Der erste Schritt

deliverance
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Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Ich habe sehr lange versucht zu ignorieren, was mit mir passiert. Aber in den letzten Wochen habe ich versucht, eine Erklärung zu finden, und hier bin ich gelandet.
Ich kann nachts nicht schlafen. Jede Nacht quälen mich Albträume, Träume, in denen ich jemanden töte, Träume in denen ich verfolgt werde... Ich habe Angst davor, allein in meinem Bett zu liegen und meinen Gedanken ausgeliefert zu sein.
Tagsüber fühle ich mich wie zerrissen. Ich hasse es, allein zu sein. Ich fühle mich, als wäre ich es nicht wert, als würde man mit mir nur Zeit verschwenden. Ich wünsche mir so, dass die anderen mich in den Arm nehmen und bei mir sind. Aber gleichzeitig kann ich es nicht ertragen, bei ihnen zu sein. Ich fühle mich, als wäre man nur aus mitleid mit mir zusmmen. Immer öfter habe ich das gefühl, dass ich in diese Welt nicht reingehöre. Und ich fange an, mich selbst zu hassen, und nicht die Menschen, die mich verletzt haben.
Ich hasse es, immer schlechter zu sein als alle andern. Egal wie sehr ich mich bemühe, ich schaffe es einfach nicht, glücklich zu werden. Dabei gab es einmal eine zeit, da war ich glücklich. Und jetzt fühle ich mich so klein... ich habe schon einige Freunde verloren, weil ich mich so abkapsel. Aber es ist nicht wegen ihnen. Ich will mich nicht aufdrängen. Ich will nicht in diese Welt da draußen, ich habe solche Angst, nicht zu genügen. Ich habe gelernt, nach perfektion zu streben. und ich war immer so stark. Nach außen hin bin ich das auch, aber im innern bin ich so schwach... Ich fühle mich gerade schlecht dabei, völlig fremde mit meinem kummer zu belästigen... aber ich habe erkannt, dass es der erste schritt ist um wieder glücklich zu sein. Ich hasse es, immer Angst zu haben. Ich hasse es, die kontrolle über mich selbst zu verlieren. Ich hasse es, dass ich jetzt schon wieder weine. Vielleicht gehöre ich nicht hierher, ich möchte mich nicht aufdrängen oder mich aufpielen... Ich musste es nur einmal sagen. Einfach mal sagen: Mir geht es verdammt schlecht, und ich kann mir nicht selbst helfen.
"Die Frage ist nicht, woher wir kommen, sondern wohin wir gehen- und ob wir gehen!"
MartinD
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von MartinD »

Hallo may
Vieleicht hilft es dir wenn ich dir sage das,daß was du schreibst 98% genau das ist was ich selbst fühle.Bis auf die Art von Träumen die ich nicht habe.
Aus deinen Zeilen kann man sehr genau fühlen wie es dir im Moment geht.
Wie gerne würde ich dir helfen!!!
Oh wenn ich es nur könnte.
Ich kann dir nicht einmal einen Tipp geben da ich eigentlich in der gleichen Lage bin.
Dieses Forum ist zur Zeit der Ort meiner Zuflucht.
Ich habe mir eben schon überlegt ob es eventuell hilft wenn man miteinander telefonieren könnte.
Wie du ja weißt hat man niemanden zum reden.
Ich umarme dich in Gedanken.
Lieber Gruß Martin
Wo es Sieger gibt,da gibt es auch Verlierer
deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Es tut wahnsinnig gut, von jemandem zu hören: Ich verstehe dich. Du bist nicht verrückt.
Danke. Immer wenn ich versucht habe, mit jemandem darüber zu reden, wie es mir gerade geht, bekam ich die Antwort: Man kann sich auch viel einbilden. Alle haben mal Probleme.

Aber es ist mehr als das. Ich weiß, wie es sich anfühlt, nur ein problem zu haben. Im Moment ist es aber eher so, dass ich das Problem bin- für mich selbst, für andere...
Ich denke es kann helfen, mit jemandem zu telefonieren, aber nicht in meinem Fall. Ich kann anderen einfach nicht so offensichtlich mein leid klagen. Ich denke immer, dass die sorgen anderer wichtiger sind als meine. Ich schäme mich, schwach zu sein und zu weinen. Aber ich bin froh, diese seite entdeckt zu haben. Hier fühle ich mich nicht so... anders.
"Die Frage ist nicht, woher wir kommen, sondern wohin wir gehen- und ob wir gehen!"
Cyberwalk
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von Cyberwalk »

Hallo May,

die Schilderung deiner Situation lässt sicher niemanden kalt.

