Immer wieder diese Krisen

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Ele
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Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Ele »

Hallo Ihr Lieben,

gehts Euch auch so: Noch nicht mal am Gipfel angekommen gehts schon wieder abwärts.

Manchmal möchte ich alles hinschmeissen, aber dann?

Ich habe schon ziemlich schwere Krisen hinter mir, aber bei jeder Neuen kommts mir vor, als wäre die Jetzige die Schlimmste aller Zeiten.

So, jetzt ist es raus. Immer die Starke zu spielen zermürbt.

Ich suche den Strohhalm, an dem ich mich hochziehen kann und sehe ihn nicht.

Eure Ele
>> Du mußt Chaos in dir tragen um einen tanzenden Stern zu gebären...>>

Friedrich Nietzsche

Simone87
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Registriert: 10. Jan 2006, 17:16

Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Simone87 »

Hallo Ele!

Gut, dass du dich hier meldest! Ich bin eigentlich auch noch ganz frisch und habe die Erfahrung gemacht, dass man sich hier wirklich verstanden fühlt und willkommen ist!
Die Situation, die du beschreibst ist mir allzu bekannt!
Hast du Leute, mit denen du darüber reden kannst? Freunde...Eltern...Partner?
Falls nicht, solltest du dir jemanden suchen, vllt auch zu einem Arzt gehen!
Die Starke habe ich ebenfalls viel zu lange gespielt und für mich war es eine regelrechte "Erlösung" über meine Stimmung und meine Situation zu reden!

Es ist keine Schande, schwach zu sein! Merk dir das! Fühl dich gedrückt!!!

Viele liebe Grüße
simone
Emily
Beiträge: 1217
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Emily »

Liebe Ele,

ich habe auch deinen anderen Beitrag vom heutigen Abend gelesen, wo du geschrieben hast, was dir schon alles widerfahren ist. Es ist viel, was du zu verarbeiten und zu verkraften hast. Ich stelle es mir auch sehr schwer vor, Kinder alleine zu erziehen. Jeder alleinerziehende Elternteil verdient schon alleine für diese Leistung uneingeschränkten Respekt.
Du fragst nach dem Strohhalm, nach dem du greifen könntest. Ich denke, der Strohhalm ist man letztlich selbst. Das, was man aus den Krisen gelernt hat, IST der Strohhalm. Die neuen Erkenntnisse aus schon überstandenen Krisen bilden mit der Zeit ein Geflecht von Strohhälmen.

Man sollte auch sehen, wie viel Kraft und Stärke man schon gezeigt hat, um diese Krisen überhaupt zu überstehen. Wenn du diese Kraft bei anderen betrachten würdest, könntest du sie klarer erkennen und anerkennen. Bei sich selbst neigt man depritypisch eben leider zu Unterstatement.

Mache dir ruhig mal eine Liste, auf der du die Charaktereigenschaften aufschreibst, die du an dir selber gut findest. Dann versuche, ihren Wert für dein Leben näher zu betrachten. Du wirst feststellen, dass es Dinge sind, die in ihrer Bedeutung nicht genügend wertgeschätzt werden. Und zwar von dir selbst.
Stelle gute und schlechte Eigenschaften auch ruhig mal nebeneinander. Wie wichtig sind die guten Eigenschaften für dein Leben, wie wichtig die schlechteren? Was kannst du an den schlechteren evtl. gezielt ändern?
Viele Menschen, die depressiv sind, sehen ihre guten Eigenschaften als unwichtig, die schlechteren aber als wichtig an. In gesunder Verfassung ist es eher umgekehrt.

In Krisen hilft es, genau hinzuschauen, was die Krise einem sagen will. Den Schmerz, den man dabei empfindet, muss man leider in Kauf nehmen. Schafft man das, kann man eine Krise in eine unglaublich bereichernde Erfahrung umwandeln. Die Lehren,die man aus einer solchen Situation herausziehen kann, sind unbezahlbar. Je mehr solcher Krisen man übersteht und hinterfragt, desto fester wird die Kraft des inneren Strohhalms. Der beste Strohhalm ist der Glaube daran, dass man Krisen überstehen und meistern kann und will. Es ist keine Schande, in einer Krise zu stecken. Sie sind eine urmenschliche Erfahrung. Wieso sollten wir Menschen des 21. Jhs. davon verschont bleiben?

Grüße von
Emily
Ele
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Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Ele »

Hallo Simone,

ich schreibe ja eigentlich schon länger hier, bin allerdings nur sporadisch da, weil mein Tag immer irgendwie zu wenig Stunden hat.

