Job und depression

Antworten
dore
Beiträge: 216
Registriert: 15. Mär 2006, 11:29

Job und depression

Beitrag von dore »

Hallo,
ich bin nach meinem Examen letzten Juni arbeitslos, also ziemlich genau jetzt 1 Jahr. Ich bin dann neuerlich depressiv geworden, weil mir die fehlende tagesstruktur, Perspektive und zukunftsangst zuviel wurden. Seit februar diesen Jahres geht es mir richtig schlecht, und einige hier kennen mich auch sicherlich schon.

Jetzt hab ich eine Weiterbildung am Laufen, die mir Spaß macht (Journalismus). Ist etwas anderes als das was ich studiert hatte (Tourismusgeographie), gefällt mir aber gut. Dann hab ich vor 2 Wochen ein Praktikum im Journalismus angefangen, was natürlich kein Job ist.
Und ich würd sehr gerne mal vom Hartz4 runterkommen.
So...und heut krieg ich von einem Institut an der Ostsee ein Stellenangebot, ich hatte mich dort vor 1 Jahr initiativ beworben. Damals hatten sie für mich keine geeignete Stelle.
Nun doch! Zwar befristet auf 1 Jahr, und im wissenschaftl. Bereich.
Jetzt war ich gerade so schön auf meiner Journalismus-Schiene, die mir auch gut gefällt, aber natürlich hab ich keinen richtigen Job und leb immer noch von Hartz4. Eigtl. ist mir klar, dass ich nicht im Institut arbeiten möchte, und auch nicht in 3 Monaten umziehen möchte. Fühl mich so gar nicht in der seelischen Verfassung für so ein Projekt, weil ich denke, man sollte dann schon fit sein.
Andererseits ist es ja auch die Ungewissheit und Arbeitslosigkeit, die meine Depression aufrecht erhält.
Ich weiß nicht...dann lese ich immer wieder, man soll in der Depression keine weitreichenden Entscheidungen treffen. Und eigtl. habe ich auch schon eine Entscheidung gefällt, nämlich so weiterzumachen, wie ich es mir nun vorgenommen hatte. Und zu hoffen, dass mich mein jetziger Praktikumschef im August übernimmt (was eine vertragliche Option ist), das wäre mein Traum-
aber dann krieg ich wieder ein schlechtes Gewissen, und denke "Du kneifst ja nur, man muß heutzutage nehmen, was kommt", "Kannst froh sein, dass man dir einen Job anbietet", und,und,und,..also ich würd einfach gern mal bei meinen Entscheidungen bleiben und mich nicht dauernd von "man sollte aber" und "man müßte" so verunsichern lassen.
Kennt das jemand hier?



Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.

-Immanuel Kant-
flocke
Beiträge: 3603
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Job und depression

Beitrag von flocke »

hallo,

ja das kenne ich. wie wäre es wenn du listen machst (pro, contra)?

oder hast du jemand mit dem du das ausführlich besprechen kannst?


wichtig wäre auch zu bedenken wass für konsequenzen die jeweilige entscheidung hat, zb. ob du den job machen musst, also kein geld mehr bekommen würdest wenn du ablehnst (kenne mich mit dem ALGII nicht so gut aus)


wäre denn die fortbildung bis dahin abgeschlossen? dann könntest du ja in dem jahr nach einer stelle in dem bereich suche. allerdings würde das halt ein ziemliches hin und her bedeuten....


ach je, jetzt mache ich dich wahrscheilich nervser als du schon bist.


flocke
Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
gundi2
Beiträge: 48
Registriert: 1. Feb 2006, 18:00

Re: Job und depression

Beitrag von gundi2 »

Hallo Dore,

du steckst da in einer verzwickten Situation - da möchte ich nicht mit dir tauschen.
Hast du eigentlich hauptsächlich Angst vor der neuen Aufgabe und dem Umzug, oder ist das eine gründliche Abneigung gegen die Arbeit, die dich dort erwarten würde? - Immerhin hast du dich vor 1 Jahr mal auf die Stelle beworben.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass man sich während einer Depri nur schlecht vorstellen kann, wie es ohne ist, was man dann gerne möchte usw.

Aber vielleicht kommst du weiter, wenn du mal in Ruhe darüber nachdenkst, was du dir bei deiner Initiativbewerbung von dieser Arbeit versprochen hast.
Wenn dir dabei schöne Vorstellungen kommen und du denkst: Genau deswegen habe ich studiert... Genau das wollte ich schon immer machen..., dann raff dich auf! Wahrscheinlich wird in dem Fall auch deine Depression weniger und die Lebensfreude steigt.
Vielleicht kannst du ja auch einfach dort noch einmal hinfahren und testen, wie du dich dort fühlst, ob du dort neu anfangen möchtest.

