Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Sadness
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Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Hallo Leute,

in meiner letzten Therapiestunde sprach meine Therapeutin deutlich darüber, wie sehr es auf die eigene aktive Mithilfe ankommt, um diesen Teufelskreis der Negativgedanken und -momente zu durchbrechen. Was man also alles tun kann/sollte wenn man spürt, "es" kommt wieder. Z.B. Freunde anrufen, offen sagen, wie es einem geht und um Hilfe bitten, ums Zuhören bitten u.s.w. Dass man also frühzeitig handelt und nicht wieder mal das Abdriften ins Tal der Tränen "einfach so geschehen lässt" sozusagen.

In meinem Kopf spukt seitdem der Gedanke herum, wozu ich überhaupt bereit bin, um etwas zu verändern. Es kam der verwirrende Gedanke, ob dieser Zustand nicht mittlerweile so vertraut ist, dass ich ihn kaum noch wegdenken kann aus meinem Leben. Kann man sich unterbewusst an diese vertraute Bekannte "Depression" klammern, eben weil sie so vertraut ist, auch wenn es ja eigentlich furchtbar für einen ist? Ich weiß es nicht, ich finde es auch eigentlich eher unrealistisch, aber woher kommen bei mir auf einmal solche Gedanken? Was, wenn ich unbewusst gar nicht bereit dafür bin, dass es mir wieder besser geht - aus welchen Gründen/Ängsten auch immer??? Wie soll ich das herausfinden und was kann ich dagegen tun?

Könnt Ihr damit was anfangen?

Liebe Grüße
Sadness
Wolke2
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Wolke2 »

Hallo liebe Traurigkeit,

das ist doch schon ein toller Ansatz, den Du da nun versuchst. Der "verwirrende Gedanke" läuft nun hinter Dir her und will Dir helfen.

Ich wünsch Dir ganz viel Liebe und dass Du ganz bald nicht mehr so traurig sein mußt, vielleicht weil Du bald Deine Trauer mal wirklich zuläßt und sie dann aus Dir herausweinen kannst? Hab keine Angst davor. Tränen waschen die Seele, und Du kannst ganz bestimmt wieder aufhören zu weinen. Ich versprech's Dir!
elvis
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von elvis »

Hallo Sadness,
ja diese Gedanken kommen mir nur zu bekannt vor. Mir ist es schon häufig passiert, dass ich tagelang gegen das Abrutschen angekämpft habe und wenn es dann nicht mehr zu verhindern war mich regelrecht erleichtert wieder habe in diesen so vertrauten Zustand sacken lassen.
Das einzige was mir jetzt einfällt was vielleicht helfen könnte (bei mir tut es das leider nicht): finde etwas was Dir wirklich Spaß macht (falls noch möglich)... vielleicht wird Dir dann wieder bewußt wofür es sich lohnen könnte.
Ich nehme an, Du hattest auch mal bessere Zeiten? Erinner Dich an das Gefühl, das Du damals hattest...
Ich wünsche Dir den "zündenden Gedanken/Gefühl"; wofür es sich lohnen könnte!
Gruß Annette
Ingo
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Ingo »

Dear Sadness,
zuerst verwirrte mich Dein Thread, denn mit meinen Depris verbinde ich nichts Gutes. Zu dem üblichen Hinweis, das Depris doch ganz praktisch sind, weil sie einem die eigenen Grenzen, kann ich nur sagen: Diese Grenze hätte ich mir gerne auf eine andere Art bewußt gemacht.
Ich fühle mich daher nicht als Experte, für Deine interessante Frage, daher nur 2 Versuche:
Der erste knüpft daran an, was Du mit einer fehlende Bereitschaft zu Veränderung gemeint haben könntest, aus dem ja folgt, sich nicht gegen die Depris stellen zu wollen. Das einzige, was mir einfiel, war ein Moment, an dem ich meine wieder ausgegraben Joy Division-Platte gehört habe. Das hat mich zwar nicht zum Lachen gebracht, aber ich fühlte in mir eine angenehme Schwere. Ich habe damals gedacht, ok, ich fühle eben immer eine besondere Schwere, aber ich kann sie gut in mein Leben integrieren bspw. mit Musik und einen Umgang damit finden. Doch gefehlt haben muss mir da auch was, sonst hatte bspw. folgende Textzeile mich nicht dermaßen berühren können, wie sie es tat:
"I've bee waiting for a guide to come and take me by the hand/Could these sensations make me feel the pleasures of a normal man?"

