WILLST Du überhaupt gesund werden?

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Captain Kirk
Beiträge: 633
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von Captain Kirk »

Kennt Ihr diesen Spruch auch? Oder in Abwandlung: Du WILLST ja gar nicht gesund werden.

Wie geht Ihr damit um?

Gruß
c.
rowibo
Beiträge: 62
Registriert: 17. Apr 2003, 17:34

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von rowibo »

Hallo,

vielleicht ist der Tread interessant.....

http://www.kompetenznetz-depression.de/ ... 1117064016

rowibo
Captain Kirk
Beiträge: 633
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von Captain Kirk »

Hi,
danke für den Hinweis. Da findet man ja eine "schöne Sammlung"

Was mich aber auch interessiert ist, wie Ihr mit solchen Sprüchen umgeht.
Vielleicht haben manche schon eine gesunde (im Gegesatz zu: sich aufregen, traurig werden oder noch depressiver werden)Umgehensweise erprobt und könnten davon berichten?

Gruß
c.
heike56
Beiträge: 1126
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von heike56 »

Hallo Captain,

es kommt darauf an, wer diesen Spruch bringt. Entsprechend würde meine Reaktion ausfallen.
Bei Arzt und Therapeuten würde ich es als Ahnungslosigkeit werten.
Wenn es im Beziehungsumfeld kommt, würde meine Antwort z.B. lauten, nichts lieber als das (Gesund werden). Ich bin selber mit der Situation unzufrieden/ unglücklich.

Und als Gegenfrage z.B. stellen, würdest Du das auch einem Schilddrüsenkranken sagen.

Für mich klingt auch daraus, dass der Fragende unzufrieden damit, dass keine durchgreifende Besserung eintritt.

Natürlich stellt man sich als Erkrankter diese Frage auch selber und läßt sich dadurch von anderen auch verunsichern.

Man fragt sich dann selber, ob es daran liegt, dass man selber nicht genügend leistet ( in der Therapie, beim gesünderen Umgang mit sich, beim besseren Streßmanagement etc.) diese Krankheit zu beseitigen. Das wäre typisch depressiv, sich selber wieder die Schuld geben .

Ich für mich habe akzeptiert, dass die Depression mich mein Leben lang begleiten kann, aber nicht muß.

Vielleicht war jetzt eine Anregung für dich dabei.

Lieben Gruß und alles Gute.

Heike 47
Nachttaube
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von Nachttaube »

Hallo captain,

schön wieder von dir zu hören. ich mochte Deine Postings.

ist es wirklich schön, wieder von Dir zu hören? ich habe gehofft, dass Du es geschaft hast, dass Du die Depri überwunden hast, das es Dir gut gehen würde...

Zu Deiner Frage.
ich selber frage mich oft, ob ich gesund werden will, ob ich genug dafür tue (zuzüglich dem schlechtem Gewissen). Den Vergleich von körperlich kranken meide ich. Ich denke oft an Sucht-Kranke: auch sie sind krank, die Krankheit ist nicht wirklich in der Gesellschaft anerkannt, Hilfe in Form von Medis und Therapien ist da, aber eine Portion Eigenwille muss der Patient schon selber mitbringen. Wie sehr er kämpft, leidet und was er durchsteht, sieht kein Außenstehender.

Nein, ich habe noch keinen Königsweg daraus gefunden. Ich strenge mich an zu funktionieren und behalte meine Qual für mich. Niemals würde ich im realen Leben zugeben, dass ich Depri (ok, eigentlich habe ich die Diagnose Borderline) habe.

Also, my captain, viel geschrieben und keine Antwort für Dich.
schicke Dir Energie
nachttaube
Captain Kirk
Beiträge: 633
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von Captain Kirk »

Liebe Heike, liebe Nachttaube-
danke für Eure Postings.
Ja, was soll ich sagen. Ich habe jetzt für mich so gelöst.