Wenn dein Inneres aber beim Gedanken an diese Arbeit laut "nein" schreit, dann ist es vermutlich auf lange Sicht gesünder, bei deinem momentanen Job zu bleiben, auch wenn das im Moment ein finanzielles Risiko ist. - Dann sollte das Thema aber für dich auch beendet sein! Nimm dir in dem Falle fest vor, dich später nicht über diese Entscheidung zu ärgern.

Versuche möglichst, dir über deine Gefühle zu diesem Thema klar zu werden. Wenn du das nur mit dem Verstand entscheidest, wirst du damit vermutlich nicht glücklich.

Liebe Grüße
gundi2
freilich
Beiträge: 16
Registriert: 12. Mai 2006, 11:57

Re: Job und depression

Beitrag von freilich »

wenn du dich mit dem journalismus-praktikums-chef einigermaßen gut verstehst, würde ich mit offenen karten spielen und ihm vom jobangebot erzählen und ihn um rat fragen.
evtl. kannst du so auch dort für dich bessere konditionen durchsetzen; dein marktwert ist ja inzwischen gestiegen.

und: ist eine entscheidung über ein jahr denn wirklich eine so langfristige entscheidung?
artemis
Beiträge: 912
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Job und depression

Beitrag von artemis »

Hallo Dore,

Den Spruch, keine großen Veränderungen in der Depression würde ich etwas relativieren. Natürlich, im Zweifel lieber lasssen, würde ich sagen. Aber wenn man was wirklich will oder gar ein lang gehegter Traum damit in Erfüllung geht, dann sieht das anders aus, denke ich. Ich persönlich habe in der langsam abklingenden Depression, den Job angeboten gekommen, den ich mir schon Jahre gewünscht hatte. Da kam bei mir auch die Frage auf, soll ich das wirklich gerade jetzt machen? Ich hab es gemacht und es war richtig.

Bei Wohnungsuche und Umzug haben zum Glück Verwandte und Freunde geholfen. Allein wäre mir das bestimmt zuviel geworden. Aber ich hätte es wohl auch ohne diese Hilfe gemacht. Alles eben langsamer und erstmal nur ein Zimmerchen... und dann mal sehen wie es weiter geht. Wer könnte dir bei sowas helfen? Vorausgesetzt du wills den Job wirklich haben.

Das wäre für mich jetzt die Frage an deiner Stellen. Welchen Job will ich unabhängig von der Depression und allen anderen evtl. aufkommenden Schwierigkeiten? Und wie sicher ist es, dass dem Journalismus-Praktikum eine Stelle folgt. Ich will dich nicht entmutigen, aber oft wird sowas in Aussichtgestellt, damit der Praktikant motivierter ist. Oft heißt es später dann doch, nee, leider haben wir gerade nichts frei. Deshalb würde ich mit dem aktuellen Chef besprechen, dass du eine andere Option hast und nun Klarheit brauchst, wie deine Perspektiven sind.

Ja, dein "Marktwert" ist durch das Alternativangebot gestiegen und das solltest du nutzen, um herauszubekommen voran du mit dem Praktikum bist. Habe mir mal in einer ähnlichen Situation eine 4 Jahres statt einer 6 Monatsstelle rausgehandelt. Ich denke, die wissen schon jetzt, ob sie dich behalten wollen oder nicht. Und wenn sie dich wollen, dann gibt es auch Wege deine Bedingungen schon heute zu verbessern damit du bleibst. Lass dich bitte nicht vertrösten. Mit sowas bin ich schon hereingefallen. Erst hieß es, Verlängerung kein Problem und als es soweit war, wäre es doch beinah schief gegangen, weil angeblich gerade kein Geld da. Als ich kam und eine Alternative hatte waren plötzlich 4 Jahre drin. Da fängt man an sich Fragen zu stellen... Klingt nach schlechten Spielchen spielen, aber so läuft es leider in der Job-Welt. Man spielt das Spiel mit oder man guckt immer wieder in die Röhre. Fairplay gibt es da schon lange nicht mehr. Lass dich also nicht verar...en.

Außerdem würde ich mir das Alternativangebot auch Vorort noch mal angucken. Vielleicht kommst du mit einer eindeutigen Entscheidung zurück. Wie auch immer die aussehen mag. Von ich will unbedingt bis niemals ist alles möglich.

Also, überlegen was will ich bei Möglichkeit freier Entscheidung und ausloten was wirklich geht. Dann das machen wo "Kopf und Bauch" mitmachen, falls man dann noch Wahlfreiheit hat.

