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einsamkeit

Verfasst: 29. Okt 2006, 11:35
von herbstsonne
hallo miteinander!

ich war lange nicht mehr im forum. seit tagen lese ich wieder und heute wage ich zu schreiben.
bei mir schlägt wieder die einsamkeit zu. ich finde, dass es ein entsetzliches gefühl ist, mit dem ich nicht so richtig umgehen und aushalten kann. ich bin wieder dabei, das internet nach einsamkeit zu durchforsten, aber es hilft auch nicht. meine große angst ist, dass auch wieder die leere kommt und danach das große schwarze loch.
nun werde ich demnächst wieder alleine wohnen (wohne noch in wg) und das macht die angst nicht kleiner. meine freundinnen mag ich auch nicht mehr anrufen, weil ich befürchte, sie zu überstrapazieren.

ich muss gleich wieder auf wohnungsbesichtigung gehen, aber ich habe keine kraft und fühle mich müde und schlapp.

ich freue mich auf eure postings.

gruß herbstsonne

Re: einsamkeit

Verfasst: 29. Okt 2006, 12:11
von FlorenceLaRue
Liebe Herbstsonne,
ich schreibe heute zum ersten Mal in diesem Forum. Es ist heute auch das erste Mal, dass ich überhaupt im Internet nach ´Depression` geschaut habe. Befinde mich seit zwei Jahren in einer Verhaltenstherapie, wobei wir erst jetzt rausgefunden haben, dass ich wahrscheinlich depressiv bin und das wohl schon seit vielen Jahren. Ich bin eben recht gut im Schauspielern, aber jetzt geht es so schlecht, dass die Maske nicht mehr funktioniert.
Jetzt aber zu deinem Thema "Einsamkeit": ich bin froh, dieses Forum gefunden zu haben und mich endlich mit Menschen austauschen zu können, die verstehen, wovon man redet, wenn man Begriffe wie "endlose Leere" oder "SChwarzes Loch" benutzt. Sogar meine beste Freundin, die ich für einen recht einfühlsamen Menschen halte und die Medizin studiert, kann mir auf sowas nur mit großen Fragezeichen in den Augen antworten. Deshalb fühle auch ich mich oft sehr allein, weil ich das Gefühl habe, dass man andere, nicht depressive Menschen, mit sochen Gesprächen nur überfordert und vielleicht letztlich seine Freundschaften gefährdet.
Jetzt aber habe ich das Forum gefunden und bin froh bzw. hoffe, mich mit Menschen austauschen zu können, ohne verlassen zu werden.Es macht mir Mut zu sehen, dass es viele Menschen gibt, denen es ähnlich geht wie mir und die nicht aufgeben und ich spüre schon jetzt ein bischen mehr Kraft.
Außerdem möchte ich noch sagen, dass es wichtig ist zu wissen, dass man selbst ein König, respektive eine Königin, ist und man sich selbst alles geben kann, was man braucht. Das hat mal jemand gesagt, den ich für sehr weise halte und ich versuche, mir das immer wieder vor Augen zu führen, wenn es mir nicht gut geht und ich das Gefühl habe, niemand kann mir helfen. Vielleicht ist das ja auch ein guter Spruch für dich.
Alles Gute und viel Glück bei der Wohnungssuche
FloLaRue

Re: einsamkeit

Verfasst: 29. Okt 2006, 15:16
von faultier
Liebe Antje!

Ich kenne das gefühl einsamkeit sehr gut.

Hinter mir liegt eine Phase, in der ich mich sehr einsam fühlte. Wenn ich jetzt zurückblicke, muss ich sagen, dass ich nie wirklich einsam war, es war immer jemand da (vielleicht nicht unbedingt immer physisch)...es war eingebildete Einsamkeit.

Man ist nicht einsam, man fühlt sich nur so.
Das schwierige daran ist, dass man aus sich rausgehen muss, um dieses verdammte gefühl loszuwerden.
Gesunde Menschen haben einen natürlichen Abwehrmechanismus, sie gehen raus, wenn sie das Gefühl von Einsamkeit spüren, depressive Menschen verziehen sich in den 4 Wänden und schotten sich regelrecht ab. Das ist wahrscheinlich genau das falsche!!!
Ich weiß, man hört die gutgemeinten Ratschläge nicht gern, aber versuche selbst aus dir rauszugehen...ruf deine freundinnen doch mal an, verabrede dich zu einem gemütlichen kaffeeklatsch oder unternimm was schönes. Du schreibst, du willst sie nicht belasten, aber das Gefühl was du hast, können sie nachvollziehen (ich meine die Einsamkeit) trau dich einfach, du gehst kein Risiko ein! es ist nicht besonders schwer...Du mußt nicht einsam sein, wenn du es nicht willst.

