step by step - Depression als Chance? IX

susan
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step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Hier geht es weiter:

zum Vorgängerthread Nr. VIII

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1158827003

letzter Beitrag von Heike47:

Ihr Lieben,

ich mache im Moment hier nur noch Step... ähh Stipvisiten.

Ich habe neben der Arbeit viele andere Dinge zu tun. Es geht mir recht gut die letzte Zeit. Ich muß aufpassen, dass ich nicht zu viel mache. U.a. bastel ich an einer Homepage, der Garten will für den Winterschlaf vorbereitet werden....

Euch alles Liebe und die Hoffnung nie aufgeben.

Heike 47


susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Heike47,

schön, dass du da bist - *mal-zu-dir-rüberwinke*
Es tut gut, zu lesen, dass es dir gut geht, auch, dass du so einige "Projekte" hast zur Zeit - gutes Gelingen für alles!

@all
In der letzten Zeit ist mir etwas aufgefallen, von dem ich gern hier berichten möchte. Eure Meinung und Eure Erfahrungen dazu interessieren mich auch

Mit fortschreitender Therapie wird mir vieles deutlicher, Zusammenhänge werden erkennbar, vieles läßt sich jetzt leichter zuordnen - ähnlich einem Mosaik, dass sich nach und nach zusammenfügt.

All diese für mich sehr wichtigen Erkenntnisse und Erfahrungen haben mich, so empfinde ich es z.Zt., viel sensibler im Umgang mit anderen Menschen gemacht. Ich sehe heute viel schneller, wenn jemand eine "Maske" trägt, kann falsches Lachen von echtem unterscheiden (nicht immer, aber immer öfter und ich sehe den "Schutzpanzer", den sich z.B. meine Eltern zugelegt haben, um mit ihren erlebten Traumata und den dazugehörigen Gefühlen der Trauer und Verzweiflung, auch der Wut nicht in Berührung zu kommen.

Nun könnte man denken: Ist doch schon, das alles jetzt zu sehen! Doch leider ist es das nicht (nur). Für mich ist es immens schwierig, zuzusehen, wie andere SO leben.

Ich weiß, dass jeder von allein drauf kommen muss, in seinem Leben etwas zu ändern und wenn es jemand betrifft, der mir nicht nahesteht, dann ist es mir oft auch egal, ob und was er unternimmt oder nicht, doch wenn es um meine Eltern und Geschwister geht, da tut es mir oft weh, wenn ich sie so "falsch" und unecht erlebe. Ich habe auch das Gefühl, dass wir uns immer mehr voneinander entfernen

Kennt ihr das auch?

Liebe Grüße
Susan


Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von Bellasus »

Hi Susan, gute Idee mit dem neuen Thread Habe gerade noch im alten geschrieben.

Zu deiner neuen Frage: Ja sicher, das geht mir auch so, und leider Gottes stelle ich fest, dass ich bei denjenigen, die äußern, dass sie nicht mehr gut klarkommen, selber mit Ratschlägen anfange, irgendwie missionieren will, das was mir guttut weitergeben will. Dass jeder ganz anderen Voraussetzungen mitbringt und oft auch erst kleine Anfangsgedanken da sind, bei denen Dinge, die nach 3 Jahren Therapie helfen, einfach nicht angesagt sind, vergesse ich manchmal.

Bei den anderen, wo ich es sehe, aber von den Menschen nichts kommt, reagiere ich eigentlich gar nicht, so viel Kraftreserven habe ich nicht. Und lasse die Verantwortung für deren Leben auch wirklich bei ihnen, was ja auch meinen totalen Kontaktabbruch zu meiner Mutter bedingt, denn ihren Selbstbetrug könnte ich nicht aushalten.

Was mir im alltäglichen Umgang hilft: Wenn ich spüre, dass jemand "unecht" ist, dann kann ich oberflächlich mit ihm umgehen, lasse mich aber auf keine nähere Beziehung ein. Früher wollte ich von jedem gemocht werden, heute suche ich mir meine Freunde aus, und wer zu viel Fassade vor sich herträgt, kann nicht dazugehören. Es sind auch Freundschaften auseinandergegangen, weil einfach kein gegenseitiges wirkliches Verstehen mehr möglich war - und es sind neue entstanden, weil es eine gemeinsame Sprache gibt.
Meine Welt ist differenzierter geworden, seit ich Unterschiede bei den Menschen erkenne.

So weit meine Gedanken dazu,
noch mehr liebe Grüße
Annette




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- Betroffene für Betroffene -
deary
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von deary »

Hallo Susan,

Im Stepper-Thread 8 hast Du gefragt, wie es mir zur Zeit geht.
( danke der Nachfrage )
Ich bin nicht eher dazu gekommen, Dir zu antworten, tue dies hiermit heute:
Ich fühle mich hoffnungsvoller als vorher, unter anderem ,weil ich mich letzte Woche in der Psychotraumatologie einer Klinik hier in der Nähe vorgestellt habe.

Ich fand es alles in allem gut, und mache jetzt in einer der Dependancen eine ambulante Therapie.
Eine dreiwöchige Reha wurde mir auch vorgeschlagen, aber ob dies bei mir der richtige Ansatz ist, wird die Frau Dr. ja dann in Folgesitzungen und Arbeit mit mir besser bestimmen können als der Arzt beim Erstgespräch.

Nach dem Termin war ich sehr froh, denn ich habe einige Wochen gewartet, bis ich tatsächlich hingefahren bin, weil ich einen Tag erwischen wollte, an dem es mir wenigstens einigermaßen gut geht.

Heute fühle ich mich etwas niedergeschlagen, weil ich in der nächsten Zeit so viele ( für mich) Termine habe, dass ich etwas Sorge habe, alles hinzukriegen...
(bin aber auch etwas erkältet, das kann auch schon mal zusätzlich auf die Stimmung drücken)

Soweit von mir.
Schaue später nochmal hier herein.
( ich lese übrigens noch regelmäßig hier mit, und werde das sicher auch weiterhin tun, es gibt mir im Moment so eine Art Sicherheitsgefühl...)

Liebe Grüße an Dich und alle Stepper
und einen schönen Tag
wünscht
deary
deary
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von deary »

Hallo Annette,

Was Du im Vorgänger-Thread über die kleinen Schritte geschrieben hast, hat mich sehr berührt.
( habe ich sofort an meine Pinnwand gepappt)
Es trifft sehr auf meine Situation zu.

Die vier Grundregeln der kleinen Schritte beschreiben ziemlich gut, wie man vorgehen kann.

Ich hätte gerne auf ein paar Stunden Analysis, Kurvendiskussion oder binomische Formeln in der Schule verzichtet, und statt dessen so etwas gelernt!

Warum gibt es sowas eigentlich nicht?
Warum bringen sie uns soviel Wissenswertes in Schule, Ausbildung und Beruf bei, aber vernachlässigen dabei das Thema "Umgang mit eigenen Ressourcen" ?

Wie man sieht, kann man NICHT davon ausgehen, dass man das automatisch richtig macht.
Und ich finde, das gilt nicht nur für depressiv Erkrankte.
Es wäre wichtig, dass alle jungen Menschen das lernen.

Ich habe es an anderer Stelle schon mal geschrieben:
Ich fühle mich so, als müßte ich in Sachen "leben lernen " noch einige Stunden nachsitzen.

Danke für Deine klugen Tipps dazu, Annette!

Liebe Grüße an Dich
und alle Stepper von
deary
susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Annette,

ich lese deine Beiträge immer wieder sehr gern und oft denke ich, du erlebst vieles ähnlich wie ich - ein schönes Gefühl - danke dafür!

Auch mir hat das mit den kleinen Schritten sehr gefallen - in der Tat, es ist so, dass man oft zögert, weiterzugehen, dass einem der Mut bei Punkt 3 ausgeht oder man aufgibt, weil es zuviel Ungewisses gibt, zuviel Neues, was auf einen einströmt.

Aber ich stimme dir zu, dass es gut ist, wenn es einen "roten" Faden gibt, ein Vertrauen in den Weg an sich, dann schafft man es auch leichter, die Gefühle des Unbehagens zu überwinden.

