"Heimweh" nach altem Therapeuten...

ricky
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"Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von ricky »

Hallo ihr,

ich musste mich von meinem alten Thera trennen, da er weiter weg gezogen ist.
Habe relativ schnell einen neuen gefunden, bei dem ich nun bereits 5 Probesitzungen hatte. Ich komme mit ihm auch ganz gut zurecht. Natürlich kann ich mich ihm gegenüber noch nicht so öffnen, aber ich habe eigentlich schon Vertrauen zu ihm.
Das Problem ist nur, dass ich noch sehr oft an meinen alten Thera denke und ständig Vergleiche anstelle zwischen dem alten und dem neuen Thera, seiner Praxis, seinen Gewohnheiten etc.
Ich will das eigentlich gar nicht, und ich dachte auch eigentlich, dass ich über die Trennung schon ganz gut hinweg war.
Aber dem ist nicht so, und irgenedwie vermisse ich ihn grade mehr denn je.
Ich war 3 1/2 Jahre bei ihm in Therapie und ich habe einiges mit ihm durchgestanden.
Auch der Gedanke, dass ich ihn wahrscheinlich nie mehr wieder sehen werde, macht mir echt Probleme. Kann sehr schlecht damit umgehen.
Ich habe halt auch generell große Probleme mit Abschied nehmen, Veränderungen und so was....
Kennt ihr das auch?
Wie geht ihr damit um?

LG Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
Hildegard
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Hildegard »

Hallo Uta und Liste,

ich bin hier neu. Oh ja, Dein Problem kenne ich zur Genüge, deshalb werde ich auch keine Therapien mehr machen.Ich habe nach 7 Jahren Abschied von einer Therapeutin genommen, weil ich es mir finanziell nicht mehr leisten konnte und bin nur noch wütend auf sie. Ich habe ihr zu allen Feiertagen geschrieben, ihr ab und an über Fleurop Blumen geschickt, konnte sie aber nicht dazu bewegen, mal bei mir anzurufen oder mir zu schreiben. Auch nach meinem 12 Monatigen Krankenhausaufenthalt erging es mir mit dem Abschied vom Therapeuten genauso. Die therapeutische Beziehung ist eine Form, wie ich sie draussen einfach nicht hatte. Zuerst kam mal die Periode des Vertrauensaufbaus, dann hat man sich voll darauf eingelassen und dann kam der Abschied; Hände schütteln und vorbei. Ich fühle mich betrogen, allein gelassen und der Schmerz war unerträglich. Es hat Monate gedauert, bis ich einigermassen wieder auf den Füssen stand und dabei habe ich mir geschworen, nie wieder eine Psychotherapie zu machen.

Du siehst, es geht anderen ähnlich wie Dir. Ich wünsche Dir nur, dass es Dir nicht so weh tut.

Herzlichst
Hildegard
steppenwolf1

Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von steppenwolf1 »

Hallo Uta,

das ist auch ein Thema von mir. Nnur bin ich in dem Falle weit weg gezogen und musste die Therapie sozusagen abbrechen. Es tat sehr sehr weh und auch heute noch, wenn ich z.B. keine Antwort auf eine Email bekomme. Das sind eigentlih ganz banale Dinge oder ? *schäm* ... stehe derzeit auf der Warteliste für eine erneute Therapie weiss aber nicht ob ichs machen sollte oder nicht. Auch aus oben genannten Grund. Ich hab das Gefühl nie weider vertrauen aufbauen zu können zu jemanden.

Gruss, steppenwölfin
flocke
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von flocke »

Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung
Bellasus
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Bellasus »

>heute bin ich keine große hilfe, ich weiß..<
Da irrst du dich aber gewaltig, liebe Flocke Ich finde deinen Beitrag unheimlich gut, du bringst einiges absolut klar auf den Punkt und deckst "Fallen" auf, z. B. das mit den Karten und den eigenen Erwartungen an den anderen.