Problematisch für dich (wie für mich) ist mit sicherheit das "alleine wohnen". Fühlst du dich aus diesem Grund so unwohl? kannst du nicht wieder in eine WG ziehen?


antjeIII schrieb:
>
> ich muss gleich wieder auf wohnungsbesichtigung gehen, aber ich habe keine kraft und fühle mich müde und schlapp.
>

Zeigt das nicht, wie unmotiviert du bist, eine neue "einsame" wohnung zu suchen?

Think positive!
LG und einen wunderschönen Herbsttag!




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Die Liebe ist so unproblematisch wie ein Fahrzeug. Problemtaisch sind nur die Lenker, die Fahrgäste und die Straße. (Franz Kafka)

Re: einsamkeit

Verfasst: 29. Okt 2006, 15:27
von hanner2
Wow Antje,

mir geht es gerade haargenauso! Also nicht nur "Oh, das kann ich gut nachvollziehen". Das ist enorm.

> bei mir schlägt wieder die einsamkeit zu.

Das ist eines der schlimmsten Dinge, glaube ich. Menschen, die zuhören und mal in den Arm nehmen, das ist mehr Wert als jedes AD. Aber woher nehmen? Ich nehme auch gerade nur Leute wahr, die Beziehungen haben, in tollen WGs wohnen. Alle scheinen glücklich zu sein. Na, ist ja auch klar. Die Depressiven nimmt man halt nicht so wahr. Die (wir) bleiben mehr zuhause oder fallen einfach nicht so auf.


> ich finde, dass es ein entsetzliches gefühl
> ist, mit dem ich nicht so richtig umgehen u
> nd aushalten kann. ich bin wieder dabei,
> das internet nach einsamkeit zu
> durchforsten, aber es hilft auch nicht.

Das habe ich auch gemacht. Aber was soll das? Eine Definition von Einsamkeit finden? Feststellen, dass es auch andere gibt. Das ist für Depressionen allgemein schon ganz gut, da man sich austauschen kann. Aber Einsamkeit ist nicht, worüber man diskutieren könnte. Das ist da oder nicht. Aber beim Finden von Beiträgen zum Thema habe ich mich gefragt, ob Einsamkeit Depressionen auslösen kann oder ob Einsamkeit eher die Folge von Depression ist.


> meine große angst ist, dass auch wieder die
> leere kommt und danach das große schwarze
> loch.

Das habe ich auch. Und ich frage mich, ob das jetzt wiederum eine Angststörung ist oder die normale Folge, wenn man sich die möglichen Folgen der Vereinsamung durch sozialen Rückzug vor Augen hält. Deshalb überlege ich z.B. gerade zu ne Therapeutin zu gehen, einfach um was noch Schlimmeres zu verhindern. Aber bei wochenlangen Wartezeiten ist das wieder ein schwieriger Plan.


> nun werde ich demnächst wieder alleine
> wohnen (wohne noch in wg) und das macht die
> angst nicht kleiner.

Ich zieh am 01.11. auch um. Erstmal vorübergehend in eine sehr große WG. Und danach wahrscheinlich alleine. Da hab ich auch Angst vor, dass das schief geht und ich nicht mehr raus gehen und völlig versinke.

> meine freundinnen mag ich auch nicht mehr
> anrufen, weil ich befürchte, sie zu
> überstrapazieren.

Ich habe gerade sogar Schwierigkeiten, Freunde zu fragen, ob sie mir beim Umziehen helfen, weil sie mir dieses Jahr schon mehrmals(!) beim Umziehen geholfen haben. Irgendwann zeigen die mir doch den Vogel!

> ich muss gleich wieder auf
> wohnungsbesichtigung gehen, aber ich habe
> keine kraft und fühle mich müde und
> schlapp.

