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Wie schlimm ist es?

Verfasst: 17. Feb 2005, 20:30
von Chris23
Hallo zusammen!

Ich erzähle von meinen Problemen hier in der Hoffnung, dass ihr mir sagen könnt wie schlimm meine Situation ist und ob ich in psychotherapeutische Behandlung gehen sollte.

Zunächst einmal die wichtigen Stationen meines Lebens in Kurzform, die wahrscheinlich zu meiner jetzigen Situation geführt haben.
Meine Kindheit war nicht sehr einfach. Meine Mutter war alleinerziehend und wir hatten immer große finanzielle Probleme.
Hinzu kam noch, dass sie unter starken Depressionen litt. Das fing an als ich ungefähr 10 oder 11 war.
Die Situation war ziemlich schwer für mich, ich habe mich oft gefragt ob ich an ihrem Kummer Schuld war. Und meistens habe ich sie getröstet und nicht andersrum, obwohl ich das oft hätte gebrauchen können.
Ich hab in der Zeit völlig verlernt aus mir heraus zu kommen und hab immer versucht stark zu sein, damit meine Mutter nicht noch mehr Grund zum weinen hatte.
In der Schule ist es mir daher auch sehr schwer gefallen Kontakte zu knüpfen, eigentlich hatte ich nie richtig enge Freunde.
Ich war ein Aussenseiter wie er im Buche steht: übergewichtig, zurückhaltend, in den Startlöchern einer schizotypischen Verhaltensstörung.
Meine schulischen Leistungen litten auch sehr stark unter dieser Situation. Ich saß meist im Klassenraum und hab nur aus dem Fenster gesehen und mir Gedanken über mein verkorkstes Leben gemacht anstatt aufzupassen oder zumindest mit anderen Uninteressierten zu quasseln.
Ich blieb auf dem Gymnasium dann sitzen, wiederholte die Klasse und wechselte auf die Realschule.
Dort ging es mit meinen schulischen Leistungen steil bergauf, meine sozialen Kontakte beschränkten sich allerdings immernoch auf ein Minimum.
Ich wechselte dann in die Oberstufe, dort konnte ich meine Leistungen halten (worauf ich ziemlich stolz war, weil ich mich bis dahin immer für einen Idioten gehalten habe) aber ich hatte immernoch Probleme aus mir heraus zu kommen.
Meiner Mutter ging es zu der Zeit auch immer besser, aber ich konnte immernoch nicht über meine Probleme reden, im Prinzip wusste niemand etwas von meiner Situation.
Als es dann aufs Abitur zuging und ich merkte, wie alle anderen sich sehr positiv entfalteten und ich immer der einzige war, der es nicht geregelt kriegte, hab ich mich am Riemen gerissen und mein Leben radikal geändert.
Ich ging 3-4 mal die Woche ins Fitnessstudio, nahm dadurch über 20 Kilo ab und brachte meinen Körper in Form. Ich versuchte mein Verhalten in Bezug auf andere Menschen zu ändern, was allerdings vorerst nicht besonders gut klappte.
Nach dem Zivildienst zog ich von meiner Mutter weg (was mir sehr schwer viel, weil ich mich immernoch für sie verantwortlich fühlte) in eine WG.
Zum Anfang des Studiums fühlte ich mich allerdings sehr allein.
Ich war zwar noch in meiner Heimatstadt, aber ich hatte ja keine richtigen Freunde.
Gott sei dank änderte sich das im Laufe der ersten beiden Semester.
Irgendwie bin ich aus der schlimmsten Phase rausgekommen und habe nun einen großen Freundeskreis, mit dem ich regelmäßig ins Kino, auf Konzerte, in Clubs gehen kann (für andere eine Selbstverständlichkeit).
Mich hat es sehr traurig gemacht zu erkennen was ich bis dahin alles verpasst habe, auf der anderen Seite war ich froh die schlimmste Krise überstanden zu haben.
Aber dennoch bin ich noch lange nicht über meine Probleme hinweg.
Ich bin 23 und hatte noch nie eine richtige Beziehung. Und das nagt ganz schön an mir.
Ich merke zwar oft, dass ich nicht gerade uninteressant auf das andere Geschlecht wirke, aber dennoch habe ich zu große Hemmungen den ersten Schritt zu machen.
Seit kurzem bin ich sehr in eine Kommolitonin von mir verliebt.
Wir sind sowas wie beste Freunde, obwohl wir uns erst seit weniger als einem halben Jahr kennen.
Oft unterhalten wir uns noch stundenlang vor ihrer Haustür, wenn wir gemeinsam von der Vorlesung nach Hause gehen. Und auch Telefongespräche sind selten kürzer als eine halbe Stunde.
Das Problem ist nur, sie hat einen Freund der im Ausland studiert.
Viele meiner Freunde und Freundinnen stoßen mir nun immer augenzwinkernd mit dem Ellenbogen in die Seite und versuchen mich dazu zu bewegen sie doch endlich mal darauf anzusprechen.
Aber es geht einfach nicht, ich brings nicht über die Lippen und deswegen mache ich mir Sorgen.
Ich meine, was ist denn mit mir los?
Ich habe viel verpasst und hatte mit Problemen zu kämpfen die gott sei dank den meisten erspart bleiben, aber wieso komme ich nicht weiter?
Ich werde immer älter und das Leben zieht an mir vorbei, so habe ich das Gefühl...