Dieser Satz weist meiner Meinung darauf hin, dass
a) entweder null Verständnis für die Erkrankung Depression besteht

oder/und

b) der Sprecher seine eigenen Hilflosigkeits- und Ohnmachtsgefühle ob des langwierigen und nicht immer nach außen sichtbaren Heilungsweges "verschiebt" - also die "Schuld" dem Erkrankten zuschiebt, mangelnden Willen unterstellt und zu wildem Aktionismus rät. Wobei die Tatsache außer acht gelassen wird, dass die Heilung vor allem im Inneren statfindet. Aber Aktion bedeutet den meisten schon Fortschritt. Auch wenns nur Scheinaktion ist.

c) es ein psychologischer/pädagogischer Trick (Holzhammer sei wachsam) sein soll, der den Willen des Erkrankten in Gang setzen soll (wobei ja auch hier wieder unterstellt wird, dass der Wille zu schwach ist und dass mit etwas mehr Willensanstrengung schon wieder längst alles gut sein könnte) .

Nun ja. Was bleibt? Selbstsicher weiter sein eigenes Heilungstempo verfolgen. Sich prüfen, wie es mit dem Willen steht. Nicht in Fremdaktionismus verfallen und plöztzlich losrennen. Und stolz auf den Weg zu sein, den man schon gegangen ist.

Vielleicht so?

Gruß
c.
heike56
Beiträge: 1126
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von heike56 »

Lieber Captain,

aber das ist genau das typische an der Depression. Der Wille ist krank. Es ist dieser sich immer wiederholende Ausspruch, Du MUSST nur wollen. Nur genau das geht nicht oder nur sehr langsam.

Ich stimme deinen Überlegungen zu.

Lieben Gruß

Heike 47
rowibo
Beiträge: 62
Registriert: 17. Apr 2003, 17:34

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von rowibo »

Hallo,

genau das isses. Entweder "müssen" ODER "wollen".
"wollen müssen" geht nicht.

Will heißen, jemanden zur Eigeninitiative zwingen zu wollen, ist bereits Fremdinitiative und widerspricht sich selbst. oder so

alles Gute
Rowibo.
Captain Kirk
Beiträge: 633
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von Captain Kirk »

Guten Morgen Heike, guten Morgen Rowibo-

> Du MUSST nur wollen. Nur genau das geht nicht oder nur sehr langsam.>

>Ich stimme deinen Überlegungen zu. >


-----------------------------------
>genau das isses. Entweder "müssen" ODER "wollen".
"wollen müssen" geht nicht.>
------------------
nun SEI doch endlich mal SPONTAN
------------------
Ja. dieses WOLLEN muss ..äh...sollte von innen heraus kommen. Wenn nichts mehr Freude macht und nichts mehr interessiert, dann hat der Wille auch keinen Nährboden auf dem er wachsen kann. Und es entsteht ja auch kein "Belohnungsgefühl" wenn man sich augerafft hat, sondern im Gegenteil- in den schlimmsten Zeiten fühlt man sich durch Aufbäumung des Willens noch schlechter. Das ist Außenstehenden schwer zu vermitteln.

Andererseits sollte man sich natürlich trotzdem aufbäumen und versuchen den eigenen Willen zu aktivieren. Ich denke, beides -innen und außen geht Hand in Hand und speist sich dann -im besten Falle- irgendwann wieder wie ein Perpetuum Mobile selber. Aber dieser Wille hat nicht viel mit der Vorstellung von "WILLST Du gesund werden" zu tun. Es ist eine andere Kategorie.


Nun ja- wollen wir mal weitermachen

Gruß
c.
doubty
Beiträge: 77
Registriert: 25. Mai 2004, 20:02

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von doubty »

Hallo Captain,hallo Mitleser!

Den Spruch "Wollen Sie überhaupt gesund werden" bzw. der genaue Wortlaut war " Wollen Sie überhaupt, dass sich was ändert"
den mußte ich mir auch schon anhörn.

