Reden können

feuerfisch
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Reden können

Beitrag von feuerfisch »

Hai....

Naja, mal die obligatorische Frage: Wie geht ihr damit um?

Reden können ist nicht leicht.
Zur Zeit geht es mir einfach so mies. Früher hätte ich gar nicht reden können. Heute aber weiß ich das ich es muss. Und heute ist der Drang zum Reden auch enorm stark. Ironischerweise kam ich früher eher damit klar, hab es mit mir selber ausgemacht....oder auch nicht, mit den entsprechenden Konsequenzen.
Jetzt, jetzt weiss ich einfach das ich reden muss - doch mit wem?

Menschen die mir nahe stehen, die mich eventuell auch verstehen können, die möchte ich nicht belasten. Mein Therapeut? Zu theoretisch, ihm kann ich mich nicht so öffnen, da bleibt alles auf einer imaginären Basis. Die Notfallnummern? Kein emotionaler Kontakt, reine Sachlichkeit (von mir aus). Wer bleibt übrig?

Ich hab schon dran gedacht in eine Klinik zu gehen ...... Fazit: ich hab grad mal eben nen 2-Monatsvertrag, ich würd selbst den Job dann verlieren.....

Bitte, nicht falsch verstehen, ich wehre mich noch, möchte mich nicht den `dunklen Gedanken´ überlassen. Ich bin noch aktiv, aber ich suche `ne Möglichkeit mich auszutauschen, zu reden, jemand zu finden der so denkt wie ich, den ich aber auch andererseits nicht überfordere....habt ihr eine Idee?

feuerfisch
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Emily
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Re: Reden können

Beitrag von Emily »

Hallo Feuerfisch,

ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich mit "mehrgleisigem" Reden gut helfen kann. Mit dem Therapeuten besprich das, was du aus deinem inneren Gefühl heraus besprechen kannst und magst.
Das meiste und tiefste Verständnis für die Krankheit findet man aber nach meiner Erfahrung bei Menschen, die die Krankheit und ihre Auswirkungen auf das Leben aus eigener Erfahrung kennen (also z.B. hier im Forum). Mir persönlich hat dieses Verständnis anderer Betroffener sehr viel Gutes gebracht.
Wenn du allerdings spüren solltest, dass die Krankheit dich massiv überfordert und du dringend fachmännische Hilfe brauchen solltest, steht dir die Option Klinik ja immer offen. In diesem Falle wäre mir die Arbeit an der Krankheit auch wichtiger als der neue Job. Du wirst deine Befindlichkeit ohnehin sehr gut beobachten, würdest also auch früh genug reagieren können.

Du kannst demzufolge mehrere Möglichkeiten nutzen. Dass du hier im Forum jemanden überfordern würdest, falls du hier über die wesentlichen Dinge reden würdest, glaube ich nicht. Wer sich mit dem Lesen deiner Beiträge überfordert fühlen sollte, braucht den Thread ja nicht mehr zu öffnen.

Einen angenehmen Sonntag wünscht dir
Emily
zweifler
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Re: Reden können

Beitrag von zweifler »

Hallo Feuerfisch!


Reden und schreiben sehe ich als Bestandteil meiner ganz persönlichen Therapie.Von mir für mich und andere.Wer soll unsere Erkrankung besser verstehen als jemand der am eigenen Körper gespürt hat was Sache ist.
Also bin ich hier im Forum am besten aufgehoben.Bei gesunden Gesprächspartnern muss ich mir oft den Mund fuselig reden und habe dann das was mir wichtig wäre trotzdem nicht vermitteln können.
Auch bei mir gab es lange Zeiten da war ich so etwas von stumm und ich konnte nur meinen kreisenden Gedanken nachhängen.

Meine Therapie verlief auch sehr unbefriedigend.Hatte immer das Gefühl,dass ich viel zu wenig Rückmeldung bekomme.Mein Thera hat mich einfach verhungern lassen.
Aber mit deinem Thread hast du dir eigentlich schon eine gute Antwort gegeben.

mfg herbert
sentiero
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Re: Reden können

Beitrag von sentiero »

Liebe Feuervogel!

Du hast mir vor ein paar Wochen im Angehörigenforum auf eine ähnliche Frage geantwortet. Ich kann mich natürlich nur aus der Sicht der Angehörigen melden. Du schriebst, dass Dein Partner Deine Situation meistens einschätzen könne. Er wird spüren, auch wenn er es vielleicht nicht auf den Punkt bringen kann, wie es Dir geht, dass es Dir schlecht geht. Rede mit ihm! Den Vorschlag von Emiliy "mehrgleisiges Reden" finde ich ausgezeichnet, weil vielleicht nicht jeder jeden Punkt versteht, es Dir aber in der Summe dann eventuell doch hilft.
Notfalls gehe in die Klinik, Deine Gesundheit ist wichtiger als jeder Job.

Ich wünsche Dir alles Gute und viel Kraft!

