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Hamster im Rad

Verfasst: 26. Jun 2005, 19:43
von Moondancer
Vorweg, ich habe heute keinen guten Tag und war auf der suche im net und habe euch gefunden.

Schon alleine die namenssuche bei der registrierung machte mir probleme und auf anhieb wäre mir darkness eingefallen. Aber das ließ ich dann bleiben, denn es klingt so hoffnungslos und ich hätte so gerne hoffnung.

Nichts liebliches sollte es sein, kein blümchen, tierchen oder etwas bemitleidenswertes sollte es sein. Ich habe mich für den mir neutral erschinenen namen LEA entschieden.

Wie es begann?
Wenn ich mir überlege wann meine trauer begann dann denke ich es war zur geburt meiner schwester. Da ich 3 jahre alt war, kann ich mich nur noch vage an vorgefallens erinnern. Ein bild aber habe ich noch klar vor augen.

Meine großmutter schob ihr fahrrad auf dem am sattel saß ich, meine füße reichten nicht an die pedale. Ich war unglücklich da sie mich mitnahm und ich nicht bei meiner kleinen neugeborenen schwester bleiben durfte. Ich glaube ich habe das baby nicht einmal gesehen und sie nahm mich einfach mit.

Auf mein bitten und fragen warum ich nicht zuhause bleiben könne hat sie mir gesagt, dass mutter nun soviel arbeit mit dem baby hätte und sie sich jetzt micht um mich auch noch kümmern könne. Aus diesem grund nähme sie mich jetzt mit.

Bei ihr angekommen, weiß ich noch, dass ich mich ins schlafzimmer verbarrikardiert habe, wo eine kommode mit großem spiegel stand in dem ich mich ganz sehen konnte. Ich habe mein spiegelbild angespuckt, angeschrien, getobt und um mich geschlagen und geweint. Irgendwann versiegten meine tränen doch meine wut und trauer blieb und ich kam nie mehr zu meinen eltern und meiner schwester zurück.

Ich sah sie aber immer Sonntags (ich war da ca 6 jahre alt) als ich nach der kirche - großmutter schickte mich hinterher immer zu meinen eltern - und ich sie besuchen musste. (ich sage musste, da ich es nicht mehr gerne tat).

Meist war es so, dass die kirche früher aus war als meine eltern aufgestanden waren. Also klopfte ich an die tür, und habe sie wohl geweckt. Sie freuten sich nicht wenn ich kam, das sah ich klar ihren gesichtern an.

Wie unerwünscht ich wirklich war, wusste ich erst, als einmal der satz fiel: "Die ist auch schon da". Ab diesen tag habe ich immer gewartet bis ich "LEBEN" - die klospülung - hörte ehe ich es wagte anzuklopfen. Solange wartete ich sitzend auf einem baumstamm vor dem klofenster des hauses.

Meine kindheit empfand ich nicht als glücklich und ich habe mir milionen male gewünscht tot zu sein und das auch ausgesprochen.

Meine erste liebe trat in mein leben und ich verschwendete keinen gedanken an traurigkeit, als sie mich eines silvesterabends - es war wirklich lustig und nichts war vorgefallen - alle waren heiter mich eingeschlossen, wieder einholte.

Einige minuten vor mitternacht distanzierte ich mich von den anderen und suchte mir eine stille ecke um zu weinen. Ich empfand wie das umlegen eines schalters. Fröhlichkeit aus, trauer an und ich konnte nichts dagegen tun. Mein freund suchte und frand mich und ich und hatte keine erklärung für mein verhalten.

Nach meiner scheidung wurden die intervalle meiner depressionen immer kürzer. Und ich ging zum arzt und er verschrieb mir seropran - glaube ich so hieß das mittel. Ich fühlte mich anfangs richtig gut und lief lächelnd durch die gegend. Irgendwann hörte das Hochgefühl auf. Und ich fühlte mich - ich sag mal neutral, dahinplätschernd, lau. Mir fehlten meine hochs, wohl kleinen manien und ich kam zur erkenntnis, "das bin nicht ICH" und hörte mit den tabletten auf.

Mittlerweile vergeht kaum ein wochenende wo ich raus gehe, sogar einkaufen fällt mir schwer. Ich bin froh dass zur Arbeit MUSS, denn ich würde wohl nur noch die nötigsten besorgungen machen.

Das fatale, ich möchte raus und jedes wochenende in dem ich zuhause sitze sag ich mir, kommendes wochenende mach ich alles viel besser und werde etwas unternehmen. Einladungen lehne ich mit allen möglichen vorwänden ab und man muss schon sehr hartnäckig sein um mich für etwas zu erwärmen.