Oft sind es ja auch alte Ängste, die tief verankert sind in unserem Unterbewußtsein, die den Weg versperren zu einem leichteren, unbeschwerteren Leben. Auch da gilt es, neue Erfahrungen zu sammeln, die eben nicht - wieder - das bestätigen, was damals war, sondern die die Gewißheit vermitteln, dass sich etwas gut anfühlen kann und es sich lohnt, den Weg durch die Angst zu gehen und ihr somit die Macht zu nehmen.

Das mit den Freunden, die auf einmal keine mehr sind, kenne ich auch. Da gibt es irgendwann keine Gemeinsamkeiten mehr, nichts, was man sich zu sagen hat - und für nur "Bla,bla" reden ist die Zeit auch zu schade.

Ich habe es auch in der SHG gehört, dass Freundschaften auseinandergehen, weil man verschiedene Wege geht. Oft ist das schmerzlich, weil man sich lange Zeit kannte und auf einmal nur diese Leere zu spüren ist.

Dir, liebe Annette, für alles, was vor dir liegt, die nötige Kraft und Zuversicht sowie Unterstützung genau dann, wenn du sie brauchst!

Bis demnächst!

Liebe Grüße
Susan


susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Hallo, liebe deary,

es freut mich, dass du es geschafft hast, in die Klinik zu fahren und dass es für dich nun bald losgeht dort mit ambulanter Therapie. Nach welchem Konzept arbeitet man dort, ist es reine Traumatherapie? Hast du vorher schon einmal Therapie dieser Art gehabt oder ist es eine neue Erfahrung für dich?

Ich denke, dass es für mich auch wichtig sein könnte, in Richtung Traumabewältigung zu arbeiten. In der TPT habe ich eher den Eindruck, dass vieles oberflächlich angerissen wird, man aber nicht in die Tiefe geht.

Andererseits bin ich mir gar nicht so sicher, ob man ein Trauma unbedingt nochmal "durchleben" muss, um es dann letztendlich in sein Leben zu integrieren ohne die Gefahr, immer wieder davon "überrollt" zu werden. Wie siehst du das für dich? Würde mich freuen, wenn du weiter davon berichtest, wie es dir mit der Therapie dort geht.

Was die vielen Termine angeht, so ist es sicher gut, sich zu sagen, dass nichts Schlimmes passiert, wenn man das eine oder andere später erledigt oder gar wegläßt. Erst mal sortieren nach ganz wichtig, weniger wichtig usw., so sieht das Ganze oft schon überschaubarer aus

Wünsche dir für alles den nötigen Schwung - gute Besserung, was die Erkältung angeht!

Liebe Grüße
Susan


Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von Bellasus »

Hallo,

die 4 Schritte-Punkte stammen ja nicht von mir Ich finde Elisabeth Lukas sehr lesenswert, manchmal etwas theroretisch geschraubt, aber die Gedanken helfen mir. Es geht um Logotherapie, Sinnfindung, Gesundwerden.

Momentan fühle ich mich in einem dichten Dschungel steckend und mir ist schon klar, dass es auch hier nur Schritt für Schritt geht, anders hat man da ja gar keine Chance. Und trotz des Gefühls, dass das Dickicht gar nicht weniger wird, bewege ich mich doch vorwärts. Immerhin habe ich ein kleines Taschenmesser dabei, mit dem es eben etwas länger dauert, den Weg freizuschneiden.

Susan, deine obige Frage beschäftigt mich gerade sehr stark im Zusammenhang mit dem Umgang mit anderen Depressions- Betroffenen, bei denen ich das Gefühl habe, sie treten auf der Stelle und wollen sich auch gar nicht so richtig weiterbewegen, fühlen sich als Opfer, können nichts annehmen, was mit Handeln und/oder Einstellungsänderung verbunden wäre.

Vorgestern in meiner SHG kam es zu einem ziemlichen Mißverständnis zwischen mir und einer anderen Teilnehmerin, die ich noch nicht gut kenne, da sie erst wg. Depressionen und kurz danach wegen was physischem im Krankenhaus war. Bei unserem ersten Zusammentreffen fühlte ich gleich, dass es schwierig würde, einen Draht zueinander zu finden, sie kam mir sehr anspruchsvoll vor, beschwerte sich zuallererst über die Zimmer in der Psycho-Klinik (in der ich auch war, Rinteln), und na ja, die Therapien wären schon gut gewesen, aber da würde sie nie wieder hinfahren. Da war bei mir der Zug eigentlich schon abgefahren, erstens griff sie meine Lieblingsklinik an, und zweitens kam es echt so rüber, dass das dort eine Zumutung war, und ich dachte nur, wenn es einem richtig schlecht geht, ist das doch total egal wie die Zimmer sind.
Vor diesem Treffen war ich selber unsicher, da ich erst ca. 4 mal da war, insgesamt noch unsicher und nun schon wieder jemand neues kennelernen sollte. Diese Unsicherheit habe ich wohl durch etwas viel Gequassel versteckt und sie damit zimelich genervt.
Vorgestern klagte sie wiederholt über ihre andauernde Traurigkeit, die Unruhe in ihrer Wohnung, dass sie nicht mit ihrer Krankheit (arterieller Verschluß) klarkäme, wozu das denn auch noch sein müßte. Das kann ich alles verstehen, aber sie schmetterte alles ab, was darauf abzielte, aktiv zu werden, nach Wegen da heraus, vielleicht auch nach dem Guten im Unglück zu suchen. Das war für mich schwer zu ertragen, da mein Weg gerade in den letztgenannten Punkten liegt, und ich konnte meine Klappe nicht rechtzeitig halten, obwohl ich merkte, dass sie absolut nicht hören wollte, was mir geholfen hat. Ich habe einfach nicht aufgehört zu reden, und die Reaktion war von ihr und noch einer anderen Teilnehmerin etwas unwirsch, das wäre ja Blödsinn.
Da wars bei mir aus, kurz danach war Pause und ich fing an zu weinen und konnte fast die ganze nächste Stunde nicht aufhören, konnte erst gar nicht reden, brachte kein Wort raus. Nachher war ich dann in der Lage zu berichten was in mir passiert war: Das Gefühl, kein Gespür für andere zu haben, der Elefant im Porzellanladen zu sein, dafür abgelehnt, unerwünscht, bestenfalls geduldet, verachtet zu werden. Und in der SHG falsch zu sein, mich verkriechen zu wollen, wie mein Vater es getan hat, wenn ihm jemand widersprochen hat. Nach Differenzen in der Familie "wohnte" er bisweilen 1-2 Wochen im (unausgebauten) Keller, um uns seinen Anblick zu ersparen. Und wenn ich schon in der SHG meine Worte nicht unter Kontrolle habem, wie soll ich das im Arbeitsleben schaffen? Ich bin jahrelang so oft angeeckt, weil ich nicht gespürt habe, wann es besser ist nichts zu sagen, dass ich irgendwann wirklich gar nichts mehr gesagt habe.

Die anderen gingen dann aber ganz gut damit um, sagten wie es ihnen ging, die Betreffende gab sogar zu, bei unserem ersten Treffen auch gedacht zu haben, dass das mit uns beiden schwierig wird. Das war bitter, entspricht aber meinem Gefühl und ich bin froh, dass sie es gesagt hat. Sie meinten, dass ich ja nun nicht Gott wäre und auch mal was unproduktives von mir geben und trotzdem da sein dürfe.
Mit viel Mühe überredeten sie mich anschließend noch auf einen Cappuccino mitzukommen, ich immer noch total verheult, habe aber gespürt, wenn ich nicht mitgehe bin ich wieder voll drin in der depressiven Verzweiflung, keinen Platz auf der Welt zu haben. Es war kein reines Vergnügen, aber ein ehrlicher Umgang miteinander.

Bis gestern war ich noch wie ausgebremst, gelähmt, heute gehts mir wieder besser, aber das Ganz beschäftigt mich noch sehr.