Inzwischen setzen die J.D.-Platten wieder Staub an und ich bin ganz froh, dass ich mein Leben wieder als leichter empfinde und so komme ich zum 2. Teil meiner Antwort. Depris sind Ausdruck einer depr. Persönlichkeitsstruktur (so mein Thera). Von daher sind sie nur wirklich in den Griff zu kriegen, wenn Du an Deiner Persönlichkeit arbeitest, damit Du deren verschiedenen Seiten besser in Griff kriegst. Das macht Dir vielleicht Angst, dass sich auch die Persönlichkeit verändert. (Auch wenn das gar nicht wirklich geht, da wir "lediglich" lernen können, mit uns und dem Außen besser umzugehen.)

Liebe Grüße, Ingo
nina*tina

xxx

Beitrag von nina*tina »

Wolke2
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Wolke2 »

Ja, der Kampf gegen die Depression ist einfach nur kräftezehrend und so furchtbar ermüdend, dass gar kein Raum mehr für Leben bleibt. Aber komischerweise wird es gleich ein wenig besser, wenn man mal kurz nicht mehr dagegen ankämpft.

Und die Botschaft, die da drinnen steckt, könnte dann doch wirklich lauten, dass die Depression gar nicht gegen, sondern für Dich arbeitet und Du einfach einen Fehler machst, wenn Du dagegen ankämpfst.

Als praktischen Tipp habe ich da noch: Unbedingt ein paar Handtücher nehmen und diese über alles werfen, was man in der Wohnung an erhaltenswerten, aber schmutzempfindlichen Elektrogeräten hat, weil der Depri einen erst mal so auf den Arsch zwingt, so dass es sehr wahrscheinlich ist, dass sich erstaunliche Staubmengen anhäufen, gegen die anzukämpfen einfach keine Energie mehr zu Verfügung steht.

Und das macht die schönen Sachen kaputt, an denen man nach diesem eigenartigen Loslasskampf vielleicht wieder Freude hätte.

Aber solche beneidenswerten Aktionen können sich natürlich nur die wirklich leisten, die ganz alleine in ihren Kaninchenbau hocken. Mein ganz besonderes Mitgefühl gilt denen, die nebenbei immer noch viel zu viel funktionieren müssen, weil das den Heilungsprozeß verlängert.
Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Oh so schnell so viele Antworten... da muss ich mich ja beeilen

Andrea, es geht mir nicht ums Weinen. Meine Tränen lasse ich oft zu und ja, manchmal ist das auch reinigend. Ich rede von diesen Negativgedanken und -gefühlen, von dieser Spirale, mit der man sich wieder ins Negative dreht. Man lullt sich quasi in diese vertrauten Gefühle ein. Das finde ich bedenklich, wenn es wirklich sein kann, dass man meint, das in irgendeiner Form " zu brauchen".

Danke für Deine Antwort.
Sadness
Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Liebe Annette,

ja an gute Zeiten kann ich schon denken, aber ich finde es oft schwierig, das dann auf das Jetzt zu übertragen. Es ist ja auch "normal" und eigentlich in Ordnung, wenn man nicht immer versucht dagegen anzukämpfen, sondern auch zulässt und zeigt, wenn es einem schlecht geht.

Ich meine nur, kann der eigene Wille, dass es einem besser geht, so verdreht sein, dass man lieber an dem Vertrauten, wenn es auch schmerzlich ist, festhält? Ich meine ja auch nicht, dass man das bewusst macht. Mich würde interessieren, was in der Seele da so los ist...

Gruß
Sadness
Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Lieber Ingo,

danke für Deine Antwort. Das mit der Persönlichkeit ist interessant und genau darum drehen sich meine Gedanken? Was ist da los in einem, dass man "so ist, wie man ist"? Warum hole ich vielleicht manchmal alten Schmerz selber wieder hoch? Wenn es mich doch nur wieder runterzieht? Ok, ich kann mal wieder weinen und Anspannungen lösen sich (vielleicht), aber produktiver wäre vielleicht, direkt gegenzusteuern... Es ist wohl wirklich noch viel Arbeit, bis ich da bin, dass ich das wieder im Griff habe.