Es sagte ihn ein Sozialarbeiter der Einrichtung, in der ich gearbeitet habe, zu mir.
Also eigentlich ein Mensch, der´s besser wissen müßte...
Es ging darum, dass ich aufgrund der Erkrankung (chronische Depression) wiederholt zu spät zur Arbeit gekommen war.

In einer schlechten Phase habe ich eben dieses typische Morgentief und ich war überhaupt nicht sauer auf mich selbst,sondern eher froh, dass ich es trotzdem zur Arbeit geschafft hatte.

Es gab ein Gesrpäch , ich glaub mein Chef war auch noch dabei.
Dabei wurde mir nahegelegt, in eine Klinik zu gehen, da die Leute meinten, die Verhaltenstherapie( die ich mache) würde ja nicht schnell genug fruchten.

(Im Klartext: ich funktionier nicht schnell genug wieder)

Ich habe aber mit Kliniken viele negative Erfahrungen gemacht.

Ich erbat mir Bedenkzeit.

Das Verhalten dieses Sozialarbeiters machte mich wütend und es verletzte mich.

Ich dachte:"jetzt arbeitest Du hier schon in geschütztem Rahmen und immernoch versteht Dich Z.B. dieser "extra dafür Ausgebildete" nicht.

Heute machen mich z.T. solche Aussagen immernoch traurig.

Aber ich denke auch: Wenn es so einfach wäre , wie eine Blinddarmentzündung!
Also: -Blindarm ist entzündet
-Klinik wird ausgewählt
-Blinddarm wird entfernt
-Patient "geheilt" entlassen.

dann bräuchte man ja nur eine entsprechende Klinik auswählen, Depression entfernen und man wäre geheilt.

Ich glaube, so dachten dort manche Sozialarbeiter und so denken wohl nach meiner Erfahrung auch manche Psychologen.

Wie auch schon von Euch Vorpostern geschrieben wurde, wird einem dann mangelnder Wille oder mangelndes Zutun unterstellt.

Ich denke aber nicht, dass es so ist.

Ich kenne viele , die so gut wie wieder gesund geworden sind, z.B. eine Freundin von mir hatte starke Depressionen, sie war auch in einer Klinik , aber hat dann vor allem viel über eine Selbsthilfegruppe erreicht.

Jetzt ist sie junge Mutter und ich denke, dass hätte sie sich nicht zugetraut, wenn nicht ein gewisser Heilungseffekt eingetreten wäre...!!!!

Also, was ich damit meine:
Jeder will doch gesund sein, was für eine widerliche Unterstellung "willst Du überhaupt gesund werden?"

Die Vorteile, die man psychologisch gesehn vielleicht aus so einer Erkrankung zieht (mehr Zuneigung oder was die Psychologen auch immer sagen), die wiegen das Leid bei mir zumindest nicht auf.

Ich würde nicht mehr oder weniger Zuneigung von Freunden/Bekannten/Familie bekommen als jetzt auch.

Also, kurz gesagt: Jeder sollte möglichst seinen eigenen Weg daraus finden.
(Natürlich muß man sich dabei innerhalb des möglichen bewegen, was die Krankenkasse auch bezahlt/für sinnvoll erachtet.)

Das ist nun mal so, richtig finde ich es aber nicht immer, aber das mit dem Gesundheitssystem ist ja ein anderes Thema...

So , jetzt ist es doch ein längerer Beitrag geworden, Sorry , aber es ist wirklich ein Spruch, den ích öfters anhörn mußte.

Und ich finde es wichtig, darüber zu reden, wie man damit umgeht.

Liebe Grüsse
Anna
rowibo
Beiträge: 62
Registriert: 17. Apr 2003, 17:34

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von rowibo »

Hallo,

ich denke, dieses passt hierher:

Ich kämpfe immer um des das richtige Maß "Selbstmitleid".

Folgen von zu viel "Selbstmitleid":
Ich schiebe manche ganz normale, nicht krankheitsbedingte, Schwäche wie Bequemlichkeit, "Faulheit", Vermeidungsverhalten usw. auf die Depression. Daß ich mir damit keinen Gefallen tue, hab ich mittlerweile kapiert.