Das Fatale an meiner Situation ist ja, dass keiner in meiner Umgebung weiß, dass ich Depressionen habe. Weder Nachbarn noch Freunde, ja nicht mal meine Ärzte. Ich war schon vor 18 Jahren beim Psychiater und bin jetzt seit 3 Jahren wieder beim selben. Heute hatte ich wieder Termin und er war ganz baff, als ich ihm gesagt habe, dass ich mich bisher niemandem anvertraut habe, ja dass nicht mal er es merken würde. Wir sprechen zwar über meine Depression, aber ich wirke nicht so als hätte ich eine. Sichtbar war es heute auch nur deshalb, weil meine Augen feucht geworden sind. Ich habe eine perfekte Maske, wenn ich unter Leuten bin, nur daheim breche ich oft zusammen.

Im Moment gehts mir leider so schlecht, dass ich kaum raus kann, aber trotzdem merkt niemand was. Ich schäme mich fürchterlich, dass ich nicht so stark bin, wie ich scheine. Ich weiß, dass das Blödsinn ist, aber gegen diese Scham bin ich einfach machtlos.

Vielen Dank nochmal für Deinen Zuspruch. Es tut mir sehr gut, wenn ich merke, dass jemand Interesse an mir hat.

Ele
>> Du mußt Chaos in dir tragen um einen tanzenden Stern zu gebären...>>

Friedrich Nietzsche

Ele
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Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Ele »

Hallo Emily,

vielen Dank, Du hast ja so recht! Vom Kopf her wüsste ich es eigentlich auch, aber leider spielt da noch mehr mit (oder eben auch nicht!)

Ich habe mir jedenfalls für dieses Jahr vorgenommen mehr an mich zu denken. die Kinder müssen dann halt mal zurückstecken und ich glaube noch nicht mal, dass es ihnen schadet. Ich merke, dass ich mich jahrelang vernachlässigt habe. Die Quittung bekomme ich jetzt.

Im Grunde meines Herzens weiß ich, dass auch diese Krise wieder vorbeigehen wird. Aber wenn man bereits Phasen tiefster Depression (bei mir kamen und kommen ja auch noch massive Ängste dazu)hinter sich hat, weiß man, was für fast unmenschliche Kräfte man aufbringen muss, um sich wieder aus dem Strudel zu befreien. Kannst Du Dir das Gefühl vorstellen, das man wohl hat, wenn man aus großer Höhe in die Tiefe springt? So fühle ich mich im Moment, kurz vorm Absprung, ich habe Angst mir ist zum Heulen ich wünsche, dass mich jemand festhält und doch muss ich den Schritt alleine tun.
Im Sommer plane ich auf Kur zu gehen und zwar dieses Mal ohne Kinder.

Liebe Grüße
Ele
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Friedrich Nietzsche

oktober

Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von oktober »

Hallo Ele,

das kenne ich gut. Mir sieht man es auch nicht an und selbst, als ich in der Klinik war, galt ich als total souverän (nur gegenüber meiner Therapeutin nicht - glücklicherweise!).
Und schlimm ist auch: Wenn jemand etwas merkt, ist das, was er bemerkt, bestimmt falsch (meiner Ansicht nach...); ich bin sehr aufgebracht, wenn Menschen "falsche" Schwächen an mir entdecken.
Ich hab mir während meiner größten Krisen oft gewünscht, es wäre anders, offensichtlicher, und ich würde einfach zusammenbrechen. Ist aber nie passiert - im Gegenteil.

Stattdessen "befriedige" ich mich seit meiner Kindheit damit, mir - während ich im Bett liege - Szenerien auszumalen, in denen mir geholfen wird und ich trotzdem wegen meiner Stärke bewundert werde. In denen ich quasi würdevoll zusammenbreche .

Ich wurde schon oft für meine Stärke bewundert - während es in mir GANZ anders aussah.
Mittlerweile kann ich diese Stärke tatsächlich erkennen und auch würdigen (sonst gäbe es mich wahrscheinlich nicht mehr...) - das wünsche ich dir auch!

Ich hatte immer schon mehr Probleme damit, mich schwach zu zeigen - denn tatsächliche Schwäche ist nicht planbar und man kann sie auch nicht kontrollieren.
Und Kontrolle ist ein Riesenthema für mich. Wenn´s mir tatsächlich miserabel geht, funktioniert sie am besten - anders als in meinen Träumen, in denen ich umsorgt (aber gleichzeitig anerkannt werden!) möchte.
Genau so wie der Konflikt zwischen Bedürftigkeit (ungeheuer ausgeprägt bei mir) und autark sein (seit langem antrainiert - und gehört halt mittlerweile genauso sehr zu mir).