Es spielen immer so viele Dinge mit rein - meine Ansprüche an mich, niemals Fehler zu machen oder was Blödes zu sagen, und wenn dann verwirke ich damit das Recht auf die Luft zum Atmen - ich habe gestern im Praktikum keine Pause gemacht, ist völlig idiotisch, aber ich fühlte mich schlecht (als schlechter Mensch) und ohne das Recht dazu.
Und wieder mal das Gefühl, wenn ich jemanden nicht so sehr gerne mag, dass das nicht sein darf, und in der SHG erst recht nicht. Eine andere Teilnehmerin meinte in anderem Zusammanhang: Eine Depression braucht doch kein Mensch. Da weiß ich zumindest, dass ich dazu nichts sage, denn ich würde gegen eine Wand reden. Sie hat auch bittere Dinge in ihrer familiären Vergangenheit erlebt, sieht aber Null Zusammenhang - trotz über 5 Jahren Therapie.
Wie geht man denn damit um? Die SHG ist doch dazu da, neue Wege zu erkennen. Bringt mir das was, wenn ich das Gefühl habe, andere wollen in ihrem Opferdasein bestätigt werden, während ich alle Hebel in Bewegung setze, meine Möglichkeiten auszuschöpfen?
Als Übungsfeld sehe ich die Gruppe, aber am wichtigsten ist mir Erfahrungsaustausch, und das ist nun schwierig. Die anderen Teilnehmer sind übrigens mir ähnlicher, darauf hoffe ich, mal sehen wie es weitergeht.

Eigentlich ist das jetzt alles bißchen viel für diesen Thread, aber "Depression als Chance" ist offensichtlich nicht für alle so, darum lasse ich es jetzt mal hier. Ich vermute mal, wie neulich lest ihr hier auch wieder Dinge heraus, die mir nicht schmecken könnten, aber gerade darum bitte ich euch um eure Meinung. Ich weiß, dass ich viel zu sehr von mir auf andere schließe und bitter enttäuscht bin, wenn das nicht ankommt, dass ich Probleme im Umgang mit anderen habe, zu denen kein so guter Draht besteht, aber gerade da möchte ich etwas verändern, denn solche Erfahrungen wie Mittw. tun schweinisch weh.

Und es geht auch um die Fortsetzung meiner Reha nächstes Jahr, die ich so sehr will und gleichzeitig Angst habe, hoffnungslos überfordert zu sein damit.

Jetzt bin ich die Geschichte erstmal losgeworden und kann wieder besser durchatmen, danke fürs Lesen falls ihr so viel Geduld habt (fühle mich schon wieder so klein - da hat das kleine Kind Angst, irgendetwas falsch zu machen und mit Liebesentzug gestraft zu werden. Damit leben zu lernen, dass andere mich kritisieren und trotzdem noch mit mir kommunizieren - pfffffff, da haben Gefühl und Verstand noch große Probleme mit)

Liebe Grüße
Annette




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susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Annette,

ich verstehe sehr gut, dass dich das mit der SHG so mitgenommen hat, da ich auch längere Zeit in so eine Gruppe gehe.

Ich erlebe es ähnlich wie du, dass es in dort Leute gibt, die - vermeintlich - auf der Stelle treten, sich vehement gegen alles, was ihnen angeboten wird, wehren und die dann zu lassen, wie sie sind, ihnen zuzugestehen, dass das dann ihre Sache ist, ist nicht einfach.

So sind mir - ehrlich gesagt - auch die lieber, die an sich arbeiten, die etwas verändern wollen und bei denen sich das Geben und Nehmen in der Gruppe die Waage hält. Man kann sich jedoch nicht aussuchen, wer in die Gruppe kommt und so ist es ein Übungsfeld in kleinem Rahmen, was sich auch gut auf's RL umsetzen läßt.

Ich glaube, dass es wichtig ist, nicht mit dem Anspruch in die Gruppe zu gehen, mit jedem unbedingt gut auskommen zu müssen. Die Sehnsucht danach ist groß - auch bei mir! - ich habe ein starkes Harmoniebedürfnis und eine Idealvorstellung von einer SHG, die es in der Realität aber nie so geben wird. Evtl ist es bei dir ähnlich.

Es werden nie alle am gleichen Punkt der Entwicklung sein - und nicht jeder kann die Werkzeuge, die man ihm z.B. durch die Therapie gibt, auch nutzen. Da bleibt oft nicht mehr, als es so hinzunehmen - immerhin können wir andere nicht ändern.

"Jeder ist seines Glückes Schmied" Klingt kitschig - ist aber wahr! Es kommt soviel zusammen, wir wissen oft nur einen Bruchteil von dem Menschen, der uns gegenübersitzt. Was bringt er mit, wozu ist er in der Lage, was hindert ihn, etwas zu ändern usw.

Manchmal ist es nur schwer, wenn man jemand sieht, der im Dunkeln tappt und auf sein Unglück zurennt. Man möchte dann am liebsten das Licht für ihn anmachen, was in dem Moment aber nicht hilft, weil er evtl noch die Augen zu hat

Und was die Meinung über eine Klinik angeht, weißt du selbst, dass das sehr subjektiv ist und jeder andere Dinge als wichtig ansieht, woran er das "Gut" oder "Schlecht" dann mißt. Bewahre dir deine guten Erfahrungen und teile diese auch anderen mit - ob er/sie das dann auch annehmen kann, liegt nicht in deiner Macht.

Liebe Annette, ich finde es schön, dass du dich trotz der aufgetretenen Schwierigkeiten noch der Gruppe angeschlossen hast - was sicher nicht leicht für dich war, was aber ein "Verlassen" des alten Musters bedeutet. Und ich wünsche dir, das du es auch weiterhin schaffst und der Umgang mit "schwierigen" Menschen dich nicht zurückwirft, sondern dir beim Wachsen hilft

Ganz liebe Grüße
Susan


Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von Bellasus »

Liebe Susan,

danke für deine ausführliche Antwort. Ich unterschreibe jedes Wort von dir - und bin mir doch sicher, dass die beste Lösung für mich in diesem Fall das Verlassen der Gruppe ist. Hierzu habe ich gerade einen neuen Thread aufgemacht - allgemein zum Thema sich durch alles hindurchkämpfen oder vielmehr erkennen, was einem bekommt und was nicht, und sich auch trennen können.

Das mit der Klinik ist mir auch klar, ich merke aber wie ich die Burghofklinik verteidige wie eine Löwin ihre Jungen, obwohl ich selber erlebt habe, dass nicht alles optimal ist dort.

Mitzuerleben, dass andere Menschen andere Wege gehen oder im Dunkeln tappen, ohne sie von meinem Weg überzeugen zu wollen, bekomme ich schon ganz gut hin, wenn keine engere Beziehung besteht. An diesem Abend in der SHG ist es mir einfach aus dem Ruder gelaufen.

Insgesamt habe ich aber auch das Gefühl, dass mir ein ungezwungener Abend mit einer Freundin (wie vorhin gerade spontan gehabt, erst Schränke bei ihr schleppen, dann Spaghetti-Essen ) sehr viel mehr gibt. Und auch hier im Forum kann ich viel mehr "mitnehmen" als aus den Gruppentreffen.

Mein Problem ist immer noch das Dazugehören-Wollen, egal ob ich meine Gegenüber wirklich mag. Im Job ist es wichtig, zurechtzukommen, aber im Privatleben habe ich doch die Wahl, mit wem ich meine Zeit verbringe, oder nicht?

STOP, genug geschrieben.

Susan, was du über die TPT schreibst von wegen Oberflächlichkeit - aus allem bisher von dir gehörten habe ich nicht das Gefühl, dass dein Thera oberflächlich ist oder arbeitet. Bist du vielleicht auch noch in einer der vielen Stabilisierungsphasen der Traumabewältigung und insofern mittendrin in einer Traumatherapie? In der es vielleicht niemals zum nochmaligen Durchleben des Traumas kommt, weil du so viel Stabilität erreichst, dass das nicht mehr notwendig ist.
Solange jedes in die Tiefe gehen den Boden zum Schwanken bringt, ein neues Stabilisieren notwendig macht, wird dein Thera schön aufpassen, dass es halbwegs oberflächlich und auf das Hier und Jetzt konzentriert bleibt.
Nach der Klinik warst du doch auch ganz durcheinander, und es ist doch ein gutes Zeichen, dass du dich jetzt so weit gefangen hast, dass dir schon wieder "langweilig" wird. Du mußt dich nicht quälen, du darfst jetzt auch mal schauen, wie du dein momentanes Leben gestalten möchstest!

