Opiatabhängige Depression?

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Fuchsy
Beiträge: 27
Registriert: 20. Nov 2006, 12:23

Opiatabhängige Depression?

Beitrag von Fuchsy »

Ich bin mitte 40, leide seit 1978 an chronischen Schmerzen, wurde 2001 u.a.auf Opiate eingestellt (Oxygesic 30-30-20 mg), war aber - wie die meisten Schmerzpatienten, dieOpiate nehmen - nie schmerzfrei und litt auch bisweilen mehr oder weniger an Depressionen.
2005 "kippte" die Situation allerdings gewaltig um, ich bekam so schwere Depressionen, die mich arbeitsunfähig machten. Bis 2004 arbeitete ich noch als Gymnasiallehrerin und Schwerbehindertenbeauftragte, allerdings nur Zweidrittelstelle. Die letzten Jahre meiner Berufstätigkeit war ich starkem Mobbing durch meinen Chef ausgesetzt und auch private Umstände verschlechterten sich. Ich kämpfte bis zum Schlluss um eine Versetzung und gegen die Frühpensionierung.Doch als ich 2005 mein Ziel erreicht hatte, waren die Depressionen bereits derart schlimm, dass ich den neuen Arbeitsplatz nicht antreten konnte und es folgte dann doch die Frühpensionierung.Ich rutschte immer weiter in die Depression, Antidepressiva schlugen nicht an und ein Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik verschlimmerte meinen Zustand noch eher.

Im Sommer 2006 wechselte ich den Schmerztherapeuten.Er ist seit 25 Jahren in der Schmertherapie aktiv und hat in Zusammenarbeit mit einem ärztlichen Psychologen beobachtet, dass sich häufig nach ca. 3-4-jähriger Einnahme von Opiaten eine sogenannte opiatabhängige Depression entwickelt, die bestimmte Merkmale aufweist: spricht nicht auf Antideps an, extreme Erschöpfung, Unfähigkeit etwas zu lesen oder fern zu sehen. Diese Dinge treten sicher auch bei einer normalen Depression auf, und ich denke, dass bei mir eine Mischform vorliegt.
Da ich noch andere Medis nehme und auch wissen möchte, inwieweit die Opiate bei meiner Depression eine Rolle spielen, habe ich mich entschlossen, einen Opiatentzug zu machen, mit dem ich bereits Ende September ambulant begonnen habe, den letzten Schritt werde ich wohl stationär machen müssen.

Ungeachtet desssen, würde mich interessieren, ob jemand von euch ebenfalls Opiate nimmt oder ob den Moderatorinnen und Moderatoren eine opaiatabhängige Depression bekannt ist.

für heute grüßt euch
Dorothea60
Cieloazul
Beiträge: 90
Registriert: 6. Dez 2006, 18:06

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von Cieloazul »

Hallo Dorothea

Ich bin auch eine chron. Schmerzpatientin u. nehme auch Opiate ein. Ob Depressionen von den Opiaten kommen o. nicht - keine Ahnung.

Das ist wie die Frage nach dem Huhn u. dem Ei. Ich hatte meine Depris schon lange bevor ich die Opiate nahm. Leider bin ich trotz den Medis nicht schmerzfrei u. auch da; bin ich depressiv weil ich dauernd Schmerzen habe o. habe ich Schmerzen, weil ich depressiv bin?

Für mich unwichtig, denn ich muss schauen, dass ich den Tag überstehe (und auch die Nächte). Hingegen wichtig ist mir, dass meine Blutwerte regelmässig überprüft werden, dass ich mir gutes tue, dass ich mich nicht überfordere usw.

Leider konnte ich dir nicht wirklich helfen u. auf deine Frage kann ich dir auch keine präzise Antwort geben. Sorry.

Schönen Abend wünsche ich dir! Herzlichst Cieloazul
Herzliche Grüsse

Cieloazul



“Malen ist eine Sprache der Empfindung, die da anhebt, wo der Ausdruck mit Worten aufhört.” Asmus Jakob Carstens (1754-1798, Maler)

SchwarzeSchnecke

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Hallo Dorothea,

Erst mal herzlich willkommen im Forum!

Deine Frage ist interessant.
Ich war auch mal opiatabhängig, hatte aber schon lange vorher Depressionen. Nach dem Entzug litt ich unter einer schweren Episode.

Siehe dazu den Thread "Tramadolon". Benutze einfach die Suchfunktion ("Search") und gib "Tramadol" oder "Opiate" ein.