Ich fürchte mich nicht vor den menschen und es fällt mir leicht freunde zu finden (wenn ich rausgehe). Was mir aber fehlt die fähigkeit diese zu pflegen, da ich uninteressiert wirke, und großenteils ja auch bin, weil ich ja nirgends mitmachen will und weil mir die kraft dazu fehlt. Ich habe eine langjährige freundin -20 jahre - mit der ich über alles reden kann.

Wir unternehmen nicht sehr oft etwas zusammen, da sie ihr leben hat und ich meines und unsere interessen doch weit auseinandergehen.

Meine Fernbeziehung macht alles nicht gerade besser, mein freund lebt 3500 km weit von mir entfernt. Er würde gerne heiraten, ich wage den schritt aber nicht und ich kann nur zusehen wie unsere beziehung schön langsam den bach runter geht. Ich fühle wie es immer weniger wird, was nicht gerade förderlich für meinen gemütszustand ist.

Ich fühl mich wie der hamster im rad und weiß nicht wie ich es schaffe aufhören nachzudenken und einfach das leben genießen und nehmen wies eben kommt und allem voran wieder die kraft finden etwas zu unternehmen.

liebe grüße,
lea

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 26. Jun 2005, 23:37
von Lisa23
Hallo Lea, lass Dich einmal ganz lieb drücken. Deine Geschichte ist so traurig, dass ich fast weinen könnte. Wahrscheinlich bin ich die erste, die Dir antwortet und heisse Dich deshalb hier herzlich willkommen. Ich wünsche Dir, dass Du viele hilfreiche Antworten bekommst und auch beim Lesen in den anderen Beiträgen, ist so mancher guter Rat und Trost zu finden.

Deinen Schilderungen nach, denke ich, bist Du so zwischen 1950 und 1960 geboren? Ich sehe das kleine traurige Mädchen, das Du beschrieben hast, direkt vor mir. Ich war auch so ein kleines Mädchen, das keiner wollte. Das ging mir heute den ganzen Tag durch den Kopf. Zufall? Meine Eltern wollten mich mit 4 Jahren in Mannheim in ein Kinderheim geben. Sie waren überlastet, weil mein kleiner Bruder, der gerade auf der Welt war, sie zu sehr beanspruchte. Zwei Kinder, da war eins zuviel. Dass ich nicht in dem Heim landete, dafür sorgte die älteste Schwester meines Vaters. Sie hätte ihm die Freundschaft auf ewig gekündigt. Sie war für ihn wie eine Mutter und in der Zeit wohl der einzigste Mensch, der auf ihn Einfluß hatte. Ich weiß nicht, ob das heute noch ginge. In den 50zigern konnte man Kinder wohl einfach abgeben. Schrecklich. Ich bin auch größtenteils bei den Großeltern groß geworden. Mein Bruder ebenso.

Hast Du noch einen Arzt, Therapeuten, zu dem Du regelmäßig gehen kannst? Wenn nicht, dann suche Dir fürs erste bitte wieder einen Arzt. Einen, dem Du vertrauen kannst.

Vielleicht gelingt es Dir auch, wieder mehr unter die Menschen zu gehen. Dass Du Arbeit hast, die Dich wenigstens unter der Woche von Deinem Kummer ablenkt, Dir vielleicht sogar Spass macht, ist ja auch eine kleine Hilfe.

Trotzdem glaube ich, dass Du dringend Beistand brauchst um aus Deinem Hamsterrad wieder rauszukommen. Nimm Dir hier im Forum alle Hilfe, die Du bekommen kannst. Ich wünsch Dir, dass Du trotz allem Kummer heute nacht gut schlafen kannst und Dich wohl und geborgen fühlst.

Ganz liebe Grüße, Lisa

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 27. Jun 2005, 18:32
von Moondancer
Hallo Lisa,

danke für deine rasche Antwort, war sehr liebe von dir. Ja du hast recht ich bin ende der 50er-jahre geboren und wie ich sehe hatten wir ähnliche erlebnisse in der kindheit. Mein arbeitstag war heftig, zu viel arbeit, was mir die gelegenheit privates zu denken sehr nimmt, was ich gar nicht mal so schlecht finde.

Nach der arbeit ist es immer besonders schlimm, da ich mich so ausgelaugt fühle und kaum etwas vernünftiges mehr auf die reihe bringe und ich hätte so vieles zu erledigen.

