bewältigung von depressionen

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Ria31
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dez 2005, 19:45

bewältigung von depressionen

Beitrag von Ria31 »

hallo allerseits,

ich konnte mich durch die suchfunktion soweit gut durch das forum lesen.in vielem kann ich mich gut wieder erkennen; vieles war mir auch sehr fremd. ich möchte deswegen kurz meine erfahrung zum thema "depressionen" einbringen, um vielleicht auch menschen zu finden, die gleiche erlebnisse hatten.
sein ganzes leben zu analysieren kann wohl keiner von uns. meines erachtens reflektiert man *vergangenes nur DANN, wenn man spürt, dass plötzlich nichtsmehr so ist wie es war. plötzlich ist alles ganz anders.ich möchte vorwegschicken, dass ich weder psychotherapie hatte, noch psychopharmaka einnehme. ich bin 31 jahre alt,weiblich, seit 6 jahren verheiratet und litt schon als kind unter schweren depressionen. meine depressionen aus kindheit existierten aus meiner bestehenden transsexualität. ich wurde als männliches baby geboren und vollzog die juristische und medizinisch-operative geschlechtsumwandlung in sehr jungem alter von 20 jahren. ich möchte euch nur meine situation schildern und kann mein vergangenes soweit sehr gut reflektieren das ich weis, dass meine jetzige depression auch wirklich nichts mit dieser sache zutun hat und auch nicht zur disposition steht, was auch darauf zurückzuführen ist, dass ich keine psychotherapie machen möchte, weil ich vermute, dass vieles aus unwissentheit auf meine transsexualität geschoben wird und das würde ich strikt von mir weisen. ich sehe völlig normal wie eine natürliche frau aus und habe auch nichts, was an meiner vergangenheit erinnern könnte (damit ihr nicht glaubt, dass es an unzulänglicher äußerlichkeit liegt, dass mich nicht gesellschaftfähig machen würde.nein, dass ganz und garnicht!)aber mein erfahrungswert, der mich zu dieser person machte die ich heute bin, weit über meine geschlechtsumwandlung vor vielen jahren hinausgeht und möchte mich auch garnicht schämen oder scheuen, diese angelegenheit wegzuschweigen oder so zu tun, als ob es sie nicht gäbe.ich war bisher privat, als auch beruflich als frau sehr erfolgreich. lernte vor 10 jahren meinen mann kennen, dem ich erst mit den jahren meine situation erklären konnte, was auch gut so war. nein, meine existierende depression hat wirklich nichts mit dieser ehemaligen transsexualität zutun. doch vor 2 jahren standen wir finanziell vor einer sehr wichtigen, schweren entscheidung, die uns vor "alles oder nichts" stellten. mein mann wurde arbeitslos und so blieb mir nichts anderes übrig, den karren aus den dreck zu ziehen und mich zu prostituieren.es war eine furchbare zeit, ich fing MIT DIESER entscheidung plötzlich an, alle nahrungsmittel zu erbrechen.litt plötzlich unter bulimie, fressanfälle steigerten sich täglich bis 10x kotzen am tage. erlitt gesundheitliche störungen, ich zerbrach, sah mir regelrecht beim eigenen zerfall zu. meinem mann kann ich daran keine schuldzuweisung geben. es war ja "unsere" entscheudung. sie war nicht einfach, sie zu fällen, es fiel uns trotzdem schwer. unsere liebe stand zusätzlich auf einen sehr schweren prüfstein.plötzlich war nichtsmehr, wie es einst gewesen ist. aus der unbeschwerden liebe wurde ein täglicher spießrutenlauf. ich konte einfach nichtmehr, ich war völlig am ende. dieses jahr im april bekam ich plötzlich aus heiteren himmel angstzustände. mich überkam zittern, kalter schweiß und eine tiefe auswegslosigkeit. plötzlich war ab diesem tag alles anders. ich wollte am liebsten diese entscheidung der prostitution wieder ungeschehen machen, hatte scham vor mir und meinem mann, den ich über alles liebe (und er mich natürlich auch) ab dem zeitpunkt versuchte ich mein leben revue passieren zu lassen. wollte ganz genau abtasten, wo in mir unverarbeitetes lag. in diesem moment blieben mir nur 2 möglichkeiten zur auswahl, entweder ich gehe meine strasse zurück, reiß die strasse neu ein und erbaue sie mit frischem fundament neu, oder ich gehe die selbige zurück und ebne ungleichmäßigkeiten, was allerdings heißen würde, dass das schlechte fundament wie ein vulkan jeden moment zum ausbrechen droht. ja ich riss die strasse völlig ein! die angst vor der angst lähmte mich aber immer wieder. was kommt dann? was ist, wenn ich türen öffne, die ich nichtmehr schliessen kann? ich habe erstmals gelernt, bewußt meine angst zu erleben, habe bewußt meine angst abgesessen. es war sehr hart, brachte mich aber weiter. auf das erkennen kam für mich nur ein promptes handeln in frage. ich brach die szene zum rotlichtmilieu rigoros ab, zog um und hab mit dem umzug die bulimie von heute auf morgen sein gelassen und übte mich in vitaminreicher nahrungszufuhr um so viel wie nötig und so wenig wie möglich kalorien aufzunehmen, um meine gute figur erhalten zu können. ich habe es für das kommende jahr geschafft, meine probleme zu erkennen und mir neue impulse zu geben. allerdings bleibt mir nur eines: durch diesen erfahrungswert blieb eine trauer in mir zurück. leider bin ich dadurch ein sehr in mich ruhiger mensch geworden. meine unbedarftheit, wie sie vorher war ist vorbei. irgendwie finde ich es schade, weil ich bis zu dieser verfluchten entscheidung auch ein sehr fröhlicher mensch war. aaaber ( und das ist das gute daran) ich weis seitdem auch meine grenzen und dieser erfahrungswert war zwar sicherlich vollkommen überflüssig, aber er brachte mich insofern in meinem leben weiter, weil ich künftig auf meinen inneren sensor hören werde wo meine grenzen sind und versuche auch nichtmehr, diese zu überschreiten. habe elendigen respekt vor meiner psyche. leider blieb mir bis heute auch etappenweise spuren der depression übrig. ich baue aber auf die zeit, die meine wunden heilen wird und muß bis dahin auch meiner psyche die zeit der verarbeitung geben.
depressive menschen müssen zur genesung auch eine kernige portion egoismus aufbringen, sonst schaffen wir es nicht.