Naja eigentlich wollte ich mich ja kurz fassen, ich hoffe ich habe euch nicht gelangweilt.
Also zu meiner Frage: Was meint ihr, bin ich auf dem besten Wege endlich richtig Anschluss an die Gesellschaft zu finden oder sollte ich besser in Therapie gehen um mir Gewissheit zu verschaffen, dass ich nicht zu verkorkst bin?

Danke für eure Aufmerksamkeit, hat gut getan sich das mal von der Seele zu schreiben.

Gruß
Chris

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 18. Feb 2005, 02:02
von Flaemmchen
Hey Chris!

Das ist ja echt der Hammer, was du hier schreibst, man könnte meinen, ich hätte diesen Bericht geschrieben. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass ich 3 Jahre älter bin wie du. Ich bin Noch- Studentin und hatte auch noch nie eine feste Beziehung. Hin und wieder Flirts, auch mal 3 oder 4 Wochen Freunde, aber mehr nicht. Ich bin recht attraktiv und auch kontaktfreudig. Leider weiß ich gar nicht, woran es liegt, dass ich immer noch keinen festen Freund habe. Meine Vergangenheit ist auch nicht einfach gewesen, zumahl ich aus einer Familie psychisch kranker Eltern komme. Meine Mutter kämpft mit Depressionen, mein Vater hat zur Zeit schwerste Depressionen, meine Schwester hat Borderline. Das muss man irgendwie erst mal verarbeiten. Aber auch ich habe, so wie du, Schritte nach vorn gemacht. Wohne alleine, habe viele Freunde usw.... Nur der Mr. Right ist noch nicht da. Du musst um das Mädchen kämpfen, kann ich dir nur raten. Wie ist das Verhältnis zu deiner Mutter? Wie gehst du mit deiner Vergangenheit um? Machs du Therapie? Liebe Grüße Flämmchen

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 18. Feb 2005, 02:39
von Chris23
Hi Flämmchen

