Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

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titanic
Beiträge: 362
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von titanic »

Hallo ihr Lieben, ich habe mich in den letzten Tagen so stark gefühlt, gedacht - mich haut so schnell nichts mehr um, und dann ist mir gestern folgendes passiert: Eine Freundin überredete mich, gemeinsam mit unseren Töchtern zum Bummeln in ein Einkaufszentrum zu fahren. Ich muss dazu sagen, das habe ich ewig nicht mehr gemacht, habe meinen Bedarf nur noch in wenigen, kleineren und übersichtlichen Geschäften gedeckt.... Schon nach kurzer Zeit des Bummels überkam mich erst ein leichtes Stressgefühl, später kamen dazu körperliche Symptome wie Schwindel und Kopfdruck. Ich hatte das Gefühl, überall im Weg zu stehen, entschuldigte mich tausendmal und lief ziemlich orientierungslos/planlos durch die Gegend. Für Dinge, die ich eigentlich kaufen wollte, hatte ich keinen Blick. Noch später kam das Gefühl "Ich muss hier raus". Während alledem hatte ich aber mein Verhalten gut unter Kontrolle, ließ mir auch bei meiner Freundin nichts anmerken. Es wurde ein langer Nachmittag und nach Geschäftsschluss ging es erst nach Hause. Und dort gelang es mir dann nicht mehr, mich zu beherrschen. Ich war sehr erschöpft und verzweifelt wegen der Tatsache, diesen Dingen offenbar nicht mehr gewachsen zu sein. Spätabends, für die Familie unbemerkt, überkam mich dann noch eine Heulattacke vom Feinsten. Das wollte ich euch nur erzählen.... Gestern war noch alles so positiv. Viele Grüße Titanic
susan
Beiträge: 2551
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von susan »

Liebe Titanic. guten Morgen! ich kenne die von dir beschriebenen Gefühle genau sich in der Masse unwohl, gestreßt zu fühlen. Auch bei mir setzen dann in solchen Momente körperliche Symptome wie Herzrasen, Kopfdruck....ein... ich nenne es bei mir das "Nähe" Problem, denn es tritt nicht nur beim Einkaufen, sondern überall wo mehrere Menschen auf einmal sind, auf. Auch die Stimmen, alle Geräusche stören mich, machen mir Schmerzen.. Das habe ich schon sehr lange, in der Zwischenzeit kann ich es akzeptieren, ich gehe also nur sehr wenig einkaufen (hat sogar einen positiven Nebeneffekt: ich spare Geld...) ich gehe nicht in Gaststätten, überfüllte Räume.. Das schränkt mich auf der anderen Seite total ein, ich komme mir manchmal vor wie auf einer Insel, fühle mich einsam und ausgeschlossen. Ich kann verstehen, daß es dir besonders jetzt, da du dich besser gefühlt hast, Probleme macht. Daran merkst du doch aber auch, da ist noch etwas ,es ist halt noch nicht alles in Ordnung...und du solltest diese Signale deines Körpers ernst nehmen, es ist evtl auch ein Zeichen, daß du in der letzten zu große Schritte gegangen bist, der Körper fordert nun, sich ausruhen zu dürfen - gönn ihm diese Pause - laß ihn auch mal erschöpft sein.. Meine Therapeutin hat mir empfohlen, das ganz langsam anzugehen, ich glaube, wenn es bei mir mit der Klinik klappt , ist die Gruppe die beste Gelegenheit, das zu üben. Hattest du das schön öfter, kommt es dir bekannt vor? Ich wünsche dir alles Liebe, ruh dich ein wenig aus Susan


maria

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von maria »

Hallo Titanic, das Problem mit den Kaufhäusern kenne ich nur zu gut! Ich kann das auch nur an guten Tagen ertragen, und dann nur eine gewisse Zeit lang. Aber ich finde auch nicht erstrebenswert, dass man das lange aushält, denn es ist ja die totale Reizüberflutung, der man dort ausgesetzt ist, und dann das künstliche Licht, die schlechte Luft und die Geräusche, die sich vermischen zu einem einzigen Brei. Schrecklich! Eigentlich finde ich es eher erstaunlich (und auch bedenklich), dass viele Menschen sowas schön finden und offensichtlich genießen können. Ich finde das einfach ungesund! Ebenso geht es mir, wenn ich sonst mehreren Reizquellen gleichzeitig ausgesetzt bin, z.B. Fernseher läuft neben der Unterhaltung. Kurzum, ich finde es nicht erstrebenswert, das aushalten zu können (und dass man dabei, wie Susan sagt, Geld sparen kann, ist ja auch ein positiver Aspekt). Liebe Grüße von Maria
waltraut
Beiträge: 926
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von waltraut »