ich wünsche euch alles gute
BeAk

Re: bewältigung von depressionen

Beitrag von BeAk »

Liebe Rita willkommen,

Du hast ein sehr bewegtes Leben hinter Dir und hoffendlich ein schönes noch vor Dir, das wünsche ich dir.
Das Du Deine Depression alleine bewältigt hast, Respekt, das hätte ich nicht geschafft. Habe mir deshalb schnell Hilfe gesucht, wir haben einen ganz guten Familienspychiater.
Sollte es dir mal wieder schlechter gehen, lege ich Dir ans Herz einen Psychiater aufzusuchen, man muß nicht alles alleine schaffen, wenn es einem zu schwer wird. Übigens wird der Verhaltenstherapie große Erfolge in der Psychotherapie von Depressionen bestätigt und diese Therapierichtung arbeitet ausschließlich im hier und jetzt. Das könnte eine Möglichkeit für Dich sein.
Ria31
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dez 2005, 19:45

Re: bewältigung von depressionen

Beitrag von Ria31 »

hallo liebe beatrix

lieben dank für deine antwort.

unter anderen umständen hätte ich natürlich eine psychotherapie gemacht. aber wie eingangs schon erwähnt, hatte ich einfach zuviele bedenken, dass sich der therapeut zu SEHR mit meiner abgeschlossenen transsexualität beschäftigen würde. ich könnte sicherlich auch die option des schweigens in anspruch nehmen und einen therapeuten nichts über meine vergangenheit berichten.aber es würde niemals mein anliegen treffen und mir insofern unfreiwillig schaden, indem ich eine zeit in meinem leben verschweige, die mich erst zu diesen menschen machte, die ich heute bin wenn du verstehst. eine psychotherapie hätte meines erachtens nach auch etwas mit großen vertrauen gegenseitig zutun.und *etwas aus meinem leben verschweigen zu müssen käme für mich, hauptsächlich aus diesem grunde, nicht in frage.

eine für mich notwendige "über"-lebensstrategie erscheint mir der glaube an jesus christus.

vg, ria
BeAk

Re: bewältigung von depressionen

Beitrag von BeAk »

Liebe Rita,

ja eine Therapie hat sehr viel mit Vertrauen zu tun. Ich habe meine erste Therapie geschmissen bevor sie richtig begann, in der 1 Stunde, ich hatte kein Vertrauen mehr zu diesem Therapeuten, denn er vertraute seinen Fähigkeiten scheinbar auch nicht. Bin gerade dabei einen 2ten Anlauf zu nehmen, habe Dienstag wieder ein Vorgespräch.

