Gruppentherapie

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dore
Beiträge: 216
Registriert: 15. Mär 2006, 11:29

Gruppentherapie

Beitrag von dore »

Hallo!
Mich würde interessieren, ob und jemand hier Erfahrungen mit Gruppentherapie (Tiefenpsycholog.) gemacht hat, und wenn ja, wie seine Erfahrungen so waren. Würde mich mal sehr interessieren...ich selbst bin 29 Jahre und besuche wegen Depressionen und Ängsten (v.a. Sozialansgt, mangelndes Selbstwertgefühl)selbst seit ca. 2 Jahren nun eine GT.Habe das Gefühl, dass es auf jeden Fall viel bringt, aber auch sehr lange dauert, bis sich die kleinen Schritte in größere wandeln.
Bin gespannt, was ihr zu berichten habt!
Ciao!



Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.

-Immanuel Kant-
dark_bln
Beiträge: 58
Registriert: 25. Jan 2006, 20:08

Re: Gruppentherapie

Beitrag von dark_bln »

Hallo,

mir wurde zu einer Gruppentherapie geraten, habe mich jedoch nicht hingetraut. Ich denke ich würde da eh nur eine Show vor den anderen abziehen und nichts wirklich wichtiges sagen.
Berichte doch mal wie es dir so geht. vertraust du deinen gruppenkollegen?
Viele Grüße

Leah
flora80
Beiträge: 3620
Registriert: 24. Mär 2003, 18:48

Re: Gruppentherapie

Beitrag von flora80 »

Hallo ihr!

Während meines viermonatigen Klinikaufenthalts 2004 hatte ich täglich Gruppentherapie und habe sehr davon profitiert. Was für mich sehr wichtig war, war, dass unsere Gruppensitzungen immer sehr, sehr klar strukturiert und gut vorbereitet waren von den Patienten. So ist das Problem, dass niemand etwas sagen wollte eigentlich kaum aufgetaucht.
An einem Tag in der Woche gab es die sogenannten Kleingruppen, in denen zu dritt ein Thema von jemandem vorbereitet wurde. Dabei wurde zu dritt versucht, das Problem zu konkretisieren und für die große Gruppe gut verständlich zu machen. Dabei wurden vier "Felder" abgearbeitet.
1. Systemischer Kontext (wer ist in dem Problem involviert? Wer spielt ein Rolle dafür?)
2. konkrete Schlüsselsituation (Wann (in welchem Zusammenhang) genau ist dieses Problem aufgetaucht?)
3. Anliegen (Was möchte ich erreichen? Wobei kann mir die Gruppe helfen?)
4. innere Situation (Wie geht es mir? Welche Gefühle löst das Problem in mir aus?)

In der großen Gruppe waren wir ungefähr 12. Da ja in den Kleingruppen jede Woche 4-5 Themen erarbeitet wurden, gab es eigentlich immer jemanden, der sein Thema vorstellen wollte.

Was war hilfreich an der Gruppentherapie? Wenn Themen bearbeitet wurden, die für einen selbst relevant waren, dann konnte man das Problem oft viel nüchterner angehen, als wenn man sein eigenes bearbeiten würde. Trotzdem hat man aber oft Erkenntnisse für sich selbst, auch wenn es um jemand anderen geht. Wenn man sich selbst zu Thema macht, ist es hilfreich, einmal mehrere verschiedene Meinungen und Ansätze zu bekommen bzw. Sichtweisen außerhalb der eigenen Wahrnehmung zu hören, die nicht unbedingt von Therapeutischer Seite kommen. Es tut oft gut, zu wissen, dass man verstanden und ernst genommen wird und dass vielleicht andere ein ähnliches Problem haben.

Bei uns waren immer mindestens zwei, meistens sogar drei Therapeuten in der Gruppe. Sie haben das ganze moderiert, manchmal Denkanstöße gegeben, aufgepasst, dass niemand "untergebuttert" wird, etc.

Das Thema Vertrauen in der Gruppe ist natürlich ein ganz wichtiges und deshalb gibt es eigentlich immer Gruppenregeln, an die sich jeder zu halten hat. Dazu gehören Dinge wie, dass nichts, was in der Gruppe besprochen wird, nach außen dringen darf, dass man jedem in der Gruppe genügend Zeit und Raum gibt, sein Anliegen vorzutragen, dass man sich untereinander ausreden lässt, dass niemand unter Druck gesetzt werden darf, etc.

Diese Regeln werden von den Therapeuten und Patienten sehr genau genommen.

Wichtig finde ich, dass man sich selbst erst einmal Zeit gibt, die Gruppe kennenzulernen, Vertrauen aufzubauen, etc. In einem sationären Kontext ist das sicherlich etwas leichter, weil man ja Tag und Nacht mit den Mitpatienen zusammen lebt und sich somit gegenseitig schneller einschätzen kann. In einer ambulanten Gruppe dauert das bestimmt etwas länger. Aber ich glaube, dass man sich auf keinen Fall den Druck machen sollte, etwas sagen zu müssen. Man lernt erst einmal auch viel durch zuhören.