Ohje, das ist auch echt anstrengend! Besonders der ganze formelle Kram, der da dranhängt. Ich bin gerade so oft umgezogen, dass ich keine Lust hatte, ständig allen neue Adressen zu geben. Das hat dann dazu geführt, dass ich bzgl. meiner Wohnung gefragt wurde "Öh, auf Ihren Gehaltsbescheinigungen steht eine Adresse. Die Adresse, die Sie uns angegeben haben, ist eine andere. Die Adresse, unter welcher Sie gemeldet sind, ist wieder eine andere?" Wenn jetzt ab 01.11. eine vierte Adresse dazukommt, halten die mich doch für bekloppt.

> ich freue mich auf eure postings.
>
> gruß herbstsonne

Ich hoffe, ich habe jetzt nicht zuviel von mir erzählt. Äh, doch habe ich. Hm. Naja, wollte bloß klarmachen, dass es auch anderen genauso gehen kann.

Gruß,
Hanner

Re: einsamkeit

Verfasst: 29. Okt 2006, 17:35
von Einar

Re: einsamkeit

Verfasst: 29. Okt 2006, 22:16
von jes
Hallo,

ich fuehl mich auch oft sehr einsam und allein
Nur bin ich das auch tatsaechlich. Denke das nicht nur durch die Depression.



@ einar
warum hast du deinen Beitrag geloescht?
Ich versteh dich sehr gut, mir geht es auch so wie dir !


Liebe Gruesse an euch, auch wenn ich nicht zu einer Loesung beitragen kann

Jessica

Re: einsamkeit

Verfasst: 30. Okt 2006, 09:44
von herbstsonne
Hallo FloLaRue,

erstmal herzlich Willkommen in diesem Forum. Es tut gut, wenn man weiss, wo man "Gleichgesinnte" finden kann. Das hilft auch ein wenig die Einsamkeit zu überwinden, auch wenn die Zweisamkeit nur eine virtuelle ist.
Jetzt möchte ich noch etwas schreiben zu deinem Satz:
"... dass man selbst ein König, respektive eine Königin ist und man sich selbst alles geben kann, was man braucht."
Das hört sich richtig gut an. Das Problem liegt aber meistens darin, dass man gar nicht richtig weiss, was man braucht und sich dem zu Folge auch nichts geben kann. Dies trifft besonders zu, wenn sich zu der Einsamkeit schon die Leere zugesellt hat. Da hat man nichts mehr, was man sich geben könnte. Soweit ist es bei noch nicht, aber ich habe ziemlich viel Angst vor dieser nächsten Stufe.


Hallo Entscheidungsneurotikerin,

ich glaube nicht, dass das Gefühl der Einsamkeit ein eingebildetes Gefühl ist, denn es ist ganz konkret da. Außerdem kommt die Einsamkeit ja nicht nur, wenn man alleine ist. Man kann sich ja sehr wohl einsam fühlen, obwohl man mit Menschen zusammen ist, Freunde hat etc. In der Verhaltenstherapie habe ich gelernt, dass es primäre und sekundäre Gefühle gibt. Die Einsamkeit ist das sekundäre Gefühl, das primäre ist bei mir aber die Unsicherheit, die ich zur Zeit aushalten muss. Damit kann ich nun gar nicht umgehen bzw. aushalten. Alles schreit in mir nach "Mamas Schoß". Ich habe es noch gelernt,mir selber Sicherheit zu geben.
Und - damit komme ich zum nächsten Punkt - ich wohne ich einer nicht mehr funktionierenden 2-WG. Wir sprechen nicht mehr miteinander, sind beide genervt vom Anderen und ab und zu gibt es auch mal Kleinkrieg. Diese Wohnsituation, die auch schon länger besteht, zerrt an meinen Kräften. Auf dem Wohnungsmarkt, der sowieso schlecht aussieht, bin ich als Hartz-IV-Empfängerin mit Schulden auch nicht gerade willkommen. Ich schaue mir fast täglich Wohnungen an. Das schlaucht auch ungemein; zumal ich sowieso nicht gesund bin (mittelschwere bis schwere Depression). Ich finde, dass ich mich bisher gut gehalten habe, aber irgendwie ist die Luft raus. Meine Freunde halten echt zu mir, aber ich kann sie auch zu sehr belasten. Sie müssen auch auf sich aufpassen.
Ich weiss, dass das Alleine-Wohnen für Depressive nicht besonders gut ist. Aber nach dieser Erfahrung möchte ich nicht mehr in eine WG ziehen. Ich will jetzt erstmal nur schnell raus und suche mir dann eine Wohnung in einem Wohnprojekt. Da hat man Kontakt zu Anderen, wohnt aber alleine.