Ich finde, du brauchst dringend einen (realen) Menschen, dem du dich mit all deinen Nöten anvertrauen kannst. Hast du in der Familie echten Rückhalt oder ist sie Teil deines Problems? Kannst du dir eine Person (z.B. Freundin) vorstellen, die verständnisvoll auf deine Probleme eingeht?

Ein Mensch, der soviel Kummer und Angst und Wut in sich spürt, fällt anderen nicht zur Last, sondern hat alles Recht auf Beistand und Hilfe. Ich nehme an, dass deinen Empfindungen real erfahrene Belastungen zugrunde liegen.

Scheue dich bitte nicht, dich mit dem Thema ärztlicher Hilfe (durch den Hausarzt/einen Neurologen) zu beschäftigen.

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Ich konnte mich auch lange Zeit niemandem mit meiner ineren Verzweiflung anvertrauen und habe erst durch Ärzte/Therapeuten einen Weg gefunden. Dass man sich einem Arzt/Therapeuten anvertraut, bedeutet nicht automatisch, dass einem wirklich geholfen wird. Es gehört sicher etwas Glück dazu, die richtige Person zu finden. Aber du kannst die Erfahrung machen, dass man dich und deine Biografie ernst nimmt, dass deine Situation Ursachen hat und dass es einen Weg raus gibt.

Und noch etwas: Du bist sicher ein wertvoller Mensch. Du schreibst intelligent, differenziert und bewegend. Solche Menschen haben anderen immer etwas zu geben. Ich wünsche dir von Herzen alles erdenklich Gute.

Liebe Grüße
samaya
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von samaya »

liebe may,

ich habe schon in dem anderm thread "wie alt seid ihr" auf dich reagiert, da hatte ich dies noch gar nicht gelesen.

süße maus, du hast mein ganzes mitgefühl. du machst dich ja völlig fertig... ich würde dir wünschen, dass du dir ärztliche hilfe holst.

deine probleme sind ernst zu nehmen. und vorallem kannst du nichts dafür, dass du so fühlst. weißt du, wenn wir unsere gefühle steuern könnten, wären wir alle nicht hier. und weil wir nicht so leben wollen, suchen wir uns hilfe.

genauso wie jeder kranke, der z.b. ein gebrochenes bein oder masern hat. er holt sich hilfe bei einem arzt. er würde unverantwortlich handeln, würde er dies nicht tun.
und er wird sich keine vorwürfen machen, dass er krank geworden ist und es braucht ihm auch nicht peinlich zu sein.

genauso wenig wie uns... wir gehen genauso unverantwortlich mit uns um, wenn wir keinen arzt aufsuchen.

und aus erfahrung weiß ich, dass es gar nicht so schlimm ist, wie man sich ausmalt ich habe schon die eine oder andere therapie hinter mir. und neurologen habe ich auch schon sehr nette kennen lernen dürfen. wenn du also fragen hast, nur zu

das hat auch alles nichts mit verrückt-sein zu tun.
eher was mit stark-sein. denn du kümmerst dich um dich selbst und beschützt dich.

