Ewiges Auf und Ab - keine Hoffnung mehr

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Sophia
Beiträge: 49
Registriert: 22. Mär 2005, 17:56

Ewiges Auf und Ab - keine Hoffnung mehr

Beitrag von Sophia »

Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll...
Seit zwei Jahren habe ich Depressionen (außerdem noch eine Essstörung, die mir gerade momentan wieder sehr zu schaffen macht), und ich empfinde mein Leben zurzeit als ein einzigen Wechsel von „Hochs“ bzw. normaler Stimmungslage und Tiefs.
Meistens geht es mir ca. zwei bis drei Wochen am Stück relativ gut; ich bin fähig, den Alltag einigermaßen gut zu bewältigen, habe Hoffnung, kann mir wieder eine Zukunft vorstellen und versuche, das, was ich während meiner letzten depressiven Phase alles vernachlässigt habe (Studium, Freunde, Pläne für die Zukunft) wieder „in Ordnung zu bringen“.
Und dann kommt der nächste Schlag: auf einmal ist mir alles total egal, ich habe keinen Funken Hoffnung mehr, ich kümmere mich weder um mein Studium, noch um meine Freunde oder andere soziale Beziehungen, „weil ja sowieso alles egal ist und ich keine Zukunft mehr habe“.
Ich weiß, dass ich mich letztendlich wahrscheinlich doch nie umbringen würde, aber es fehlt mir langsam der Mut, nach einer depressiven Phase wieder von vorne anzufangen, es kostet mich so viel Energie, all das, was ich vernachlässigt habe, wieder aufzuarbeiten. Ich sehe keinen Sinn mehr darin, neue Zukunftspläne zu schmieden, denn das nächste Tief kommt ja bestimmt und wirft wieder alle Pläne über den Haufen, und dann kann ich wieder von vorne anfangen.

Ich will mich aber auch nicht hängen lassen, ich denke mir, anderen Leuten geht es viel schlechter, sie haben „echte Probleme“ und lassen sich nicht hängen.
Theoretisch weiß ich ja, dass Depression eine ernst zu nehmende Krankheit ist, ich mich nicht mit andern Leuten vergleichen soll, etc., aber ich hasse mich so sehr für meine selbstmitleidiges „es-hat-ja-alles-keinen-Sinn-mehr“-Gejammere.

Ich weiß nicht, was ich mir von meinem Beitrag erhoffe, ich musste das wohl einfach mal loswerden (sprich: jammern! Ich hasse mich!!)
Danke fürs Lesen.

Gruß, Sophia
paradiddler
Beiträge: 237
Registriert: 19. Sep 2003, 08:21

Re: Ewiges Auf und Ab - keine Hoffnung mehr

Beitrag von paradiddler »

Hi Sophia,

ich habe die Depression auch durch diese sich abwechselnden Phasen bemerkt, auch die Länge der Phasen war ähnlich, wobei bei mir die Tiefphasen etwas länger waren als die Hochphasen. Irgendwann habe ich dann dieses Auf- und Ab nicht mehr ausgehalten; ich wurde den Hochphasen gegenüber immer skeptischer, weil ich sowieso schon wusste, dass es danach wieder bergab geht. Also konnte ich nicht mal mehr die guten Zeiten genießen. Das war der Punkt, an dem ich mich zur Therapie entschieden habe. Und das war nicht einfach für mich. Machst du Therapie?

Mein Studium hat auch sehr gelitten, da ich zwei Semester lang praktisch nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Heute bin ich einerseits traurig darüber, weiß aber auch, dass ich diese Zeit gebraucht habe. Zumindest versuche ich mich immer wieder daran zu erinnern.

Ich wollte nur loswerden, dass du nicht alleine bist und es hier im Forum einigen sehr ähnlich geht. Und damit das klar ist: Das IST ein echtes Problem! Du musst dich dagegen wehren und kämpfen. Seitdem ich mir meiner Problematik bewusst geworden bin und Therapie mache, ist nicht alles gut geworden, aber ich kann wieder gute Zeiten genießen. Die Tiefphasen haben ein wenig ihren Schrecken verloren. Erst letzte Woche ging es mir beschissen (einige hier aus dem Forum können das bestätigen...), aber das ist erst mal vorbei und ich genieße diese Zeit.