Sentiero
Sadness
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Re: Reden können

Beitrag von Sadness »

Liebe(r)? Feuerfisch,

ich finde das Reden über meine Gefühle, was mich bewegt etc. auch immens wichtig. Im Gegensatz zu Dir ist dabei aber meine Therapeutin mit der wichtigste Gesprächspartner. Wie schade, dass Du Dich nicht öffnen kannst bei Deinem Therapeuten. Ich finde, dass es eine Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Therapie ist, dass man offen redet. Warum meinst Du, ist das so bei Dir? Nun weiß ich nicht, wie lange Du schon zu dem Therapeuten gehst. Weil es bei mir natürlich auch nicht von Anfang an so war. Mir fiel es sehr schwer anfangs über bestimmte Dinge zu reden bzw. mich so zu geben, wie es mir geht. Ich konnte über belastende Dinge sprechen, aber war sehr kontrolliert dabei und berichtete eher emotionslos. Das bringt einem nicht sehr viel nach meiner Erfahrung. Es ist eher Stress als Erleichterung, in so einem Zustand zu reden. Aber es gehörte zum Prozess und so nach und nach wuchs das Vertrauen und das gute Gefühl, dort einfach so sein zu dürfen wie ich bin und meinen Gefühlen auch mal freien Lauf zu lassen. Ich glaube, es hat fast 2 Jahre gedauert bis ich zum ersten Mal zulassen(!) konnte, dass Tränen liefen. Ich empfinde heute diese Stunden, dieses Reden und Verstandenwerden von kompetenter Seite so unglaublich wichtig. Ich habe auch eine sehr gute Freundin, mit der ich auch ganz offen sprechen kann, was wahnsinnig gut tut. Weil sie zuhört, die Dinge so nimmt, wie ich sie erzähle und nicht bewertet oder ähnliches. Bei solchen Menschen hilft mir das Reden auch. Dass sie nicht betroffen sind von Depression oder ähnlichen Problemen finde ich dann nicht so wichtig. Bei meiner Therapeutin sowiso nicht. Wenn es ein guter Therapeut ist, besitzt er große Empathiefähigkeit und kann gut auf Dich und Deine Gefühlslage eingehen und nachvollziehen, wie es Dir geht. Dieses Gefühl habe ich bei meiner Therapeutin eigentlich immer.

Wenn Du Kontakt zu Betroffenen suchst, denen es ähnlich geht wie Dir, suche doch mal nach einer Selbsthilfegruppe in Deiner Nähe. Das wäre doch das Optimale dann, oder? Sich per mail oder m Forum austauschen kann sicher auch hilfreich sein, aber ein direkter Kontakt ist doch noch was anderes.

Viel Erfolg weiterhin
Sadness
feuerfisch
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Re: Reden können

Beitrag von feuerfisch »

Hai ihr Lieben

@ Emily

Ja, das verteilen der Themen auf mehrere Leute ist ein guter Tip, den ich auch so schon nutze. Nur bei den...naja, sagen wir mal "tieferliegenden" Themen, da streikts. Da komm ich nicht ran, unter anderem aus den oben erwähnten Gründen.
Außerdem behagt es mir nicht mich so in den Vordergrund zu bringen. Mir fällt es so schon reichlich schwer meine Maske zu senken.

Die Überforderung eines Menschen habe ich schon im RL erlebt. Ich hatte über 16 J einen sehr guten Freund und irgendwann eines Tages erzählte ich ihm von meinen Sui-Gedanken. Er war entsetzt und hemmungslos damit überfordert. Über die ganze Zeit unserer Freundschaft hinweg machte er sich unterschwellig Sorgen um mich...das hatte ich nicht gewollt.



@ herbert

auch dir kann ich da nur zustimmen - reden und schreiben empfinde ich auch (inzwischen) als wohltuend, sogar als dringend notwendig, darum auch dieser Thread. Nur einen Satz von dir verstehe ich nicht:"Aber mit deinem Thread hast du dir eigentlich schon eine gute Antwort gegeben. "
Worauf beziehst du dich da? Was meinst du damit? *wohl ein wenig dusselig bin*



@ sentiero

tja, leichter gesagt als getan, denn gerade ihn möchte ich am wenigsten belasten. Er ist ebenfalls psychisch krank, vielleicht kann er ja auch darum am ehesten spüren wie es mir geht. Doch genau das macht es mir umso schwerer mit ihm zu reden. Ich möchte nicht das er sich abgelehnt fühlt, ich möchte nicht das er sich Sorgen macht, ich möchte das es ihm gut geht.
Er tut alles was er kann um es mir leichter zu machen, er gibt mir ein Gefühl von Wärme, zeigt mir das ich vielleicht doch etwas wert bin (etwas das ich gar nicht annehmen kann), er signalisiert mir das er für mich da ist.
Im Gegenzug belaste ich ihn mit mir. Manche meiner Verhaltensweisen verletzen ihn, doch er sagt nur ganz selten etwas. Ich möchte/kann/darf ihm nicht noch mehr aufbürden.

Das die Gesundheit wichtiger als ein Job ist - jepp, das ist wohl so. Theoretisch kann ich das auch nur bejahen. Allerdings bin ich Alleinverdiener. Wir haben eigentlich nix mehr, können nix unternehmen. Für uns ist das einzigst Schöne das wir noch haben die Wohnung in der wir leben. Hier fühlen wir uns sehr wohl. Habe ich keine Arbeit müssen wir die Wohnung aufgeben - und damit auch das letzte Positive das wir haben.



@ Sadness

ich bin seit einem Jahr bei diesem Therapeuten, bei dem davor war ich ebenfalls ein Jahr. Beim Ersten habe ich mich etwas besser aufgehoben gefühlt, aber wirklich tief reden konnte/kann ich mit beiden nicht. Denke aber das das eher an mir als an ihnen liegt. Und ja, mein jetziger Therapeut scheint ein paar Signale zu empfangen, denn seit dieser Woche soll ich nochmals ein anderes AD ausprobieren...und demnächst noch evt ein zweites, anderes Medi dazu nehmen.
Viele Chancen sehe ich in den Medis nicht. Liegt allerdings nicht daran das ich gegen AD bin, sondern eher daran das ich noch bei keinem Medi eine aufhellende Wirkung verspürt habe.

In einer Selbsthilfegruppe bin ich schon, allerdings rede ich auch da kaum von mir, ich mache bei den Themen der anderen mit. Je näher mir die Menschen sind desto weniger kann ich mit der Sprache herausrücken.