ich wünsche dir ganz viel mut!
alles liebe
sam
deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Liebe Sam, lieber Cyrano,
Danke für eure aufmunternden Worte.
Ich weiß dass ich ärztliche hilfe brauche, aber ich habe große angst davor.
Zum ersten versteht meine Hausärztin seelische probleme überhaupt nicht. Sie kann alles mit falscher ernährung, Wetter, Blutwerten usw. erklären. Ich traue mich gar nicht, zu ihr zu gehen und um eine Überweisung zu bitten.
Meine Familie ist ein weiteres Problem. Sie stehen voll hinter mir und lieben mich, aber dafür hätten sie kein verständnis. Das ist eine Geisteskrankheit. Ich bin verrückt. Was sollen die Leute denken? Ich höre genau was meine mutter sagen würde. Ich bin zwar 18 und brauche ihre Zustimmung nicht, aber ich brauche trotzdem ihre Unterstützung.
Und wie enttäuscht würde sie erst sein, wenn sich das auf die Schule auswirkt! im August beginne ich die 13. Klasse, ich habe also bald das abitur. Ich bin recht gut in der schule, aber wenn ich nur an das kommende jahr denke, wird mir übel... Ich glaube, ich kann den erwartungen nicht entsprechen. Ich muss mindestens die Abinote meiner großen schwester erreichen, also 2,0. Ich muss dem Abiball-Kommittee beitreten. Ich muss anderen helfen, ihre Englischnoten zu verbessern. Ich muss das Tanzen noch irgendwie dazwischen schieben. ich muss mich um meine freunde kümmern, um nicht völlig fallengelassen zu werden.
Eine gute Freundin von mir hat das ganze letzte Schuljahr verpasst, weil sie schwere Depressionen und Angststörungen hatte. Und alle haben schlecht über sie geredet. Sie würde sich nur aufspielen und man könne sowas mit willenskraft bewältigen. Früher war sie das beliebteste Mädchen im Jahrgang, jetzt hat sie nur noch 2,3 Freunde.
Ich habe angst dass es mit mir auch passiert.
Und überhaupt, wie soll ich das denn alles bezahlen?
Es schwirrt soviel in meinem Kopf herum, soviele Fragen, und alles was ich weiß, ist dass ich die fassade nicht mehr lange aufrecht erhalten kann. Ich spüre, dass der große zusammenbruch bald kommt. Und dann fangen die Probleme erst an.
Deshalb: danke, dass ihr mir hier zuhört. Alle meine sogenannten Freunde würden lachen, wenn ich sowas sagen würde. mal abgesehen davon, dass ich mich nie trauen würde, von selbst ein problem anzusprechen...
Deshalb nochmals vielen Dank. Und auch ich wünsche euch, dass ihr euren Weg findet und den Mut habt, ihn zu gehen, egal, welche Hindernisse sich auftun.
"Die Frage ist nicht, woher wir kommen, sondern wohin wir gehen- und ob wir gehen!"
Birgit49
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von Birgit49 »

Hallo May,

das Einzige, was Du musst, ist, erkennen, dass es sich bei Depressionen um eine Krankheit, bisweilen eine schwere Krankheit, handelt und Du versuchen solltest, Dir jede professionelle Hilfe zu holen, die irgend möglich ist.

Ich wünsche Dir von Herzen, dass Dir dies bald möglich sein wird.

Liebe Grüße

Birgit
Die Fähigkeit das Wort “Nein“ auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit.
(Nicolas Sebastién Chamfort)
samaya
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von samaya »

liebe, süße may,

ich kann das alles sehr gut verstehen! als mir das erste mal gesagt wurde, dass ich in eine psychosomatische klinik müsse, wäre ich fast im boden versunken vor scharm. ich war 16 und hatte grad einen der begehrten plätze auf einer weiterführenden schule bekommen. leider war mir meine mutter auch nie eine große hilfe. sie trank damals noch. und so bin ich aus angst und unwissenheit nicht hingegangen.

dabei wäre mir sooo viel erspart geblieben! alleine kommt man aus dem sumpf einfach nicht raus. ich habe es versucht und mich hätte es beinahe das leben gekostet.

ich könnte die leute schütteln, die so über depressionen denken und alles noch viel schlimmer machen . aber ich weiß ja, dass es nur die unwissenheit ist. so wird es bei deiner ma (und deinen freunden) auch sein. sonst würde sie nicht so reden. sie bräuchte mal eine infobroschüre. du könntest ihr die internetsite des kompetenznetz depression zeigen, oder es ihr ausdrucken und komentarlos geben.

wenn du depressionen hast, und es hört sich verdammt danach an, brauchst du hilfe! jeder siebte nimmt sich das leben. ich möchte dich damit nicht erschrecken, süße. sondern dir nur aufzeigen, dass es wirklich nichts ist, was man allein durch willenskraft hinbiegen könnte!

und wenn du meinst, dass deine hausärztin dich nicht versteht, geh einfach ohne überweisung zu einem facharzt. einem therapeuten, einem psychater, einem neurologen, was auch immer. zu not können sie dich an andere fachärzte weiterleiten.

und mach dir keine sorgen wegen der kosten. die übernehmen zu 100% deine krankenkasse (bzw. die deiner eltern).