Lieben Gruß
Sadness

P.S. Das Lied kenne ich leider nicht. Aber die Textzeile hat mich insofern berührt, als dass ich dieses Gefühl, dass mich doch bitte jemand an die Hand nehmen soll um da herauszufinden, auch sehr gut kenne... Eine Riesenangst vor dem Alleinsein ist da immer.
Wolke2
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Wolke2 »

Dazu fällt mir noch etwas ein, was die komische Verdrehtheit des Homo sapiens ganz gut auf den Punkt bringt:

Ich bleibe lieber in einer bekannten Hölle, als einen unbekannten Himmel zu suchen.

Und ich kann mich noch gut erinnern, dass allein dieser Satz und die Vorstellung, dass ich etwas suchen soll, mir schon eine Heidenangst gemacht hat. Mittlerweile habe ich aber begriffen, dass diese Suche sich im Inneren abspielt und nicht draußen. Und da ist wirklich ein Himmel, der einen den Satz "ohne schwarz kein weiß" irgendwann deutlich spüren läßt, wenn man es zuläßt.

Man muß also noch nicht einmal viel suchen, sondern mehr zulassen, was passieren will. Dafür braucht man aber etwas Vertrauen. Und das ist die eigentliche Schwierigkeit.

Denn das Schwarz der Hölle der Depression kann das Weiß genauso weiß machen, so dass es einen förmlich anstrahlt mit heftig, fröhlich Kribbeln im Bauch.

Jaaaa, ich weiß, der irre Wanderprediger ist wieder da. Aber gewisse Sachen kann eben nur er einigermaßen gut erklären, also sorry
Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Liebe Nina,

nein das war gar nicht wirr!! Bin übrigens froh, dass Du Dich beim Gemüse schnipseln nicht in den Finger geschnitten hast, wo ich Dich so ablenke

Ja die Angst vor der Veränderung ist ein großes Thema bei mir. Da hast Du den Nagel schon ziemlich auf den Kopf getroffen. Neues macht mir immer Angst, Vertrautes gibt mir Sicherheit, das steht fest! Vielleicht erklärt es das tatsächlich ein bisschen. Weil, wenn ich irgendann wieder da raus sein sollte, so richtig, also dass ich wieder fit bin und alleine mein Leben in die Hand nehmen könnte... Dann müsste ich das ja auch. Dann muss ich neue Dinge wagen, neue Wege gehen, vor allem alleine diese Wege gehen,, weil die Therapie dann auch zu Ende wäre und und und... Nicht dass ich jetzt mein Leben nicht auch selber meister. Aber vielleicht ist da tief unten immer doch auch die Angst vor dem "Gesundsein". Für mich kommt da auf jeden Fall der Zusammenhang zu der starken Bindung an meine Therapeutin auf. Die Traurigkeit zu überwinden und die Negativspirale zu durchbrechen würde bedeuten, sie nicht mehr zu brauchen, sie loslassen zu müssen. Das macht mir immer eine Riesenangst und es tut grad richtig weh, darüber nachzudenken...

Puh Nina, Du hast mir "Futter" gegeben. Aber ich danke Dir!
Lieben Gruß
Sadness
Clown
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Clown »

Hallo Sadness,

«...kann der eigene Wille, dass es einem besser geht, so verdreht sein, dass man lieber an dem Vertrauten, wenn es auch schmerzlich ist, festhält?»

Ich glaube, der eigene Wille ist eine ziemlich ohnmächtige Ich-Funktion gegenüber un- oder unterbewussten Kräften.

Was du von dir erzählst, Sadness, kenne ich auch.
Immer wenn ich in der Therapie mir meine Denk- und Gefühlsmuster anschaute, kam unweigerlich die Frage vom Thera, welchen Nutzen oder Gewinn ich aus dem Muster ziehe.