Ich wünsch Dir viel Erfolg mit Deinem Entzug.

VG, Anne
Fuchsy
Beiträge: 27
Registriert: 20. Nov 2006, 12:23

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von Fuchsy »

Hallo Cielacoul,

es geht mir nicht darum, dass du mir absolut hilfst, aber ich finde es schon interessant, dass es anderen Personen auch so geht.

Ich war auch vorher depressiv, aber diese Depression ist nochmal anders, praktisch therapieresistent. Anfangs konnte ich noch meine erworbenen "Selbsthilfetechniken" (Entspannung,Visualisierung, NLP etc., verfüge über ein riesen Repetoire)anwenden, all das geht nicht mehr.

Was für ein Opiat nimmst du? In welcher Dosierung und wie lange schon? Gegen welche Schmerzen?
Fuchsy
Beiträge: 27
Registriert: 20. Nov 2006, 12:23

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von Fuchsy »

Hallo Anne,
habe mir auf deinen Hinweis hin den thread über Tramadol durgelesen.
Ich weiß nicht, ob du es als kurzfristig wirkend bekommen hast oder in retardierter Form. Nicht retardierte Opiate sollten eigentlich nur kurzfristig oder zusätzlich bei Schmerzspitzen gegeben werden.Oxygesic ist ein retardiertes Opiat, es wird ganz langsam abgegeben, ebenso das Morphin MST, das ich jetzt nehme, da merkt man keine euphoriesierende Wirkung. Anders ist es bei Morphintropfen, die ich gelegentlich zusätzlich nahm, da merkte ich auch eine leichte Stimmungsverbesserung, aber ich hatte und habe großen Respekt vor diesen kurzfristig wirkenden Opiaten und ich hätte es auch nie eingesetzt um meine Stimmung zu verbessern, weil mir diese im thread beschriebene Gefahr bekannt war und ist.

Aber auch bei den retardierten Opiaten setzt eine körperliche Abhängigkeit ein und der Entzug ist - zumindest nach so vielen Jahren- nicht einfach. Abgesehen davon, dass die Schmerzen schlimmer werden, treten bei mir noch extremere Erschöpfungszustände auf und meine psychische Verfassung verschlechtert sich auch. Aber ich habe mich jetzt entschieden für einen langsamen Entzug und möchte ihn auch gerne zu Ende führen, denn ich habe schon einen Teil des Weges geschafft, auch wenn es alles andere als angenehm war.

Leider sind bei mir die privaten Umstände z.Zt. sehr schlecht, ansonsten fiele es mir sicherlich leichter.

Es grüßt euch
Dorothea
Cieloazul
Beiträge: 90
Registriert: 6. Dez 2006, 18:06

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von Cieloazul »

Salü Dorothea

Tja, diese Therapieresisenz zeigt sich bei mir auch. Das wurde mir auch so von Psychiatern attestiert - leider

Ich bin in deinem Alter u. habe seit dem 10.ten Lebensjahr das Fibromyalgie Syndrom. Seit ca. 5 Jahren habe ich Opiate. Seit ca. 3 Jahren nehme ich Oxycontin 3 x 40 mg, bei Schmerzspitzen zusätzlich Tramaltropfen u./o. ein Rheumamittel.

Antidepressiva haben weder gegen die Depression noch gegen die Schmerzen gewirkt - ausser Nebenwirkungen tat sich da nichts Und ich hatte fürwahr alles ausprobiert: Trizyklika, Tetrazyklika, MAO-Hemmer noch SSRI) u. selbst Lithium,
Antipsychotika noch Ritalin - ausser Spesen nichts gewesen u. jedesmal eine grosse Enttäuschung.

Jetzt bin ich froh, dass ich meine Schmerzen mehr o. weniger im Griff habe (obwohl ich nicht schmerzfrei bin) u. mit den Depressionen muss ich ohne Medikation zurecht kommen. Natürlich habe ich im Laufe der Zeit (immerhin 35 Jahre Schmerzen) auch ein grosses Repertoir an Skills u. Ritualen. Wenn es mir möglich ist, male ich (bin Maltherapeutin). Du siehst Therapeuten sind auch nicht vor psychischen Erkrankungen gefeit, Ärzte können ja schliesslich auch somatische Erkrankung haben

Es ist schwierig Akutphasen der Depression durch zu stehen, wenn man nicht auf AD's zurückgreifen kann, denn in dieser Phase ist es fast unmöglich Psychotherapie zu machen...

