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Wie ein Gutachten ein Leben verändert ........

Verfasst: 9. Feb 2005, 06:41
von Aline
Hallo ihr Lieben,
ich bin die Neue hier *mal in die Runde winkt* .......... und ich habe ein recht "dickes" Problem. Über 150 Seiten dick um genau zu sein.
Oki, aber ich sollte erstmal kurz etwas zur Vorgeschichte erzählen.

Ich bin jetzt mitte Dreissig, verh. und habe zwei Söhne, 9 und 5 aus erster Beziehung.
Ich habe mich Sommer 01 vom Vater getrennt, weil dieser für mich ein Borderliner ist, aber hoch Acht! Dessen Wutausbrüche und Beschimpfungen haben uns über Jahre hinweg alle psychisch Kaputt gemacht. Die Kinder wurden vom ihm immer wieder geschlagen und ich bin in den sieben Jahren der Beziehung auch vor die Hunde gegangen.
Gut, also ich trenne mich (mit eingetretener Tür, Frauenhaus, eidesstattlicher Verfügung und allem Piepapo) und ziehe 400 km weg zu meinem jetzigen Mann.
Ein halbes Jahr hatten wir Ruhe, dann war er wieder da ........ und wollte ein Besuchsrecht. Ich habe dem nicht zugestimmt, weil ich ja leidvoll erfahren musste, wie unberechenbar er sein kann.
Ergo: er ging vor Gericht, um SEIN Recht durchzusetzen.
Vom Gericht wurde ein Gutachter bestellt, der unseren gegenseitigen Anschuldigungen mal auf den Grund gehen sollte.
Tja, und wegen dessen Geschreibsel bin ich nun fern von gut und böse ...........

Nur mal ganz grob aus dem Gutachten:
ICH sei verantwortlich für die Verhaltensauffälligkeiten meiner Söhne.
ICH hätte meine Söhne geschlagen (niemals habe und werde ich meine Kinder schlagen!).
ICH sei die schlechte Mutter, und mir sollte am besten Gestern schon das Sorgerecht entzogen werden!
ICH hätte eine Boderliner-Störung und sei schwerst Depressiv! Ich würde dazu neigen, meine Wahrnehmung unbewusst zu verzerren (dazu unten mehr).
ICH sei dafür verantwortlich, das meine Söhne keine tiefere Bindung zu mir entwickeln hätten/würden.

Gut, wie ich halt bin, nehme ich das Teil erstmal sehr ernst, und war (bin) deutlich alles am Hinterfragen, warum-wieso-weshalb mache ich etwas soundso, und nicht anders ....
Ich habe sofort vom JA Erziehungshilfen bekommen, und die Entscheidung des Gerichtes bzg. des Sorgerechtes steht bis März 05 aus.

Bis jetzt, knapp ein Jahr nach besagtem Gutachten, habe ich mich schon sehr verändert. Neue Erziehungs-Strategien entwickelt, schwer an mir gearbeitet, und und und. Zudem noch die Auflagen des Gerichtes vollends erfüllt, einschließlich des Besuchsrechtes zum Vater.

Doch irgendwie steht nun wieder alles in Frage, und ich schwimme hier so rum und weiß nicht mehr weiter.

Kurz dazu:
Mein Großer, seid Geburt Verhaltensauffällig, ist zur Zeit in einer Kinderpsychiatrischen Klinik, zwecks Diagnostik und Therapie. Er ist auf meinem Wunsch dort, nicht auf Druck irgendwers. Gut, die Therapeuten dort haben Festgestellt, er ist Schwerst-Traumatisiert, und hat dabei evl. Autistische Züge mit in die Wiege gelegt bekommen.
Da er sich Männern sag und klanglos Unterordnet, wird den "Erziehern" langsam deutlich, das sein schweres Trauma wohl von einem Mann herrühren würde. Und das sicher nicht von seinem Stiefvater.
Dabei kommt er sehr gern nach Hause (übers WE), geht aber ungern zu seinem Vater. Die Bindung zu mir sei sehr stark ....... zu seinem Vater bestünde so gut wie keine!

Wir, mein Mann und ich, machen dort Elternarbeit und Familientherapie, nehmen alles mit, arbeiten an uns und sind immer dabei, wenn etwas Ansteht.
Der Vater hingegen klingt sich dort aus ...

Tja, und beim letzten Gespräch, in der Elternarbeit, war das Gutachten Thema, und vor allem, was es mit mir macht/gemacht hat.