wenn du immernoch angst oder fragen haben solltest... schreib ruhig weiter. vielleicht krigen wir das ja hin

ich drück dich erstmal
sam
deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Liebe Sam,
Ich wusste nicht, dass die Kosten getragen werden. Damit ist mir schonmal eine große Hürde aus dem Weg geräumt worden...
Ich denke auch, dass meine Mutter es vielleicht verstehen würde, sie würde mich immer unterstützen. Aber das Problem ist in mir drin. Ich war immer die vernünftige, die fröhliche, die gute zuhörerin, die schlaue... nie hat mich jemand schreien hören, ich bin nie laut geworden... nur wenige leute haben mich weinen sehen...
Verstehst du, was ich meine? Da ist ein Bild von mir in ihren Köpfen. Wenn ich zu mir stehe und dazu wie ich innerlich jeden Tag ein bisschen mehr sterbe, dann enttäusche ich sie. Vielleicht hat dann manch einer ein schlechtes Gewissen, und das will ich nicht. Ich will nicht, dass die Leute wieder ankommen, weil ich krank bin. Ich war als der Mensch der ich bin nicht gut genug... manchmal frage ich mich ja selbst ob ich es mir nicht alles einrede. Aber da ist dieses Ungetüm in meinem Bauch... Irgendwas ist in mir, und es wächst Tag für tag, es ist jetzt schon stärker als ich es je sein werde.
Ich fühle mich so schwach, und ich darf nicht schwach sein. Ich war immer stark.
Aber ich denke schon, dass ich es irgenwann schaffe. Vielleicht ist die wahre Stärke, sich einzugestehen, wann man Hilfe braucht. Ich werde zwar vieles aufgeben müssen-Schule, Freunde, Freizeit- aber ich glaube, ich muss mir hilfe holen. Jetzt, wo ich weiß, dass es gar nicht so schwer ist, wie ich dachte, kann ich es durchziehen. Ich weiß zwar noch nicht, wo ich diese Kraft hernehmen soll...
Aber das was du mir schreibst hilft schon ungemein.Danke sehr. http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... icon12.gif
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BeAk

Re: Der erste Schritt

Beitrag von BeAk »

Liebe May,

Du brauchst keine Überweisung Deines Hausarztes um einen Psychiater aufzusuchen. Du kannst Dir direkt einen Thermin holen.

Du sagst Du bist immer die starke gewesen und willst und darfst nicht schwach sein.

Ist es Stärke mit einem gebrochenen Bein, keinen Arzt aufzusuchen, herumzuhumpeln und es schief zusammen wachsen zu lassen und nie wieder richtig gehen zu können?
Oder ist es Dummheit und Schwäche so zu handeln?
deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Liebe Bea,
dein Vergleich hat mir sehr geholfen. Wahrscheinlich hast du recht und wahre stärke heißt sich seine Schwächen einzugestehen.
Es ist nur eben schwer alte Verhaltensmuster ganz einfach abzulegen. Aber ich beginne gerade endlich wieder ein gefühl für mich selbst zu entwickeln und meine bedürfnisse über die anderer zu stellen. Das ist ein schwerer schritt den du sicher auch kennst... Liebe Grüße, May
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BeAk

Re: Der erste Schritt

Beitrag von BeAk »

Liebe May,

ich sehe es so, es ist Stärke die Grenzen seiner eigenen Fähigkeiten zu erkennen
(in diesem Fall, sich selber heilen zu können) und dann jehmanden von Fach zur Hilfe holen.

Die eigenen Bedürfnisse über die der anderen zu stellen, ist das Schwerste überhaupt.
Jedenfalls für mich, denn es wird mir von meinem depressiven Mann immer wieder zum Vorwurf gemacht. Und so zieht er mich immer wieder schön in eine Depri hinein.
Und scheinbar laß ich mich auch immer wieder ziehen, das Thema für die nächste Therapiesitzung ist somit klar.
deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Liebe Bea,
es klingt jetzt vielleicht verrückt und etwas übertrieben, aber ich habe das so erlebt: die grenzen meiner eigenen Fähigkeiten waren immer auch die Grenzen der Fähigkeiten meiner Bezugspersonen. Nur, wenn andere etwas nicht schaffen, ist es unmöglich. Wenn ich etwas nicht geschafft habe, dann war ich eben unfähig. Ich weiß nicht, ob das gerade so nachvollziehbar ist, schreibe grad vielleicht auch etwas wirr weil grad wieder eine Phase im Anmarsch ist... Aber an dieses gefühl "ICH schaffe etwas nicht, ICH habe meine Grenze erreicht, ICH brauche Hilfe", daran muss ich mich erst noch gewöhnen.
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deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Liebe Samaya,
Habe grad wieder eine echt schlimme Phase, und du hast ja gesagt bei Fragen kann ich dir schreiben...
Ich habe angst davor medikamente zu nehmen. Ich glaube man wird davon abhängig... Jedenfalls ist das einer freundin so ergangen, sie wurde abhängig von schlafmitteln als sie in der klinik war.
Verdammt, jetzt geht´s los... Warum ist man auf diesen Mist nie vorbereitet?! Es ist doch gar nix passiert, warum heule ich jetzt schon wieder...
Is wohl besser wenn ich schluss mach für heut. würde mih aber über eine Antwort freuen...
Liebe Grüße May
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BeAk