Liebe Titanic, mein Mann geht leidenschaftlich gern einkaufen. Er kann sich stundenlang in Großmärkten oder Kaufhäusern herumtreiben.Er möchte so gern,daß ich mitgehe. Ich tu es nicht,und geh auch allein nur im Notfall in so eine Menschen- und Warenanhäufung. Obwohl es mir zur Zeit ziemlich gut geht und ich keine Probleme mit Begegnungen aller Art habe,bleibt das für mich weitgehend tabu. Ich hasse es,ständig in körperliche Berührung mit Fremden zu kommen,ich hasse es,so viel Zeugs auf einen Haufen zu sehen,ich kann mich sowieso dann nicht mehr entscheiden,es ist laut,schlechte Luft,grell und bunt. Meist hab ich von meiner Liste mit 10 Punkten höchstens einen einzigen erledigt. Also mach dir bloß nichts draus,daß dich dieses Experiment so durchgeschüttelt hat. das waren nicht zwei,sondern zehn Schritte auf einmal!! Ich bin nicht mal sicher,ob wir das überhaupt lernen müssen. Ich empfinde es nicht als Krankheitssymptom,daß ich mich nicht in anonyme Menschenmassen stürzen mag... Nimm es als Riesenerfolg,daß du das gemacht hast und durchgehalten hast. Die Heulattacke nachher war eine gesunde Reaktion auf ein Zuviel! Ganz lieben Gruß Waltraut
nini
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Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von nini »

Ich finde auch, daß selbst ein "gesunder" Mensch nicht alles toll finden und aushalten muss ? Es gibt auch Dinge, die einfach nerven, und so ein überfülltes Einkaufzentrum gehört eindeutig dazu, so wie zu laute Musik, Gekreische. Dazu gibt es bestimmt wisenschaftliche Untersuchungen, daß da JEDER gestresst drauf reagiert ? Mach dir keine Gedanken, ich finde auch, es ist, als hättest du plötzlich einen Marathonlauf gemacht, nachdem du vorher "nur" spazieren gegangen bist. Ich persönlich kenne keinen, der ein Besuch in einem Einkaufszentrum als wirklich "entspannetes Bummeln" empfindet, im Gegenteil, viele suchen "Ihre" Läden auf und schnell wieder weg. Da bist du so "normal", wie man nur sein kann denke ich. Außerdem könnte ich wetten, daß deine Freundin sich da sicher schon auskannte, und schon sehr oft da war, sonst hätte sie sicher auch vor Überforderung geklagt. Ciao, NINI
inka
Beiträge: 285
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von inka »

liebe titanic, ja auch ich kenne diese gefühle sehr sehr gut. mir ist aufgefallen, dass du es durchgestanden hast ohne dass deine begleiterinnen etwas bemerkt haben? und zuhause hat auch niemand etwas bemerkt? hhhmmmm...hab ich früher auch so gemacht. aber: wozu? wozu die coole spielen? warum so tun als ob? ich glaube inzwischen dass es besser ist, hinzuhören wie es mir geht und es dann auch zu sagen. und zwar rechtzeitig. das nimmt zuerstmal den druck weg. manchmal verhindere ich dadurch schlimemres, wie z.B. eine panikattacke. und soll ich dir was sagen? es ist auch den begleitern gegenüber ehrlicher. das hab ich aber auch erst jetzt bemerkt. als ich mich einer freundin endlich "offenbart" hatte, war sie enttäuscht, dass ich ihr so lange was vorgespielt habe. sie meinte, warum? wir hätten dann doch lieber irgendwo kaffee trinken können oder einfach irgendwo sitzen.... also, wie gesagt, ich würde (zumindest bei freunden) nie wieder dieses spiel "ach es geht mir ja so gut" spielen. ich bin jetzt öfter ich selber. inka
Kirsten
Beiträge: 56
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von Kirsten »