Bis bald, herzliche Grüße
Annette




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susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Annette,

danke für deine Antwort ich schreibe demnächst noch etwas dazu.

Auch wenn es für den Moment nicht ganz paßt, möchte ich einen Text von Ulrich Schaffer hier reinstellen, der mir - zufällig - heute in die Hände fiel - vielleicht (be)stärkt er ja den einen oder anderen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.


Du wirst heimgesucht von dem Wunsch,
echt zu sein,
dich nicht mehr künstlich zu verhalten,
nicht mehr an deine Wirkung zu denken.
Du willst dich nicht mehr zurücknehmen
aus Angst, nicht verstanden zu werden
oder zu verletzen.

Du willst nicht mehr Worte sagen,
die du nicht meinst,
und nicht mehr ein Gesicht anlegen,
das dich verkrampft.
Du willst nicht mehr die Verkleidungen,
die Masken und das Schauspiel.
Du willst du selbst sein, ganz entspannt,
ein Mensch unter Menschen.

Und du fragst dich,
ob für dich Platz ist in der Welt,
für dich, so wie du bist.

Du willst die Spiele nicht mehr mitmachen,
bei denen du unecht sein musst
und dich von dir selbst entfernst.
Bei den Spielen, die so heißen:
Ich merke nichts,
Ich habe ein dickes Fell,
Jeder muss immer glücklich wirken,
Ich bin die Beste,
Ich bin der, den keiner liebt.

Du wehrst dich
gegen die Verzerrung des eigenen Wesens,
gegen die Harmonie um jeden Preis,
gegen die Spiele der Entwürdigung.

Wenn du tust,
was du nicht bist,
wächst eine stille Abneigung
dir selbst gegenüber.
Wenn du mit dir machen lässt,
was dir fremd ist,
beginnst du dich zu verachten.
Wenn du echt wirst,
auch wenn es schmerzt,
dich und andere,
dann hat das tiefe Glück eine Chance.

Du bist umgeben von einer Welt,
die dich oft lieber in einer Rolle hat
und nicht in der Kantigkeit deines Echtseins.
Man wünscht dich warm und anschmiegsam.
Du sollst nicht auffallen.
Man bietet dir an,
die kleinen Lügen zu leben,
die alles erleichtern.
So bist du angesehen und beliebt.

Aber es gibt auch die,
die glücklich sind,
wenn sie auf deine Echtheit stoßen,
die sie ermutigt,
selbst auch echt zu sein.

Können wir einander Anstoß sein,
das Versteckspielen aufzugeben?
Wollen wir echt werden und das Eis,
das unsere Herzen umlagert, schmelzen?

Grade weil du echt sein willst,
entdeckst du ungeahnte Seiten an dir.
Da gibt es still Leuchtendes,
das nur dem Bedächtigen sichtbar wird.
Auch Dunkles ist da.
Es ist ein Hintergrund,
der wie ein erschreckender Abgrund wirkt.

Und wie eine immer kleinere Puppe in der Puppe
sind deine Gedanken in Gedanken verschachtelt:

In dir stecken Kräfte,
die ermutigen und befremden,
stören und befreien,
beglücken und verletzen.

Du bist vielschichtiger,
einsichtiger,
erstaunlich anders
und viel mehr,
als du dachtest.

Manche finden dich komisch,
weil du echt sein willst
und bereit bist,
dafür einen hohen Preis zu zahlen.

Sie haben sich selbst schon so weit verlassen,
dass sie ihr eigenes Wesen
aus den Augen verloren haben.

Es befremdet sie,
dass ein Mensch sich selbst sucht
und Sehnsucht nach dem hat,
was er in sich nur ahnt.

Nur wenn du echt bist,
hast du letztlich Frieden mit dir selbst.
Sonst zerstörst du dich
im Kampf gegen dich selbst.


Ulrich Schaffer


susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Annette,

es ist immer die bessere Wahl, das zu tun, was "Herzwärme" erzeugt, Kräfte freisetzt und Freude macht als das, was man tut, um "nur" dabei zu sein

Es reicht nicht, in einer SHG die Gemeinsamkeit "Krankheit" zu haben, um daraus Kraft zu schöpfen und somit etwas zu haben, was für den eigenen Weg von Nutzen ist.

Es ist Glückssache, welche Menschen da zusammentreffen und inwieweit es möglich ist, sich gegenseitig aufzubauen, zu stärken und Mut zu machen.

Wenn 80% der Teilnehmer sich in einem (Dauer)Tief befinden, so läßt sich schnell errechnen, wieviel Möglichkeiten es für den Rest gibt, dort etwas mitzunehmen.

Andere stärken kostet Kraft, zudem - wie schon gesagt - nicht jeder in der Lage ist, etwas anzunehmen und für sich zu nutzen.

Es ist gut, wenn du spürst, dass dir etwas (in dem Fall die Gruppe) nicht gut tut. Es bringt nichts, das "auszuhalten", durchzustehen usw.

Sich zu sagen "Es war ein Versuch - aber es paßt - im Moment nicht für mich" ist eine wichtige Erkenntnis. Es geht doch in erster Linie darum, Kraftquellen ausfindig zu machen, die du für dich nutzen kannst und die dir deinen Alltag erleichtern.

Das Thema mit in die Therapie zu nehmen, finde ich eine gute Idee. Es hilft dir sicher, die für dich richtige Entscheidung zu treffen und mehr Klarheit zu gewinnen. Alles Gute dafür!

Was meinen Therapeuten angeht, so hast du sicher Recht: Er ist sehr achtsam und umsichtig, und er gibt mir ausreichend "Freiraum", das anzusprechen, was mir wichtig ist.

Dabei "begrenzt" er die Themen, ohne mich einzuengen, was ganz wichtig für mich ist. Was die Traumata angeht, so denke ich schon, dass er sie "im Auge" behält, doch er überfordert mich nicht und das ist sicher gut so.

Im Weg ist mir oft meine Ungeduld , wenn ich alles auf einmal will, die Vergangenheit abhaken und basta! Dass es so nicht funktioniert, habe ich schon begriffen.

Es war sicher nicht die richtige Wortwahl, TPT als oberflächlich zu bezeichnen. Was ich eher meinte, dass ich mit reiner Traumatherapie oder einer Mischung aus TPT und Körpertherpie mehr erreichen könnte.

Mit mehr meine ich, Zugang zu verschütteten Gefühlen und Bedürfnissen zu finden und diese als zu mir dazugehörig annehmen zu können. Das ist zur Zeit - leider - noch nicht so und genau deshalb ist es so schwer, ein Leben zu führen, das sich gut anfühlt.

Liebe Grüße an alle hier!

Susan


Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von Bellasus »

Liebe Susan,

den Text habe ich eben ausgedruckt und überflogen - ich glaube, der geht mir ganz schön nahe, wenn ich mich traue lese ich ihn langsam und bewußt nochmal.

Wie dir geht es mir auch mit dem Gefühl, dass eine körperorientierte Therapie noch mehr Zugang zu den innersten Gefühlen ermöglichen könnte - ich habe aber davor eine wahnsinnige Angst und laß das vorerst schön bleiben. Das war schon vor 2,5 Jahren in der Klinik deutlich, dass ich damit überfordert war.

Du hast doch davon schon öfter gesprochen, oder? Hattest du schon mal etwas ausprobiert? Ich denke, es gehört extrem viel Vertrauen zum Therapeuten dazu und der Mut, zuzulassen, was immer an die Oberfläche will, und das wiederum geht vermutlich erst, wenn eine gewissen Stabilität da ist, damit man sich nach intensiven Erfahrungen wieder fangen kann.

Mit der SHG die wichtigen Punkte genannt, und meine Entscheidung ist weitgehend getroffen, auch wenn es noch weh tut und Zweifel da sind, darum rufe ich ja meine Thera an, da ich erst in über 2 Wochen wieder einen Termin bei ihr habe.