@ allgemein

Aber mal ganz davon ab - das Thema Suizid ist und bleibt ein Tabuthema, das ja auch hier verboten ist....und genau das ist ein Thema über das ich reden müsste. Nicht über Methoden oder so, sondern ich müsste diesen Gedanken auf den Grund gehen, schauen was hinter/unter den `dunklen Gedanken´ verborgen liegt. Und da weiß ich mir nicht mehr zu helfen - mache ich das mit mir alleine aus, so fasse ich den Entschluß dazu, das weiss ich. Ich muss diese Gedanken verdrängen, ununterbrochen (und das ist ganz schön ermüdend, glaubt mir). In dem Gespräch mit jemand anderem hätte ich dann zwar einen gewissen Schutz, der zumindest für den Moment Halt bietet, jedoch wäre die Belastung für mein Gegenüber verdammt hoch - und zu allem Überfluss müsste es auch noch jemand sein dem ich vertraue...
Scheiss Spiel *tschuldigung, aber das musste mal raus*
Ich habe schon versucht entsprechende Foren, Selbsthilfegruppen, ect zu finden, doch da ist nix.

So, nun bin ich mir ja schon fast sicher das dieser Thread den erlaubten Rahmen sprengt, also bin ich auch nicht bös wenn er gelöscht wird. Aber trotzdem hats mal gut getan das niederzuschreiben.


Ein ganz dickes Dankeschön an dieser Stelle an alle die sich die Mühe gemcht haben und mir geantwortet haben - auch derjenigen die mir gemailt hat!


Einen schönen Sonntag noch

feuerfisch
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lunasol
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Re: Reden können

Beitrag von lunasol »

feuerfisch
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Re: Reden können

Beitrag von feuerfisch »

Hai Lunasol

ja, anscheinend verstehst du was ich meine - wem kann man dieses Päckchen aufbüden?

Ablenkung ist auch bei mir das einzigste was hilft - und doch habe ich den Eindruck das ich genau damit ein Besserung meines Zustandes verhindere - scheint auf reines Existieren hinauszulaufen, Leben soll ja doch etwas anderes sein

*Kopf hoch* vielleicht finden wir ja noch etwas anders das hilft!

feuerfisch
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chrisp
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Re: Reden können

Beitrag von chrisp »

Hallo, Feuerfisch!

Ich habe damals auch eine "Staffelung" vorgenommen, hatte Freunde zum Blödeln und welche für "den Anruf um 3.00 Uhr" (wie auch umgekehrt)...ich weiß ja, wer aus meinem Freundeskreis sich genügend abgrenzen kann.

Mir hat es auch geholfen, diese dunklen Gedanken aufzuschreiben oder auch zu malen - so waren sie auf Papier gebannt. Dann musste aber sofort auch etwas Positives imaginiert werden, z.B. Ausmalen eines schönen Ortes oder auch Planeten *ggg*.

Vielleicht ist die Telefonseelsorge auch eine mögliche Anlaufstelle für dich? Dort kannst du reden, rund um die Uhr. Gerade, wenn es dir schon Erleichterung verschafft, dies alles in Worte zu fassen.

Dir ganz viel Gutes
Chrisp
Leni2
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Re: Reden können

Beitrag von Leni2 »

Liebe Feuerfischin,

ich kenne deine Situation auch sehr gut. Vor allem, dass ich mich nicht trau, jemanden mit meinen Sorgen zu belasten und mich Menschen anzuvertrauen, die mir nicht so vertraut sind.

Dazu wollte ich dir was erzählen.
Im Sommer ging es mir so schlecht, ich habe mich sehr zurück gezogen und es hat keiner richtig gemerkt. Ich habe mich einfach so zusammen gerissen, weil ich meine Gefühle nicht richtig zeigen konnte. Schließlich habe ich mich selbst in eine Klinik einweisen lassen. Da ging es genau so weiter. Ich war wie betäubt, aber mein Thera meinte, es wären keine schweren Depressionen. Ich hab mich gefühlt, als wenn ich durch die Maschen eines zu großen Netzes falle.

Aber irgendwann habe ich mit der Musiktherapeutin gesprochen und sie hat gesagt, dass ich es lernen MUSS, mir Hilfe zu holen, wenn es mir schlecht geht.

Und dann hab ich ein neues Medikament bekommen und hatte drei Nächte und Tage totale Angstzustände, habe gezittert und kaum geschlafen. Und wieder hat es kaum jemand mitgekriegt.

Und dann habe ich mich gezwungen, mit der Nachtschwester zu sprechen. Ich bin zu ihr gegangen und habe auf einmal nichts mehr gefühlt, ich war wie leer und sie hat meine Verzweiflung natürlich nicht bemerkt. Ich kann dann einfach meine Gefühle nicht zeigen. Ich bin dann drei mal in der Nacht runter, bis sie gemerkt hat, dass es mir wirklich richtig schlecht geht. Ich war so stolz auf mich hinterher, vor allem, weil sie mir auch nicht besonders sympathisch war.

Was ich dir sagen will: Du musst für dich sorgen, gerade bei solchen Gedanken! Mir hat es geholfen, mir mein inneres Kind vorzustellen, dem es so schlecht geht. Und ich hab mir gesagt, ich bin die Erwachsene und ich muß jetzt für dieses Kind sorgen, selbst wenn es mir schwer fällt. Klingt vielleicht blöd, hat mir aber wirklich geholfen.