Ist zwar auf der einen Seite schön, dass ich nicht der einzige bin mit solchen Problemen, auf der anderen Seite kann ich mich darüber natürlich nicht freuen, weil ich aus eigener Erfahrung weiss wie schwer es für dich ist.
Vielleicht hat uns die psychische Erkrankung unserer Eltern im Umgang mit anderen Menschen verunsichert, zumindest in unserer Jugend.
Und jetzt haben wir mit den Nachwirkungen zu kämpfen, man verpasst einfach irgendwann den Anschluss.
Im Vergleich zu dem was ich hier von vielen anderen im Forum gelesen habe ist meine Situation wahrscheinlich garnicht so katastrophal, aber auf der anderen Seite tut es mir jedesmal in der Seele weh, wenn ich sehe wie schön die Partnerschaften in meinem Bekanntenkreis sind.
Das frustrierende ist, dass ich sehr kommunikativ und umgänglich geworden bin seitdem ich mir am Ende der Schule über meine Probleme richtig bewusst geworden bin.
Auch mein Aussehen (und damit auch ein bisschen meine Selbstachtung) habe ich sehr positiv verändert.
Ich werde häufig gefragt, wie es denn sein kann das ich noch solo bin.
Tja, wenn ich das wüsste

Wie ist das denn bei dir gelaufen Flämmchen, warst du in der Jugend auch eher eine Aussenseiterin?

Ich geh jetzt erstmal schlafen, bin völlig KO vom lernen, scheiss Klausurenzeit!

PS: Übrigens glaub ich das bei uns noch nicht alle Hoffnung verloren ist, also erstmal Kopf hoch

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 18. Feb 2005, 10:12
von dasBöse
hi chris,

um deine frage "wie schlimm ist es?" zu beantworten: ich denke, es ist nicht so schlimm. in vielem, was du beschreibst, finde ich meine eigene lebensgeschichte wieder (meine mutter selig benutzte mich schon als freundin, als ich noch ein kind war), jedoch habe ich, was meinen weiteren lebensweg betrifft, noch viel härtere erfahrungen als du.

ich finde, du bist noch nicht genug bei dir selbst angelangt. von daher ist es kein wunder, daß du schwierigkeiten hast, eine partnerschaft zu finden.

eine psychotherapie würde dir gut tun. ansonsten würde ich mich an deiner stelle weiter auf das studium konzentrieren.

grüße

sewi

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 18. Feb 2005, 10:57
von Flaemmchen
Hallo Chris!

Ja, du hast recht, wir haben es schwerer als andere. Mit der "Verunsicherung" das trifft es tatsächlich richtig. So hat es auch meine Therapeutin ausgedrückt. Es ist einfach extrem verunsichernd, auf der anderen Seite sind meine Eltern auch für mich da, wenn es mir schlecht geht. Klar, durch ihre eigene psychische Erkrankung können sie es bestens verstehen, wie es sich in mir anfühlt.
Bist du in therapeutischer Behandlung?
Ich habe 1 Jahr lang Analyse gemacht (war sehr hart), sonst hin- und wieder bei ner Psychiaterin gewesen, die Medis verschrieb und bin jetzt 1x wöchentlich bei ner Therapeutin, aber nur ne halbe Stunde, weil Therapie beantragen keinen Sinn mehr macht, schließe nämlich gerade mein Studium ab.
Mit Partnerschaft, du sagst es, es ist verdammt schwer jemanden zu finden. Ich weiß auch nicht, irgendwie fehlt es mir auf der einen Seite gar nicht so arg, weil ich es nicht anders kenne. Dann denke ich mir aber auch, mensch fast alle hatten schon mal ne feste Beziehung, nur du nicht. Das ist schon frustrierend. Aber wie gesagt, an meinem Aussehen und an meiner Art liegt es nicht. Ich werde es noch rausfinden, woran es liegt, mit Hilfe von Therapie.
Wie gehst du denn mit deiner Mutter um, würde mich mal interessieren. Auf der einen Seite liebe ich nämlich meine Eltern über alles und auf der anderen Seite bin ich auch wütend, dass ich es wegen ihnen momentan so schwer habe. Hm?? Nicht einfach, aber man muss kämpfen und immer immer positiv denken. An seinen Problemen sollte man jedoch weiterhin arbeiten.

Liebe Grüße Flämmchen und viel Glück für deine Klausuren.