Ein Leben führen, das sich gut anfühlt - das rühr auch einiges bei mir an, leider Gottes auch die Frage, ob es denn darauf ankommt - ich möchte es auch so gerne und wäre doch schon zufrieden, wenn es sich nicht ständig schlecht anfühlt. In der Klinik damals habe ich von meinem ersten Threapeuten zu hören bekommen, als ich sagte, ich habe ewig funktioniert, bis es nicht mehr ging, und ich will nicht wieder nur funktionieren, sondern LEBEN, auch etwas vom Leben haben: Ob das denn nicht reichen würde, zu funktioniern? Ich glaube, es war provokativ gemeint, aber hängengeblieben ist das Gefühl, anmaßend zu sein, wenn ich mir wünsche, dass es mir gut geht. Glücklicherweise habe ich jetzt professionelle Begleiter, die das für ganz wichtig halten.

Führen wir doch jeden Tag das Leben so gut, wie wir es eben können, etwas anderes bleibt wohl kaum übrig, und ich denke das ist nicht das schlechteste.

Liebe Grüße an dich,
Annette




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Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von Bellasus »

Liebe Susan,

ich kann kaum fassen, dass jemand - wie Ulrich Schaffer - die Gefühle, die ich habe, so in Worte fassen kann. Ist er selbst betroffen? Muß man das nicht sein, um es SO formulieren zu können? Und beim Leser - bei mir jedenfalls - so ins Innerste vordringen zu können?

Bei mir ist es gerade mal wieder so, dass ich mir selber nahe komme und dann sofort das Bedürfnis wieder ganz stark wird, in die Arme genommen zu werden, SO sein zu dürfen. Ich bin aus der SHG ausgesteigen, es ging gut ab, man hat es einfach akzeptiert ohne viele Kommentare, mit umso mehr Schweigen, und irgendwie war das besser als Versuche, mir das auszureden oder "schade", denn das hätte ich nicht wirklich geglaubt und annehmen können.

Es hinterläßt ein Loch, fühlt sich nach Verlust an, es fehlt ein "Strukturhelfer" in der Woche, es fehlt Vertrautes - und es bietet mir mehr Freiheit und Erleichterung und das sichere Gefühl, dass es richtig ist so. Die Gruppe hätte mir bei Vielem helfen können, aber das ist jetzt nicht dran, in meinem Kopf ist kein Platz mehr für noch mehr Themen.

>Was ich eher meinte, dass ich mit reiner Traumatherapie oder einer Mischung aus TPT und Körpertherpie mehr erreichen könnte.<
Ich bin sicher, dass du in dem Moment auf die Suche danach gehst, in dem du mit schlafwandlerischer Sicherheit weißt, dass es jetzt "dran" ist. Solange das nicht der Fall ist, brauchst du eben noch ein bißchen Zeit, aller Ungeduld zum Trotz

Ich versuche gerade noch ein bißchen von dem goldenen Sonnenlicht gestern zu speichern, das tat einfach nur gut.

Liebe Grüße
Annette




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susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Annette, liebe Mitleser!

Ulrich Schaffer ist in meinen Augen ein ganz besonderer Mensch, aus dem viel Lebenserfahrung und Lebensweisheit spricht. Seine Texte - und es gibt etliche davon - sind von eindringlicher Tiefe, sie berühren auf angenehme Art und Weise und vermitteln ein Gefühl des Verstandenwerdens - bei mir jedenfalls Seine Homepage ist sehr ansprechend und gibt einen Überblick über alle von ihm geschriebenen Bücher. Da er auch Fotograf ist und in einer atemberaubend schönen Gegend zu Hause ist, sind nicht nur die Texte lesenswert, sondern auch die Bilder sprechen für sich. So ein kleines Buch von ihm ist auch ein wunderschönes Geschenk - wenn man weiß, dass der/diejenige sich darüber freut - Weihnachten ist nicht mehr weit

Dass du deine Entscheidung getroffen hast, was die SHG angeht, war sicher nicht einfach ,andererseits aber auch nötig und wichtig - so wie du es beschreibst. Dass es sich auch wie ein Verlust anfühlt, ist verständlich. Immerhin stellt so eine Gruppe auch einen Halt dar, wenn man sich dort gut aufgehoben fühlt. Doch so wie ich dich verstanden habe, hat es dich mehr be- als entlastet, dorthin zu gehen und somit war es die beste Lösung für den Moment. Ob es irgendwann mal wieder sinnvoll wird, nach ähnlichem Ausschau zu halten, kann man sicher heute noch nicht sagen und somit ist es bestimmt besser, wenn du dich den Dingen zuwendest, die derzeit gut und kraftspendend für dich sind.

Du hast Recht, der Gedanke an Körpertherapie ist nicht neu - ich habe mich schon öfter damit befaßt, hatte mir auch Adressen rausgesucht usw. Die Frage, die sich mir stellte war die, ob es sinnvoll ist, KT und TPT zur gleichen Zeit und bei unterschiedlichen Therapeuten zu machen. Das sieht doch voll nach Überforderung aus!

Zudem mein Problem meine immer wiederkehrende Instabilität und meine geringe Belastbarkeit ist. Da hab ich mich schon gefragt, ob KT paßt oder ob ich weiterhin "nur" in meiner jetzigen Therapie bleiben sollte. Diese Unsicherheit hat mich bis jetzt davon abgehalten, weitere Schritte in diese Richtung zu gehen.

Doch wie es so ist, habe ich beim "Stöbern" im Netz vor ein paar Tagen eine Adresse gefunden von einem Therapeuten, der tiefenpsychologische Körpertherapie anbietet, also eine Kombination aus dem, was ich derzeit schon mache und dem, was ich gerne machen würde.

Und ich habe mich für nächste Woche mit ihm verabredet, um zu schauen, ob es was für mich sein könnte - kurzum: ich habe "Nägel mit Köpfen" gemacht

Es stimmt schon, nicht immer ist die Zeit reif für das, was man vorhat und was einem so im Kopf rumspukt. Doch ich merke immer wieder, dass das ein (Reife)prozess ist, bei dem eine kleine Idee sich zu etwas Sinnvollem, Brauchbaren entwickeln kann, wobei man (un)bewußt auf Dinge stößt, die passend und verwendbar sind - und das im genau richtigen Moment

Für dich, liebe Annette, alles Liebe - viel Energie für die dir wichtigen Dinge und Zeit für das, was dir gut tut! Freue mich, wieder von dir zu lesen

Susan


susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Hallo, Ihr Lieben!

step by step geht es weiter....

Ich tue mich immer wieder schwer damit, Entscheidungen zu treffen, dieses Abwägen, dieses Hin und Her, dieses Prüfen, was nun besser ist, das Alte oder Neue, dieses Los-lassen, um für Neues überhaupt frei zu sein...oh je

Aber manchmal kommt man um eine Entscheidung nicht herum, wenn man einen neuen Weg gehen will. Ich habe mich nach langem Ringen mit mir selbst entschlossen, mich von meiner SHG zu trennen - was mir nicht leicht fiel. Es war keine Entscheidung von heute auf morgen, sondern eher eine, die gewachsen ist in den vergangenen Monaten.

Ich habe diese Entscheidung getroffen, weil ich mich einer anderen - angeleiteten Gruppe - anschließen möchte und mir Beides zuviel wird. Es ist eine Gruppe, in der es darum geht, eigene Themen mit Hilfe von Rollenspielen gezielt zu bearbeiten.

Den Leiter der Gruppe kenne ich schon länger und somit hat er mein vollstes Vertrauen - was ganz wichtig für mich ist! Ich bin offen für das Neue und - natürlich - auch etwas aufgeregt, weil die Leute alle fremd für mich sind, sie sich aber untereinander schon kennen. Ich werde sehen, ob es paßt, man ist nicht gezwungen, dabei zu bleiben, wenn's nicht geht.

Alles in allem eine Herausforderung für mich, der ich mich stellen möchte. Ich habe gespürt, dass sich etwas verändern muss und irgendwie gab es dann auch einige "Wegweiser", dir mir den Sicht auf das, was ich tun möchte, ermöglicht haben.