Lieber Feuerfisch, sprich mit jedmand Professionellem, ruf bei der Telefonseelsorge an und versuch, denen zu vermitteln, wie es dir geht. Und wenn es nicht klappt, ruf immer wieder an. Kann dir doch egal sein, was die denken. Dein Thema ist eins, wo dir Freunde auch kaum helfen können und auch wir im Forum nicht. Bitte, sprich mit jemandem, der dir auch helfen kann, sorge für dich! Und notfalls geh in eine Klinik, es ist wichtig.

Ich denke an dich und drücke dich ganz fest!

Ganz liebe Grüße - du bist nicht allein!

Lena
Alles, was man über das Leben lernen kann, ist in drei Worte zu fassen: Es geht weiter!

zweifler
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Re: Reden können

Beitrag von zweifler »

Hallo Feuertisch!


Irrtum Feuerfisch!!
Mit diesem Satz wollte ich nur bemerken ,dass du mit deinem Thread bewusst oder unbewusst einen guten und hilfreichen Weg begonnen hast.
Nach einem Gespräch gestern Abend mit einem "Gesunden" ist mir sehr deutlich geworden wie wichtig ein Gespräch mit betroffenen ist.Das allgemeine" das wird schon wieder und mir geht es auch manchmal schlecht" geht mir echt auf die Nerven.
Ich müsste halt nur positiv denken und wenn ich das nicht will dann naja bin ich selbst schuld.Als wenn das alles soooo simpel wäre!
Eine gute Zeit noch!

mfg herbert
Nico Niedermeier
Moderator
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Re: Reden können

Beitrag von Nico Niedermeier »

Nur damit nicht Alle glauben, wir hätten es überlesen und hätten deshalb nicht gelöscht...
Wenn eine Diskussion so sensibel und vorsichtig wie hier geführt wird, werden wir nichts dagegen einzuwenden haben
Herzliche Grüße
Dr. Niedermeier
lunasol
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Re: Reden können

Beitrag von lunasol »

deary
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Re: Reden können

Beitrag von deary »

Hai feuerfisch, hai Mitleser!

"reden können" ist ein ganz wichtiger Punkt in der Depression.

Als ich die Überschrift las, ist mir jedoch zuerst eingefallen, dass man erstmal "reden können" muß.
Denn wie viele Fähigkeiten, verliert sich auch diese manchmal in der Depression.
Dann habe ich die Erfahrung gemacht, nicht mehr reden, sprechen, mich bewegen zu können.

Wenn man dann wieder reden kann, hat es mir immer geholfen, wenn ich vieles rausgelassen hab.

Noch bevor ich offizielle Therapie gemacht habe ( die ich eigentlich gar nicht gut fand rückblickend, ich habe zwar "geredet", doch zum Schluß nur noch gegen eine Wand-Therapeutin) ich mir bei einer Dame von der ortsansässigen Diakonie wöchtentlich Termine geben lassen.

Das tat mir immer gut. Und es war von beiden Seiten freiwillig , und auch -wenn man es so ausdrücken will- unentgeltlich.
Der Funke zwischen uns ist auch übergesprungen. Wir haben "miteinander geredet" auch wenn ich bestimmt 90% der Gesprächsanteile hatte.

Das war eine gute Erfahrung, denn ansonsten bin ich mit professionellen Zuhörern wie Ärzten und Therapeuten eher schlecht gefahren.

Ich hatte in ganz schlimmen Phasen auch immer die Nummer der Telefonseelsorge neben meinem Bett liegen.
(einmal habe ich davon Gebrauch gemacht, es war nachts, und es war eine positive Erfahrung)
Aber schon seit einiger Zeit habe ich einige wenige Freunde, die ich auch nachts um drei anrufen kann.
Das war mir immer sehr wichtig.
Von alleine habe ich mir immer solche Leute gesucht, bei denen das möglich war.

( die müssen über einen guten Schlaf verfügen, denn sonst wäre es ja dreist, sie mitten in der Nacht zu wecken, aber glücklicherweise gibt es in meinem Freundeskreis Menschen, die sofort wieder einschlafen...)

In meiner Familie gibt es auch Leute ,denen ich immer wieder dasselbe erzählen kann, weil man in der Depression halt viele Kreisel-Gedanken hat.
Das tut immer gut, wenn man auch 3x dasselbe erzählen darf, ohne gerügt zu werden.

Allerdings bewegt man sich bei allem, was ich oben beschrieben habe, auf dünnem Eis.
Jeder der Leute kann selber mal Probleme haben, und wird mir dann nicht mehr richtig zuhören können.
Und die ganz dunklen Gedanken, also Suizidgedanken, das können die wenigsten ertragen.
Obwohl sie ein ziemlich normales Symptom der Depression sind, wie Schnupfen bei einer Erkältung.

Ich denke, dass professionelle Helfer damit insofern immer noch besser umgehen können alsNahestehende, weil sie einfach gelernt haben, es nicht so nah an sich ranzulassen.

Wenn ich beispielsweise meinem Freund von Suizidgedanken berichte, fühlt er sich meistens angegriffen.
Denn der andere empfindet es dann so, als wenn man ihn allein lassen wolle, und seine Ansprüche evtl. gar nicht mehr hoch genurg bewertet.

Vieles an der Krankheit ist ein Tabu, und bestimmt bleibt immer ein Rest, den man mit sich selbst ausmachen muß.

Aber hier im Forum fühle ich mich auch oft verstanden und es ist ein Ort wo man reden kann, auch über "dunkle Gedanken" ( wie Du es immer nennst, feuerfisch)

Dennoch braucht man auch im Real Life regelmäig Ansprechpartner , wo man reden kann, solange man von der Depression betroffen ist, und auch um einer neuerlichen Depression vorzubeugen...

Für mich bedeutet das , weiterhin Suche nach professionellen Helfern, wo ich wirklich "reden kann."