Warum willst du von den Opiaten wegkommen? Geht das denn ohne? Hast du keine Schmerzen mehr? Wie gehst du mit den Schmerzen um, wenn du die Opiate absetzt?

Schönen Abend wünscht dir
Cieloazul
Herzliche Grüsse

Cieloazul



“Malen ist eine Sprache der Empfindung, die da anhebt, wo der Ausdruck mit Worten aufhört.” Asmus Jakob Carstens (1754-1798, Maler)

SchwarzeSchnecke

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von SchwarzeSchnecke »

Guten Abend Dorothea,

Ich weiß, der "Tramadolon"-Thread paßt nicht ganz zu Deinem Thema. Aber ansonsten haben wir meines Wissens hier im Forum keine älteren Threads, in denen es um den Zusammenhang zwischen Opiaten und Depression geht.

Um Deine Frage zu beantworten:
Das TRAMADOL, das ich bekommen habe, war NICHT retardiert. *****
Ich nahm das Mittel etwa ein halbes Jahr lang und zwar auch dann noch, als die Schmerzen schon weg waren. Für die stimmungsaufhellende Wirkung mußte ich ständig die Dosis erhöhen. *****
Der Entzug war für mich eine Katastrophe... Falls Du das schaffst: RESPEKT! Ich drück Dir auf jeden Fall die Daumen!

LG, Anne
Fuchsy
Beiträge: 27
Registriert: 20. Nov 2006, 12:23

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von Fuchsy »

Hallo Cieloazul,
du fragst, warum ich von den Opiaten wegkommen möchte.
Der Schmertherapeut, bei dem ich jetzt bin und der 25 Jahre Erfahrung hat (vergl. oben) hat die Beobachtung gemacht, dass Opiate nach mehreren Jahren sogar die Schmerzen verschlimmern können (muss nicht bei jedem sein) oder eine opiatbedingte Depression auslösen können. Ein Merkmal dieser Depression sei, dass - wie es auch bei dir und mir der Fall ist - Atidepressiva nur kurzfristig oder gar nicht ansprechen.

Ich nöchte eben wissen, inwieweit diese Opiate tatsächlich noch Schmerzen lindern oder sogar verschlimmern bzw. inwieweit sie sich auf meine Depressionen auswirken.
Wie der "Istzustand" ist, kann man erst sehen, wenn die Opiate vier Wochen aus dem Körper raus sind.

Ich habe sehr starke Schmerzen. Nach 10 Min. Tippen habe ich bereits Schmerstufe 8-10, gehen kann ich nur noch fünf MIn. und beim Sitzen hängt es vom Stuhl oder Sessel ab, aber auch nicht lange.Die wenigsten Schmerzen habe ich im Liegen.
Festgestellt wurde Polyarthrose, insbesondere in den Füßen, der LWS und HWS sowie den Kiefergelenken. Außerdem leide ich unter Migräne (10-15 Anfälle im Monat).

Was bei mir, wie bei dir, außerdem festgestellt wurde (von mehreren darauf spezialisirten Ärzten)ist eine schwerverlaufende Fibromyalgie. Diese erwähne ich nur noch ungerne, denn mittlerweile bekommt fast jeder diese Diagnose, wenn die Ärzte nicht mehr weiter wissen. Oft haben diese Leute aber gar keine richtige Fibromyalgie. Mit ein bisschen Nordicwalking, Muskelaufbau (absolut kontrainduziert)etc. rühmen diese sich dann, dass sie diese in Griff bekommen haben. Sie sind absolut gegen Schmerzmittel, "höchstens, wenn ich abends mal was vorhabe, nehme ich eine halbe Aspirin", so die Aussage einer Gruppenteilnehmerin. Entschuldigt, wenn ich da so giftig reagiere, aber ich habe verschiedene Selbsthilfegruppen besucht und was ich da gehört habe, naja..
Bei dir scheint es sich allerdings auch um eine "echte" Fibromyalgie zu handeln.
Die Fibromylgie ist ja verbunden mit Depressionen und die neuste Forschung sagt auch, dass bei den meisten (man unterscheidet drei Gruppen) keine Schmerzmittel bzw. Opiate helfen, höchstens niedrig dosierte Antideps.