Mein Thema ist Abschied ja auch, sehr extrem sogar, und deine Gedanken helfen mir!

Mach weiter so!

Alles Liebe
Annette




www.depressionsliga.de

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Clown
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Clown »

Liebe Flocke,

ich schließe mich Annette an, auch ich finde deinen Beitrag sehr, sehr gut und ich staune über die Reife, die bei dir zu spüren ist!


Lieben Gruß,
Clown
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Eckhart Tolle
Dendrit
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Dendrit »

Hallo Zusammen,

weil das jetzt für mich schon heftig war *großerkloßimhals* möchte ich auch sagen bzw. schreiben, dass ich das auch sehr gut verstehen kann. Bei mir handelt es sich nicht um Psychologen (bin da noch Neuling), sondern um Neurologen.

Da nahm ich den ersten Neurologen, die ich als Erwachsene bewusst hatte, für die Nachfolgenden als Messlatte, die natürlich ungeheuer hoch war.

Ich hatte den Ersten auch, sobald ich seine neue Klinikadresse erfuhr, angeschrieben - allerdings sogar eine Antwort bekommen. Das kleine Hoffen ist wohl immer mit dabei. Mittlerweile schließe ich den Nach-Nachfolger (zu dem letztendlich größeres Vertrauen und zwischenmenschliche Arzt-Patient-Verhältnis entstand) in eine Rundmail mit ein: einmal als kurzes Lebenszeichen und zeigen, dass er nicht vergessen ist und trotzdem ihm keine Umstände in Form von Papierkram mache (ich weiß, blödes denken), er selbst entscheiden kann, ob er es liest oder nicht - und wenn, dass es was Lustiges ist.

(Hab's gekürzt: ist erstens nicht mein Thread und war spontan unüberlegt zu offen.)

LG, Manuela
ricky
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von ricky »

Hallo,

@Hildegard
Erstmal willkommen im Forum!
Bei mir tut es auch weh, aber es scheint nicht so heftig zu sein wie bei dir.
Ich würde nie soweit gehen, dass ich keine Therapie mehr machen würde, um den Abschiedsschmerz zu vermeiden.
Mein Verstand sagt mir ja, dass irgendwann jedes therapeutisches Verhältnis mal zu Ende gehen muss. Mir ist schon klar, dass ich nicht mein ganzes Leben zum (selben) Therapeuten laufen kann….
Aber die Gefühle sind schon sehr stark, und sie sagen halt was anderes.
Ich habe auch meiner Therapeutin aus der Klinik mehrere Briefe geschrieben und ein Teil von mir hat auch insgeheim gehofft, dass sie mir mal zurück schreibt. Aber eigentlich ist es mir von anfang an klar gewesen, dass sie es nicht tut. Und das ist ja auch vollkommen ok.
Wenn ich schon mal zu Besuch in der Klinik bin, drücken wir uns einmal ganz feste und wenn sie Zeit hat, reden wir ein paar Worte, und dann bin ich auch glücklich.
Ich würde mich auch nie „betrogen“ fühlen, so wie du es beschreibst. Natürlich ist der Abschied grade aus der Klinik sehr schwer, das weiss ich aus eigener Erfahrung. Aber es ist nun mal irgendwann der Tag gekommen, an dem man entlassen wird. Wir können ja nicht ewig in der Klinik bleiben, auch wenn wir es uns manchmal vielleicht wünschen, weil wir dort in einem geschützten Raum sind. So hart es auch ist, das Leben findet hier draussen statt. Das muss ich auch nach jedem Klinikaufenthalt wieder ganz neu lernen…
Ich wünsche dir, dass es dir nicht mehr so weh tut. Wie lange ist denn dein Abschied von deiner Thera her??


