aber es ist ein Angebot, freiwillig, keine Pflicht! Die Diakonie versucht schon seit Jahren, zu erreichen, daß der Kurs schon ab der Schwangerschaft Pflicht wird - bis jetzt ohne Erfolg.

Also Anreiz hatten sie überlegt, z.B. den Kurs kostenlos zu machen und bei Besuch z.B. 100 Euro zu zahlen; oder es als Bedingung fürs Elterngeld o.ä. zu machen....

Aber Theorie und Praxis. Ich habe ihn gemacht, ebenso wie Triple-P Kurs. Und dennoch habe ich in der Therapie gelernt, daß ich einiges ebenso gemacht habe, wie ich es in meiner Kindheit kennengelernt habe (und was ich nie so machen wollte!)! Ich denke, die Kindererziehung ist auch sowas wie eine Gehirnwäsche, man lernt was kennen, was einen prägt, davon loszukommen ist sehr schwierig....aber nicht unmöglich!

Aber dafür fehlt dann wohl auch die Einsicht, die wohl nicht jeder hat....


Katy



***Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag***

***Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.***
Nimar
Beiträge: 10
Registriert: 28. Jan 2007, 11:05

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Nimar »

Hallo Kathy,
eine Frage: Hat dieser Kurs Dir was gebracht. Kannst Du auch weiterempfehlen?
Grüße
Nima
Lankes
Beiträge: 321
Registriert: 4. Aug 2006, 16:47

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Lankes »

Ja, mir haben beide Kurse was gebracht. Der Erziehungsführerschein bringt allgemein was, wenn man "normale" Kinder hat, für unseren ADHSler reichte es nicht, dafür war der Triple-P besser.

Ein Beispiel war z.B., Kind sollte zu bestimmter Zeit zu Hause sein, kam zu spät. Welche Möglichkeiten gibt es, als Mutter zu reagieren: Kind nicht zu Wort kommen lassen, anflaumen; Kind zu fragen, warum es zu spät kommt (in dem Fall: Fahrrad platt), zu erklären, daß man Angst hatte...usw.
Solche Situationen wurden von den Therapeuten gespielt, auch mit geduckter Haltung....
Wir hatten die Situation dann mal, Tochter kam zu spät, ich wollte loslegen, sie duckte sich regelrecht, mir fiel die HAltung auf, ich erinnerte mich an den Kurs, stoppte und fragte sie, warum sie zu spät gekommen ist....

Also ich fand den Kurs sehr hilfreich....


Katy



***Ein neues Leben kann man nicht anfangen, aber täglich einen neuen Tag***

***Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.***
Shay
Beiträge: 357
Registriert: 5. Jan 2007, 14:06

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Shay »

Nun, um mal ein wenig zu erzählen:
Ich bin Vater von zwei supersüßen Kindern, Sohnemann ist 5 1/2 und kommt dieses jahr in die Schule, Tochterherz ist grade mal 3 Monate alt.
Als mein Sohn geboren wurde, hatte ich massive Angst davor, dass ich mit ihm so umgehen würde, wie meine Mutter mit mir: Leistungsdruck, Schläge, Liebesentzug, aber auch dieses furchtbare "Kuschelbedürfnis", was einen jungen Menschen dann vollends verwirrt. Ich hatte auch angst davor, so mit ihm umzugehen, wie mein Vater mit mir - nämlich eigentlich gar nicht. Er, der Wochenendpapi, hatte einfach keine Zeit, war geschäftlich viel unterwegs, und wenn er am Wochenende da war, wollte er Ruhe haben und nichts von unseren wöchentlichen Katastrophen wissen - naja, ihr kennt das wahrscheinlich auch. Der war dann für ein paar Stunden der liebe, große, warme Kuschelpapa, und danach war er einfach nicht da.

Es ist nicht einfach, NICHT das weiterzugeben, was man in der eigenen Kindheit erfahren hat, das weiß ich jetzt selbst.
Ich MUSS die Geduld aufbringen und meine Kleine nachts beruhigen, wenn sie schreit.
Ich MUSS mir die Zeit nehmen für meinen Sohn und ihm abends die Gutenachtgeschichte vorlesen.
Ich MUSS mich soweit unter Kontrolle haben, dass ich nicht direkt ausraste, wenn mal was schief geht - es geht jedem was schief, immer wieder, warum nicht auch diesem 5-jährigen Knirps?
Ich MUSS ihn auch während der Woche in den Arm nehmen und trösten, ich MUSS Verständnis haben... usw usw usw.
Das sind gesellschaftliche Zwänge, das sind psychologische Zwänge, die MÜSSEN erfüllt werden.
Aber ich erfülle sie gerne, denn soweit es mir irgendwie möglich ist, einen Menschen zu lieben, liebe ich meine Kinder über alles. da kann ich nicht anders.

Ich kann Menschen nicht verstehen, denen die Kinder einfach so egal sind. Schlimm genug, wenn ich mir so egal bin!
Gruß: Martin





„A ship is safe in harbour - but this is not what a ship is made for."
imagine
Beiträge: 1068
Registriert: 18. Jun 2006, 20:46

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von imagine »

Lieber Shay,
warum ersetzt du die Worte, ich MUSS, nicht durch ein ich WILL?
Vielleich würdest du manches in einem anderen Licht sehen, auch die Einstellung zu dir selbst.