Wichtig ist auch, eventuelle Konflikte zwischen Gruppenmitgliedern direkt zu klären, sonst funktioniert die Gruppe nicht.

Ein Problem für "Neulinge" ist es oft, dass man sich jeden Schuh anzieht, viele Dinge zu nah an sich heran lässt, die Grenze zwischen dem eigenen Ich und dem des anderen nicht deutlich sieht. Aber ich glaube, dass viele eine solche Phase in der Gruppentherapie haben. Diese sollte man Thematisieren. Daraus kann ein ganz großartiger Lernprozess entstehen, seine eigenen Grenzen zu erfahren und anderen gegenüber Grenzen zu setzen. Diese Möglichkeit hat man in einer Einzeltherapie nur sehr begrenzt.

Was in der Klinik natürlich sehr hilfreich ist, ist, dass man ja zusätzlich auch noch Einzeltherapie hat, in der man Themen aus der Gruppe vertiefen kann oder andere Themen, die man nicht in der Gruppe besprechen möchte, bearbeiten kann. Dass ist der Vorteil einer intensiven stationären Psychotherapie. Im ambulanten Bereich ist das wahrscheinlich selten möglich.

Meine Erfahrung mit Gruppentherapie ist sehr positiv.

In der Klinik hatte ich auch noch andere Gruppentherapien, die sogenannten Spezialtherapien. Bei mir war das vor allem Musiktherapie und Kunsttherapie, sowie eine Therapiegruppe, die sich mit einem speziellen Krankheitsbild befasst hat.

Ich finde, dass eine gut geplante und organisierte Gruppentherapie sehr, sehr hilfreich sein kann. Wenn es allerdings keine Struktur gibt und alle einfach nur im Kreis sitzen und darauf warten, dass jemand anderes etwas sagt, ist das wohl eher wenig sinnvoll....


Ich hoffe, ich habe jetzt nicht zu viel geschrieben. Aber mir war es wichtig, diese Erfahrung weiterzugeben. Vielleicht ist das ja für den ein oder anderen hilfreich.

Viele liebe Grüße,

Flora, die sich gerade wunderbar damit ablenken konnte, einen Bericht über Gruppentherapie zu schreiben...
skip
Beiträge: 526
Registriert: 18. Feb 2006, 18:59

Re: Gruppentherapie

Beitrag von skip »

Hallo,

hatte während meines Klinikaufenthaltes auch 2mal in der Woche Gruppentherapie. Wir nannten es Psychogruppe*g*

Es hat mir sehr gut getan und auch sehr gut gefallen. Allerdings war es oftmal auch sehr anstrengend, denn wenn jemand etwas vorstellte fand ich mich immer irgendwo wieder und das ging manchmal ganz schön an die Substanzen.

Dennoch habe ich viel dort gelernt und wenn du eine tolle Gruppe erwischt wirds dir sicher gut tun))))

Ich wünsche dir viel Erfolg
Gaby
Der Weg war schon immer das Ziel
dore
Beiträge: 216
Registriert: 15. Mär 2006, 11:29

Re: Gruppentherapie

Beitrag von dore »

Hallo Leah,
ja ich vertraue jetzt so langsam, Schritt für Schritt. Und dass, wo ich doch schon 2 Jahre dabei bin. es ist sehr anstrengend, wir sind ca. 10 Leute, immer 90min. Der Therapeut mischt die Gruppe "passend" zusammen, also man erfährt meist erst nach einiger Zeit, warum man selbst gerade in dieser Gruppe mit diesen Menschen und diesen Problemen sitzt.Wenn du meinst, du würdest eh nur eine Show (was auch immer das heißen soll)abziehen, klingt das für mich gerade zu danach, dass du es mal versuchen solltest. Weil es diejenigen gibt, die meinen, eine Show abziehen zu müssen, und diejenigen, die am liebsten unentdeckt in der Ecke sitzen und nichts sagen möchten.Und diese Mischung kann zu interessanten Lösungen führen!

Hast du es denn schonmal probiert?

Ciao, dore



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dore
Beiträge: 216
Registriert: 15. Mär 2006, 11:29

Re: Gruppentherapie

Beitrag von dore »

Hallo Sandra!

Wir sind auch so. ca. 10-12 Leute, inkl. der 2 Ärzte/Therapeuten. Es geht immer 90min. und es wird kein Thema oder so vorgegeben. Dennoch gibt´s genung zu reden! Ich finde es sehr sinnvoll, es ist natürlich alles sehr individuell, wieviel man von der Gt profitieren kann. Letztendlich hat man es aber auch selbst in der Hand, es bleibt dir überlassen, zu kommen oder zu gehen, etwas zu sagen oder nicht, eine Frage zu beantworten oder eben nicht. Ich finde, man gewinnt viel Einblick darüber, wie andere einen sehen, was ja durchaus vom selbstbild verschieden sein kann (z.B. psoitiveres Bild als du von dir hast). Und man bekommt ein Grundvertrauen, langsam und stetig. Das hilft dann auch im "wirklichen Leben" weiter.

Ciao, dore



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