Hallo Einar und hallo Jessica

Einar, ich finde es auch schade, dass du deinen Beitrag gelöscht hast. Ich weiss nicht, wo ihr beide wohnst. Sollte es aber in einer größeren Stadt sein, dann versucht doch mal eine Anlaufstelle für Depressive und andere psychisch Erkrankten zu finden. Es gibt auch "betreutes Wohnen". Das heisst aber, dass man alleine wohnt, aber eine tägliche Anlaufstelle mit Therapie hat. Zumindest ist es eine Möglichkeit neue Menschen kennen zu lernen.

Hallo Hanner,

dich hätte ich beinahe vergessen. Warum musst du so oft umziehen? Das hört sich nicht gerade gesund an. Klappt es mit deinen Mitbewohnern und dir nicht?



Ich danke Euch allen für Eure Beiträge. Ich habe viel darüber nachgedacht und es hat mich auch weiter gebracht.

Lieben Gruß Herbstsonne

Re: einsamkeit

Verfasst: 30. Okt 2006, 11:47
von jes
Hallo Herbstsonne,
uebrigens gerade sehr passend zur Jahreszeit, dein Name, sehr schoen

Ich sollte in der Tat betreutes Wohnen in Anspruch nehmen. Das war allerdings vor einem knapp 1,5 Jahren, als es mir noch sehr sehr schlecht ging. Damals war ich in der Klinik, und den Antrag darauf habe ich mit der Sozialarbeiterin schon ausgefuellt. Ich konnte mir auch nicht vorstellen allein zu Hause klar zu kommen.

Heute sieht das anders aus. Damals wurde ich noch auf Lithium eingestellt und ging nach der Klink noch in eine Tagesklink was mir sehr viel gebracht hat, gerade weil ich nach der langen Klinikzeit nicht ganz wieder zu Hause allein war. Tagsueber war ich dann in der Tagesklinik, das hat den Uebergang leicht gemacht. Hab mich da sehr wohl gefuehlt. Auch heute geh ich noch zu der Aerztin der Tk. Danach fing ich wieder an zu arbeiten, und ich freute mich teils auch darauf. Teils nur, weil ich auch Angst hatte, ich war ja auch 5 Monate nicht da !

Heute geht es mir eigentlich ganz gut. Ich kann es ertragen zu Hause allein zu sein, zu tun gibt es ja auch immer genug.
Oft geniesse ich die Ruhe hier, so kann ich meiner Leidenschaft dem Lesen nachgehen, oder einfach kreative Arbeiten machen.
Die Einsamkeit erdrueckt mich nicht.
Das kommt vielleicht daher das es mir wieder besser geht. Frueher kam ich damit nicht zurecht. Konnte es kaum etragen allein zu sein.
Meine andere Diagnose soziale Phobie, macht es mir auch nicht gerade leicht unter Menschen zu gehen, wobei es sich schon sehr gebessert hat. Heute kann ich auch viele Dinge wieder ohne Angst machen. Mein Leben heute hat wieder an Qualitaet gewonnen. Ich brauch kein betreutes Wohnen mehr, worueber ich sehr stolz bin. Ich habe viel geschafft.

So, nun habe ich doch viel zu viel ueber mich selber gesprochen, entschuldige ...

Nichtsdestotrotz bin ich manchmal noch allein, das ist wohl jeder mal, und das ich kaum jemanden habe ist auch Tatsache ...

Jessica

Re: einsamkeit

Verfasst: 30. Okt 2006, 15:46
von rilke
Hallo Herbstsonne,

auch ich kenne das Gefühl der Einsamkeit nur zu gut. Dabei hat mein Beruf etwas mit Menschen zu tun. Und dennoch gelingt es mir nicht auf normalem Wege Beziehungen aufzubauen. Du hast wenigstens noch Freundinnen. Bei mir ist das ganze sehr reduziert. Warum? Vielleicht bin ich einfach nicht gut genug für andere Menschen. Für den täglichen Small talk reicht es schon noch aus, aber was mich wirklich zum Aussenseiter gemacht hat - ich weiß es auch nicht.
Jedenfalls habe ich schon einen regelrechten Horror vor diesen dunklen Wochenenden, denn auch die Feiertagswochenenden nahen und eine Familie als Rückhalt, darauf kann ich leider auch nicht zurückgreifen. Hoffentlich geht diese Zeit einfach nur vorüber...

Gruß Gika