Ich glaube nicht, dass Kinder einen Wutausbruch als Respektlosigkeit erleben, es gibt ganz andere viel subtilere Methoden, den Kindern den eigenen Willen zu brechen, da bedarf es noch nicht einmal einer lauten Stimme, oder eines Klapses.

Bitte nicht falsch verstehen, ich finde Schreien auch nicht okay und ich habe mich jedes Mal gehasst dafür, manchmal habe ich geschrien um nicht schlagen zu müssen.

Ich habe meiner Tochter aber so gut wie immer erklärt, was da vorgefallen ist, sie konnte es, so hoffe ich sehr, dann besser einschätzen und verstehen.

imagine
Schweigen ist die unerträglichste Art der Erwiderung (Chesterton)
flower76
Beiträge: 226
Registriert: 13. Okt 2005, 23:35

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von flower76 »

Lieber Shay,

komisch bei mir ist es genau anders herum. Ich hatte auch keine schöne Kindheit, es gab oft Schläge, kein "ich hab dich lieb", kein kuscheln u.s.w.

Und ich habe mir gechworen, wenn ich Mami werde, dann werde ich das niemals so machen, wie meine Mutter damals.
Naja und es funktioniert. Mein Sohn ist jetzt 8 und den könnte ich den ganzen Tag nur knuddeln:-).

Auch wenn ich sehr oft ein schlechtes Gewissen gegenüber meinem Sohn habe, wenn er wegen meiner Depression zu kurz kommt, ist er für mich der wichtigste Mensch auf dieser Welt .


Alles liebe Flower
Shay
Beiträge: 357
Registriert: 5. Jan 2007, 14:06

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von Shay »

>Lieber Shay,
>warum ersetzt du die Worte, ich MUSS, nicht
>durch ein ich WILL?

>Vielleich würdest du manches in einem anderen
>Licht sehen, auch die Einstellung zu dir selbst.

Liebe Imagine,

Nun, sicher, es ging mir hier nicht um meinen persönlichen Wunsch oder meine eigene Haltung, sondern um gesellschaftliche Erfordernisse. Und, wie ich schon geschrieben habe, ich erfüll sie gerne - insofern ist das Wollen hier auch impliziert.

Aber: Es fällt mir auch schwer. Es fällt mir aufgrund meines eigenen Backgrounds schwer, es fällt mir auch schwer, weil ich momentan spüre, den emotionalen Begriff von "Liebe" verloren zu haben. Ich empfinde eine gewisse unverbindliche Sympathie, es ist so, als ob ich in einem Haushalt mit drei netten Menschen lebe - aber ich kann nicht behaupten, dass ich sie liebe.
Das ist sehr erschreckend, denn meine Frau und meine Kinder waren bisher alles für mich, sie waren sozusagen die Achse, um die sich meine Welt drehte. Und heute ist es so, dass die Welt sich zwar immer noch dreht, die Achse auch noch da steht, wo sie sollte, aber diese Welt ist so in Unwucht, dass sie taumelt und schlingert, sie hat Beulen und Dellen, und nicht mehr lang, dann schlingert sie so sehr, dass sie mich endgültig umwirft.
Wozu erzähle ich das hier alles, ich komme total vom Thema ab...
Also: ich WILL meine Kinder lieben, aber ich merke, dass mir die Fähigkeit, wirklich zu lieben momentan abhanden gekommen ist. Naja, ist wohl so 'ne Phase von Emotionslosigkeit...
Gruß: Martin





„A ship is safe in harbour - but this is not what a ship is made for."
BinAmEnde
Beiträge: 486
Registriert: 21. Aug 2006, 13:21

Re: Kindererziehung: Warum keine Schulung für die werdenenden Eltern?

Beitrag von BinAmEnde »

Hallo Nima,

nein, die Sache mit der Prüfung habe ich hinzugefügt. Habe nochmal drüber nachgedacht und denke ein theamtisieren ist durchaus sinnvoll! Ich wollte wohl nur meinem Frust darüber Ausdruck verleihen, dass man damit nur die Menschen erreicht, die sich sowieso schon damit auseinandersetzen.

Ich ärgere mich fast täglich über den respektlosen Umgang der Menschen mit dem Leben allgemein und damit auch ihren Kindern gegenüber! Und zu meinem persönlichen Erschauern fängt das schon bei Kindern an. Sie leben einfach nach, was sie von ihren Eltern mitbekommen haben, vorgelebt bekommen. Und unsere Gesellschaft verroht dadurch immer mehr! Da Du selbst Kinder hast, kennst Du die Gespräche mit ihnen, wenn mal wieder Ungerechtigkeit von anderen Kindern oder sogar Lehrern ausgegangen ist. Das finde ich grausam! Und diese Kinder werden selbst mal Eltern sein! Das frustriert mich.

Die Jugendlichen unterprivilegierter Eltern (schlimmer Begriff) sprechen oft von "Respekt". Ja, es ist schon ein Modeausdruck geworden. Der Zusammenhang ist aber meist äußerst zweifelhaft. Die Zielsetzungen zum Erhalt dieses Respektes manchmal sogar kriminell.

Elternführerschein: Ja los, her damit! Ist wahrscheinlich das Beste, was wir derzeit tun können! Denn unsere Politiker kümmern sich ja kaum um diese Problem. Sie beschließen lieber eine neue Rechtschreibreform, höhere Steuern und Diäten, oder kürzen die Etats im sozialen Bereich, der Polizei und ähnlichem.

Liebe Grüße, Werner
Antworten