Momentan hat es sich bei mir so eingependelt, dass meine Tiefphasen nicht mehr so tief sind, und meine Hochphasen nicht mehr so hoch. Und damit komme ich besser klar als vorher. Mein Studium leidet nicht mehr und ich komme sehr gut voran. Und das ist für mich das Wichtigste, sozusagen mein Barometer. Oft habe ich wegen der Depression kein Gefühl mehr für mich selbst, ich weiß dann nicht, was ich will und was ich nicht will, warum ich die Dinge tue, die ich tue etc. Das kontinuierliche Arbeiten am Studium hilft mir, in der Spur zu bleiben. So ist mein Studium sogar zu meiner Stütze geworden.

Eine Depression hat Gründe, und die musst du herausfinden. Ich wünsche dir viel Kraft dafür!

Stefan


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Der Kampf gegen den Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.
Sophia
Beiträge: 49
Registriert: 22. Mär 2005, 17:56

Re: Ewiges Auf und Ab - keine Hoffnung mehr

Beitrag von Sophia »

Hallo Stefan!

Vielen dank für deine Antwort, obwohl ich zurzeit nicht wirklich hoffnungsfroh bin, hat mir deine Antwort doch irgendwie Mut gemacht.

Das mit der Therapie ist so eine Sache… seit Februar bin ich in Behandlung, ich wollte aber zuerst nur Medikamente nehmen, (was ich auch tue: Cipralex) und bin bis jetzt nur zu 20-minütigen medikamentenbegleitenden Gesprächen zu meinem Therapeuten gegangen.
Allerdings habe ich schon oft drüber nachgedacht, eine Therapie anzufangen und auch mein Therapeut hält das für eine gute Idee, aber es gibt mehrere Dinge, die mich noch davon abhalten, eine Therapie zu beginnen:
- mein Therapeut weiß noch nichts von meiner Essstörung (man sieht es mir nicht an), und ich habe ziemlich große Angst davor, es ihm zu sagen, wollte es schon die ganze Zeit tun, hab es aber immer wieder aufgeschoben
- ich glaube, dass ich mich nicht wirklich auf eine Therapie einlassen kann; ich habe Angst davor, mich vor einem anderen Menschen so zu zeigen, wie ich wirklich bin, wie schwach ich bin. Ich habe auch gemerkt, dass ich diese 20-minütigen Gespräche mit meinem Therapeuten bisher nicht wirklich genutzt habe, wenn ich ehrlich zu mir bin, war ich die meiste Zeit damit beschäftigt, mich so zu zeigen, wie ich von ihm gesehen werden will. Ich habe Angst, nicht ehrlich sein zu können; ich weiß, dass ich mich damit nur selbst belüge und mein Therapeut mir nicht helfen kann, wenn ich nicht ehrlich bin.

Aber irgendwie ist eine Therapie auch meine „letzte Hoffnung“ (hört sich jetzt unglaublich dramatisch an), wenn ich nicht will, dass es so weitergeht wie bisher… Und deine Antwort hat mir gezeigt, dass eine Therapie wohl wirklich helfen kann.

Viele Grüße,
Sophia
Kroki
Beiträge: 814
Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

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Beitrag von Kroki »

Ivory
Beiträge: 59
Registriert: 30. Aug 2005, 17:43

Re: Ewiges Auf und Ab - keine Hoffnung mehr

Beitrag von Ivory »

Hallo Kroki,
ein bißchen Distanz kann ich mir im Tief 'kopfmäßig' schaffen, weil ich weiß, das nicht die Welt, wie ich sie wahrnehme und die Probleme, die ich habe, das Problem sind, sondern meine Gefühlswelt das Problem ist.
So schaffe ich es wenigstens, meinem direkten Umfeld und mir selbst 'klaren Kopfes' gegenüber zu treten. Außerdem, arbeite ich in dieser Zeit am richtigen 'Handlungsstrang' und verliere mich nicht so sehr in den Problemen, die mich vordergründig belasten - weißt Du, wie ich das meine?

Mein Problem, ist die große Trauer und die damit verbundnen Schmerzen, die vor denen ich immer mehr Angst bekomme. ... Lieber gar nichts fühlen, dumpf und doof sein, als diese Schmerzen ... .

Gruß,
Ivory
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