Als diese Frage das erste Mal auftauchte, war ich ziemlich überrascht und ratlos, im Laufe der Jahre (!) fand ich dann immer mehr und immer tiefgehendere Antworten.

Inzwischen bin ich soweit, dass ich mich verabschieden kann von diesen Mustern und mich für Neues und natürlich Lebensbejahenderes entscheiden kann, jetzt kann ich es steuern mit meinem Willen. Aber ich glaube, das funktioniert nur deshalb, weil ich die Gründe für die Notwendigkeit der alten Muster 'abgearbeitet' habe.

Kannst du etwas anfangen mit dem, was ich erzähle?

LG, Clown

PS: Habe gerade dein Posting an Nina von 19.37 gelesen, mir scheint, du bist schon nah dran an dem Punkt, dass du dich entscheiden kannst, das Alte loszulassen und auf das Neue zuzugehen! Nur Mut!
"Realize deeply that the present moment is all you ever have. Make the Now the primary focus of your life."
Eckhart Tolle
elvis
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von elvis »

Hallo Sadness,
ich hoffe, es ist o.k. wenn ich einfach mal unkonstruktiv vor mich hin denke...?
Dein letzter Beitrag hat mich total ge/betroffen.
Das mit dem Loslassen vom Thera. Wie gut kenne ich das! Jetzt musste ich loslassen (wegen Umzug), habe so unendlich viel alleine (im wörtlichsten aller Sinne) auf die Reihe gekriegt... und NICHTS ist anders...
Diese Angst vor Neuem; wenn schon ALLES rundum anders geworden ist... das Chaos in der Wohnung, die Traurigkeit... sind geblieben. Ich brauche sogar einen Monat um das erste Blatt eines neuen Kalenders aufzuschlagen! (leider kein Witz)
nachdenkliche Grüße
Annette
Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Lieber Clown,

na wo siehst Du das denn, dass ich nah dran bin, das Alte loszulassen??? *seufz* Ich seh das gar nicht...

Ach immer diese fiesen Fragen von den Theras Nutzen aus dem bewährten Denkmuster.. Ja das geht ja schon in meine Richtung hier. Im Moment kann ich hier aber nichts Konstruktiveres dazu beitragen. Muss da wirklich mal über einiges nachdenken!!

Danke Dir!
Sadness
Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Liebe Annette,

bitte denk so laut Du kannst Ja ich verstehe das sehr sehr gut, was Du schreibst. Ich bin vor einem 3/4-Jahr umgezogen und zwar nur um die Ecke sozusagen, aber glaubst Du, dass ich mich zuerst sogar dabei unwohl gefühlt habe, dass ich meine Abendrunde mit dem Hund nun aus einer anderen Richtung gehen musste...?? Völlig irre, ich weiß, aber es war(!) so! Deshalb verstehe ich Dich, aber wie man dagegen erfolgreich was unternimmt, gegen diese Angst vor dem Neuen und vor allem gegen dieses Sich-sperren gegen etwas Neues, das weiß ich auch nicht. Ich denke aber, wir sollten uns für jeden Schritt, der in diese Richtung geht, loben. (Boar, meine Thera wäre stolz auf mich ) Und Du hast doch da eine Menge geschaftt, wenn Dein Umzug sogar den Abschied vom Therapeuten bedeutet hat!!!

Also bitte wegen meinem Beitrag hier nicht nun ins Negativgrübeln verfallen, sondern das Positive sehen.. (hach, den anderen kann man immer so tolle Ratschläge erteilen, iss ja widerlich)

Ich drück Dich mal, wenn ich darf.
Sadness
Frauw
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Frauw »

Hallo Sadness,

ich kenne Deine Gedanken sehr gut, ich frage mich auch oft, warum verfalle ich doch wieder in die Depression und ich bin zu dem Ergebnis gekommen, wie hier auch schon welche geschrieben haben, das ist etwas bekanntes,das kenne ich.
Erst letzte Stunde habe ich auch mit meiner Therapeutin darüber gesprochen. In mir kommen momentan mehr und mehr so Gefühle wie Enttäuschung und Wut auf, die ich bisher mein ganzes Leben lang unterdrückt habe, das heisst, ich bin total verunsichert mit diesen Gefühlen, weiß nicht wo die hinführen, habe Angst, wenn ich diese Gefühle auslebe ganz viel kaputt zu machen in meiner Umgebung - naja, und so bin ich auch wieder in eine depressive Phase rein gefallen,weil es das ist, was ich kenne, weil es irgendwie "Sicherheit" gibt, anstatt mich an die anderen Gefühle heran zu wagen.