Folgen von zu wenig "Selbstmitleid":
Ich halte krankheitsbedingte Schwächen für persönliche Unzulänglichkeit, und versuche und versuche "es doch zu schaffen". Geht natürlich nicht, denn Depression kann man nur sehr begrenzt mit Willensanstrengung kompensieren. Es kommt zu Mißerfolg und Überforderung, ich fühle mich wertlos -> Verstärkung der Depression.

Ich denke ich habs jetzt rausgekriegt, die beiden Fälle voneinander zu unterscheiden, mir im 1. Fall doch in den A... zu treten, das aber unbedingt im 2. Fall zu unterlassen und mich nicht verrückt zu machen.

Schön wärs ja, wenn Außenstehende, daß auch so zutreffend beurteilen könnten, und ihre A...treterei danach ausrichten würden.


Alles Gute

Rowibo
deary
Beiträge: 424
Registriert: 17. Jun 2005, 13:05

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von deary »

Hallo Rowibo!

Du sprichst mir aus der Seele:

Es ist genau diese Gradwanderung zwischen sich selber in den A... treten und anzuerkennen, wann man mit dem Willen nichts ausrichten kann, die einem (glaube ich) Schritt für Schritt aus der Krankheit hilft.

(Rückschläge nicht ausgenommen)

Liebe Grüsse
Deary
Kroki
Beiträge: 814
Registriert: 15. Mär 2004, 17:50

.

Beitrag von Kroki »

rowibo
Beiträge: 62
Registriert: 17. Apr 2003, 17:34

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von rowibo »

Hallo Kroki,

keine Ursache, dafür sind wir doch da

Gerade bei Antriebsschwäche ist es verdammt knifflig herauszufinden, ob es sich um ein Symptom oder den vielzitierten inneren Schweinehund handelt, da gebe ich Dir recht. Und das von einem anderen, egal ob therapeutisch ausgebildet oder nicht, beurteilen zu lassen halte ich für schwierig. Das kannst Du nur selber wissen.

Wie habe ich das angestellt, mh, sehr viel über depressive Symptomatik gelesen, um unterscheiden zu können. Ich hab halt mit der Zeit ein Gespür dafür gekriegt. Ich versuche jetzt, mich immer zu fordern, aber damit langsam zu machen, wenn ich mich damit definitiv überlaste.

Ich denke, wenn Du die zwei Möglichkeiten im Hinterkopf hast, wirst Du es mit der Zeit einfach wissen.

Alles Gute, das wird schon

rowibo
Pappel
Beiträge: 3
Registriert: 17. Jun 2005, 10:18

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von Pappel »

Eine Therapeutin meinte mal zu mir, dass Therapie nichts bringt, wenn man nicht selber etwas ändern möchte.
Da hat sie vollkommen Recht.
Nur reagierte ich panisch und ängstlich.
Eigentlich logisch, oder?
Vor jeder Veränderung schreckt man erst einmal zurück. Alles Neue macht erst einmal Angst. Die Depression und mein jetziger Zustand sind mir vertraut. Ja, ich fühle mich sogar geborgen.
Das heißt aber noch lange nicht, dass ich nichts ändern will, dass ich nicht endlich gesund werden will.
Meine jetzige Therapeutin wird mich begleiten, Schritt für Schritt. Sie wird mir helfen, dass sich die Depression verkleinert. Und genau das brauche ich: Hilfe. Hilfe zur Selbsthilfe. Und nicht von jetzt auf gleich...
rowibo
Beiträge: 62
Registriert: 17. Apr 2003, 17:34

Re: WILLST Du überhaupt gesund werden?

Beitrag von rowibo »

Nachtrag zu meinem letzten Beitrag:
Natürlich ist es wichtig, sich auch bei einer depressiv bedingten Antriebsschwäche möglichst zu "aktivieren". Nur sollte das subtil erfolgen und nicht mit aller Gewalt.

Alles Gute

rowibo
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