Und tiefe Dankbarkeit für die vielen Stunden, wo ich liebe Menschen hatte, die mir zugehört haben...

soweit meine Gedanken dazu.
Ich hoffe, es war nicht zu wirr.

Liebe Grüße
deary
chrisp
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Re: Reden können

Beitrag von chrisp »

Während ich diese Beiträge lese, merke ich, dass ich eigentlich eher selten genau darüber geredet habe, wie ich mich fühle, wenn die dunklen Gedanken Überhand nahmen. Es ist auch sehr schwer zu beschreiben.

Ich hatte, wie schon gesagt, Menschen, denen ich aber mitteilen konnte, dass ich gerade in einem ganz fiesen Kellerloch hocke und "nicht mehr kann". Das waren Menschen, die selber Depris kennen, wenn auch nicht diese heftigen quälenden Gedanken. Zudem wusste ich, dass diese Menschen sich abgrenzen können - selbst wenn "die Sache mit mir schieflaufen sollte", was ich selber eigentlich nicht wollte, aber ja nun auch nicht ausschließen konnte.

Bei denen habe ich dann am Telefon gesagt: "Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr" und es war klar, was momentan bei mir los ist.

Wirklich verbalisieren bzw. darstellen wie diese Gefühle und Gedanken sind, konnte ich eben nur durchs Schreiben und Malen. Meist wollte ich auch nicht ganz so genau hinschauen, wie sich das jetzt anfühlt, obwohl es ja heißt, es könne im Gegenteil auch helfen, diese dunklen Gedanken nachzuzeichnen und zu analysieren, weil sie dann handhabbar und beeinflussbar werden.

Am schlimmsten fand ich das eigene Gefühl der Wehrlosigkeit - dagegen anzukämpfen oder jemanden zu finden, der es ind em Moment für mich tut, war der wichtigste Schritt.

Deswegen: die Telefonseelsorge anzurufen, wenn man nicht weiß, wem man "das Päckchen" gerade aufbürdern kann, ist sicherlich gut. Dort kann man den TSlern die aufbürden, die sind gechult. Und sie können einem helfen sich zu wehren und wieder Boden unter die Füße zu bekommen.

Feuerfischin, ich umarme dich ganz vorsichtig, wenn du möchtest und wünsche dir ganz viel Kraft!

Chrisp
feuerfisch
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Re: Reden können

Beitrag von feuerfisch »

Hai Allerseits

als erstes mal ein dickes Dankeschön an euch - ihr seid sehr einfühlsam.

Momentan bin ich am grübeln - aber auch am Nachdenken über eure Beiträge. Hm, werd mich erst mal sammeln müssen bevor ich antworte.
Das düst grad alles etwas in meinem Kopf rum.

Mal sehen, vielleicht klappts ja morgen

Eine gute Nacht euch allen - und nochmals Danke


feuerfisch
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Re: Reden können

Beitrag von muckelmaus »

Zum Thema Ablenkung:
Ich bin in einer Klinik mal völlig verzweifelt am Wochenende bei einer Therapeutin aufgelaufen (wenn auch ohne Suizidgedanken) und habe ihr im Laufe des Gesprächs erzählt, dass ich mich, wenn es mir schlecht geht, durch die Gesellschaft von anderen Menschen ablenke. Da hat sie mir etwas gesagt, was ich auch jetzt noch nicht wirklich ganz erfassen kann, von dem ich aber weiß, dass es wichtig ist:
„Das ist keine Ablenkung, sondern leben!“
Damit würde ich sagen, wenn jemand im Forum oder in der Realität mit anderen Menschen rumblödelt oder sich anderweitig mit ihnen auseinandersetzt, ist auch das oder sogar gerade das Leben! Leben sind doch eigentlich die kleinen, alltäglichen Dinge, die Freude (oder auch Kummer) bereiten und nicht nur die großen, wichtigen Dinge, die ja gar nicht ständig da sind.


Und ich finde es erstaunlich und als Wunder, dass ich immer wieder mal auf Menschen treffe, mit denen ich reden kann. OK, nicht bis in die Tiefen der Löcher. Aber über die obenaufliegenden Dinge geht es und irgendwie habe ich dann das Gefühl, dass ich mich dannach um die nächsten Ebenen alleine auch besser kümmern kann, weil ein Teil des Seelischen Gerümpels mal sortiert, aufgeräumt, ausgelagert oder sowas wurde.
Ich möchte auch auf keinen Fall Freunde und Bekannte überfordern mit dem was ich mir von der Seele reden muß. Aber wenn ich dies häppchenweise bei den unterschiedlichsten Menschen tue, überfordere ich keinen und helfe mir trotzdem. Und es hat den Vorteil, das ich auch weniger Hemmungen mit dem Reden habe, da ich ja gar nicht soviel erzählen will und es deshalb auch leichter fällt. Und wenn mein Gegenüber mir dann überhaupt folgen kann, habe ich immer die Wahl weiter zu reden und auch Emotionen rauszulassen oder auch nicht.
Nebenbei kann ich auch die „Kreiselgedanken“ immer wieder loswerden, ohne das eine Person genervt ist, ich erzähle es einfach verschiedenen Leuten. Oder schreibe es verschiedenen Leuten in Mails.
Und es ist erstaunlich, viele Leute erzählen mir auch „ganz gerne“ mal von ihren Sorgen und dadurch entstehen immer wieder mal richtig gute Gespräche.
Und wenn ich mir das ganz noch mal durchlese (ich konnte es gestern abend nicht einstellen, da ich nicht ins Internet gekommen bin), glaube ich, dass ich einfach mein „mehrgleisiges Reden“ beschreibe

Bei meiner Therapeutin und auch anderen Professionellen kann ich mich auch nur nach und nach weiter öffnen. Das ist da ein ganz langsamer Prozeß bei mir (nicht zuletzt wegen meiner sozialen Phobie, die mich zusätzlich zur Depression hindert).