Eine andere Sache, die ich auch mit meiner Therapeutin erarbeitet habe, ist noch, dass ich mit meiner depressiven Seite - das hört sich jetzt ziemlich komisch und bescheuert an - versuche, manchmal menschen an mich zu binden.
Die Erkenntnis war sehr hart für mich, weil ich die ganz schlimm finde, aber irgendwie ist was wahres dran, also jedenfalls bei mir und mit meiner Geschichte.
Ich habe irgendwie ganz tief in mir drinnen, wenn ich nicht mehr traurig oder depressiv bin, dann verlässt man mich, dann interessieren sich meine Freunde nicht mehr für mich - obwohl auch eben das andere Gefühl da ist, wenn ich traurig und depressiv bin, gehen die auch irgendwann - ist halt irgendwie ein ExtremDenken,mit keiner Mitte.
Hmm,ich weiß nicht,ob ich das jetzt verständlich geschrieben habe und ob Du was damit anfangen kannst?
Ich hoffe es war nicht zu verwirrend und hat Dir ein wenig was gebracht?

LG Silke
ghana
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von ghana »

Liebe Silke,

ich habe mich in deinem posting an Sadness teilweise wiedergefunden. Ich fürchte, auch ich neige dazu, wenn ich depressiv bin, Menschen an mich zu binden, v. a. meinen Freund. Und das macht mir ein ziemlich schlechtes Gewissen .

Wenn es mir nicht gut geht, brauch ich ganz arg viel Nähe und habe große Angst vor dem Alleinsein. Wenn mein Freund da ist, zeig ich auch deutlich, dass es mir nicht gut geht, aus Angst er könnte gehen, wenn er weiß, dass ich alleine zurecht komme. Also mit "gehen" meine ich nicht "verlassen", einfach, dass er in ein anderes Zimmer geht oder so. Dieses "Klammern" macht mir ein tierisch schlechtes Gewissen. Ich weiß ja, dass er sich um sich sorgt und da wäre es doch fairer, in nicht durch mein Verhalten in seiner Sorge voll zu bestärken?! Auch wenn er am Telefon merkt, dass es mir schlecht geht und anbietet zu kommen (mind. 1 h Autofahrt!), dann schaff ich es ganz selten abzulehnen, obwohl ich es eigentlich als Zumutung empfinde, dass er früher vom Arbeiten weggeht und so lange fährt, nur um mich zu "beschützen".

Ist es bei dir so ähnlich, oder hab ich dich nicht richtig verstanden?

LG

Stefanie
"Am dunkelsten ist es immer vor der Dämmerung." (Eoin Colfer)
Wolke2
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Wolke2 »

Und einer der Fehler ist, zu denken, dass man, sobald man sich nur zu lächeln traut, gleich alles auf einen zuspringt und Anforderungen stellt. Das ganze Leben mit allen Lästigkeiten drum und dran.

Aber Depression ist eine schwere Krankheit. Auch die Rekonvaliszens ist ein langwieriger Prozess, der Zeit braucht. Frag Deinen Therapeuten ruhig mal danach. Also meiner läßt mich jetzt jedenfalls nicht einfach so fallen, läßt mir aber etwas mehr Spielraum und Entscheidungsfreiheit. Ich kann weiter jede Woche, wenn ich meine, ich brauche das, aber es ist kein Muß mehr dahinter. Und ich werde mich z.B. erst dann dem Arbeitsmarkt wieder stellen, wenn ich auch etwas zu verkaufen habe. Ansonsten wäre das nur unfair.

