Der Druck wird zu gross für mich

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joy
Beiträge: 460
Registriert: 12. Mai 2011, 17:32

Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von joy »

Hallo Ihr,
ich mache jetzt schon seit über 2 Jahren Therapie, nehme Medis. Ich weiss schon gar nicht mehr, wieviele verschiedene ich schon ausprobiert habe.

Naja, die Therapie hat mir gezeigt, woran es liegt, dass ich so geworden bin....krank. Und jetzt ? Ich habe nur noch 5 Stunden vor mir und muss danach wieder alleine durchkommen, irgendwie. Aber wie ? Jeder in meiner Familie denkt, dass Therapie und Pillen schlucken gesund machen. Zuhören mag keiner. Und es akzeptieren sowieso nicht. Akzeptieren, dass ich meine Zeit brauche, dass ich Launen habe und auch weine. Mir bricht gerade wieder der Boden unter den Füssen weg und keiner mag es wahrhaben. Wie denn auch ?
Je mehr ich versucht habe offen über meine Probleme, Sorgen und Ängste zu reden, desto mehr wurde ich bedrängt. Meine Mutter will mir die Wäsche waschen, die Wohnung putzen, kochen. Mein Freund behandelt mich wie ein kleines Kind und mein Vater handelt für mich ohne mein Wissen Preise für den neuen Fussboden im Wohnzimmer aus, den wir uns kaufen wollen.

Der schlimmste Fehler war, dass ich darüber gesprochen habe, dass ich endlich den Entschluss gefasst habe eine Reha zu beantragen. Mein Vater möchte mich "persönlich" zum Doc fahren und meine Mutter würde ja dann auch eine Woche zur Reha begleiten.

Wer bin ich eigentlich ????? Bin ich ein Kind ? Können mich nicht einfach alle in Ruhe lassen ? Warum kann ich nicht einfach krank sein ? Und wenn es ewig dauert. Ich werde es schon schaffen, irgendwie. Aber warum kann ich es nicht in Ruhe schaffen ?

Heute hatte ich vor einfach nicht mehr nach Hause zu fahren. Ich wollte einfach nur weg. Ich hatte mich mit meinem Freund am Telefon gestritten und hatte Angst nach Hause zu kommen. Ich habe mich gefühlt wie ein Teenager, der Angst vor den Eltern hat.

Sorry, ich habe schon lange nicht mehr hier geschrieben. Ich hoffe, es klang nicht so sehr verwirrt. Ihr müsst auch nicht antworten. Es war mir irgendwie heute ein Bedürfnis mir mal wieder Luft zu machen.

Ganz liebe Grüsse
Joy
jes
Beiträge: 681
Registriert: 14. Okt 2004, 00:48

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von jes »

Hallo liebe Joy,
ich kann das gut verstehen das bei dir langsam die Panik hoch kommt, was wird nach der Terapie? Das ist ja auch ein Schritt mit dem man fertig werden muss. Nach deinen Erzählungen hattest du eine Tiefenpsychologische Therapie gemacht ?
Ich meine mal gehört zu haben das man dann auch eine Verhaltenstherapie weiter machen kann, ohne eine Begrenzung, d.h. gleich danach.
Ich selber bin ein großer Fan von Verhaltenstherapie, weil ich einfach glaube das es mir mehr bringt mein Verhalten zu ändern, als die Gründe zu erfahren warum ich krank bin. Erkundige dich doch noch mal, vielleicht ist die VT ja was für dich.
Zumindest bist du nicht ganz allein da. Denn so wie ich raus gehört habe fühlst du dich ja von deinen Lieben nicht ganz verstanden momentan.
Ich wünsche dir alles Gute
Lieben Gruß
Jessica

~ Engel fliegen einsam ~
Sich selbst zu lieben ist der Anfang einer lebenslangen Romanze.

(Oscar Wilde)
anniko
Beiträge: 30
Registriert: 16. Okt 2005, 13:23

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von anniko »

Hallo Joy,
mich hat Dein Satz "Warum kann ich nicht einfach krank sein?" sehr berührt, denn das Gefühl kenne ich auch sehr gut. Unsere Krankheit ist leider nicht nach außen sichtbar, daher ist es für die Anderen schwierig, unsere Situation zu verstehen. Hey, ich hätte viel lieber ein Gipsbein oder die Windpocken! Die könnte ich einfach auskurieren und gut wär's. Doch irgendwie haben wir eine Krankheit, die uns ein Stück weit entmündigt, da alle um uns herum fast ohnmächtig versuchen, uns zu helfen.
Sage Deiner Familie klipp und klar, welche Hilfe Du benötigst und was Du gut alleine schaffst, anscheinend brauchen sie diese "Einweisung".
Zu Deiner Angst, was wohl nach der Therapie kommt, kann ich nicht viel schreiben, denn es geht mir genauso.