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 18. Feb 2005, 14:08
von Chris23
Hi Sewi und Flämmchen.

Erstmal danke für deine Einschätzung, Sewi.
Ich habe mir heute erstmal einen Termin bei einer Therapeutin besorgt und bin jetzt mal gespannt wie sich das entwickelt.
Wird sicher nicht ganz einfach über die Sachen zu reden, dass habe ich bisher nämlich noch nie richtig getan.

Zu deiner Frage Flämmchen:
Zu der Zeit als mir meine Probleme in vollem Maße bewusst geworden sind, war ich eine Zeit lang ziemlich sauer auf meine Mutter und auch auf meinen Vater, der nie so richtig für mich da gewesen ist (was für einen Jungen in seiner Entwicklung ziemlich wichtig ist).
Irgendwann ist dieser Groll aber verschwunden.
Mein Vater hat nämlich immer versucht mit mir in Kontakt zu treten, ich bin nur nicht darauf eingegangen, weil ich zu sehr in meiner eigenen Welt lebte.
Ich habe auch gemerkt, dass meine Mutter nichts für ihre Krankheit konnte.
Der Grund für ihre Depressionen waren auch ihre Eltern, die sie als Erstgeborene immer unter extremen Erfolgszwang gesetzt haben.
Mittlerweile ist sie die einzige mit der ich über diese Probleme reden kann und das hat mir schonmal eine riesen Last von den Schultern genommen.

Was ich im Umgang mit anderen Menschen merke, ist dass ich immer das Gefühl habe mich etablieren zu müssen.
Bloß nicht wieder nur das fünfte Rad am Wagen sein, sondern immer im Mittelpunkt stehen wenn's geht.
Ich hab damit zwar Erfolg, aber es ist im Grunde nur ne Fassade mit der ich, glaube ich, versuche meine eigenen Minderwertigkeitskomplexe zu überspielen.
Im inneren habe ich immer noch das Gefühl ich wäre nicht liebenswert und ich würde nicht akzeptiert werden.
Ich lege in jede Geste der anderen mir gegenüber unglaublich viel Bedeutung rein.
Wenn zum Beispiel die oben genannte Kommolitonin sich köstlich über einen Witz von mir amüsiert oder mir durch Gesten deutlich macht, dass sie mich wirklich mag, dann würde mein Herz am liebsten vor Freude aus der Brust springen.
Wenn sie dann aber mal kurz angebunden ist oder nicht auf eine eMail antwortet denke ich sofort wieder "Ach du Idiot, als könnte dich jemand richtig gern haben." und ich würd mich am liebsten hintern Zug werfen...

Wie ist das eigentlich bei dir Flämmchen, hast du das Gefühl die Therapie hilft dir weiter und du kommst endlich "an die Oberfläche" um es mal bildlich auszudrücken?

Und Sewi, wie lange hast du gebraucht um aus deinem Mist rauszukommen?

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 21. Feb 2005, 11:20
von Ronja3009
Hallo Chris,
du hast sicher viel mit gemacht, aber ich glaube, du bist auf dem richtigen Weg und schaffst das auch ohne Therapie. Was fehlt dir denn noch? Eine Freundin, eine feste Partnerschaft. Mein Bruder hatte seine erste feste Beziehung erst mit 38 Jahren, früher war Mrs. Right einfach nicht dabei! OK, er hatte auch eine schwere Kindheit und war sozial sehr isoliert. Aber irgendwann klappt es schon, man muß Geduld haben! Zeig deiner Kommilitonin doch, dass du sie magst. Lad' sie mal auf ein Eis ein oder so...das wird schon!
LG
Ronja