@steppenwolf
Ja, es sind ganz banale Dinge… Und es ist wohl auch ganz „normal“ keine Antworten zu bekommen. Wenn die Therapeuten all ihren Ex-Patienten immer auf Briefe oder Mails antworten wollten, brauchten sie wahrscheinlich sonst nix mehr machen…
Ich habe eigentlich gar nicht mal so das Gefühl, kein Vertrauen mehr aufbauen zu können. Es sind nur die Vergleiche immer da zu meinem alten Thera…


@flocke
Erstmal muss ich mich Annette und Clown anschließen, dein Beitrag ist wirklich klasse, er ist mir eine Hilfe und einfühlsam, noch dazu.
Ich habe das Thema schon mal bei meinem neuen Thera angesprochen, und er sagte mir, dass die Traurigkeit seine Berechtigung hätte und ich sie auch ausleben dürfte. Dass es ja ganz normal wäre, wenn ich traurig bin. Er hat schon echtes Verständnis gezeigt. Aber er hat auch im Zusammenhang mit anderen Dingen festgestellt, dass ich große Probleme mit Veränderungen habe. Das wird auch wohl in Zukunft noch öfters Thema in der Thera sein.
Du hast es ganz genau erfasst. Mein Kopf ist schon fertig mit der Sache, aber mein Gefühl noch nicht. Und ich bin immer noch traurig und es tut immer noch weh…


@Manuela
Danke auch für deinen Beitrag. Muss ihn erst in Ruhe lesen. Kann mich grade nicht mehr konzentrieren...


Vielen Dank euch allen erstmal bis hierher.
GLG Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
Manu27
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Manu27 »

Hallo Uta!

Schön mal wieder was von dir zu lesen.
Würde mich freuen,wenn du mir mal an meine E-Mailaddresse schreiben würdest,da ich ungern deinen Thread missbrauchen möchte.

Liebe Grüße Manu
Hildegard
Beiträge: 6
Registriert: 11. Apr 2006, 19:10

Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Hildegard »

@flocke ,@Uta
Du hast ja so Recht. Therapeuten sind einfach andere Menschen. Durch frühe Kindheitserfahrungen hat sich bei mir eine traumatische Persönlichkeitsstörung entwickelt, die nur Mißtrauen gegenüber Menschen zulässt. Zuwendung und Verständnis habe ich erstmals nur durch Therapeuten erfahren und es hat schon mal lange gedauert, bis ich Vertrauen aufbauen konnte. Allein die Lossprechnung: sie konnten ja gar nicht anders, hat mir erstmals das Gefühl gegeben, ich bin richtig. Mein wunder Punkt, Abschied nehmen und Verlassenheit, konnte zu Therapieende nicht bearbeitet werden. Meine Therapiezeit war um, ich hatte zwar noch 2 Wochen aber der Therapeut ging von heute auf morgen, ohne Ankündigung, in Urlaub. Was blieb, war ein Händeschütteln mit den besten Wünschen für die Zukunft und ich war allein. Bisher habe ich selbst immer verlassen, weil ich das Verlassenwerden nicht ertragen konnte und ebenfalls so starke Beziehungen noch nie eingegangen bin. Meine Verletzung war riesengroß, soetwas will ich nie wieder erleben, deshalb werde ich auch keine therapeutische Beziehung mehr eingehen. Ich habe mich zurück gezogen, lecke noch meine offenen Wunden und bevor diese nicht verheilt sind, werde ich mich nicht auf die Suche nach geeigneten Bezugspersonen begeben. Die Einsamkeit ist zwar auch schwer zu ertragen aber die Angst vor Bedrohung und neuerlichen Verletzungen ist noch größer.