1. laufendes Hinterfragen
2. Selbstbewusstsein unter Null gesunken
3. Große Angst vor Fehlern
4. Unsicherheit bzg. meiner Wahrnehmung, und daraus resultierend, laufendes schwimmen in der Kindererziehung und vermeidung von Konflickten !!!!
5. Das Gefühl, eine schlechte Mutter zu sein ..... auch, oder grade wegen Punkt 1.-4.

Der Therapeut hatte mir zur Auflage gemacht, ich solle wieder beginnen, meine Jungs zu erziehen ....... Ich hatte ihn dann gefragt, wie soll ich das bitte machen, wenn ich mir selbst, laut Gutachten, nicht trauen dürfe ???
Daraufhin kam dann "wenn es Sie so aus der Bahn geworfen hat, lassen Sie ein Neues erstellen. Sie sind, von meinem Eindruck her, weder ein Boderliner, noch schwerst-Depressiv. Also, was stünde dagegen?" ..........

Tja, und nun sitze ich hier.
Eine "schwerst-depressive Boderlinerin", die Romane schreibt (mein Erster steht kurz vor der Veröffentlichung), große Öl-Bilder auf Bestellung malt, täglich den Haushalt schmeißt, sich intensiv um ihre Männer kümmert (und diese auch schwer am Lieben ist) und nebenbei noch Arbeiten geht.
Ich sitze hier ...... und schwimme, weil ich jetzt doch irgendwie "in Ordnung" bin, und jetzt gänzlich den Glauben verliere.
Ich sitze hier und spüre tief in mir, das ich JETZT ein wirkliches Problem mit mir habe, das vorher so nicht da war.

Habt ihr vielleicht einen Rat für mich ?????
Ich habe große Angst vor einem zweiten Gutachten, denn das kann alles noch Schlimmer für mich machen.

Liebe Grüße

Aline,

die sich mal für diesen "Roman" entschuldigt, aber das steckt mir halt im Blut *gg*

Re: Wie ein Gutachten ein Leben verändert ........

Verfasst: 9. Feb 2005, 23:57
von Matone
Hallo Aline!
Muß ehrlich gesagt zugeben das ich dich nicht recht verstehe. Warum gibst du denn soviel auf irgend ein Gutachten? Viele Gutachten sind wie irgendwelche Statistiken und man sagt doch: "traue keiner Statistik die du nicht selber gefälscht hast"! Wer hat denn dieses Gutachten erstellt? Und was noch viel wichtiger ist: wer hat da vielleicht noch seine Finger unerlaubter weise mit im Spiel gehabt??? Kann man zwar sehr schlecht nachweisen/beweisen aber warscheinlich kann man Gutachter (wie fast alle anderen Menschen auch) irgendwie beeinflussen!? Du meintest ja das diese Selbstzweifel und die anderen Probleme vor dem Gutachten nich da waren. Die Aussage deines Arztes sagt doch schon sehr viel! Ich nehme mal an das er sich im Laufe der Therapie deines Sohns auch sehr intensiv mit dir beschäftigt hat; bestimmt sogar mehr als irgendein Gutachter!!! Lass doch "Spaßenshalber" einfach mal privat über dich erstellen. Ich bin fast sicher das dieses dann ganz anders ausfällt.
Es ist schon verständlich das so eine schwere trennung/Krise bei einem Menschen spuren hinterlassen kann. Vielleicht hast du ja auch mal die möglichkeit eine Therapie nur für dich selber zu machen! da kannst du bestimmt einige von diesen vielleicht auch sehr Traumatisierenden Ereignissen verarbeiten. Also als abschluß:
Versuch dich nicht alzu sehr von irgendeinem blöden Gutachten runter ziehen zu lassen und ich wünsche dir eine gute besserung und viel Erfolg mit deinem Buch!

MfG

Matthias

Re: Wie ein Gutachten ein Leben verändert ........

Verfasst: 10. Feb 2005, 05:40
von Aline
Hallo Matthias,
erstmal Danke für deine Antwort

<Warum gibst du denn soviel auf irgend ein Gutachten?>

Ich persöhnlich gebe da auch nicht so wahnsinnig viel drauf, aber die Richterin wie auch die Verfahrenspflegerin benutzen es halt als Bibel bei meinem Fall ........ es hat sehr großes Gewicht, darum muss ich mich damit beschäftigen. Bin quasi dazu gezungen.
Und meine Familie steht wegen diesem Teil auf dem Spiel .... da kann ich es nicht ignorieren.

<Wer hat denn dieses Gutachten erstellt?>

Ein vom Gericht bestellter Gutachter, ein Psychologe, der hier in Fachkreisen sehr gelobt wird .........