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 21. Feb 2005, 11:21
von Ronja3009
Hallo Chris,
du hast sicher viel mit gemacht, aber ich glaube, du bist auf dem richtigen Weg und schaffst das auch ohne Therapie. Was fehlt dir denn noch? Eine Freundin, eine feste Partnerschaft. Mein Bruder hatte seine erste feste Beziehung erst mit 38 Jahren, früher war Mrs. Right einfach nicht dabei! OK, er hatte auch eine schwere Kindheit und war sozial sehr isoliert. Aber irgendwann klappt es schon, man muß Geduld haben! Zeig deiner Kommilitonin doch, dass du sie magst. Lad' sie mal auf ein Eis ein oder so...das wird schon!
LG
Ronja

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 21. Feb 2005, 16:45
von Flaemmchen
Hallöchen!
Also, ich habe 1 Jahr Psychoanalyse gemacht, was mir zwar die Ursachen aufgedeckt, aber im Prinzip nichts verändert hat. Ansonsten war ich bisher immer nur in psychiatrischer Behandlung wegen Depressionssymptomen. Zur Zeit nehme ich 5mg Cipralex und zum Schlafen Melperon. Ich habe aber auch grad enormen Prüfungsstress. Ich würde in Zukunft gerne ohne Medikamente leben können. Ich denke, es hängt auch viel mit dem richtigen Glauben zusammen, aber ohne Therapie packt man das nicht. Immer wenn ich in Stress gerate, bekomme ich Depressionen. Sie äußeren sich dann in Grübeleien und irgendwie kommt ein Unsicherheitsgefühl in mir hoch. Ich versuche mich aber wirklich am Riemen zu reißen und meine Probleme in den Griff zu kriegen. Zur Zeit überlege ich, ob es sich lohnt in einer Psychosomatischen Klinik alles mal aufzuarbeiten oder ob man es auch so packt, mit Psychotherapie. Bei uns ist eben die komplette Familie mit psychischen Problemen behaftet, klar so bleibe auch ich nicht verschont. Manchmal finde ich es sau hart zu wissen: "Du meine Güte, alle um dich herum haben psychische Probleme." Da vergeht einem auch die innere Stabilität. Das ich keine feste Beziehung hatte bisher, liegt sicher auch daran. Ich habe zwar viele Freunde, wirklich viele, das hat sich so gebessert im Vergleich zu früher, so wie bei dir, aaaber ich bin auch gerne isoliert in meiner Wohnung und hab einfach meine Ruhe. Das hängt wohl mit der Familienproblematik zusammen, dass alles so anstrengend ist, so dass ich die Ruhe unbedingt brauche. Ich komme bald ins Referendariat (Grundschullehramt) und überlege mir auch, ob das der richtige Beruf für mich ist und wie man ihn mit Depressionen meistern kann. Außerdem wäre ich gerne Schauspielerin geworden. Ich weiß, dass ich Talent habe, aber durch meine Kindheit und die Familiengeschichte habe ich mir das als Hauptberuf nicht zugetraut. Man muss ja doch unheimlich stabil sein in der Filmbranche. Ich hab schon viel nebenher gedreht, kleinere Projekte, aber ich brauche einfach noch en Tic mehr Selbstwertgefühl und Lebenstabilität und einen Freund! So viel dazu. Man muss wirklich kämpfen und ich bin grundsätzlich psychotherapeutischer Hilfe nicht abgeneigt. Ich denke immer, es kann einem nur helfen. Liebe Grüße Flämmchen

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 21. Feb 2005, 22:36
von Chris23
Hallo Flämmchen und Ronja!

Ronja, das ich auf dem richtigen Weg bin glaube ich auch. Vor 4 Jahren hätte ich niemals gedacht, dass ich den Punkt an dem ich jetzt stehe jemals erreichen könnte.
Es schien mir unmöglich, dass sich ein Mensch in dem Maße verändern kann.
Ich bin zu einem sehr geselligen Menschen geworden, was jedoch auch zu dem Problem führt, dass ich mich alleine sehr schnell einsam fühle.
Einfach jemanden zu haben, den man mal in den Arm nehmen kann, wenn einem danach ist, oder mit dem man wirklich alle Probleme teilen kann, dass ist es was ich unbedingt brauche.
Und ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass es noch lange dauern könnte, bis es endlich so weit ist. Und das ist auch der Grund weshalb ich im Augenblick wieder so einen Tiefpunkt habe.
Und die ganze Zeit ist da dieses bedrohliche Szenario in meinem Hinterkopf, dass ich niemals jemanden finden werde, das macht mir echt richtig zu schaffen...
Hinzu kommt noch der enorme Prüfungsstress derzeit.