Wie läuft es bei euch derzeit? Gibt es auch für euch etwas, was ihr loslassen möchtet bezw. müßt, um euch etwas Neuem zuzuwenden?

Wie es mit meiner Therapie weitergeht, keine Ahnung Es wird wohl Thema der nächsten Stunde sein....

Meine "alte" Ärztin hat sich ziemlich frostig von mir verabschiedet und mit dem neuen Arzt bin ich noch nicht so richtig "warm" geworden - wie auch, nach so kurzer Zeit!

Das mit der Körpertherapie war eine gute Entscheidung - leider ist sie selbst zu finanzieren und ich weiß heute noch nicht, wie lange und wie oft ich mir das noch leisten kann. Erst einmal habe ich Ende des Monats noch einen Termin.

Wie geht's euch mit der vorweihnachtlichen Stimmung? Mir geht das Treiben in den Geschäften und das weihnachtsmäßige Drumherum ziemlich auf den Geist, so dass ich mich auf das Nötigste beschränke. Am alljährlichen Familientreffen (Eltern, Geschwister) nehme ich nur kurze Zeit teil - mehr mag, kann und will ich derzeit einfach nicht. Wenn ich ehrlich bin, freue ich mich jetzt schon drauf, wenn die Feiertage und der Jahreswechsel vorbei sind - geht es euch ähnlich?

Liebe Grüße
Susan


heike56
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von heike56 »

Liebe Susan,

die letzte Zeit war ich wenig im Form, hatte aber gesehen, dass der Thread mal wieder oben war.

Es klingt gut, dass Du auf dich hörst und Sachen beendest, wenn sie nicht mehr zu dir passen. Wir besitzen letztendlich ein untrügliches Gespür, was zu uns passt.

Ich denke, die eisige Verabschiedung von deiner Ärztin hat viel damit zu tun, dass sie auch erkennen musste, dass sie nur begrenzt hilfreich für dich sein konnte (Was aber nicht an dir liegen muß).

Für mich hat die letzte Zeit Klarheit in der Beziehung zu meinem Vater gebracht. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich nie auf der Gefühlsebene Zugang zu ihm hatte und mich zu Hause nie geborgen fühlte.
Er hat bedingt durch seine Lebenserfahrungen ausgeprägte narzisstische Züge und dadurch drehte sich immer alles um ihn.
Ich bin erleichtert über die Erkenntnis, weil sich viele Erlebnisse aus meinem Leben nun zu einem Bild fügen.
Er ist immer noch im Pflegeheim, aber nicht mehr ansprechbar und schläft ganz viel.

Wie ich auch schon in einem anderen Thread schrieb, bin ich erleichtert seit ich keine Verantwortung für das Wohlergehen meiner Eltern mehr übernehmen muss. Aus eigener Kraft wäre ich nur schwer aus dem "Teufelskreis" herausgekommen.

Von daher hat die Weihnachtszeit keinen Schrecken mehr für mich, außer dass mich der Rummel drumherum nervt.

Ich habe mir letzte Woche ein Buch von Luise Reddemann gekauft:

Eine Reise von 1 000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.

Ein sehr schönes, versöhnliches Buch. Sie ist ja eine Anhängerin der "positiven Psychologie". Ich habe schon viele Anregungen daraus bezogen.

Das als kurze Rückmeldung von mir, war doch lange Sendepause.

Ich wünsche dir, dass Du die Zeit gut überstehst. Und weiterhin ein gutes Trepp-auf. *lächel*

Viele liebe Grüße

Heike 47
Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von Bellasus »

Liebe Heike,
das Buch habe ich auch, es ist sehr schön geschrieben, man kann eigentlich nur zustimmen, und sie ist sehr überzeugend, ich habe wirklich den Eindruck, dass sie selber danach lebt, und auch meine Thera ist von ihr sehr beeindruckt.
Du bist ja schon so viele Schritte gegangen, aber es tut dir sicher gut, nochmal zu spüren, auf einem guten Weg zu sein. Alles Gute weiterhin für dich!

Liebe Susan,
ich finde, du hörst dich "ganz bei dir" an, Umbruch ja, aber in Übereinstimmung mit deinem Bauchgefühl. Wenn die Veränderungen für dich nicht dran wären, hättest du die Wegweiser bestimmt gar nicht bemerkt, aber nun warst du offen dafür, und genau das ist wohl so gut, wenn man auf seine innere Stimme hört und nicht immer nur schimpft, das irgendwas nicht so ist wie man es gerne hätte. Wenn man weiß dass man einen Weg sucht und auch Vorstellungen davon hat und sich im Klaren ist, dass einem die Möglichkeiten nicht in den Mund fliegen, dann geht man aber mit offenen augen durch die Welt und sieht die Möglichkeiten, die jemand anders vielleicht gar nicht beachtet und weiterjammert. Er ist dann eben noch nicht soweit. Ich finde das einfach schön, dass du dir deinen ganz pesönlichen Weg kreierst.

Das mache ich auch gerade, gestern gab es grünes Licht für die weitere Reha, weil ich wohl wirklich vermittelt habe, dass es JETZT für mich die allerbeste Lösung ist. Ich bin total glücklich damit, noch etwas überdreht, weiß dass es sicher auch hart werden kann, aber es ist stimmig, wo auch immer das Jahr mich hinführt.

Von daher kann mir Weihnachten nicht viel anhaben, ich lasse mir viel Zeit für mich und verbringe einige Stunden mit den mir liebsten Menschen, u.a. natürlich mit der Familie meines Patenkindes. 3 kleine Kinder und Weihnachten - besser geht es nicht.

Liebste Grüße
Annette




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heike56
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von heike56 »

Liebe Annette,

über deine Antwort habe ich mich sehr gefreut. Du hast es schön gesagt, ich bin schon einen langen Weg gegangen. Es fällt mir selber gar nicht so auf.
Was man erreicht ist dann ja irgendwie selbstverständlich, weil es ja mein Weg ist. Da tun Anstöße von außen mal wieder sehr gut.

Ich freue mich für dich, dass es einen gangbaren Weg für dich gibt weiterhin. Ich wünsche dir Kraft dafür.
Weihnachten mit Kindern in einer Umgebung, die einem gut tut, ist etwas schönes.

So wünsche ich dir jetzt schon angenehme Feiertage und komm gut ins Neue Jahr.

Viele liebe Grüße

Heike 47
susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Heike47,

schön, dass du mal wieder vorbeischaust

Du hast schon Recht, wenn man spürt, dass etwas nicht mehr passt, wenn man sich nicht mehr wohl fühlt in einer Situation, dann ist es besser, sich davon zu verabschieden und nach neuen Wegen zu suchen.

Ähnlich einer Wegkreuzung gibt es dann meist mehrere Wege, die man einschlagen kann. Darum ist es wohl auch so schwer, sich zu entscheiden, denn wer sagt einem schon, wo der Weg hinführt bezw. wie er sich geht.

Der Moment der Trennung von dem, was war und der Beginn von etwas Neuem ist auch nicht einfach, aber auch spannend, denn es können sich so Dinge entwickeln, denen man auf ausgetretenen Pfaden nie begegnet

Was das Verhältnis zu deinem Vater bezw. zu deinen Eltern angeht, so spricht viel Klarheit aus dir. Zu erkennen, dass die Eltern auf der Gefühlsebene schwer bezw. gar nicht erreichbar sind, ist auch bitter. Mir geht es ja ähnlich und gerade darum fühle ich mich auch unheimlich einsam in ihrer Nähe.

Man kann die Uhr nicht zurückdrehen, man kann auch nichts ungeschehen machen, aber die Erkenntnis, dass sie selber Opfer waren und sind, hilft ein Stück weiter. Der Wunsch, dass sie sich aus ihren "Fesseln" befreien sollen und ein Stück weit ihre Lebensgeschichte - und damit auch unsere - begreifen mögen, bleibt latent erhalten - jedenfalls bei mir.