Du hast mich gefragt, ob ich hilfe in anspruch nehme, nein - das tu ich nicht, ich kann mich zu diesem schritt einfach nicht überwinden. Ich war einmal bei meinem praktischen arzt als es mir wirklich schlimm ging, er hat mir tabletten verschrieben (hab sie aber auch verlangt). Ich mochte aber das gefühl der wirkung nicht weil ich mich so fremd fühlte und mich nicht spüren konnte.

Das sich spüren können ist ein großes problem für mich und setzt sich auch in beziehungen fort. Wenn das erste (starke) gefühl von verliebtsein vorbei ist, setze ich alles dran meinen partner zu reizen um ihn wieder zu spüren. Ob es ärger frust, zorn oder sonst ein starkes gefühl ist, mir ist jedes mittel recht. Wenn ich darüber nachdenke ist mir klar, so intensiv wie es anfangs ist (schmetterlinge im bauch) kann es nicht immer bleiben. aber scheinbar genügt mir das nicht. Ich fordere es heraus.

Heute möchte ich mit meinem freund wieder einmal schluss machen - das würde mir sehr leicht fallen, und ich muss mich zurückhalten es nicht zu tun. Denn ich weiß genau hinterher gehts mir sicher ein halbes jahr lang dreckig, und ich habe wieder mal einen grund mich gänzlich abzukapslen. Ob seine vergehen schon einen schlussstrich verdienen, dafür fehlt mir echt die objektivität. Auch diplomatie ist ein fremdwort für mich, ich krache immer mit vollem dampf rein, da ich "kleinigkeiten" vorher schlucke, dann entlädt sich alles auf einmal der betroffene ist nur noch verwundert und hält mir natürlich vor "wegen eines so kleinen dings eine solche reaktion"? Was wieder dazu führt mich schuldig und klein zu fühlen. Aber erkläre das hinterher einmal jemanden, das versteht kaum jemand.

Getern als ich nicht einschlafen konnte habe ich mir einige male selbst vorgesagt; NICHT NACHDENKEN IST ALLES OK und habe versucht wegzuschieben. Ich fürchte aber es wird nur zu noch größeren gewitterwolken führen und sich wieder mit einem gewaltigem donnerwetter entladen. Ein wenig habe ich aber schon gelesen hier und gesehen, ich bin nicht allein (mit meinen wie ich selber finde) mit meinen sicher für viele menschen unverständlichen gefühlen.

Liebe grüße, drück dich auch feste

Lea

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 28. Jun 2005, 19:02
von Lisa23
Hallo Lea, danke für Deine Rückmeldung.

Wir sind also zwei alte Eisen und haben trotzdem, oder gerade deswegen, noch so viel Kummer mit unserer Kindheit.

Wenn ich mir meinen Lebensweg so überdenke, hätte ich wohl mit 20 zusammenbrechen müssen, weil einfach nichts mehr ging. Ich wollte aber stark sein, alles vergessen und einfach nur leben.

Das ging auch lange gut. Nach 20 Jahren Ehe starb mein Mann. Ich war gerade 37. Für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Ich war wieder dieses hilflose kleine Kind ohne Rückhalt. Allmählich ging es mit meiner Kraft bergab und die Beziehungen, die ich auf diesem Weg hatte, taten ihr übriges.

Ich hab mir so sehr wieder einen lieben und zuverlässigen Menschen gewünscht, wie mein Mann es war. Aber diese Spezies schien ausgestorben zu sein.

Es gab in diesen Beziehungen auch sehr viele Auseinandersetzungen, nachdem die Schmetterlinge verflogen waren. Ich glaube heute, dass das der Moment der Wahrheit war. Ich hatte festgestellt, dass dieser Mann (immer der jeweilige) meinen Anforderungen nicht gerecht wird und es auch nie werden wird. Ich brauche vielleicht mehr als alle anderen, jemanden der sehr zuverlässig ist. Mich annimmt, wie ich bin, wenig kritisiert (das kann ich selber besser)und einfach für mich da ist und mir diese Gewissheit gibt.

Seit einem Jahr habe ich jemanden gefunden, der mir sehr viel Ruhe gibt. Der mich nicht zweifeln lässt. Der für mich da ist. Ich hoffe, dass das nie mehr aufhört. Ich hatte bisher noch keine Trennungswünsche.