Re: Der erste Schritt

Beitrag von BeAk »

Liebe May,

Antidepressiva sind keine Schlaftabletten und machen nicht süchtig.
Sie wirken völlig anders.

Liebe May, wer kein gebroches Bein hat muß nicht zum Chirougen. Wer keine Depri hat, braucht auch nicht zum Psychiater. Wer keine Probleme hat, kommt folglich auch nicht an die Grenzen seiner Fähigkeiten.
Wer aber einen Rechtsstreit hat und klug ist, sucht sich einen guten Anwalt.
Wer ein Haus bauen will, braucht einen Architekten.
Ich brauche die KFZ-Werkstatt zur Inspektion oder Reperatur.
Für alles was ich nicht selber gut erledigen kann, sollte ich kluger Weise jehmanden haben oder suchen, der weiß wie es geht.
Und wenn Deine Lieben Verwannten das anders sehn, verhalten sie sich wie jehmand der mit gebrochenem Bein nicht zum Arzt geht und verlangen auch solche Verhalten von dir.
samaya
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von samaya »

hey süße may,

ich hab jetzt erst dein posting gelesen und fast schon ein schlechtes gewissen, dass ich gestern nicht mehr im netzz war

ich kann dich so gut verstehen. mir ging es genauso früher. ich dacht auch, ich würde alle enttäuschen, wenn ich meine "schwache" seite zeige. ich hatte angst, dass sich alle abwenden, weil sie es nicht ertragen mich so zu sehen. dabei habe ich es nicht ertragen und hatte eigentlich angst vor meinen eigenen gefühlen und meiner hilflosigkeit. aber may, du wirst sehen, dass diese ängste unbegründet sind. diesen mangelnde selbstbewusstsein und diese angst sind symptome der krankheit und durch therapie heilbar. zumindest war es bei mir so

bea hat recht. du brauchst vor anti-depresssiva keine angst zu haben. sie machen nicht abhängig. und vielleicht gibt es auch eine andere lösung für dich.

ich weiß natürlich nicht, wie stark deine depressionen sind. aber johanniskraut soll (richtig dosiert) bei leichten bis mittelschweren depressionen genauso gut helfen wie antidepressiva!

ich freue mich sehr darüber, dass dir mein posting ein wenig geholfen hat und möchte auch gern weiterhin für dich da sein!
also scheue dich nicht davor zu schreiben.

ich hoffe du bist jetzt nicht ganz tief drin. und wenn docch... vielleicht erreicht es dich ja, dass ich an dich denke und für dich da sein werde.

alles liebe
sam
deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Liebe Bea, Liebe Sam,
Gestern abend war es echt schlimm... Was ich einfach nicht begreifen kann, ist dass man nach so einem anfall am nächsten morgen aufstehen kann wie immer! In meinem Kopf ist zwar trotzdem noch das übliche Chaos, aber im Moment blicke ich auf gestern abend als wenn es ein anderer Mensch erlebt hätte... Komisch, oder?
Es tut mir leid falls ich euch hier eventuell mit meiner Unwissenheit nerve... Aber das sind alles so Dinge über die ich mich nie informiert habe. Also danke dass ihr mir da helft.
Ich habe mich jetzt übrigens entschlossen, meinen Hausarzt zu wechseln. Es gibt bei uns in der Stadt noch eine etwas ältere Ärztin, da war ich schon einmal gewesen weil meine Ärztin im urlaub war. Ich glaube, bei ihr traue ich mich eher über meine Probleme zu reden. Ich möchte nicht einfach so aus heiterem himmel bei einem Psychologen aufkreuzen, das kommt doch dann so rüber als hätte ich mir selbst eine Diagnose gestellt... Also werde ich versuchen von meiner neuen Hausärztin eine Überweisung zu bekommen.
Ich weiß, das ist jetzt nicht der große Durchbruch, aber ich bin schon stolz diese Entscheidung getroffen zu habe.
Liebe Grüße und ganz viel Kraft für den heutigen Tag!
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samaya
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von samaya »