Wie kommt Du jetzt mit Deinem Mann aus, hat sich Eure Bezíehung wieder normalisiert? Hat sich wieder Vertrauen eingestellt?
Ria31
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dez 2005, 19:45

Re: bewältigung von depressionen

Beitrag von Ria31 »

huhu bea!

als ich mich hier durch das forum gelesen hatte, stand mir schon oftmals das wasser in den augen. vieles was hier geschrieben steht kann ich wirklich nicht aus eigenerlebten nachvollziehen und schäme mich, mit meinen "kleinen" problemchen bei euch aufzukreuzen. ich finde aber so ein forum wunderbar. einfach deswegen, dass man menschen, die händeringend nach lösungen ihrer probleme suchen, sie auch durch sehr kompetente und nette leute auch bekommen. viele von euch finden sehr gute lösungsansätze zur bewältigung von problemen und weis eigentlich auch aus eigenerfahrung, dass es immer einfacher erscheint, *anderen tips zuu geben, anstatt selbige auf sich anzuwenden.

>Ich habe meine erste Therapie geschmissen >bevor sie richtig begann, in der 1 Stunde, >ich hatte kein Vertrauen mehr zu diesem >Therapeuten, denn er vertraute seinen >Fähigkeiten scheinbar auch nicht. Bin >gerade dabei einen 2ten Anlauf zu nehmen,
>habe Dienstag wieder ein Vorgespräch.

ich wollte mich hier, hauptsächlich zu deiner situation mal belesen und deine beiträge lesen, komme aber mit dem system dieses forums schwer zurecht....*schäm...wie zitiert man, wie kann ich von usern speziell nur die beiträge lesen? fragen über fragen und die welt dreht sich weiter und weiter...*grins
ich glaube, es ist auch sehr wichtig, wie in deinem falle, auch den richtigen therapeuten zu finden. es ist ja nicht nur wichtig, dass dein gegenüber ein hohes wissen über den krankheitswert mancher situationen hat,der therapeut sollte auch menschlich mit dir auf einer ebene sein. ich habe auch mit dem gedanken gespielt, zu meinem psychiater zu gehen, der mir damals die gutachten für das transsexuellengesetz geschrieben hat, aber er ist verstorben und die anderen ärzte sind an diesem ort nichtmehr auffindbar.

>Wie kommt Du jetzt mit Deinem Mann aus, hat >sich Eure Bezíehung wieder normalisiert? >Hat sich wieder Vertrauen eingestellt?

weiaaaa, ja das war zusätzlich eine situation, die es nicht unbedingt einfacher machte. einerseits war unsere liebe gegenseitig in erforderlichen ausmaße da, andererseits wollte ich WEGEN dieser situation auch mit meiner ehe ein ende setzen und neu anfangen. dummerweise beachtete ich nicht, dass wir uns ja trotzdem lieben und liebe alle probleme überwältigt. ich bin dann anfangs kurzzeitig in die arme eines anderen mannes geflüchtet. allerdings ohne konsequenzen. hatte sozusagen eine affäre, wobei es mir unheimlich gut tat, auch die sichtweise eines anderen menschen zu spüren der mich auch gern hatte und sie auf seiner art und weise beurteilen konnte. ich hatte ihm natürlich von meiner gesamten unwandlungsgeschichte NICHTS erzählt. er fand aber meine situation extrem schwierig und wäre auch bereit gewesen, alle hürten mit mir zu bewältigen. diese aphäre war mir allerdings auch etwas zuviel. wenn ich heute im nachhinein ehrlich zu mir selber bin, so hatte ich nur jemanden gebraucht, um etwas trost über meine schwierige situation zu bekommen. mit meinem mann und mir stand immer so ein nicht auszuhaltendes schweigen im raum. es erdrückte mich, weil er natürlich wenig mit meiner depression anfangen kann. mein mann war aber für einen neuanfang bereit und freuten uns, unsere ehe neu aufflammen zu lassen.wir standen zwar wieder vor dem gleichen problem der arbeitslosigkeit, doch plötzlich haben sich meine bemühungen, eine stelle zu finden, auch bezahlt gemacht. ich hab in meinem beruf zur krankenschwester wieder eine stelle gefunden und habe diese affäre beendet. da er von mir nicht abgelassen hatte, mußte ich ihn mit meiner úmwandlung konfrontieren und ihm dies auch offenbaren.er würde es letztlich aus liebe akzeptieren, aber ich liebe ja meinen mann, egal welche probleme wir mit dieser zeit im nachhinein hatten.auch mein mann hat heute noch an dieser zeit zu kämpfen und werde ihm auch diese dumme affäre auch vorenthalten müssen und es einer zeit zuordnen, die eh von vorne bis hinten schlimm war. wir geniesen unsere liebe wieder im vollsten umfang. können über all unsere emotionen sprechen und das ist uns sehr wichtig.