Liebe Lea, unsere Unruhe, unsere kleinen Zörne, unsere Unsicherheiten, die liegen alle in unserer Kindheit, die uns nicht viel gegeben hat, außer der Erkenntnis, dass wir nicht erwünscht waren. Wie sonst könnte ein Vater seine kleine 4jährige Tochter einfach weggeben wollen? Andere Mädchen sind in diesem Alter kleine Prinzessinnen. Die Lieblinge ihrer Väter. Und der Rest der Familie, hätte er dazu geschwiegen? Ich kann es heute nicht beantworten. Ich weiß nur, dass es nicht gerade rosig für mich weiterging. Meine Eltern ließen sich scheiden. Meine alten Großeltern übernahmen ihren Part. Vieles ähnlich wie bei Dir.

Ich bin seit etwa 15 Jahren in Behandlung. Anfangs dachte ich auch, dass es wegen meiner Trauer um meinen Mann ist. Aber das war ja nicht alles. Durch sein Fehlen, bin ich ja wieder um Jahre zurückgeworfen worden.

Es ist nie zu spät eine Therapie zu beginnen oder einen guten Arzt zu finden. Mein erster Arzt, war mein Hausarzt, ein Internist. Er hat mir sehr geholfen. Irgendwann merkte ich, dass ich in andere Hände muss um weiterzukommen. Ich habe auch gesucht und nicht gleich gefunden. Seit 6 Jahren bin ich bei einem Arzt, dem ich rundum vertrauen kann. Er ist Facharzt für Psychologie und Neurologie.

In Deiner Stadt oder in der Nähe wo Du wohnst, gibt es bestimmt auch den einen oder anderen kompetenten Arzt. Nimm Dir die Zeit und schau sie Dir an. Es wird schon einer für Dich dabei sein. Ganz sicher. Auch hier muss, wie in allen Lebenslagen, die Chemie stimmen.

Ich möchte irgendwann fröhlich und unbeschwert leben können. Allein dafür lohnt es sich, an sich zu arbeiten, jeden Tag. Ganz egal, wie alt oder wie jung Du bist. Alleine geht es aber nicht. Dazu gehören viele liebe und verständnisvolle Mitmenschen. Welche davon leben auch in Deiner Nähe.

Vielleicht können wir uns auch über E-Mail schreiben. Fände ich nicht schlecht. Ich lese hier lieber, als dass ich schreibe. Hat so seinen Grund.

Ganz liebe Grüße an Dich, Lisa

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 28. Jun 2005, 19:20
von Acedia
Hey Lea Mondtänzerin,

was denkst du dir eigentlich dabei, meinen User-Namen für dich noch mal zu benutzen. Bist du so einfallslos oder wo hakt es? Das führt doch nur zu Verwechslungen und wer nicht genau hinsieht, liest nur den Namen Lea und glaubt noch, ich sei dieser Hamster im Rad.

Lea, die nicht um den Mond tanzt...

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 28. Jun 2005, 22:05
von Moondancer
hallo lea,

"was denkst du dir eigentlich dabei, meinen User-Namen für dich noch mal zu benutzen"

ich hab mir gar nichts dabei gedacht, da ich nicht wusste dass es ihn bereits gibt.

"Bist du so einfallslos oder wo hakt es"?

Ja, ich bin einfallslos wenn es darum geht menschen grundlos zu beleidigen, da hakt es wirklich.

"Das führt doch nur zu Verwechslungen und wer nicht genau hinsieht, liest nur den Namen Lea und glaubt noch, ich sei dieser Hamster im Rad"

Nein Lea, das vermutet mit garantie niemand denn du bist unverwechselbar grob und rüde.

"Lea, die nicht um den Mond tanzt..."

aber mit garantie hinter dem mond lebt!!!



Wünsch dir dennoch ein langes freudvolles dasein und möge man dir noch viele gelegenheiten gibt deinen frust auf diese art auszuleben.

Lea (moondancer)

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 28. Jun 2005, 22:08
von Moondancer
hallo lisa,

ja wir können uns sehr gerne mailen.

wünsche dir einen schönen abend,

lea

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 29. Jun 2005, 07:37
von Acedia
Hallo Mondtänzerin!

wünsche weiterhin viel Spaß hier im Forum

Lea (hinter'm Mond)

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 29. Jun 2005, 16:42
von Moondancer
na vielleicht kommst du ja mal mit Kuchen auf einen kaffeeplausch und schaust mir beim feitstanz zu. Kannst gern auch mitmachen.

lieben gruß
Lea (moondancer)

Re: Hamster im Rad

Verfasst: 29. Jun 2005, 21:54
von Acedia
Hallo Moondancer,

für meine leckeren Kuchen bin ich übrigens berühmt und gegen einem Kaffeeplausch habe ich nie was einzuwenden

mmh, vielleicht stellt sich gar heraus, dass wir uns gar nicht so unsympathisch finden...

Gruß Lea