Ich wünsche Euch noch einen guten Abend.
Herzlichst
Hildegard
Uta schrieb:
> Hallo ihr,
>
> ich musste mich von meinem alten Thera trennen, da er weiter weg gezogen ist.
> Habe relativ schnell einen neuen gefunden, bei dem ich nun bereits 5 Probesitzungen hatte. Ich komme mit ihm auch ganz gut zurecht. Natürlich kann ich mich ihm gegenüber noch nicht so öffnen, aber ich habe eigentlich schon Vertrauen zu ihm.
> Das Problem ist nur, dass ich noch sehr oft an meinen alten Thera denke und ständig Vergleiche anstelle zwischen dem alten und dem neuen Thera, seiner Praxis, seinen Gewohnheiten etc.
> Ich will das eigentlich gar nicht, und ich dachte auch eigentlich, dass ich über die Trennung schon ganz gut hinweg war.
> Aber dem ist nicht so, und irgenedwie vermisse ich ihn grade mehr denn je.
> Ich war 3 1/2 Jahre bei ihm in Therapie und ich habe einiges mit ihm durchgestanden.
> Auch der Gedanke, dass ich ihn wahrscheinlich nie mehr wieder sehen werde, macht mir echt Probleme. Kann sehr schlecht damit umgehen.
> Ich habe halt auch generell große Probleme mit Abschied nehmen, Veränderungen und so was....
> Kennt ihr das auch?
> Wie geht ihr damit um?
>
> LG Uta
ricky
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von ricky »

@Manuela
Ich habe deinen ausführlichen Beitrag gelesen und möchte dir für deine Offenheit danken.
Kann aber auch verstehen, dass du dein Posting nachträglich gekürzt hast.
Dass du Antwort von deinem Ex-Thera erhalten hast, finde ich klasse.
Mir scheint, dass du mit der gesamten Situation gut klar kommst. Das freut mich für dich.


@Hildegard
Jetzt, nachdem du etwas ausführlicher deine Situation geschildert hast, kann ich dich gut verstehen und ich fühle mit dir mit. Ist wirklich sehr hart.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, dass alles halbwegs zu verarbeiten.
Ich kann verstehen, dass du sagst, dass deine Wunden erst heilen müssen, bevor du eine neue Thera beginnst, aber eine neue Thera könnte natürlich auch eine große Chance sein, das Erlebte zu verarbeiten.

Alles Gute für euch!

LG Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
zweifler
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von zweifler »

hallo uta!


so sehr ich dich und andere verstehen kann ,aber nüchtern betrachtet ist eine therapeutische ebene nicht mehr als eine arbeitsbeziehung wie sie in der privaten welt nur sehr selten vorkommt.die gefahr ist auch sehr groß,dass man defizite im beziehungsbereich versucht über einen therapeuten zu kompensieren.
aber genauer betrachtet ist eine therapeutische praxis nichts anderes als ein bordell für die seele,also ohne moos nix los.
es ist nur professionell,wenn dein thera auf deine nettigkeiten nicht reagiert.das hat er so gelernt und dient auch dem selbstschutz.
nicht,dass er selbst noch seelische probleme bekommt.
hoffe du kannst meiner sicht der dinge etwas tröstliches entnehmen und wünsche dir auf privater ebene eine ähnlich befriedigende beziehung.

mfg herbert
ricky
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von ricky »

Hey Herbert,

du hast ja recht, und mein Verstand weiß das ja auch. Nur meine Gefühle sind sehr intensiv, und die "sagen" mir eben was anderes...

LG von Uta, die glücklich verheiratet ist
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zweifler
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von zweifler »

hallo uta!


schön zu hören ,dass es dir in der partnerschaft gut geht.
ich bin leider kein besonders guter verpackungskünstler. wäre ich das, dann hätte ich meine sicht der dinge etwas softer zum ausdruck gebracht.
eigentlich habe ich einen ganz weichen kern .nur die schale ist von 8 jahren mobbing immer dicker aber nicht dick genug geworden.ich hoffe ,dass ich dich nicht allzusehr mit meinen worten erschreckt habe.
wenn meine operierte schulter wieder ok ist,dann wird auch meine rechtschreibung wieder etwas besser.

liebe grüße herbert
Lee
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Lee »

ricky
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von ricky »

Hey Lee,

ja, das Thema "Abschied" ist auch bei mir ein Lebensthema.
Und grade mit dem Therapeuten redet man ja über viele sehr persönliche, teilweise intime Dinge und dann davon Abschied zu nehmen, ist echt schwer.
Man fühlte sich verstanden und gut aufgehoben, und das fehlt auf einmal...