super! sehr gute idee zu einer andern ärztin zu gehen
da kannst du auch stolz drauf sein! es freut mich, wenn du hier schreibst. und wenn du fragen stellst beantworte ich sie sehr gern!

es ist ein bißchen so für mich, als würde ich mir selbst damit helfen. dadurch, dass ich dir die unterstützuing geben kann, die ich leider nicht hatte. also, du nervst nicht, sondern hilfst mir sogar damit!

und jetzt hoffe ich, dass du einen schöneren abend als gestern haben wirst.

schlaf schön meine süße und sei weiterhin stolz auf dich!
sam
deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Danke liebe samaya! Leider war mein wochenende alles andere als gut, warum kannst du in Tinus´s thread zum Thema vergänglichkeit lesen... Hoffe aber dir geht es auch gut! http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... /icon7.gif
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Leise Stimme meldet sich zurück...
Ich habe das gefühl dass alles immer schlimmer wird. Und nchste woche geht die schule wieder los. und alles geht so schnell, alles überschlägt sich... Habe zwei guten freundinnen von meinem problem erzählt, eine von ihnen ist selbst seit einem halben jahr in behandlung. Aber es war keine erleichterung. das alte gefühl des nicht-gut-genug-seins war wieder da. Ich habe mich gefragt, warum erzähle ich das jetzt, das will doch keiner hören. Und mir gegenüber tun sie vielleicht verständnisvoll, aber hinter meinem rücken...
Ich kann einfach nicht mehr. Ich habe angst, mir hilfe zu holen, ich habe immer anderen geholfen, ich brauche keine hilfe... aber so kann ich nicht weitermachen. Ich sehe die anderen menschen um mich herum und es zerreißt mir das herz, dass ich nicht mehr so bin wie sie. Und weil ich nicht mit ihnen reden kann, entfernen sie sich immer mehr von mir. Ich bekomme schweißausbrüche, wenn mich jemand kritisiert. Ich bin einfach so wehrlos geworden, so feige und nutzlos... Ich HASSE mich!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Ich werde noch verrückt. In mir ist diese schreckliche faust aus angst, wut, trauer und dingen, die ich nicht benennen kann. Und mittlerweile denke ich, ich bin doch selbst schuld. Ich bin zu blöd, mir hilfe zu holen, dann muss ich halt damit leben. Aber lange schaff ich das nicht mehr. ich hasse dieses unsichtbar sein- für mich selbst, für andere. Dieses Stumm-sein, obwohl mein körper brennt und ich voller kraft schreie.
Musste das loswerden. aber besser geht es mir trotzdem nicht.
Wenn man schon an allem zweifelt, was früher hoffnung war... Ich kenne mich selbst nicht mehr. Ich verliere die kontrolle.
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samaya
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von samaya »

hey süße,

das hört sich nicht gut an. ich mache mir sorgen um dich! bitte gehe zu einem arzt. geh gleich morgen früh hin. oder jetzt in ein krankenhaus, da gibt es auch ärztr, die idr helfen können. es kann dir wieder besser gehen! glaube mir.

ich drück dich und bin immer noch bei dir, wenn du möchtest.
sam
BeAk

Re: Der erste Schritt

Beitrag von BeAk »

Liebe May,

entweder gehst Du heute noch ins nächste Krankenhaus oder aber morgen füh zum nächsten Psychiater, Adresse findest Du im Örtlichen Telefonbuch.
So geht das nicht weiter mit Dir, Du spielst mit Deinem Leben. Suche Dir bitte endlich Hilfe, Du hast sie dringend nötig.