Und Flämmchen, es hört sich so an als hättest du es in der Jugend noch schwerer gehabt als ich.
Dieses "Ich habs lieber wenn ich alleine bin", kenne ich auch sehr gut. Nachdem ich in meine WG gezogen bin, habe ich mich zuerst ziemlich unwohl gefühlt, weil ich lieber für mich allein war.
Auf der anderen Seite, hat mir genau dieser intensive Kontakt auch geholfen aus dem schlimmsten Mist raus zu kommen. Und, wie gesagt, mittlerweile ist es bei mir genau andersrum, ich kann es kaum ertragen alleine zu sein...
Du hast von dem "Ins Grübeln kommen" erzählt. Das ist bei mir sehr ähnlich. Wenn ich anfange mir über meine Situation Gedanken zu machen und mir vor Augen führe, was ich alles verpasst habe und ob ich das jemals wieder aufholen kann, kommt mir die ganze Situation völlig Hoffnungslos vor und ich werde depressiv. Man sollte versuchen sich möglichst auf die Gegenwart zu konzentrieren und die Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Aber das ist leichter gesagt als getan...

Geht dir das eigentlich auch so, dass du dich häufig wie das 5. Rad am Wagen fühlst, wenn du mit deinen Freunden/-innen unterwegs bist, die natürlich alle eine/n Partner/in haben?
Das ist etwas was mir wirklich sehr zu schaffen macht.
Ich fühle mich dann immer so "anders". Ich werde zwar akzeptiert, stehe oft sogar im Mittelpunkt, aber dennoch hab ich das Gefühl nicht richtig Teil der Gesellschaft zu sein.

Ich muss nun weiter lernen, übermorgen ist die letzt Klausur, kurz darauf habe ich bei einer Therapeutin einen Probetermin.
Da bin ich mal gespannt...

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 22. Feb 2005, 09:54
von steppenwolf1
Hallo Chris,

ich möchte eigentlich nicht darüber urteilen wie schlimm es ist oder nicht - das ist sehr subjektiv. Offensichtlich leidest Du unter Deinem Zustand und Du möchtest was ändern. Das ist schon mal gut.

Ich selbst bin 25 und hatte noch nie eine feste Beziehung. Ja, ich war noch nicht mal verliebt. Das ist ein Teil in mir, der völlig abgestorben ist, ich weiss aber nicht warum. Ich halte mich deshalb auch für beziehungsunfähig. Ich finde, Du kannst Dich glücklich schätzen, dieses Gefühl zu kennen und Du solltest es geniessen. Den nächsten Schritt (auf sie zuzugehen) schaffst Du auch noch . Ich wünsche Dir jedenfalls viel Glück und Erfolg dabei.

Viele Grüße, Steppenwolf

Re: Wie schlimm ist es?

Verfasst: 23. Feb 2005, 19:06
von Chris23
Hi Steppenwolf!

Erstmal danke für deine Einschätzung.
Aber eins kann ich dir sagen: besonders schön ist das verliebt-sein für mich im Augenblick nicht.
Ganz im Gegenteil: meine Gedanken drehen sich im Kreis, jedesmal wenn ich an sie denke habe ich einen unglaublich starken druck in der Brust und ich befinde mich in einem Stadium der konstanten Traurigkeit, von morgens bis abends...
Auf der einen Seite kannst du also froh sein, dass dir das bisher erspart geblieben ist.
Auf der anderen Seite kommt man, ohne sowas durchlebt zu haben, wahrscheinlich auch nicht weiter...