Und übrigens steht meine Küchenuhr (und auch die im Badezimmer) immer noch auf Sommerzeit. Zusammen mit dem Trick, dass die bei mir immer um ca. 12 Minuten rennen, damit ich nie zu spät komme, (klappt nur bei Morgenmuffeln ) ist die Ermittlung der Realzeit eine echte Rechenoperation, die ich immer noch nicht immer bewältigen kann, aber ich kann so langsam und gaaanz vorsichtig darüber lachen. Und was mach ich bloß, wenn die Sommerzeit wieder aktuell ist!
Marie14
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Marie14 »

hallo sadness,
doch damit kann ich chon etwas anfangen, irgendwann gewöhnen wir uns an den zustan depression, mein thra nannte sie immer mein körbchen in das ich mich zurückziehe und immer nur mit einer,maximal2 pfoten rausgehe, denn draussen ist es zwar vermutlich schöner, aber eben völlig unbekannt, also neu und ich persönlich kann mit unsicherheiten am allerschwersten umgehen, da nehme ich schon lieber eine depri in kauf gehe in mein körbchen und warte dort schlimmstenfalls bis ...
ich konnte damals mit diesem beispiel ziemlich viel anfangen, auch heute habe ich körbchenintervalle, aber ich sitze nicht mehr pausenlos drin
alles liebe marie
Wer einmal sich selbst gefunden hat, kann nichts auf der Welt mehr verlieren
elvis
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von elvis »

Danke Sadness
Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Liebe Silke,

also das mit dem an sich binden kann ich in meinem Fall wohl "nur" auf meine Therapeutin beziehen. Da ist schon was dran. Habe ich ja vorhin irgendwo schon mal angedeutet. Solange es mir schlecht geht, kann ich zu ihr gehen, ist sie für mich da. Ich weiß nicht, aber irgendwie kam da heute wirklich dieser Gedanke, ob ich das (unbewusst?) beeinflusse. Also dass da irgendwas in mir dafür sorgt, dass ich immer wieder in solche Löcher rutsche, eben damit ich sie noch "habe". Das erschreckt mich wirklich und ich weiß grad gar nicht, wie ich damit umgehen soll... Ist das nur ein Zeichen, dass ich halt einfach diese Unterstützung noch brauche? Vom Gefühl her würde ich sagen, ja. Aber irgendwie verwirrt mich das alles gerade sehr.

Gruß
Sadness
Marie14
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Marie14 »

Hallo Andrea, du kannst ja auch anders
das freut mich
liebe grüsse Marie
Wer einmal sich selbst gefunden hat, kann nichts auf der Welt mehr verlieren
Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Liebe Marie,

das ist wirklich ein tolles Bild. Das kann ich gut nachempfinden mit dem Körbchen! Hat so ein bisschen was von seine eigenen "Wunden lecken", aber das gefällt mir in diesem Zusammenang richtig gut und ich danke Dir für diesen Gedanken. Denn das beruhigt mich jetzt ein wenig. Vielleicht läuft da bei mir gar nicht etwas soooo Verdrehtes ab?!?

Ich seh schon, ich hab ne Menge Stoff für die nächste Therastunde...

Lieben Gruß
Sadness
nina*tina

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Beitrag von nina*tina »

Sadness
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Re: Die Depression als "vertraute Bekannte"...

Beitrag von Sadness »

Liebe Nina,

danke für den Buch-Tip. Der kommt genau richtig. Ich bin nämlich immer auf der Suche nach Büchern zu diesem Thema!! Das Buch kenne ich noch nicht. Werde ich mir auf jeden Fall besorgen.

Genau wie Du das beschreibst mit dem Rockzipfel fühlt es sich bei mir auch an. Bei mir passiert da in der Therapie auch einiges an "Mutterübertragung", aber auch wenn man das weiß, macht es das Loslassen nicht einfacher. Ich bin auch schon lange in Therapie und diesen Menschen weder komplett aus meinem Leben zu lassen, bereitet mir immer noch Angst und auch Schmerz, weil ich sie ins Herz geschlossen hab sozusagen und da wird sie dann quasi wieder rausgerissen... So fühlt es sich an und ich denke ich habe da noch einen weiten Weg vor mir bis ich mit einem guten Gefühl sagen kann, jetzt gehe ich.

Ich denke Du kennst das auch... Danke dir für Deine Antwort!
Lieben Gruß
Sadness
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