Hast du persönlich auch schon Erfahrungen mit einem Therapeuten-Abschied??

LG Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
Lee
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Lee »

Sadness
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Sadness »

Hallo!

Ich glaube Lee meint diesen Aufsatz:
http://www.belligemsemer.homepage.t-onl ... schied.htm

Ist schon schwer, so eine Beziehung wieder zu beenden... *seufz*

Gruß
Sadness
Clown
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Clown »

Danke Sadness für den Link,

ist auch für mich gerade spannend.

Wie geht es dir? Du hattest doch mal den Thread 'die Depression als vertraute Bekannte', hast du sie inzwischen verabschieden können, die gute Dame?

LG, Clown
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Eckhart Tolle
titanic
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von titanic »

Hallo!
ich kann euch diesen Schmerz gut nachfühlen. Auch für mich war der Gedanke, dass dieser Mensch eines Tages einfach nicht mehr da ist, zeitweise unerträglich. Man hat da kaum einen Einfluss drauf; durch die vertrauensvollen Gespräche, die man evtl. auch ausschließlich mit dem Therapeuten führt, gelangt man irgendwie in eine Art Abhängigkeitsverhältnis rein. Während der Therapeut professionell damit umgeht, kämpft der Patient einen inneren Kampf. Wenn der Patient es nach der Therapie nicht schafft, sich zurückzuziehen, wird der Therapeut u.U. die Notbremse ziehen, indem er durch sein Verhalten den Patienten ganz gezielt frustiert.
Klingt brutal - aber so wird's gemacht in dem "Geschäft".
Es ist Teil unserer Therapie, mit diesem Abschied fertig zu werden.
Ich habe damals festgestellt, dass ein konsequenter Schlusspunkt das Beste für mich war. Die Therapie verstehen als ein Stück Lebensweg, wo ein anderer einem bei der Hand nimmt und bei einer bestimmten Abzweigung trennen sich die Wege - für immer. Sicher ist es am besten so.......Ich wünsche uns allen die nötige Kraft dafür.
Viele Grüße
Titanic
Sadness
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Sadness »

Hallo Clown,

wie nett, dass Du Dich so genau erinnerst! In dem von Dir genannten Beitrag von mir ging es ja auch um die Beziehung zur Therapeutin und meine Angst vor dem Loslassen. Nun, ich habe auch immer noch diese Angst, aber im Moment habe ich das Gefühl, dass ich damit besser umgehen kann. Bzw. dass ich die positiven Gefühle in Bezug auf meine Therapeutin und die ganze Beziehung stärker als etwas Positives wahrnehme. Auch mit einer großen Dankbarkeit und einem irgendwie "größeren" Herzen sozusagen. Ich weiß, dass das alles so für mich passieren musste und ich versuche, mir zu erlauben, dass diese Frau so wichtig für mich geworden ist. Diese Beziehung war/ist eine ganz wichtige Erfahrung für mich. Und ich sehe das mit dem Stück des Weges, auf dem man begleitet wird, genau wie meine Vorschreiberin. Es wird trotzdem unendlich schmerzlich werden, dessen bin ich mir sicher. Aber ich denke auch, dass es möglich sein wird, sich auch mal wieder zu melden, wenn man meint, man brauche es oder man müsse noch was klären. Meine Therapeutin geht um Glück sehr gut mit meinen Ängsten in der Hinsicht um. Sie gibt mir eindeutig das Signal, dass das alles ok ist. Die Nähe, die ich empfinde, die Angst vor dem Entfernen, wenn ich mal eine Phase habe in der ich alleine ganz gut zurecht komme (denn dann ist da auch immer wieder der andere Teil, die Angst, sie nicht mehr zu brauchen...) und was sie jetzt gerade sagte, fand ich ganz wunderbar, dass auch nach so einem Gefühl der Entfernung auch das Annähern, das wieder näher rücken erlaubt sei. Ich mache mir dann oft 'nen Kopf, was ok ist und was nicht und da ist dann auch schnell dieser paradoxe Teil in mir, weshalb ich damals schrieb, dass ich die Depresion als vertraute Bekannte oft wieder "einlade", auch um meine Therapeutin nicht loslassen zu müssen. All sowas ist normal (wie man auch schön in dem o.g. Aufsatz nachlesen kann), es gehört dazu und sich auch darin verstanden und gut aufgehoben zu fühlen, ist unglaublich wichtig.