Wende Dich entweder direkt an ein Krankenhaus oder geh direkt, ohne Terminanfrage, in eine psychiatische Praxis, sage das Du die Kontrolle verlierst, dann bekommst Du einen Notfalltermin.
Laß Dich nicht abwimmeln!
samaya
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von samaya »

liebe may,

magst du mal ein lebenszeichen von dir geben?

ich denk an dich
sam
deliverance
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von deliverance »

Hallo ihr lieben...
war eine ganze weile nicht in der lage zu schreiben... habe mich nur verkrochen und vor anderen wie immer funktioniert. Aber in mir stirbt langsam was. Heute in der schule kam es ganz plötzlich, im Unterricht musste ich auf einmal die tränen zurück halten und wurde total hibbelig und zittrig. Meine beste freundin saß gott sei dank neben mir, sie ist klug genug, in der situation nicht zu fragen sondern nur ihre hand auf meinen arm zu legen.
Ich weiß, dass ich hilfe brauche. Aber meine ziele haben einen herben rückschlag erlitten. Die hausärztin, zu der ich wechseln wollte, geht in rente. Und gestern war ich wegen meiner Kreislaufprobleme bei meiner ärztin und war vorher völlig nervös, weil ich sie nach einer überweisung fragen wollte. als ich drin war schlotterten mir die knie, aber ich war so mutig zu sagen: "Ich habe beobachtet, dass diese anfälle nur stattfinden, wenn ich mich in einer aufreibenden, emotional anstrengenden situation befinde. Vielleicht ist es nicht körperlich." Direkter konnte ich nicht werden. Mir fehlte der mut einer mir unsympathischen frau einfach so zu erzählen, wie es mir geht. Also hoffte ich natürlich auf fragen ihrerseits, aber sie verschrieb mir nur blutdrucksenkende medikamente und überwies mich zu drei verschiedenen spezialisten, darunter ein augenarzt. Hallo??? Was ist für diese frau denn naheliegender, dass ich einen Psychologen oder einen AUGENarzt brauche? Ich war total geschockt danach und dann kam wieder die angst und der selbsthass... Wieder eine sache, die ich nicht geschafft habe. aber ich blieb mutig und sprach abends meine mutter ganz offen an und sagte: "Ich wollte eigentlich eine überweisung zum psychologen. In letzter zeit bin ich oft grundlos verzweifelt, habe zu nichts mehr lust und fühle mich so leer und wertlos." Sie sagte nur, man könne sich auch viel einbilden und ich sei wohl zu oft mit meiner depressiven freundin zusammengewesen.
Versteht ihr, wie ich mich fühle??? Endlich beweise ich mut, gehe einen großen schritt- für mich jedenfalls- und niemand nimmt mich ernst. ich WILL ja zur therapie, aber ohne überweisung bezahlt doch keine krankenkasse... es macht mich so fertig, vor allem, weil ich jetzt in der schulzeut noch mehr kraft brauche um mir nichts anmerken zu lassen. Es ist doppelter stress: gute noten bringen, um im april mein abi zu machen, und dazu kommt noch die angst vor allen möglichen kleinigkeiten. Mittlerweile habe ich das gefühl dass niemand mir noch helfen kann, aber es ist tröstend zu wissen, dass mir hier jemand zuhört und mich ernst nimmt.
Die resignierte may
"Die Frage ist nicht, woher wir kommen, sondern wohin wir gehen- und ob wir gehen!"
Lioness
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Re: Der erste Schritt

Beitrag von Lioness »

Hallo May,

also zunächst mal: Super, dass Du versuchst hast, Dir Hilfe zu holen - und wie schade, dass das nicht so von Erfolg gekrönt war, um nicht zu sagen: Ätzend!

Ich kann sehr, sehr gut nachvollziehen, wie Du Dich jetzt fühlst, und ich fühle wirklich mit Dir - habe letztes Jahr z.T. ähnliche Erlebnisse gehabt. Hier im Forum wirst Du auf jeden Fall ernst genommen, fast alle hier wissen genau, wie Du Dich fühlst - und wie schwierig es ist, sich in so einem Zustand selbst um Hilfe zu kümmern, und wie schnell einen so eine Erfahrung völlig runterziehen und demotivieren kann.

ABER: Es hilft alles nichts, Du wirst nochmals aktiv werden müssen, um tatsächlich Hilfe zu bekommen!

Punkt 1: Gaaaaaaanz wichtig: Es gibt Hilfe für Dich, Du hast einen Anspruch darauf, und die Krankheit IST einigermaßen in den Griff zu kriegen!

Punkt 2: Du wirst deutlich sehr viel mehr von Dir und Deiner momentanen Verfassung preisgeben müssen. ÄRZTE KÖNNEN NICHT HELLSEHEN!