Jetzt habe ich dich wahrscheinlich noch mehr verwirrt. Was mir aber wichtig ist dir mitzuteilen:
1. Faustregeln wie, kein großer Wechsel in der Deprie gelten meist, aber nicht immer.
2. Angekündigte Folgeverträge sind was sehr wages, verlass dich nicht drauf.
3. Nutze das Angebot einer Alternative für dich. Nochmal anschauen ist wichtig. Und egal, ob du das danach machen willst oder nicht, du hast damit eine verbesserte Vehandlungsposition.
4. Wenn du an die Ostsee gehen solltest, wo es übrigens sehr schön ist, habe viele Jahre dort gelebt, dann mach langsam damit und lass dir helfen. Ein Umzug ist machbar! Aber das weiß man oft erst, wenn er im wesemtlichen erledigt ist. Es gibt wohl keinen, dem davor nicht graut.

So, und nun wünsche ich dir viel Glück, Erfolg und nicht zuletzt Spaß bei deiner Entscheidungsfindung. Du hast wahrscheinlich eine Wahl, und das ist doch toll.

Arte
dore
Beiträge: 216
Registriert: 15. Mär 2006, 11:29

Re: Job und depression

Beitrag von dore »

Hallo!
Vielen lieben Dank für eure Antworten und ausführlichen Gedanken zu meiner Situation.

Ich merke, dass ich hin und her überlege, mein Freund meint, es sei immer so bei mir und mag es jetzt schon nicht mehr hören.

Einerseits fühl ich mich momentan psychisch wirklich noch nicht gut, und merke, dass ich irgendwie von dieser Situation überfordert bin.
Und das, wo ich mir gerade vorgestern gedacht hab, ich mach das jetzt mit dem Journalismus und peng.
Vom Gefühl her würd ich sagen, es ist sicherlich nicht mein Traumjob, das in Kiel in dem Institut, das ist klar.
Aber es ist auch nicht total undenkbar.
Es ist eben wieder wissenschaftl. arbeiten, wenn ich dies auch eigtl. längst für mich abgehakt hatte (vor 1 Jahr hatte ich nämlich mal überlegt, eine Doktorarbeit zu schreiben, habe dann aber entschlossen gehabt, dass mir das alles auf den Zeiger geht).
Mein momentaner Journalismus-Praktikums-Chef hat mir heute morgen offen und freundlich geantwortet, also eine feste Stelle wird´s bei ihm nicht geben, aber wohl freie Mitarbeit. Nur kann man davon letztlich auch net leben. hhm..hab schon überlegt, hier bei der Lokalzeitung nochmal wegen freier MA anzufragen...

Es ist jedenfalls richtig, nur mit dem Verstand darf ich diese Entscheidung nicht fällen.
Ich hab halt hauptsächlich keinen Nerv, nach Kiel umzuziehen. Ich wollt schon damals net unebdingt nach Trier (wo ich jetzt lebe, komme eigtl. aus der Nähe von Hannover) und will nicht dauernd Kompromisse machen müssen. Hhmm..andererseits hämmert dann mein schlechtes Gewissen (Hartz4, du lebst auf Kosten anderer/des Staates, heutzutage muß man nehmen, was kommt, und,und,und..).

Nur weiß ich auch, dass ich immer erst danach gucke, was andere tun und sagen würden, nie danach, was ich eigtl. will. Und ich will schon einen Job udn endlich Geld verdienen, aber ich möchte eigtl. nicht nach Kiel (kenne die Stadt, weiß wovon ich spreche), sondern z.B. nach Berlin (wo mein Bruder und eine Freundin leben).
Wenn da nicht immer dieses Chaos in meinem Kopf wäre....

Aber trotzdem Danke für Eure Antworten, vielleicht komme ich ja doch noch zu einer Entscheidung!



Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.

-Immanuel Kant-
dore
Beiträge: 216
Registriert: 15. Mär 2006, 11:29

Re: Job und depression

Beitrag von dore »

Hallo,
also ich hab gestern mal meine Bewebrungsmappe hingeschickt, nach Kiel. Ich hab die ganze Woche hin und her, und auf und ab überlegt. Und dachte mir, angucken kannst du es dir ja wenigstens mal. Aber wenn ich merke, das ist nichts etc. oder der Umzug wäre mir noch zu viel, dann lass ich es. Fühl mich ja so schon viel überfordert...ich zieh jedenfalls nicht komplett um für einen Job den ich nicht will, also aus purer "Torschlußpanik". Komme was wolle.
Dass ich psychisch fit werde, ist oberstes Gebot, noch vor Jobsuche etc. Mal schaun...



Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.

-Immanuel Kant-
artemis
Beiträge: 912
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Job und depression

Beitrag von artemis »

Hallo Dore,

klingt für mich gut deine Einstellung und Vorgehensweise. Sprich, ich würde das genau so machen.

Sich bewerben ggf. hinfahren, sich das anschauen und ein Gespräch führen, das hilft bei der Entscheidungsfindung. Und die große Veränderung nur machen, wenn der Zeifel höchstens noch minimal ist. Lass dein Gefühl dann mitreden. Sowas (in einer Depression) nur mit dem Kopf entscheiden, das halte ich für falsch.

LG Arte
Antworten