Hallo Titanic! Auch ich kenne das Gefühl, in öffentlichen Situationen nicht sein zu wollen sehr gut! Einkaufen stellt da gerade für mich ein echtes Problem dar. Ich schaffe es oft nichtmal, mir die nötigen Lebensmittel einzukaufen, stehe dann vor der Ladentür, brauche nur eine Menschenschlange an der Kasse zu sehen, und schon drehe ich wieder um. In meinem Umfeld gibt es viele, die gerne "shoppen" gehen oder die alltäglichen Einkäufe ganz selbstverständlich erledigen, da frage ich mich oft genug, was daran so erstrebenswert sein soll. Dieser Widerwille wird umso mehr zum Symptom, desto offensichtlicher andere anders damit umgehen. Ich denke schon, daß es auch ein Zeichen von Depression ist, diesem nicht gewachsen zu sein (in guten Zeiten habe ich nicht mal darüber nachgedacht, einkaufen zu müssen, habe es einfach getan), aber für mich wird es umso erträglicher, desto mehr ich es schaffe, mich nicht mit den anderen zu vergleichen. Manchmal hilft es mir, wenn ich meine "Schwächen" nicht als Versagen, sondern als charakterliche Eigenheiten betrachte, auch wenn es natürlich so nicht ganz stimmt. ...Eine Kollegin von mir lackiert sich jeden Tag ihre Fingernägel in einer anderen Farbe - auf diese Leidenschaft kann ich locker verzichten! Und es nicht ein Zeichen von Schwäche, daß ich mich dazu nicht aufraffen kann, sondern einfach so, daß es mir nichts gibt, mehr nicht. Laß Dich nicht zu sehr von dem anderen Empfinden Deiner Freundin beeindrucken! Liebe Grüße, Kirsten
Thomas

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von Thomas »

Liebe Titanic, viele Menschen, Kaufhäuser, Versammlungen- wohlgefühlt habe ich mich da noch nie, auch als ich noch nicht krank war und ganz sicher haben alle sehr Recht, wenn sie meinen dass es kein Mangel ist sich dort unwohl zu fühlen. Aber ich sehe doch noch einen ziemlichen Unterschied zu deiner Art des Erlebens im Moment denn das kenne ich auch. Es ist nicht das Gleiche, sich irgendwo unwohl zu fühlen und das hinter sich bringen zu wollen und einen kleinen Zusammenbruch zu erleben, wenn man einen Nachmittag im Kaufhaus war. Kurz vor Ausbruch meiner ersten Depr. war ich samstags bei Ikea und habe dort zum ersten Mal diese schwer zu beschreibende Mixtur aus Panik, überlastung, Unwirklichkeit erlebt. Ich war furchtbar gereizt und wollte nur noch weg dort, konnte mich kaum orientieren und habe es doch durchgezogen weil ich dachte, das gibts doch wohl nicht. Nein, das ist die Depr. und bestimmt nicht deine zukünftige Einstellung zu Kaufhäusern. Wie fast alle Symptome verschwindet auch dieses Phänomen langsam und allmählich bis du wieder so belastbar bist, dir auch ein Kaufhaus zumuten zu können. Liebe Grüße von Thomas
Monika 44

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von Monika 44 »

Hallo Carpe und Tom, du bewegst dich wie im traum..weisst nicht mehr wo der Ausgang in dem Laden ist..brauchst "Stunden"um das Geld aus der Tasche zu holen..noch länger um das Zeug vom Band in den Scheisseinkaufswagen zu räumen..ale ärgern sich über Dich und starren auf diese verwirrte Person. Du fällst unangenehm auf und bist klatschnass geschwitzt wenn Du zu hause ankommst. Was steht in dem schönen Buch lieber Tom:"Depressive sind die einzigen Realisten weil sie die Welt so sehen wie sie ist!!!" In diesem Sinne..guckt euch mal die anderen "normalen" Deppen an die das einkaufen lieben! Wollt ihr tauschen? Nö wa? Gruss Momo
titanic
Beiträge: 362
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von titanic »

