Liegt es an der Depression oder an den Umständen?

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Malschauen
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Liegt es an der Depression oder an den Umständen?

Beitrag von Malschauen »

Hallo,

manchmal lese ich so etwas wie:"Das liegt an der Krankheit". ...und dann wieder:"Es liegt an den Umständen".
Woran erkennt man denn nun, woran es liegt, dass man sich z.B. schwer entscheiden kann, dass es einem schwer fällt, sich treu zu bleiben, dass man sich manchmal nicht gut konzentrieren kann, besonders, wenn mehrere Geräuchsquellen parallel sind, dass man Zweifel hat, sich Sorgen macht, sich manchmal alleine fühlt, sich manchmal mehr zurückzieht, weil man die Ruhe für sich braucht und es einem gleichzeitig leid tut, weil man doch gerne xy machen würde oder bei Veranstaltung abc gerne dabei sein würde, dass man immer mal wieder den Eindruck hat, gegen eine Wand zu laufen (oder gegen Windmühlen), dass man mehr erreichen könnte, wenn da nicht irgendeine Bremse in einem drin wäre,...?
Ist das dann wirklich eine Depression/depressive Störung oder nur die Reaktion auf bestimmte Lebensumstände oder die Nachwirkungen ungünstiger Umstände in der Kindheit?
Kommt eine Depression "einfach so", auch wenn es einem sonst bisher gut gegangen ist oder kommt sie, weil man zulange in ungünstigen Situationen gelebt hat? Sind die Probleme Folge einer depressiven Störung oder ist die depressive Störung Folge der (zu lang andauernden) Probleme?
Vermutlich ist der Übergang fließend, aber aus irgendeinem Grund kommen ja Fachleute auf die Idee, etwas depressive Störung zu nennen.

Über ein paar Gedankenanregungen freue ich mich.
DieNeue
Beiträge: 5844
Registriert: 16. Mai 2016, 22:12

Re: Liegt es an der Depression oder an den Umständen?

Beitrag von DieNeue »

Ich denke nicht, dass es da eine Schwarz-Weiß-Antwort gibt.
Wieso sollte es denn auch entweder-oder sein?
Wenn z.B. die Umstände eine Depression auslösen, hast du auch die Frage, woher die Symptome kommen - von der Depression oder von den Umständen? Im Prinzip ist es in dem Fall beides.

Ich frage mich, warum du schreibst, es könnte "nur" eine Reaktion auf bestimmte Lebenssituation sein. Wenn du dich beschissen fühlst, fühlst du dich beschissen, ob du es Depression nennst oder nicht. Ist eine Reaktion auf einen Lebensumstand weniger schlimm, nur weil sie nicht Depression heißt? Was ist, wenn die Depression die Reaktion auf bestimmte Lebensumstände ist? Ist das dann weniger schlimm?
Ich stelle mir solche allgemeinen Fragen mittlerweile nicht mehr so sehr. Es gibt keine 100% richtige Antwort, die für alle passt. Beim einen ist es, so beim anderen kann es wieder anders sein. Ich versuche eher bei mir zu bleiben und zu schauen, wo es bei mir herkommt.

Naja, und noch ein anderer Gedanke: Egal, was zuerst war: Eine Depression macht das Leben nicht einfacher und man bekommt dadurch Probleme, die man vorher nicht hatte. Man muss sich z.B. damit auseinandersetzen, dass man nicht mehr funktioniert, dass man vielleicht stigmatisiert wird, dass man nicht mehr arbeiten kann, dass der Arbeitsplatz gefährdet ist usw. usf. Das kann alles auch die Depression verstärken. Was ist jetzt schuld: Die Umstände oder die Depression? Oder sind die Depression und die "Umstände" jetzt das gleiche? Irgendwie greift alles in einander und lässt sich oft nicht einfach auseinanderdividieren.

Ich denke, eine "depressive Störung" wird anhand der Anzahl und Stärke bestimmter Symptome bestimmt, nicht daran, was die Ursache ist.
Wolfgang1
Beiträge: 14
Registriert: 26. Mai 2024, 21:14

Re: Liegt es an der Depression oder an den Umständen?

Beitrag von Wolfgang1 »

Es ist nicht immer einfach das ganz klar zu bestimmen, was nun die Ursache ist. Wenn die Symptome zeitgleich mit einer Veränderung auftreten bzw sich verschlimmern, ist es wohl wahrscheinlich, dass diese Umstände zur Depression führen bzw sie verstärken - geht es einem ohne ersichtliche Gründe zunehmend schlechter, wird es wohl die Depression ansich sein.
DieNeue hat geschrieben: 10. Okt 2024, 23:38
Ich frage mich, warum du schreibst, es könnte "nur" eine Reaktion auf bestimmte Lebenssituation sein. Wenn du dich beschissen fühlst, fühlst du dich beschissen, ob du es Depression nennst oder nicht. Ist eine Reaktion auf einen Lebensumstand weniger schlimm, nur weil sie nicht Depression heißt? Was ist, wenn die Depression die Reaktion auf bestimmte Lebensumstände ist? Ist das dann weniger schlimm?
Der entscheidende Unterschied ist, wenn man weiß dass die Depression "nur" die Reaktion auf eine bestimmte Situation ist, kann man zumindest versuchen das Problem zu beheben indem man etwas an der Situation verändert. Dies dürfte sich deutlich schwieriger gestalten wenn es keine ersichtliche Ursache gibt, und die Depression quasi "aus dem Nichts" auftritt.
Mariesa
Beiträge: 54
Registriert: 21. Apr 2024, 23:28

Re: Liegt es an der Depression oder an den Umständen?