<wer hat da vielleicht noch seine Finger unerlaubter weise mit im Spiel gehabt???>

Darüber mache ich mir besser keine Gedanken, denn, ich denke, das würde mich mehr als "krank" machen ........ aber eine "stille Solidarität" unter Männern solls ja geben. Ich habe mal erlebt, das mich ein Sachbearbeiter beim JA wegen Unterhaltsvorschuss angemotzt hatte "immer ist der Mann schuld, was? Und ihr Frauen habt immer Recht, wie?" ....... tja, gibts da wohl wirklich. Und das mein Ex schon seid Jahren nichts zum Lebensunterhalt seiner Söhne beisteuert, obwohl er könnte, spielt dabei keine Geige .........

<Kann man zwar sehr schlecht nachweisen/beweisen aber warscheinlich kann man Gutachter (wie fast alle anderen Menschen auch) irgendwie beeinflussen!?>

Naja, zumindest hat besagter Gutachter einige "Patzer" hin bekommen, sprich, mich angeschrieen etc ...... und auch im Gutachten ließ er viele Dinge einfach unter den Tisch fallen ........ aber ich bin zu Klein, mich dagegen zu wehren!

<Vielleicht hast du ja auch mal die möglichkeit eine Therapie nur für dich selber zu machen!>

Das habe ich auch vor. Klar, irgendwie muss ich diesen ganzen Mist ja auch verarbeitet bekommen, grade weil ich zur Zeit damit "schwanger" gehe, und es mein jetziges Leben schwer beeinflusst.
Aber z.Z. würde es mir rein Terminlich zu viel werden ....... und mir ist erstmal wichtiger, was nun aus meinem Großen werden soll und bei der Diagnostik raus kommt.

<Versuch dich nicht alzu sehr von irgendeinem blöden Gutachten runter ziehen zu lassen und ich wünsche dir eine gute besserung und viel Erfolg mit deinem Buch!>

Erstmal Danke für deine Wünsche
Doch, wie ich schon geschrieben habe, lässt sich das Teil beim besten Willen einfach nicht ignorieren.
Das ist wien Stempel aufm Hintern ....... oder n Strichcode am Hals.

Aber ich habe gestern erfahren, das die Verhandlung bis April verschoben werden soll. Also bis dahin, wo mein Großer entlassen werden soll ..... weil der Abschlussbericht der Klinik sehr wichtig für die Verhandlung ist.

Na, ich hoffe mal .........

Liebe Grüße

Aline

Re: Wie ein Gutachten ein Leben verändert ........

Verfasst: 10. Feb 2005, 12:57
von deep
Hallo Aline,

vertritt Dich ein Anwalt?

Ich denke, ein Jurist wüsste eine Möglichkeit, wie man besagtes GA "kippen" kann.

Ansonsten auch von mir viel Kraft!

Liebe Grüße
Karin

Re: Wie ein Gutachten ein Leben verändert ........

Verfasst: 11. Feb 2005, 05:12
von Aline
Hallo Karin,
klar habe ich nen Anwalt, nur ist es jetzt, nach einem Jahr, unmöglich, da noch mal dran zu rütteln.

Aber ich habe erfahren, das es der Klinik möglich ist, ein neues Gutachten bzg. meines Sohnes und der Familienstruktur erstellen zu lassen.
Ich bin da noch etwas unsicher, und mache mir da grade intensivst Gedanken drüber ....

Heut Nachmittag habe ich da auch wieder einen Termin, und werde mich da vorher noch genau drüber informieren.

Danke, das du mir Kraft wünscht, die werde ich auch weiterhin brauchen können

Liebe Grüße

Aline

Re: Wie ein Gutachten ein Leben verändert ........

Verfasst: 18. Feb 2005, 18:22
von gelberosen
Hallo Aline,

leider komme ich erst heute zum Antworten auf dein posting. Ich hoffe du schaust wieder hier rein. Ich kann mich aber nicht an alles erinnern, was hier geschrieben wurde. Also bei Fehlern - sorry.

Ich selber bin zwar keine Mutter, habe aber durch meine mittlerweile verstorbene beste Freundin so einiges mitbekommen an Sorgerechtsstreitigkeiten, von ihr und auch von anderen. Und ich bin regelmäßig an einem Ort, wo sich viele Frauen treffen und wo man auch sehr viel zu solchen Thematiken zu lesen bekommt. Auch eine Gruppe betroffener Frauen gibt es dort.