@ allgemein
Aber mal ganz davon ab - das Thema Suizid ist und bleibt ein Tabuthema, das ja auch hier verboten ist....und genau das ist ein Thema über das ich reden müsste. Nicht über Methoden oder so, sondern ich müsste diesen Gedanken auf den Grund gehen, schauen was hinter/unter den `dunklen Gedanken´ verborgen liegt. Und da weiß ich mir nicht mehr zu helfen - mache ich das mit mir alleine aus, so fasse ich den Entschluß dazu, das weiss ich. Ich muss diese Gedanken verdrängen, ununterbrochen (und das ist ganz schön ermüdend, glaubt mir). In dem Gespräch mit jemand anderem hätte ich dann zwar einen gewissen Schutz, der zumindest für den Moment Halt bietet, jedoch wäre die Belastung für mein Gegenüber verdammt hoch - und zu allem Überfluss müsste es auch noch jemand sein dem ich vertraue...


Sag mal, verstehe ich das richtig, dass Du weißt, dass Du Deine „dunklen Gedanken“ angehen mußt und nach einem Weg suchst, wie Du das tun kannst, ohne zuviel Angst zu haben, dass Du da nicht mehr raus kommst? Und dazu brauchst Du ein Gegenüber, dem Du vertraust, damit Du Dich überhaupt öffnen kannst, das Du aber gleichzeitig auch nicht überfordern willst. Und das ganze macht Dich fertig, weil Du mit viel Energieaufwand ununterbrochen die „dunklen Gedanken“ verdrängen und wegschieben mußt und gleichzeitig verzweifelt nach einem Weg suchst, Dich mit ihnen ohne Gefahr und damit zu große Angst vor den konkreten Gedanken auseinandersetzen zu können.

Ich glaube, Dein Gefühl ist richtig, dass Du mit dem Thema Suizid andere Menschen schnell überfordern kannst / wirst. Ich denke auch, suche nach professioneller Hilfe, sei auch bereit in eine Klinik zu gehen. Vielleicht gibt es ja für Dich einen Weg, dass Du das notwendige Vertrauen erstmal ambulant aufbauen kannst und dann, wenn Du wirklich an das konkrete Thema rangehen kannst, stationär weitermachen kannst? Ich habe keine Ahnung, ob es Krankenhäuser gibt, die so etwas ermöglichen.

Liebe Grüße
muckelmaus
Colin
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Re: Reden können

Beitrag von Colin »

Die Idee mit der Klinik halte ich für sehr gut. Was ist ein 2-Monatsjob wert, wenn man doch nur tiefer in die Depression hineinfällt. Also bevor es zu spät ist, eine gute klinik aufsuchen. Bevor es "zu spät" ist, deshalb, weil man dann nicht erst aus den tiefsten Tiefen der Depression herausgeholt werden muss; bie mir war das so.

Ich habe mich lange dagegen gewehrt, mich dann endlich entschlossen, mich in ein solche Klinik "zurückzuziehen". Es war super erfolgreich:

In der Dr. Schlemmer Klinik in Bad Wiessee, also am Tegernsee. hat mir eine gute Mischung geholfen: Einzeltherapien >Gesprächs-, Körper,- und Gestaltungstherapie, Gemeinsamer Frühsport direkt am See (bei jedem Wetter), Schwesterngespräche Meedikamente (Antidepressiva). Fast hätte ich etwas ganz Entscheidendes vergessen: Die Gespräche mit anderen Patienten.

Sprich mal mit Deinem Therapeuten über die Möglichkeit ein paar sinnvoll verbrachter Wochen in der Schlemmerklinik. http://www.klinik-dr-schlemmer-gmbh.de

Liebe Grüße und gute Besserung
Colin
Guitaranderl

Re: Reden können

Beitrag von Guitaranderl »

Hallo Muckelmaus,

toll, dass Deine Therapeutin so wach wahr, und Deine -als vermeintliches Ablenkungsmanöver geäußerte - Kontaktsuche als "Leben" entlarvte.
Vor Jahren besuchte mich einmal eine Frau aus einer Therapiegruppe - ganz spontan und unangekündigt. Ich habe nie vergessen, was Julia damals zu mir sagte: "Ich habe mich zum Besuch entschieden und damit GEGEN DIE DEPRESSION!"
Die Kinder, bzw. Verbündete der Depression haben viele Namen; u.a. auch Isolation, Einsamkeit und Rückzug.
Das ist ein ganz komisches Phänomen, was ich gut von mir und anderen kenne: Obwohl wir ganz genau wissen, dass es in -geeigneter!- Gemeinschaft schnell besser werden kann, ziehen wir uns dennoch zurück und kommen mit den üblichen Argumenten wie "ach, ich will ja niemanden belasten" und "mich versteht ja sowieso keiner". Meistens ist es aber doch eher so, dass wir uns selbst nicht begreifen.

>Mein Therapeut? Zu theoretisch, ihm kann ich mich nicht so öffnen, da bleibt alles auf einer imaginären Basis.
Meine liebste Feuerfischin,
meinst Du wirklich, Du "kannst" nicht? Und wenn es so theoretisch ist, wie Du sagst (was für mich übrigens recht abwertend klingt), warum gestaltest DU es denn nicht etwas praktischer, indem Du genau diese Umstände einbringst? So soll schon manchmal ein Nähe entstanden sein, die zuvor unmöglich war.
Wenn das nicht geht oder der Therapeut das nicht ermöglicht, frage ich mich, was Dich in dieser Therapie hält. Hoffnungslosigkeit?
Ich weiß um Dein tiefes Misstrauen dem Leben gegenüber und ich weiß, dass Du gute, sehr gute Gründe hast, so zu fühlen. Aber genau, dass Du Dich so fühlst, ist für mich der Indikator eines lebendigen Kerns. Da liegt ja etwas im Clinch, da will auch vielleicht etwas raus, geboren und/oder verabschiedet werden.

