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Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 22. Jul 2006, 10:52
von Winni
Servus zusammen,

da mich seit 3 bis 4 Monaten Depressionen heimsuchen,
hab ich auch hin und wieder bei Euch reingeschaut und durchstöbere auch sonst immer mal das Inet.
Bei letzterem bin ich auf folgenden Artikel gestossen, welchen ich Euch nicht vorenthalten möcht. Ist zwar noch ein bisserl Zukunftsmusik ist, aber umso interessanter.

Gruß
Winni

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(20.07.2006)

Schnellstopp für Depression?

Anfangs ist das Leiden besonders gefährlich, bisherige Medikamente wirken nur langsam. Jetzt gibt es Hoffnung.

Von Michael Simm



Geschwindigkeit kann Leben retten, dies gilt in der Medizin nicht nur bei der Versorgung von Unfallopfern, sondern auch bei der Behandlung schwer depressiver Patienten. So sehr lastet das Leiden auf den Betroffenen, dass etwa jeder Siebte sich das Leben nimmt – und allzu oft passiert dies in jenen drei bis vier Wochen, die bei fast alle Arzneien gegen Depressionen verstreichen, bevor deren Wirkung einsetzt.

Doch die bedrohliche Wartezeit kann womöglich auf wenige Tage verkürzt werden, berichteten Forscher kürzlich beim Wiener Forum der Europäischen Neurowissenschaftlichen Gesellschaften, Schlüssel zum Erfolg könnte die Substanz RU486 (Mifepriston) sein, die als „Abtreibungspille“ bekannt wurde, weil sie unerwünschte Schwangerschaften ohne Operation beenden kann.

Wie Paul Lucassen von der Universität Amsterdam im Tierversuch mit Ratten bestätigte, blockiert RU486 die Auswirkungen von Stress auf das Gehirn, indem es Hormone wie Kortison daran hindert, deren Andockstellen im Gehirn zu besetzen. Dadurch wird eine Signalkette beeinflusst, die Geburt, Wachstum und Tod von Nervenzellen im Hippocampus mitbestimmt. Dieser Teil des Gehirns dient vor allem der Verarbeitung von Emotionen. Bei stark gestressten Ratten konnte Lucassen mit RU486 binnen nur vier Tagen die Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus normalisieren. Dieser Prozess dauert mit heute verfügbaren Antidepressiva etwa drei bis vier Wochen.

Nach dem gleichen Prinzip scheint RU486 auch bei Menschen mit schweren psychotischen Depressionen zu wirken, die etwa ein Viertel aller Depressionskranken ausmachen. In den USA sind laut Lucassen klinische Studien mit mehreren hundert Patienten erfolgreich verlaufen. , dass RU486 mittlerweile als Arzneimittel zugelassen wurde.

„Die Substanz scheint gut und schnell zu wirken“, sagte Lucassen, der jedoch anmerkte, dass eine Zulassung in Europa noch nicht erfolgt ist. Die Ergebnisse sind auch für die Grundlagenforschung interessant. Sie stützen die Theorie, dass ein großer Teil aller Depressionen mit dem Tod „gestresster“ Nervenzellen zusammenhängt und dass die Krankheit erst besiegt werden kann, wenn genügend Nervenzellen nachgewachsen sind.

Hoffnung auf schneller wirksame Antidepressiva machte auf dem Wiener Kongress auch Nicolas Barden vom Centre Hospitalier der Universität Laval im kanadischen Quebec. Der Neuroforscher hatte zunächst ein Gen identifiziert (P2XR7), das bei Mitgliedern einer von Depressionen geplagten Familie aus Quebec beschädigt war. Es fand sich auch bei mehreren europäischen Familien, in denen unterschiedliche Formen von Depressionen gehäuft vorkommen.