So, wie es mir zur Zeit geht, kann ich es nicht auf Dauer aushalten. Deshalb mache ich diesen "Entzug". Ich entziehe ja nicht alle Medikamente, ich nehme noch Lyrika, Myoson, Rivotril (ist bei vielen umstritten, weil es süchtig machen kann, ich habe aber seit 5 Jahren die Dosis nicht erhöht und nehme es auch nur gegen Schmerzen, 4x am Tag eine halbe Tablette).
Es kann durchaus sein, dass wir zu dem Ergebnis kommen, dass der Arthroseschmerz nur mit Opiaten zu dämpfen ist, was ich nicht hoffe.

Nochmal zur Fibromyalgie: Mein Schmertherapeut geht davon aus, dass es sich dabei um eine Stressverarbeitungsstörung im Gehirn handelt, ausgelöst durch ein subjektiv erlebtes Trauma in der frühen Kindheit. Auch da könnte bei mir etwas dran sein. Ich bin z.Zt. in Therapie bei einem Psychiater, wir arbeiten mittlerweile in Richtung psychoanalytisch orientierte Körperarbeit und ich habe das Gefühl, dass mir diese Therapie gut tut. Leider reicht es alleine aber nicht aus.

Für heute grüßt euch
Dorothea
menschenwesen
Beiträge: 113
Registriert: 15. Nov 2006, 23:38

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von menschenwesen »

hallo dorothea und ihr anderen schmerzgeplagten,

ob ich zur erhellung beitragen kann, bezweifle ich fast, da meine "opiat-erfahrungen" wohl zu kurz sind.
trotzdem möchte ich ein paar worte dazu schreiben:

nach meiner zweiten schweren wirbelsäulen-op war ich für ca. 10 monate auf fentanyl in form eines schmerzpflasters angewiesen, zunächst 50 myg/h, danach 25. dies ganze wurde notwendig, weil bei der op ein ohnehin schon geschädigter nerv zusätzlich gereizt wurde. bereits vor den op's litt ich an deps und wurde mit paroxetin behandelt.

nach den besagten 10 monaten begann ich das fentanyl abzusetzen. zum einen ließ ich es immer einen tag länger als die empfohlenen drei tage an meinem körper, zudem hatte ich für die erste zeit valoron retardtabletten + valoron-tropfen bei bedarf. aber das entscheidendste und wichtigste aus meiner häutigen sich war die begleitende akkupunkturbehandlung. meine orthopädin setzte sie natürlich in erster linie im rahmen der schmerztherapie ein, nadelte aber auch einige depressionspunkte.
mit akkupunktur habe ich mittlerweile diverse erfahrungen gemacht, mal gute, mal weniger gute; aber diese begleitende behandlung damals war äußerst wirksam nach meinem empfinden. zum einen half sie dich schmerzsymptomatik aufzufangen, zum anderen half sie bei mir auch über die absetzsymptomatik hinweg. ich fand es damals grausam, aber ich hatte nur ca. zwei wochen absetzsymptome; und das wohl auch nur im leichten bis mittleren maße.

lange rede, kurzer sinn; war akkupunktur in eurer schmerz-, depressionstherapie schon mal ein thema?

liebe grüße und möglichst wenig (psychische und physische) schmerzen
wünscht euch
menschenwesen
Cieloazul
Beiträge: 90
Registriert: 6. Dez 2006, 18:06

Re: Opiatabhängige Depression?

Beitrag von Cieloazul »

Hallo Menschenwesen

Zitat: war akkupunktur in eurer schmerz-, depressionstherapie schon mal ein thema?

Ja! Ich habe div. Anläufe gemacht mit Akupunktur. Zur Schmerzbehandlung, zur Depri-Behandlung u.a.

Jedesmal hatte ich eine Serie ausgeführt von Schmerzbehandler (Arzt mit Schwerpunkt Schmerzen o. Psychiater mit Zusatzausbildung
Akupunktur). Leider spreche ich darauf nicht an. Die selbe Geschichte mit Homöopathie. Hilft bei mir auch nicht.

Doch ich finde die Ansätze sehr gut u. sicherlich einen Versuch wert! Ich kenne ganz viele bei denen hat Akupunktur geholfen, entweder zur Symptomfreiheit o. Minderung. Ist doch viel wert - auch zu wissen, dass es nicht hilft. Ich hatte ein gutes Gefühl, weil ich nichts unversucht liess.
Herzliche Grüsse

Cieloazul



“Malen ist eine Sprache der Empfindung, die da anhebt, wo der Ausdruck mit Worten aufhört.” Asmus Jakob Carstens (1754-1798, Maler)

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