viele liebe grüße, ria
BeAk

Re: bewältigung von depressionen

Beitrag von BeAk »

Liebe Rita,

eine Depression erlebt jeder anders, die Symptome sind sehr vielfältig und niehmand hat Gottseidank alle Symptome.
Und das weißt Du am allerbesten, wenn man drinsteckt, hat man es nie leicht. Also hattest Du alles andere als eine Kleinigkeit und jeden Grund hier weiter zu schreiben.

Du fragst nach meiner Geschichte, die ist so in Fragmenten hier verteilt, bin seit ca. einem 3/4 Jahr hier im Forum aktiv. Bin als Angehörige hier angefangen und dann selbst erkrannkt, aber seit November ist meine Episode bendet, laut meinem Psychiater. Mitlerweile ist sind 3 von 4 Personen unserer kleinen Familie depressiv, wir sind genetisch belastet. Wie das Leben halt so spielt.

Übrigens habe ich es auch erlebt, das eine überwundene schwere Krise der Partnerschaft sehr viel Tiefe und Nähe bringt.
mopo
Beiträge: 28
Registriert: 10. Dez 2005, 22:13

Re: bewältigung von depressionen

Beitrag von mopo »

Liebe Rita!
Du sprichst von "kleinen" Problemen? Deine Probleme machen mich fast sprachlos... Du hast ein Recht auf Hilfe!!! Wennn Du meinst sie zulassen zu können... Und es gibt Therapeuten, die nicht nur an Deiner Vergangenheit rumbasteln, wirklich gute versuchen Dir einfach mit Deinem aktuellen Problemen zu helfen.
Ria31
Beiträge: 5
Registriert: 16. Dez 2005, 19:45

Re: bewältigung von depressionen

Beitrag von Ria31 »

hallo monika,

danke für deine antwort:)

so hart und schwer mein weg bisher auch gewesen ist und wie schlimm ich auch meine depri-phasen finde, so glaube ich, dass ich meine depression im großen und ganzen sehr gut in griff habe.
ich setze mich sehr gerne mit mir und meinem leben auseinander, versuche mir selber auch lösungsansätze zu zeigen, feilsche natürlich auch manchmal wenn ich wider besseres wissens engstirnig in gleiche fettnäpfe steigen möchte. aber weist du, was mich tröstet? wir menschen haben nicht nur einfach so mal ne depression. es gibt zu allem ein schlüssel und DIESEN kann man finden mit einer gehörigen portion achtung und ehrlichkeit sich selber gegenüber. in meiner umwandlungsprozedur mußte ich damals auch an sämtlichen prycho-trainingsmaßnahmen teilnehmen und weis heute in meiner art der reife, dass die depression kommt, aber auch wieder weggeht. meine wohlfühlphasen kommen ja wieder zurück, es wird vergehen und man darf davor nur keine angst haben und lernen, mit ängste umzugehen.
irgendwann ist man selbst stolz auf sich, eine so enorme kraft und leistung an sich selber investiert zu haben. es lohnt sich, das leben ist trotzdem schön.

lg
BeAk

Re: bewältigung von depressionen

Beitrag von BeAk »

Liebe Rita,

Deinem Post kann man nur zu stimmen.
Du bist ein starker Mensch.
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