Sorry - in so manchem Posting ist es ein Satz, der mich quasi "anspringt" und zu dem ich mich dann vielleicht unangemessen ausführlich äußere.

Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Liebe,

Petra
Ele
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Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Ele »

Hallo Petra,

ich freue mich, wenn Du Dich durch mein Posting angesprochen fühlst. Das ist ja das Schöne hier, dass es Leute gibt die gleiche oder ähnliche Erfahrungen machen.

Ja, ich bin auch so ein "Kontroll-Freak". Meine Ur-Angst ist die Kontrolle zu verlieren, hilfsbedürftig zu sein (Bin ich's wert, dass man mir hilft?!). Nebenbei bemerkt habe ich kein Problem, wenn jemand schwach ist, im Gegenteil, ich helfe gerne. Nur mir kann ichs nicht zugestehen.
Die Crux ist, dass ich am letzten Wochenende 2 x umgekippt bin, einfach so vom Stuhl gefallen, ohne Vorankündigung, Gottseidank war ich alleine. Der Kardiologe hat natürlich wie zu erwarten war nichts gefunden, also hat mir die Psyche wieder einmal ein Schnippchen geschlagen. Das macht mich sehr traurig und ich muss mich wohl jetzt ganz intensiv mit meiner Urangst beschäftigen.

Trotz alledem fallen mir jetzt die Äugelein zu.
Also danke nochmal an alle und gute Nacht!

Ele
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Friedrich Nietzsche

Celestina
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Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Celestina »

Hallo,

diese Situation oder Haltung kenne ich: man ist immer die Große, Starke gewesen und auf einmal steht man ganz nah am Rand und guckt in den Abgrund. Mir persönlich fällt es schwer, mich Freunden oder der Familie anzuvertrauen, weil ich da auch schon sehr schlechte Erfahrungen gemacht habe.

Liebe Emily,
was Du schreibst, ist sehr weise. Vielen Dank dafür.

Liebe Ele,
ich bin sicher, dass Du aus dieser Krise herauskommst, aber etwas macht mir Sorgen. Du sagst, Du bist vom Stuhl gefallen und warst erleichtert, weil Du allein warst. Hättest Du Dich geschämt, wenn Dich jemand gesehen hätte? Ich glaube, es gibt ein paar existentiell bedrohliche Situationen, in denen selbst unsereiner auf Hilfe angewiesen ist. Das soll aber keine Kritik sein.

Mein Großvater ist übrigens auch manchmal aus heiterem Himmel umgekippt und nach Jahren wurde bei ihm schließlich eine leichte Epilepsie festgestellt. Allerdings konnte er sich hinterher an nichts mehr erinnern, hat sich nur gewundert, warum er auf dem Boden saß und nicht mehr auf dem Stuhl. Du scheinst Dich ja erinnern zu können, oder?

Herzliche Grüße

Celestina
Ele
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Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Ele »

Hallo Celestina,

meine Angst in der Öffentlichkeit die Kontrolle zu verlieren ist meine Grundpanik, die mein ganzes Leben bestimmt. Im Krankenhaus vor 3 Jahren wurde ich getestet auch auf Epilepsie (EEG, Test mit Lichtreizen etc.), da war alles in Ordnung.
Eine Schwester meines Vaters hat wegen epileptischer Anfälle in einem Heim gelebt. Zuhause wurde das totgeschwiegen, nur durch Zufall habe ich von ihr erfahren. Seither hängt diese Angst vorm Umfallen wie ein Damoklesschwert über mir und Schwäche zeigen kann ich nicht. Wenns mir schlecht geht sage ich sogar meinen Arzttermin ab, so peinlich ist mir das. Krank, oder?

Ich habe überlegt, ob ich eine Familienaufstellung nach Hellinger machen soll, hat da jemand Erfahrungen mit Depris und Familienaufstellung?

Grüße
Ele
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Friedrich Nietzsche

Celestina
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Re: Immer wieder diese Krisen

Beitrag von Celestina »

Liebe Ele,

ich verstehe, was Du meinst (jedenfalls teilweise, voll und ganz zu verstehen ist ja für eine Außenstehende selten möglich). Dir zu sagen, dass Dein Arzt sicher schon Schlimmeres gesehen hat und schließlich dafür ausgebildet wurde, ist wahrscheinlich bloß banal.

Mit Familienaufstellungen habe ich selbst keine Erfahrung, insbesondere nicht im Hinblick auf Depressionen. Allerdings hat es einer meiner Freundinnen, die in einer schwierigen familiären Situation lebt, anscheinend weitergeholfen, ihre Situation mit etwas Abstand zu sehen.

Liebe Grüße, halte die Ohren nicht zu steif;-)

Celestina
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