Viele liebe Grüße
Anke
Das, was vor uns liegt

und das, was hinter uns liegt

ist nichts verglichen mit dem,

was in uns liegt.
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von deary »

Hallo Joy,

vom Namen her kennst Du mich, weil wir schon mal zusammen gechattet haben...

Vielleicht kannst Du zu einer der letzten Therapiestunden nochmal jemand von Deinen Angehörigen mitnehmen, damit ihr die Sachen wie Bevormunden der anderen klärt...
Mir kommt es so vor, als wolltest Du die Sachen schon alle allein machen, nur in DEINEM TEMPO!!!
Und wenn die anderen dich dann drängen uns es lieber gleich selber erledigen, erledigt dich das dann ....

Sorg dafür, dass Du das Ruder wieder an Dich reißt!
Ich selber wohne alleine, und muß viele Sachen alleine regeln, notgedrungen.
Wenn es mir schlecht geht, lasse ich die Sachen einfach liegen, wenn es dann besser wird, mache ich sie nach und nach.
Aber in meiner Geschwindigkeit.
Aber das ist wichtig , finde ich, denn man sollte sich nie "das Heft aus der Hand nehmen lassen."
Diese Dinge fördern ja dann auch, dass man sich wieder wohler fühlt, weil man Sachen gemacht hat, wenn auch langsamer als andere...

Ich selber habe jetzt auch nur noch 4 Therapiestunden VT, sehe das aber positiv.
Zwar würde ich auch noch gerne weiter machen, aber es geht nicht. Und ich trat in letzter Zeit mit meiner Therapeutin auch sehr auf der Stelle.
Ich freue mich aber auch, da jetzt nicht mehr hinzumüssen, und überlege mir schon , welchen VHS -Kurs ich in der freigewordenen Zeit belegen kann.

Ich habe mal drei Jahre Therapie bei einer Dame von der ortsansässigen Diakonie gemacht, das wurde nicht über die Krankenkasse abgerechnet, ist aber mindestens so gut gewesen

Vielleicht ja auch was für Dich, dann guckt niemand mehr nach "abgelaufenen Stunden", vielleicht gibt es ja so ein Angebot auch in Eurer Stadt, so daß Du nicht in ein Loch fällst.

Ich hoffe, ich "seh " Dich mal wieder im Chat
Liebe Grüsss
deary
sonnenschein26
Beiträge: 28
Registriert: 24. Nov 2003, 20:23

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von sonnenschein26 »

Hallo Joy,
deine Worte haben mir echt aus der Seele gesprochen.
Mir gehts so ähnlich.
Alles Gute für Dich...DAUMEN DRÜCK
joy
Beiträge: 460
Registriert: 12. Mai 2011, 17:32

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von joy »

Danke für eure lieben Antworten.
Ich habe mich darüber gefreut. Es tut gut, dass ich nicht ganz alleine bin.

Liebe Grüsse
Joy
joy
Beiträge: 460
Registriert: 12. Mai 2011, 17:32

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von joy »

Ich habe meinen letzten Beitrag auf einen Satz schrumpfen lassen, weil ich gerade vom Doc komme und etwas durcheinander bin. Irgendwie passte mein letztes Posting nicht mehr zu mir.

Ich sitze gerade hier und versuche die Sätze meines Arztes irgendwie zu verarbeiten. Auf jeden Fall hat er mir wieder 100 Tabletten verschrieben, damit komme ich erstmal über die Runden.