Insofern (um auf Deine Frage zurückzukommen, liebe Clown ) komme ich im Moment ganz gut zurecht mit diesen Gefühlen und Ängsten, weil ich mich immer wieder erinnere (oder erinnern lasse), dass ich diese Gefühle haben darf. Das ist bei mir ganz wichtig. Und ich denke, man kommt dann irgendwann auch an den Punkt, wo man trotz Schmerz, auch mit einem guten Gefühl Abschied nehmen kann. Für mich hat das viel mit dem Gefühl von Liebe zu tun. So ein grundlegendes Gefühl, nichts Erotisches in Bezug auf meine Thera oder dergleichen. Es ist, als würde sich bei mir, durch diese Erfahrungen in der therapeutischen Beziehung, meine Seele wieder mit Liebe füllen... Also noch pathetischer ausgedrückt: Heilung durch Liebe! Aber ich empfinde das wirklich so, und ich empfinde es als große Bereicherung!

So das geht nun fast als Wort um Sonntag durch

Wie gehts Dir denn mit der therapeutischen Beziehung, Clown? Bin immer neugierig auf die Erfahrungen anderer!!

Alles Liebe
Sadness
nina*tina

xxx

Beitrag von nina*tina »

Clown
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von Clown »

Liebe Sadness,

danke für deine ausführliche Antwort, ist wirklich ein schönes Wort zum Sonntag!

Mir geht es - bis jetzt - gut mit dem Abschied von meinem Thera. Allerdings steht das richtige Ende der Therapie noch nicht fest, momentan bin ich am Vergrößern der Abstände zwischen den Stunden.

Was du von dir erzählst, erlebe ich in ähnlicher Weise. Letzthin stellte ich fest, dass ich mir bei ihm all das geholt habe, was ich von meinen Eltern nicht bekommen konnte, und dass mich das sehr gestärkt hat.

Es wird wohl schon noch mehr zum Thema Abschied auftauchen, schauen wir mal...

Lieben Gruß,
Clown
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
ricky
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von ricky »

@Sadness
Vielen Dank für den Link
Hab mir alles ausgedruckt, um es in Ruhe zu lesen.

@all
Danke! Es tut mir immer wieder gut zu sehen, dass ich nicht alleine bin mit meinen Gefühlen.

LG Uta
*Zahme Vögel haben Sehnsucht. Wilde fliegen.*
ricky
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Re: "Heimweh" nach altem Therapeuten...

Beitrag von ricky »

Hallo!

"Auch für den Therapeuten bedeutet das Ende einer Therapie ein kleiner Tod...."
(aus Victor Chu, Abschiednehmen in der Therapie)

Glaubt ihr daran?
Mir fällt es ehrlich gesagt sehr schwer, zu glauben, dass mein Thera in irgendeiner Form traurig war oder an mich denkt oder so. Ich war nur eine von vielen.
Jetzt hat er neue Patienten, die mich ersetzen. Ich hatte nur einen Thera, aber er hat viele Patienten...

Wie denkt ihr darüber?

LG Uta
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