Ich wünsche dir sehr, dass das Bild, das für dich entstanden ist, immer farbenfroher und lebendiger wird

Liebe Grüße
Susan


susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Annette,

ich freue mich mit dir, dass es nun weitergeht für dich mit der Reha und dass diese Entscheidung dir hilft, dich gut zu fühlen und optimistisch in die Zukunft zu schauen - ALLES GUTE für diesen Weg!!!

Im Einklang mit sich selbst sein, ist schon ein gutes Gefühl. Sich wohl fühlen in seiner Haut, mit dem Leben, das man führt, zufrieden sein...all das gehört dazu. Doch nicht immer ist alles so beieinander, wie man es braucht. Dann heißt es, Ausschau halten nach etwas, was mehr Halt bietet, was mehr Zufriedenheit und innere Balance schafft.

Das schreibt sich leichter, als es zu realisieren ist Denn als ich merkte, dass die SHG nicht mehr das Richtige für mich ist, auch, dass meine Kraft für 2 Gruppen einfach nicht reicht, war ich von einer Lösung weitentfernt. Was ich spürte war erst einmal Schmerz. Der Gedanke, etwas aufzugeben, in das man viel Herzblut gesteckt hat, tat weh.

Und an den Schritt, es den Leuten zu sagen, mochte ich gar nicht erst denken. Es war ein ziemlich "zäher" Prozess, bis dahin, wo ich heute stehe. Da war auch sofort wieder der Gedanke, dass man mich ablehnen könnte (Deprifalle ), wenn ich mich etwas anderem zuwende. Das es dann doch nicht so war, fühlte sich natürlich gut an.

Oft treffen die Befürchtungen und Bedenken am Ende nicht ein, aber leider weiss man das vorher nicht. Es spielt sicher auch eine Rolle, wie oft man schon enttäuscht wurde im Leben. Das hinterläßt Spuren und nur neue, gute Erfahrungen können dazu beitragen, dass die Angst vor neuen Situationen/Entscheidungen nicht so groß ist.
Auf jeden Fall danke ich dir für deinen Zuspruch und dein Mut-machen

Was du Weihnachten vorhast, klingt sehr gut Bis dahin alles Liebe, eine schöne Adventzeit, viele lichte Momente und gutes Gelingen für alles, was vor dir liegt!

Bis demnächst...

Susan


Bellasus
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von Bellasus »

Liebe Susan,
>Der Wunsch, dass sie sich aus ihren "Fesseln" befreien sollen und ein Stück weit ihre Lebensgeschichte - und damit auch unsere - begreifen mögen, bleibt latent erhalten - jedenfalls bei mir.<
Wünsche kann man ja immer haben ob sie sich erfüllen ist eine andere Sache. Der Unterschied zwischen Wunsch und Erwartung ist ja, dass man mit einem nicht erfüllten Wunsch meist trotzdem ganz gut leben kann, während eine unerfüllte Erwartung mindestens ein ungutes Gefühl oder Groll verursacht und vielleicht Kräfte vergeudet in einem aussichtslosen Kampf.

Vielleicht ist es für unsere Eltern tatsächlich der bessere Weg, sich nicht auseinanderzusetzen, nicht verstehen zu wollen, vielleicht würde es sie überfordern, in eine große Krise stürzen. Das müssen wir akzeptieren, und genauso müssen sie unseren Umgang damit akzeptieren.

Liebe Heike,
das bisher Geschaffte und Gute als selbstverstäbndlich anzusehen wäre mir ja beinahe zum Verhängnis geworden, weil ich eben zu sehr die Probleme betont habe und dabei ganz vergessen habe zu erzählen, dass ich z.B. mit Zoloft von 150 auf 125 mg runter bin - ohne Probleme! In der Reha hatten sie einen verzerrten Eindruck, der zu der ersten Absage der weiteren Reha führte.

Aber auch sich selbst gegenüber kann es ja nicht schaden, sich mal auf die Schulter zu klopfen für das, was man tapfer und mutig bewältigt hat

Für mich ist es trotzdem extrem wichtig, die Problem zu benennen und zu bearbeiten, sonst ändert sich nichts und das unter den Teppich kehren wird wohl in meinem Leben nie wieder funktionieren, das habe ich für mein Leben genug getan, und immer wenn ich es versuche explodiert was. Nur eben darüber die guten Dinge nicht vergessen

Nach der Anspannung der letzten Woche bin ich nun schon etwas k.o., aber das ist nicht so schlimm.

Weiter gehts, mit Besinnungspausen wann immer wir sie brauchen, alles Liebe für euch

Annette




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susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Liebe Annette,

das hast du treffend formuliert mit den Wünschen und Erwartungen In der Tat, ich habe mich von meinen Erwartungen in dieser Richtung irgendwann verabschiedet. Immerhin binden unerfüllte Erwartungen eine Menge Energie, die man gut für andere Zwecke nutzen kann.

Manchmal frage ich mich, ob es gut ist, die Zusammenhänge der Elterngeschichte und ihr daraus resultierendes Verhalten zu erkennen. Auf der einen Seite ist diese Erkenntnis wichtig, um sich selbst besser zu verstehen, andererseits macht es mich auch oft traurig, dass meine Eltern so blind für vieles sind. Sehend zu sein wäre für sie in vielerlei Hinsicht eine Katastrophe - so sehe ich das auch.

"Das müssen wir akzeptieren, und genauso müssen sie unseren Umgang damit akzeptieren."

Es funktioniert ganz gut, dass ich ihnen ihre Art und Weise mit der Vergangenheit umzugehen lasse, aber umgekehrt funktioniert das kaum. Jegliches Abweichen von ihren Ansichten und Denkmustern hat zur Folge, dass sie sich abweisend und verständnislos zurückziehen - ähnlich wie früher, wo es hieß: wenn du wieder lieb bist, dann reden wir wieder mit dir.

Dieses Spiel spiele ich aber heute nicht mehr mit. Ich lasse sie vor sich hintrotzen und gehe meinen Weg trotzdem weiter. Ansatzweise habe ich versucht, ihnen davon zu berichten, doch sie verstehen es einfach nicht. Krank ist man sowieso nur kurz und in spätestens 3 Wochen ist man dann wieder fit - aber Jahre?

Man findet einfach keine gemeinsame Basis mehr. Sie sind weit entfernt von meiner Welt und ich möchte in ihrer nicht (mehr) leben.

Liebe Heike47,
danke noch für die Buchempfehlung! Die Autorin ist mir nicht unbekannt, ich habe eine CD von Luise Reddemann "Imagination als heilsame Kraft" Dazu gibt es das gleichnamige Buch mit sehr hilfreichen Übungen zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte. Evtl auch was für dich/euch...

Grüße an alle hier
Susan


susan
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von susan »

Vier Kerzen

Eine Kerze für den Frieden,
weil der Streit nicht wirklich ruht,
für den Tag voll Traurigkeiten.
Eine Kerze für den Mut.

Eine Kerze für die Hoffnung,
gegen Angst und Herzensnot,
wenn Verzagtsein uns`ren Glauben
heimlich zu erschüttern droht.

Eine Kerze, die noch bliebe,
als die wichtigste der Welt:
Eine Kerze für die Liebe,
weil nur diese wirklich zählt.

Rainer Maria Rilke


Ich wünsche allen schöne Weihnachtstage - Zeit und Raum für das, was möglich und machbar ist. Allen, denen es nicht so gut geht einen bunten Strauss aus Hoffnung, Kraft und Zuversicht!

Susan


Fuchsy
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Re: step by step - Depression als Chance? IX

Beitrag von Fuchsy »

Hallo Annette, hallo Susan,

ich bin relativ neu hier, am meisten erfahrt ihr über mich im thread: Pharmakotherapie "opiatbedingte Depression".

Es sind drei Punkte, die mich in eurem Austausch angesprochen haben:

1. "Depression als Chance", vor 20 Jahren beschäftigte ich mich mit einem Buch: "Krankheit als Chance", weil ich in erster Linie körperlich leide und eingeschränkt bin, dadurch natürlich auch depressiv, aber soo schlimm, wie jetzt, war es nicht.
Beides zusammen führte dann dazu, dass ich meinen geliebten Beruf als Gymnsiallehrerin bereits nach 12 bzw.17 Jahren (wenn man Referendariat und drei Jahre Jobben auf Honararbasis dazurechnet)aufgeben musste.