Herzliche Grüße an Dich und Euch
Andreas
feuerfisch
Beiträge: 1118
Registriert: 15. Jan 2005, 01:45
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Re: Reden können

Beitrag von feuerfisch »

Hai ihrs

sorry das ich mir mit der Antwort so lange Zeit lasse, ich wollt mich auch nur kurz melden damit sich keiner Gedanken macht.

Da sind ne Menge Worte da, aber sie finden einfach keinen Ausdruck, keine Form. Sie ergeben einfach keinen Sinn, nicht in meinem Kopf - und schon gar nicht auf Papier.

Ich hoff´ ihr seid nicht böse das ich euch momentan nicht antworte.

feuerfisch
Es gibt 1000 Gründe alles beim Alten zu lassen und nur einen einzigen etwas zu ändern - DU HÄLTST ES EINFACH NICHT MEHR AUS!
Wolke2
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Re: Reden können

Beitrag von Wolke2 »

Hallo Zusammen!

Dann kann ich hier ja auch nochmal ganz sensibel etwas zu dem Thema sagen:

In meinen schlimmsten Stunden war mir der einzige und letzte Halt das Wissen, dass es noch EINE Sache gab, die ich wirklich im Griff und unter meiner eigenen Kontrolle hatte, nämlich das Wissen, dass ich die Hintertür nehmen kann, wenn ich es ganz und gar nicht mehr ertrage.

Dieses Wissen hat mir auch im Umgang mit den "Durchschnittsverbrauchern" geholfen, die mir immer wieder mit so entzückenden Ratschlägen wie "Nun reißen sie sich doch einfach mal zusammen!" kamen. Ich habe solchen Menschen dann gegenüber gestanden und gedacht 'im Grunde kannst Du mich gar nicht verletzen, weil wenn ich es wirklich nicht mehr ertrage, kann ich gehen'.

Und so bescheuert sich das im ersten Moment anhören mag, genau dieses Wissen hat mir geholfen, diese furchtbare Horrorzeit zu überstehen und nun tatsächlich fassungslos glücklich vor der Tatsache zu stehen, dass ich endlich das erste mal in meinem Leben voller Liebe und Vertrauen in die Zukunft blicke. Damit bekamen die vollkommen platten Worte "ohne schwarz kein weiß" eine unglaubliche Dimension.

Daher kann ich nur raten, alles was da ist, zu nutzen und durchzuhalten!!! Denn aus diesem unglaublich tiefen Leid kann eine genau so unglaublich tiefe Freude wachsen, die man nur wirklich fühlen kann, wenn man dieses Leid gefühlt hat. ES LOHNT SICH! (und diese Worte würde ich am liebsten in riesigen Lettern hier in tun, weil es ist wahr.)

Na gut, ich höre mich fast an wie ein billiger Wanderprediger, ich geb's ja zu, aber trotzdem ist es war: Ohne schwarz kein weiß und je schärzer das schwarz, desto weißer das weiß.

Und das kleinste Licht verdrängt die Dunkelheit, aber niemals verdrangt die Dunkelheit das Licht. Und ich weiß genau, wie platt sich das anhört, wenn man im dunkeln sitzt, weil ich selbst da gesessen habe. Und weil das so ist, dürft ihr mir glauben AAAAAMMMMMMMEEEEEENNNNN
zweifler
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Registriert: 14. Jun 2005, 16:07

Re: Reden können

Beitrag von zweifler »

Hallo Andrea!


Ich hatte mal einen Freund,der ertappte 3 Wochen nach der Hochzeit seine Frau mit einem anderen im Bett.Mit den Worten "Du siehst mich nie wieder" verließ er das Geschehen.Er ging durch die "Hintertür".

Er hatte wohl die Absicht mit dieser Aktion seine Frau zu bestrafen...
Ich meine ,er hat sich damit selbst am allermeisten bestraft.

mfg herbert
Wolke2
Beiträge: 306
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Re: Reden können

Beitrag von Wolke2 »

Hallo Herbert,

ich verstehe, was Du da meinst, aber mir ging es darum nie, denn ich habe sogar diese einfach nur dummen Menschen verstanden, die mir diesen Schwachsinn mit "Zusammenreißen" immer wieder an den Kopf geworfen haben, weil vor meiner ersten Depression hätte ich ganz ähnlichen Schwachsinn von mir gegeben.

Ich habe sogar sehr viel Zeit damit verbracht, meine "Hintertürbenutzung" bis ins allerkleinste Detail zu PLANEN. Habe in Gedanken an alle möglichen Menschen, die ich zurück lassen würde, liebe Briefe geschrieben, habe mir Gedanken um meinen Nachlass gemacht und wie ich dafür sorgen kann, dass ich nicht anfange zu stinken, und wie ich es verhindern kann, dass mich jemand findet, der mit dem Anblick nicht fertig werden würde. Ich habe mir sogar im Geiste schon eine stabile Plastikplane besorgt, die ich unter mir ausbreiten wollte, damit nich so viel Dreck und der Abtransport ganz einfach. Auch die Finanzierung der Beerdigung und Auflösung meines Haushaltes war im Kopf schon gelöst und wie ich mein Umfeld davon unterrichte, dass dringend etwas abzutransportieren ist, sogar mit Sicherheitsnetz für den Fall, dass ich dann doch zu feige wäre, und bloß nicht vergessen, die Heizung auszumachen und den Strom abzustellen....