Es hat etwas mit dem neuen Kindschaftsrecht zu tun, das seit ca 1998 in Kraft ist, daß so viele Väter mit aller Macht um ihre Kinder kämpfen. Der Gesetzgeber ging davon aus, daß Kinder ein Recht auf beide Elternteile haben und auf alle anderen wichtigen Bezugspersonen. Und das auch nach einer Trennung. Behörden und Gerichte arbeiten oft darauf hin, daß die Väter unbedingt ein Sorge- und/oder Umgangsrecht erhalten ohne Rücksicht auf Verluste. Notfalls wird halt die Frau für krank erklärt, bis hin zur Unzurechnungsfähigkeit. (Im schlimmsten Falle dreht sich alles nur noch um die Unfähigkeit der Frau anstatt um den schikanierenden Mann, und das auch im Falle von Gewalt bis hin zum Mißbrauch). Zumindest gewalttätig scheint dein Ex ja auch zu sein. Letztendlich ist das aber Schikane und kann eine Frau wirklich krank machen. Die Punkte, die du in deinem ersten posting schreibst, deuten darauf hin, daß sich bei dir schon Krankheit zumindest anbahnt. Also mußt du dich auch um dich kümmern, damit du deine Kinder erziehen kannst und auch noch vor Gericht bestehen.

In München gibt es eine Gruppe sorgerechtsgeschädigter Mütter, die sich gegenseitig unterstützen: sich aussprechen, sich unterstützen bei Anwaltssuche, sich gegenseitig aufklären, ... Wäre eine solche Gruppe eine Möglichkeit für dich?

Wenn du zur Thematik etwas zu lesen suchst: Ich bin fündig geworden auf der homepage des KOFRA in München, wo ich oft hingehe. Und es gibt ein Buch dazu von Anita Heiliger, ich glaube beim Verlag Frauenoffensive erhältlich. Ich glaube es heißt „Verrat am Kindeswohl“. Wenn du mit der Frau Heiliger sprechen willst, kannst du im KOFRA anrufen oder mich anmailen, ich kenne sie und habe ihre Telefonnummer. Sie ist immer interessiert an solchen Geschichten.

Liebe Grüße
die Besserung

Re: Wie ein Gutachten ein Leben verändert ........

Verfasst: 19. Feb 2005, 10:15
von tine-maria
Hallo Aline,
wie kommt Dein Mann darauf das Du eine schwerst depressive Bordberlinerin bis?????? Ich frage Dich deswegen, weil ich ein ähnliches Problem habe. Mein Mann ist seit 13 J. er war 41 Jahre, wegen einer Borderlinestörrung erwerbsunfähig. Seit dieser Zeit bezieht er eine
Erwerbsunfähigkeitsrente. Ich weis nicht, ob Du weist wie ein Borderliner sich verhält. Es ist einfach die Hölle. Das Abwerten der Personen , ob Frau, Kind. Gut, also ich kenne diese Störung. Ich bin auch dabei mich zu trennen. Es dauert nun schon fast ein Jahr, aber ich habe es noch nicht über die Bühne gebracht. Seit ca. 8 Wochen macht er wieder eine Psychotherapie, Du kannst Dir nicht vorstellen wie er mich beschrieben hat. Also er hat sein ganzes Verhalten und wie er ist auf mich projiziert. Ich weis es, weil ich zufällig die Seite im Zimmer liegen sehen habe die er für die Therapie ausfüllen sollte. Ich mache seit 1 ½ Jahren eine Psychotherapie, die mir helfen soll mit meinen chronischen Schmerzen zu leben, aber die 65 Stunden hat nur mein Mann in Anspruch genommen. sein Verhalten etc. Er erzählt mir das ich die Bordberlinerin bin, aber meine Therapeutin sagt, dass das ganz bestimmt nicht der Fall ist.
Ich kann Dich verstehen, dass Dich das alles total verunsichert. Mir geht es heute noch so. Auch wenn ich weis, dass er nicht recht hat werde ich unsicher. Das Du Dich getrennt hast ist o.k. Wenn es nicht mehr klappt sollte man nicht daran festhalten auch wenn es schwer ist. Du hast ja auch noch zwei Kinder für die Du die Verantwortung hast. Meine Tochter ist gerade 14 Jahre geworden. Die konnte all das zu hause nicht mehr ertragen, weil sie Zielscheibe Nr. 1 war. Er lies kein gutes Haar an hier. Im Aug. letzten Jahre hat sie versucht sich von der Brücke zu stürzen ( das hat mir die Augen geöffnet). Im Okt. Kam sie in die Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dort war sie 4 Monate. Jetzt ist sie in einer Therapeutische WG und fühlt sich dort sehr wohl. Mir ist klar wenn ich die Trennung nicht schaffe, kommt meine Tochter nicht mehr nach Hause. Mein Sohn leidet auch darunter.
Ich hoffe, dass ich Dir mit den paar Zeilen zeigen konnte, dass es auch ähnliche Fälle gibt.
Gruß Tine-Maria