Ich frage mich auch nach dem Sinn bzw. was will mein Körper mir damit signalisieren, welche Botschaft steckt dahinter?

Meine körperliche Erkrankung und die Schmerzen habe ich seit 1978 und Ende der 80-ger Jahre ging es mir stetig ein wenig besser, sodass ich sogar ein drittes Fach studierte und dann nach 6-järiger Wartezeit eine Planstelle in einer anderen Stadt annahm, in der ich mir einen zweiten Wohnsitz errichtete. Dass es damals bergauf ging, hing auch stark mit meinem eigenen aktiven Umgang und meiner eigenen Mitarbeit an einer Linderung zusammen (heilbar sind meine körperlichen Erkrankungen nicht).Damals machte ich auch verschiedene "Therapien", die nicht von der Krankenkasse bezahlt wurden. Zu dieser Zeit gab es entweder klassische Verhaltenstherapie oder Analyse, inzwischen haben die Psychologen und Psychiater zum Glück auch noch alternative Verfahren. Die nichhtbezahlten Angebote halfen mir aber am meisten, während mir die anderen beiden mehr schadeten.Was mir damals sehr geholfen hatte, war die "Prozessarbeit nach Anne Wilson Schaeff". Die Methode zu erklären, würde sicher zu weit führen. So kurz wie möglich:

es geht aber auch sehr stark darum, bei sich selbst zu bleiben, auf die eigenen Gefühle und Wahrnehmungen zu achten und nicht darum, andere zu kritisieren, ihnen Ratschläge zu geben etc. Eine immer wiederkehrende Frage der Leiterin war:"Was löst das (Verhalten oder die Erzählungen einer anderen Person) bei dir aus? Häufig hat das nämlich mit einem selbst zu tun (war ja auch ein Thema von euch), und genau da wurde angesetzt. In der Regel erzählte jemand seine Geschichte und wenn bei dieser oder einer anderen Person ein Gefühl aufkam, bestand die Möglichkeit, den Kreis zu verlassen und von einer anderen Person begleitet, in dieses Gefühl einzusteigen. In der Regel wurde dann ein Prozess ausgelöst und in Begleitung durchlebt. Das Bei-sich-selbstbleiben hat eine enorme Wirkung. Es wurde gleichzeitig darauf Wert gelegt, dass, das, was man fühlt in Ordnung ist, allerdings ist es angebracht zunächst mal zu schauen, was dieses Gefühl mit einem selbst zu tun hat bevor man einer anderen Person Ratschläge gibt oder kritisiert. (So, nun habe ich Punkt 2 schon vorweggenommen und abgehandelt).

Dann bekam ich die Planstelle und entfernte mich im Laufe der Zeit immer mehr von mir selbst. In dieser Kleinstadt gab es solche "therapeutischen" Angebote nicht.
Ende der 90-ger Jahre kam ich aber darauf, dass ich völlig den Draht zu mir selbst und meinen WIRKLICHEN und UNERFÜLLTEN Bedürfnissen verloren hatte. Ein Jahr lang fuhr ich dann alle 14 Tage an meinem ersten Wohnsitz zu einem Heilpraktiker mit Schwerpunkt "Psychosomatik". Ich kam mir und meinen Bedürfnissen wieder etwas näher, dazu st es für mich notwendig, dass ich in die Tiefe gehe und den Kopf ausschalte.Am besten geht das bei mir über Visualisierung.Die Schmerzen wurden nicht besser, aber psychisch tat es mir gut und ich bekam mehr Kraft.

In einer Rehaklinik, die auf meine Erkrankung spezialisiert ist, sagte mir dann doch tatsächlich ein Psychiater (es gab einen Internisten, dem ich zugeteilt war, ein Orthopäde und ein Psychaiter, die zusammenarbeiteten) dass es nichts bringt, wenn ich in der Kindheit rumwühle. Stattdessen ließ ich mich auf eine medikamentöse Therapie ein (u.a. mit Neuroleptika!!! Was tut man nicht alles in der Verzweiflung), die dazu führte, dass ich gefühlsmäßig tot war und mich nur noch auf meine Schmerzen konzentrierte, die dann durch Mobbing am Arbeitsplatz immer schlimmer wurden, ich wurde auf Opiate eingestellt (s.o.), die Depressionen kamen heftig, zunächst sprach ein Antidepressivum darauf an, dann nicht mehr, sodass 2005 die Depressionen derart stark wie nie zuvor wurde.

Vorher kämpfte ich noch 1,5 Jahre gegen meine Frühpensionierung und um eine Versetzung.(Einen Zugang zu mir selbst, zu meinen inneren Bedürfnissen) hatte ich längst verloren. Meinen Kampf gegen die Frühpensionierung hatte ich zwar gewonnen.Dazu musste ich mich in einer psychosomatischen Klinik 10 Tage lang einer Dienstfähigkeitsüberprüfung unterziehen. Ich war zwar inzwischen zu 70% schwerbehindert und hatte auch das Merkmal G (=erhebliche Gehbehinderung), sodass klar war, dass ich gewisse Dinge nicht machen kann und brauche (Wandertage, Klassenfahrten, Aufsichten..), dennoch die Schmerzen sah man mir ja nicht an und mit viel zusätzlichen Schmerzmitteln bestand isch dann auch den "Test". Im Prinzip hatte ich erreicht, was ich (scheinbar?) wollte. Man versetzte mich an eine andere Dienststelle und schlug eine Wiedereingliederungsmaßnahme vor.

Was passierte? Ich konnte den Dienst nicht antreten. Immer wenn ich meine Sachen packen wollte um wieder in meine andere sehr geliebte Eigentumswohnung (die ich nach der Pensionierung verkaufen musste) zu fahren, brach ich körperlich zusammen und musste mich erstmal krank schreiben lasssen. das wiederholte sich 3x und das war es dann.

Worin liegt der Sinn? Ich musste nicht nur meinen heißgeliebten Beruf aufgeben, sondern auch eine Wohnung, an der ich sehr hing, hatte ich doch zugesehen, wie sie Stein auf Stein und nach meinem Geschmack gebaut wurde.

Seit einem Jahr bin ich bei einem Psychiater in Therapie. Er ist Analytiker. Da ich mit 50-Min. Einheiten schlecht zurechtkomme, schlug ich vor statt 2x die Woche 50 Min., 1x die Woche 100 Min. zu machen. Nachdem ich zwischendurch "kopfgesteuerte" Verhaltens-und auch tiefenpsychologische Therapien mit wenig Erfolg, aber nach jeder Stunde Kopfschmerzen, hinter mir hatte, lege ich hier jetzt sehr viel Wert darauf, dass wir am Unbewussten bzw. an den Gefühlen arbeiten.
Inzwischen sind wir bei der "psychoanalytischen" Körpertherapie angelangt. Es ist harte Arbeit für mich, denn ich will/soll meine Gefühle und Bedürfnisse spüren, was ich noch relativ leicht kann, diese aber zu aüßern, fällt mir sehr schwer. Und genau da lässt er mich zappeln.Denn es heißt ja nicht, dass jedes geäußerte Bedürfnis umgesetzt wird.(Zum Glück handelt es sich bei mir nicht um sexuelle Bedürfnisse, die selbstverständlich geäußert erden dürfen, aber niemals umgesetzt werden dürfen).Es fällt mir aber schon sehr schwer auszusprechen, wenn ich das Bedürfnis nach Geborgenheit/ Gehaltenwerden verspüre. Die letzten drei Sitzungen habe ich den Mut gehabt und auch spüren dürfen, wie es ist. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, welche Kräfte das freigesetzt hat (leider nur kurzfristig, aber dennoch erstaunlich, wenn ihr meine Beiträge in dem von mir oben erwähnten thread lest).

Um Punkt 1 (Punkt 2 habe ich ja schon) und für heute abzuschließen (ich kann mich leider so schlecht kurz fassen):

Langsam fange ich an, den Sinn und die Chance, die in meiner Depression liegen, zu erahnen.

Für heute grüßt euch
Dorothea
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