Ich bin schon eine ganz besonders komische Irre aber diese Gedanken haben mir so überraschend gut getan auf vielfältige Weise: Erstens habe ich tatsächlich etwas planen können, dessen Realisierung vollkommen in meinen Händen lag, was mir gut tat, weil mir alles andere, was mein Leben war, vollkommen entglitten war, einschließlich des Gefühls, etwas planen zu können, zweitens waren das so viele Aufgaben und Handlungen, die ich mit meinem Deprikopf erst mal sowieso gar nicht bewältigt hätte (allein schon eine Plane kaufen! ) und drittens eben diese eigenartige Sicherheit, die mir das Wissen um diese Hintertür gegeben hat im Umgang mit den "Durchschnittsverbrauchern", die es immer wieder verstanden haben, mich unglaublich zu verletzen. Und nicht zuletzt wußte ich im Grunde immer, dass ich das erst tun würde, wenn ich mir selbst 100%ig sicher war, dass es wirklich keine Alternative mehr gibt, weil ich immer dachte, irgend einen Sinn muß es haben, dass ich auf diesem Planeten herumlungern tu!

Und ich bin gerade wirklich heilfroh, dass ich diesen Aspekt meiner Krankheit hier nun doch offenbaren kann, weil es wirklich ein sehr wichtiger Aspekt ist und ich denke, dass das denen, die sich auch immer wieder damit beschäftigen und sich wundern, warum das so eigenartig gut tut, helfen kann in dem Wissen AUCH DAMIT BIN ICH NICHT ALLEIN! Und deshalb braucht mich das gar nicht so sehr zu erschrecken.

Und ich kann darüber in der Vergangenheitsform reden, weil ich nur jedem zubrüllen kann "Durchhalten! Durchhalten! Und noch mal DURCHHALTEN!!! Es lohnt sich soooo sehr!!!
zweifler
Beiträge: 629
Registriert: 14. Jun 2005, 16:07

Re: Reden können

Beitrag von zweifler »

Hallo Andrea!


Vielen Dank für deine Antwort!

Ja,das Wissen ,dass man nicht alle wichtigen Entscheidungen aufdiktiert bekommen kann ist schon sehr tröstlich.
Du scheinst daraus Energy zu schöpfen und das ist ganz ok so.
Mir fällt gerade ein,dass das
Leben oft ganz unterschiedliche und gegensätzliche Geschichten parat hat.Ich denke an meinem Freund welcher vor 3 Jahren nach einer Diagnose Lungenkrebs versucht hat mit allen Mitteln noch ein zwei Jahre heraus zu schinden.Ich denken an seine Freude wenn nach einer Kernspin keine neuen Metastasen gefunden wurden und auch an seine tiefe Depression wenn es wieder neue gab.

Doch zurück:
Auch ich habe bezüglich meiner Depression und dem Rattenschwanz zusätlicher psychosomatischer quälereien schon sehr dumme Kommentare von gesunden gehört.
Manches hat mich auch verletzt aber solche Wunden bluten nicht,leider.
Große Probleme habe ich mit der Fremdbestimmung.Der ganz normale Lebenswahnsinn erfordert oft sehr viel Zwangsanpassung und es gibt immer mehr welche dadurch krank werden.
Ich muß auf meine Seele hören sonst wird es zappenduster.
Ich wünsche dir ,dass dir deine selbstbestimmte theoretische Option noch weiterhin viel viel Kraft verleiht.


mfg herbert
Wolke2
Beiträge: 306
Registriert: 19. Dez 2005, 11:44

Re: Reden können

Beitrag von Wolke2 »

Hallo Herbert,

aber ist Dir schon mal aufgegangen, dass wir über jeden neuen Depressiven, den wir in unserer Runde begrüßen dürfen, einen Luftsprung der Freude machen können?

Die Krankheit Depression entwickelt sich nämlich langsam zu einem echten Flächenbrand, was die Menschheit spätestens mittelfristig dazu zwingen wird, die eigenen Bedürfnisse nicht mehr zu ignorieren, den Umgang miteinander zu ändern, genau wie die Lebens- und Arbeitsbedingungen, weil die elende Schufterei immer gegeneinander an, die einen mit einem beschissenen Gefühl morgen aus dem Bett und in diesen sinnlosen Kampf führt, sei es gegen die Famile, gegen die Behörden, gegen die Selbstmörder im Straßenverkehr, gegen die "Freunde", die keine sind, weil sie nur sich selbst sehen, gegen den Arbeitsplatz, der nur noch angstbesetzt ist, weil alle gegeneinander ums Überleben kämpfen, was fast zwangsläufig in den Kampf mit sich selbst, in die Pleite und in die Resignation führt, weil das alles ja TATSÄCHLICH so sinnlos ist, wie es sich anfühlt.

Der Mensch kann auf Dauer nicht leben ohne Liebe und Vertrauen, und die, die darunter leiden und sich deswegen zerfleischen, körperlich und seelisch krank werden daran, sind das beste, was der Menschheit passieren kann, auch wenn die, die diese Bedürfnisse immer noch erfolgreich ausblenden und verdrängen können, das nicht begreifen und sich noch wundern über ihr Magengeschwür oder den Herzkasper oder dieses komische leere Gefühl im Hintergrund, das langsam immer größer wird, bis es sich Depression nennen darf...

Und deswegen sage ich DURCHHALTEN!!! Es ist ein WUNDER, das wir hier gerade erleben, und es steckt eine unglaubliche Chance darin! Weil, sieh Dir nur mal an, wie wir hier in unserem Chat miteinander umgehen! Genau so müßte es sein, überall!
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