In Versuchen mit Mäusen, deren Verhalten Depressionen ähnelte, ist es Barden nun gelungen, das Gen P2XR7 mit unterschiedlichen Substanzen zu aktivieren. „Ein herkömmliches Antidepressivum braucht drei Wochen, aber wir sahen bei den Mäusen eine Wirkung innerhalb einiger Stunden“, sagte Barden. „In naher Zukunft stünden die Chancen deshalb gut für effektivere und spezialisierte Arzneien gegen Depression.

http://www.tagesspiegel.de/wissen-forsc ... 668481.asp
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Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 22. Jul 2006, 11:58
von samaya
Vielen Dank Winni!

Wow, das wäre ja ein Traum. Hoffe wir mal, auf gute Verträglichkeit und eine baldige Zulassung

Das hätte mir viel erspart! Wünsche ich jedem.

Lieben Gruß
Sam

Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 22. Jul 2006, 15:47
von BeAk
Liebe Winni,

Danke für Deinen Post. Das ist wiklich tolle Zukunftsmusik.
Aber kann es sein, das Du Kortison mit Kortisol verwechselt hast?

Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 22. Jul 2006, 20:04
von tommich
Auch von mir ein großer Dank, Winnipuh.

Also: Durchhalten, Leute...

LG

Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 22. Jul 2006, 20:09
von Winni
Hallo Bea,

hab das nur reinkopiert.
Nichtsdestotrotz hast Du wohl recht, da hat sich bei dem Schreiberling wohl der Fehlerteufel eingeschlichen gehabt.

Gut aufgepasst.

Gruß
Winni

Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 23. Jul 2006, 14:55
von Denker
@bea
Cortison wird im Körper zu Cortisol umgebaut. Als Laie kann man das also schon mal gleich setzen.
Gruß
Denker

Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 25. Jul 2006, 18:06
von quelle
Habe auch was neues erfahren. In Nürnberg wurde erfolgreich eine neue nebenwirkunsfreie Magnetfeldbehandlung angeblich mit großen Erfolg getestet. Sie beginnen jetzt mit den Behandlungen auf breiter Ebene.

Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 28. Jul 2006, 02:46
von freaklin
Naja, man kann dem Betreffenden auch einfach für die ein bis zwei Wochen bis ein SSRI wirkt ein Benzo geben. Ist eh besser weil manche Benzos am Anfang agitieren. Die Erfolgsquote dürfte wohl ne Größenordnung über der von 25% durch RU486 liegen.

Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 28. Jul 2006, 13:26
von noda
lieber seibold,

das mit der magnetfeldtherapie klingt interessant. hast du da eine telefonnummer oder eine internetadresse, wo man sich darüber kundig machen kann?

gruß und danke

noda

Re: Neues aus der Wissenschaft: Schnellstopp für Depressionen

Verfasst: 1. Aug 2006, 12:23
von Chrischan
<<Naja, man kann dem Betreffenden auch einfach für die ein bis zwei Wochen bis ein SSRI wirkt ein Benzo geben. Ist eh besser weil manche Benzos am Anfang agitieren. Die Erfolgsquote dürfte wohl ne Größenordnung über der von 25% durch RU486 liegen.>>


Wie kommst Du darauf ? Ich denke, man hat sich bei dem Konzept der Cortisolantagonisierung schon etwas gedacht !

Jedenfalls forschen z.B. Leute am MPI für Psychiatrie in München ( und noch viele andere) in diese Richtung, einfach mal nach "Florian Holsboer" googlen.


Jedenfalls hat man erkannt, daß die SSRI eben nicht der große Durchbruch sind !
Sie sind zwar besser verträglich als die TCA, aber wirklich effektiver als die TCA und MAO-Hemmer sind sie nicht wirklich.
Man sieht ja auch, daß viele Präparate auch auf das Noradrenalin-, Dopamin-, und mittlerweile auch Melatoninsystem (z.B. "Valdoxan" ) einwirken.
Die völlige Reduktion auf Serotonin allein scheint nicht wirklich erfolgsversprechend zu sein.