Liebe Grüsse
Joy
Kräuterhexe
Beiträge: 25
Registriert: 4. Jun 2005, 17:04

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von Kräuterhexe »

Liebe Joy, ich kenne dieses Bevormunden nur zu gut! Während ich in der tiefen Depression steckte, hat meine Familie auch versucht, mir alles abzunehmen... Mutter hat die Wäsche gewaschen, Vater wollte einkaufen, mein Freund bügeln, es war ja alles so gut gemeint, aber dadurch ging es mir nur immer schlechter! Ich hatte das Gefühl, gar nichts mehr zu können, nicht mal die einfachsten Dinge im Haushalt, das hat mich immer weiter runtergezogen. Ich mußte richtig darum kämpfen, die Dinge wieder selber zu machen, von daher kann ich dich sehr gut verstehen! Für unsere Angehörigen ist es oft auch sehr schwer, unsere Depression auszuhalten und sie fühlen sich besser, wenn sie "etwas tun können"... leider machen sie es damit für uns nicht besser sondern schlimmer.. vielleicht kannst du in einem offenen Gespräch versuchen, deinen Eltern das zu erklären, wehre dich dagegen, denn du bist nicht unmündig sondern "nur" krank! Ganz lieber Gruß, Ute
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von deary »

Ein liebes hallo an Dich, joy!

ich habe Deine "message" gelesen, bevor Du sie hast "schrumpfen " lassen.

Ich kenne das, dass man sich manchmal fragt" bin ich das die das geschrieben hat?"
Aber Du hast keinesfalls etwas Falsches geschrieben, ich fand es ziemlich gut, was Du geschrieben hast....

Aber wenn das mit der Therapie und dem Bevormunden -Ansprechen damals nicht geklappt hat, dann fände ich so eine offenes Gespräch, wie Ute es vorschlägt, prima.
Denn sie hat recht, du bist nur krank und hast Deine Stimmungen (wie Du selber schreibst) , aber unmündig bist Du nicht!!!!
Und auch gesetztlich jemanden für unmündig zu erklären, geht heute wesentlich schwieriger und langsamer als früher...
Habe durch Bekannte solche Prozesse selber schon miterlebt. (die durch Krankheit tatsächlich nicht mehr in der Lage waren, zb. ihre Bankgeschäfte zu erledigen,und einen gesetzl. Betreuer bekamen, unvorstellbares Gefühl, finde ich schrecklich)
so schnell wird heute, auch gesetzlich nicht,
jemand für unmündig erklärt...

Aber das nur nebenbei.
Dass Du nach dem Doc- Besuch verwirrt bist, hat das vielleicht einen besonderen Grund?
Hast Du dich rausgeschoben gefühlt und mit Medi´s abgespeist?
So kam es mir nach deinem Kurzbericht vor...
Wenn Du magst, kannst Du gerne darüber schreiben...
Niemand hier wird es Dir übel nehmen, wenn es etwas wirr rüberkommt, joy.

Liebe Grüße von einer deary,
der der Druck im Moment auch zu groß wird
(wie in anderem Thread beschrieben...)
joy
Beiträge: 460
Registriert: 12. Mai 2011, 17:32

Re: Der Druck wird zu gross für mich

Beitrag von joy »

Ein liebes Hallo zurück.

Also ich habe mich durch die Medis nicht abgespeist gefühlt. Ich war nur erschrocken, dass er mir gleich 100 Stück verschrieben hat, was er noch nie getan hat. Sonst gabs immer die 50-er Packung. Er hat mir gesagt, ich könnte nicht aufhören Medis zu nehmen, sonst würde ich wieder zusammenbrechen.

Es war ein sehr langes, offenes Gespräch mit meinem Doc. Er ist ein guter Mensch. Schon sehr alt und kann kaum noch aufrecht gehen. Das Rezept hat er mir kaum über den Schreibtisch rübergeben können. Aber er ist so wunderbar ruhig und leise. Er hört mir zu und versucht mir immer neue Möglichkeiten aufzuzeigen. Es ist niemals so, dass ich nur ein Rezept in die Hand bekomme.

Bei diesem Gespräch hat er mich mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Ich hatte mir mal wieder viel zu viel auf einmal vorgenommen. Ich will zur Reha, bzw. wollen das wohl eher meine Angehörigen. Aber bis ich eine Reha machen kann, muss ich erstmal andere Dinge auf die Reihe bekommen. Erstmal für mich selber wieder wissen, was ich will.

Er rat mir, mit meinem Freund offen zu sprechen, dass er nicht mehr versuchen soll mir auf seine Art und Weise zu helfen, sondern mich meinen Weg alleine finden zu lassen.

Das Gespräch hat auch stattgefunden. Ganz ruhig und ohne Streit. Offen und ehrlich.

Ich weiss nicht, ob ich je wieder gesund werde. Aber er will auf mich warten.

Es wird noch ein langer, harter Weg. Und es wird nie wieder so werden wie früher, als ich noch lebensfroh und stark war.

Das macht mir Angst.

Danke fürs zuhören
liebe Grüsse
Joy
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