Wenn Du wegen Kreislaufproblemen zur Ärztin gehst und Dich tatsächlich nur so ausgedrückt hast, wie Du es hier beschrieben hast - WOHER soll sie wissen, wie ernst es bei Dir bereits ist? Da liegt die Verantwortung ehrlich gesagt schon auch bei Dir, Deine - besch...... - psychische Verfassung auch angemessen rüberzubringen, und nicht allein bei der Ärztin, nachzufragen. Sicher hätte eine "gute", empathische Ärztin nachgehakt. Hausärzte sind aber nun mal keine Fachärzte für psychische Krankheiten. Und: nicht jede Ärztin ist "gut" und kompetent, und auch nicht auf allen Gebieten.

Punkt 3: Versuche, die Reaktion Deiner Mutter nicht zum Maßstab Deines Handelns zu nehmen. Sie hat - wie eigentlich fast alle Menschen, die noch nie direkt mit psychischen Krankheiten und Depressionen zu tun hatten - null Ahnung davon, kann es überhaupt nicht einschätzen und beurteilen - und hat einfach nicht Recht! Natürlich tut es weh, so etwas von seiner Mutter zu hören, von der man sich Hilfe und Unterstützung erhofft, und ihr Ausspruch ist einfach lieblos. Sie muss auch erst einmal mit diesen Dingen umgehen lernen.

Punkt 4: Du brauchst keine Überweisung von einem Arzt, um einen Psychologen aufzusuchen! Du kannst einfach so einen Termin vereinbaren und dorthingehen, es kostet Dich dann die € 10,- Praxisgebühr. Die ersten Sitzungen sind probatorisch und werden ohne Antrag etc. einfach so von der Krankenkasse abgerechnet.

Für den Antrag auf Psychotherapie braucht man dann allerdings schon einen ärztlichen Konsiliarbericht, aber eben nicht für Erstgespräche.

FAZIT: Es kann, darf und muss bei Dir weitergehen!

Nur weil eine Ärztin den Ball "vielleicht ist es etwas nicht Körperliches?" nicht aufgenommen hat, heißt das nicht, dass Dir ein anderer Arzt nicht glauben wird.


Tipps:

- ziehe bitte dringend auch den Besuch einer PsychiaterIn in Betracht - eine Fachärztin ist für Depressionen zuständig, nicht die Hausärztin!
- Höre Dich auch nach einer anderen Hausärztin um!
- Suche Dir die Therapeuten Deiner Gegend heraus und telefoniere sie der Reihe nach wegen eines Termins ab.
- drucke Dir Deine Postings hier aus, schreibe auf, was Du beim Gespräch mit ÄrztIn / PsychologIn sagen willst
- Hör / Sieh Dich um, ob es in Deiner Gegend psychologische Beratungsstellen, Kriseninterventionszentren uws. gibt. Manche Psychiatrischen Krankenhäuser/ psychiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern haben eine Institutsambulanz, wo man auch hingehen kann
- Du hast von Deiner verständnisvollen Freundin geschrieben. Kannst Du Dir vorstellen, sie daraufhin anzusprechen und sie zu bitten, Dich zu begleiten?
- Hast Du andere "erwachsene" Bezugspersonen als Deine Mutter? Patentante, Onkel, Lehrerin etc., die Du ebenfalls ansprechen und um Unterstützung bitten kannst?

...........

Nur eines darfst Du jetzt wirklich nicht tun: resignieren! Dazu ist das Leben, ist vor allem Dein Leben zu kostbar. So, wie Du Deinen Zustand beschreibst, hast Du eine erstzunehmende Erkrankung, Depression wäre da schon naheliegend. ALSO: einen kleinen Schritt nach dem anderen tun!


Vielleicht schaust Du mal als erstes wirklich nach einer Beratungsstelle - es gibt sie von kirchlichen und kommunalen Trägern. In der Großstadt in meiner Nähe gibt es sogar ein Kriseninterventioszentrum, in dem man innerhalb weniger Tage einen Termin bekommt, die Hilfe ist kostenlos. Du musst da nicht alleine durch!

Alles Liebe
Lioness



Wir brauchen den Blick nach hinten, um unser Leben zu verstehen. Wir brauchen den Blick nach vorne, um unser Leben zu LEBEN!
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