Hallo Ihr Lieben, bin erst mal geplättet von so viel Reaktionen. Natürlich sehe ich den Aspekt der Einstellung: "Einkaufszentren brauch' ich nicht, lege ich keinen Wert drauf und es bekümmert mich auch nicht weiter." Wenn ich diese Einstellung hätte, wäre auch für mich absolut kein Leidensdruck vorhanden, genauso wenig, wie für meine mangelnde Lust, z.B. in ein Schwimmbad zu gehen. Mein Erlebnis war aber leider anders. Wie Thomas sein damaliges Erleben geschildert hat, so trifft es das, was ich empfunden habe, am genauesten. Ich deute es leider als weiteres Symptom von "Hilflosigkeit" und nicht als veränderte, durch persönliche Entwicklung gewachsene Grundeinstellung. Angst macht mir auch, dieses neue "Symptom" könnte schlimmer werden: Ein Spaßbummel ist nicht unbedingt notwendig, aber es ist unerlässlich, für den alltäglichen Lebensbedarf einzukaufen. Liebe Inka - es hat nichts mit Unehrlichkeit zu tun, dass ich meine Gefühle so im Zaum halte. Wenn der Zeitpunkt günstig ist, spreche ich sehr offen mit Menschen meines Vertrauens und übrigens habe ich darüber auch bei der Heimfahrt mit der Freundin gesprochen. Aber ich wollte in der Situation selbst a.) die Kinder nicht verunsichern und b.) in der Öffentlichkeit nicht unangenehm auffallen. Die Fassung in einer Situation bewahren - und erst am Ende, für andere unbemerkt, "zusammenbrechen" - das war schon immer meine Eigenart, die leider zum Teil verhinderte, dass ich Hilfe bekam.... Aber Momo, du hast schon recht - ich nehme an, die zielst auf Kaufsüchtige ab: Die sind ganz bestimmt noch viel schlimmer dran, denn sie wirtschaften sich ja teilweise bis zum Ruin. Viele liebe Grüße an euch alle Titanic
Kirsten
Beiträge: 56
Registriert: 13. Feb 2003, 09:52

Probleme mit dem "ffentlichen" Leben

Beitrag von Kirsten »

Liebe Titanic! Ich denke, es hat niemand so gemeint, daß "Einkaufsbummel" lediglich eine Frage von persönlicher Vorliebe ist. Zumindest von mir selbst weiß ich, daß es nicht "Normal" ist, wie ich mit dem Thema umgehe. Angstzustände habe ich mittlerweile zum Glück nur noch selten, wenn ich in Kaufhäuser muß, aber durch die Tür komme ich trotzdem nur mit größter Überwindung. Heute mal wieder nicht, obwohl es dringend notwendig gewesen wäre, weil mir alles mögliche im Haushalt fehlt mittlerweile. Und Kaufhäuser sind nur ein öffentlicher Bereich unter vielen, die ich meide, ohne zu wissen, warum. Es ist mit Sicherheit ein sehr belastender Teil einer Depression, der einen betreffen kann. Was ich zum Ausdruck bringen wollte war vielmehr, wenn ich hingehe und mich mit denen vergleiche, die alle möglichen Situationen scheinbar ohne Schwierigkeiten oder sogar mit Freude bewältigen, oder mich mit mir selbst in guten Zeiten vergleiche, packt mich zusätzlich zu den bestehenden Problemen auch noch eine riesengroße Verzweiflung und Panik. Im Moment gelingt es mir ganz gut, es einfach so zu akzeptieren wie es ist. Dann trage ich eben jahrelang dieselben Klamotten, und dann habe ich eben kein Brot im Haus. Wird auch wieder anders werden, daran glaube ich. Auch wenn es für mich im Moment nicht vorstellbar ist. Ich habe allerdings auch keine Familie zu versorgen, muß mich nur um mich selbst kümmern, das macht es bestimmt auch noch einmal einfacher. Ich wünsch Dir auf jeden Fall ein bißchen mehr Ruhe und Akzeptanz Deinen Symptomen gegenüber, daß sie sich leichter ertragen lassen. Liebe Grüße, Kirsten
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