Beitrag von Mariesa »

Meiner Erfahrung nach unterscheidet sich eine Erschöpfung von einer Depression. Ich mache es an der alles verschlingenden Hoffnungslosigkeit fest.
In der Klinik wurde uns gesagt, eine Depression ist eine Stoffwechsel- Erkrankung des Gehirns. Und anscheinend bricht sie nicht bei jedem aus. Da kommt es auf die Resilienz der Person an. Es spielt also wahrscheinlich vieles eine Rolle.
Ich hatte Probleme schon als Kind. Vielleicht schon eine Depression, ich weiß nicht. Dann würde es eben ein Zusammenspiel zwischen mehreren Faktoren geben.
Warum beschäftigt Dich das denn so sehr ?
LG Mariesa
Katerle
Beiträge: 11402
Registriert: 25. Sep 2014, 10:30

Re: Liegt es an der Depression oder an den Umständen?

Beitrag von Katerle »

Hallo Malschauen,

denke schon, dass verschiedene Faktoren eine Rolle spielen, damit diese Erkrankung zum Ausbruch kommt. Zum einen, die erbliche Veranlagung und auch die Lebensumstände spielen da mit rein. So auch meine eigenen Erfahrungen..., seit früher Kindheit, Jugend und Beziehung. In meiner Familie gab es schon immer Depressionen und auch dort waren die Lebensumstände nicht so gut.
Konzentrationsstörungen kannte/kenne ich auch. Und ich bin auch gerne mal zu ner Veranstaltung und ebenso benötige ich auch mal wieder Ruhe für mich, so das ich mich auch gerne mal zurückziehe, was ja nicht bedeutet, NUR allein zu sein.
Als junger Mensch war ich nur selten mal weggegangen und das lag auch daran, weil es uns finanziell nicht so gut ging. Ich war nach der Schule etwas mit arbeiten und im Haushalt helfen. Eisessen oder Kino kannte ich eher nur von Freunden. Dennoch war ich ein sehr lebenslustiger Mensch. Wir hatten nicht viel, doch dafür einige schöne Momente unter den G. und auch mit den E. Das mein Vater damals in den A. flüchtete war auch sehr schwer für mich..., wegen den Folgen... und auch noch andere schwierige Situationen...
Bei mir war es jedenfalls so, dass meine Erkrankung die Folge lange andauernder Probleme war und ich war auch schon von klein auf sehr weinerlich, aber auch durch sehr schmerzvolle Erfahrungen in dieser Zeit.
Heute gibt es bei mir auch noch einige schöne Momente und dafür bin ich auch sehr dankbar. Doch ich war auch mal in die Einsamkeit geschlittert... Und das ist heute zum Glück nicht mehr so... Hatte diese Woche es sehr genossen, mal wieder mit meinem E. essen zu gehen und später auch mal Eisessen. Ausserdem hatten wir sehr viel Spaß beim Fussballspielen, Dart- spielen und noch ein anderes Spiel. Auch war er mal seinen Interessen nachgegangen. Uns hatte es sehr gefallen und der Kleine freut sich auch schon auf ein paar schöne Tage mit mir. Mich macht das auch sehr glücklich.
Auch unsere Kleine ist ebenfalls gerne da. :)

Liebe Grüße
Katerle
Malschauen
Beiträge: 20
Registriert: 6. Okt 2024, 16:34

Re: Liegt es an der Depression oder an den Umständen?

Beitrag von Malschauen »

So, bin wieder da:
DieNeue hat geschrieben: 10. Okt 2024, 23:38 Im Prinzip ist es in dem Fall beides.
Ja, so wird es meist sein.
DieNeue hat geschrieben: 10. Okt 2024, 23:38 Ich frage mich, warum du schreibst, es könnte "nur" eine Reaktion auf bestimmte Lebenssituation sein. Wenn du dich beschissen fühlst, fühlst du dich beschissen, ob du es Depression nennst oder nicht. Ist eine Reaktion auf einen Lebensumstand weniger schlimm, nur weil sie nicht Depression heißt? Was ist, wenn die Depression die Reaktion auf bestimmte Lebensumstände ist? Ist das dann weniger schlimm?
Nein, natürlich ist das nicht weniger schlimm. Wenn es einem schlecht geht, geht es einem schlecht. Ich suchte nur eine Möglichkeit, um zu umschreiben, was ich meine. Also woran es liegen mag.
DieNeue hat geschrieben: 10. Okt 2024, 23:38 Es gibt keine 100% richtige Antwort, die für alle passt. Beim einen ist es, so beim anderen kann es wieder anders sein. Ich versuche eher bei mir zu bleiben und zu schauen, wo es bei mir herkommt.
Ja.
Wolfgang1 hat geschrieben: 11. Okt 2024, 08:07 Der entscheidende Unterschied ist, wenn man weiß dass die Depression "nur" die Reaktion auf eine bestimmte Situation ist, kann man zumindest versuchen das Problem zu beheben indem man etwas an der Situation verändert. Dies dürfte sich deutlich schwieriger gestalten wenn es keine ersichtliche Ursache gibt, und die Depression quasi "aus dem Nichts" auftritt.
Das stimmt wohl.
Mariesa hat geschrieben: 11. Okt 2024, 12:29 Ich hatte Probleme schon als Kind. Vielleicht schon eine Depression, ich weiß nicht. Dann würde es eben ein Zusammenspiel zwischen mehreren Faktoren geben.
Ja, meistens hat es eh unterschiedliche Ursachen. ...und oft weiß man auch nicht, was es war. Ich habe auch schon verschiedene Diagnosen zu meinen "Seelenthemen" bekommen, manchmal auch recht schnell. Was nun davon stimmt und was ist, wenn man sich selber in keiner Diagnose ganz wieder findet?
Malschauen
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Registriert: 6. Okt 2024, 16:34

Re: Liegt es an der Depression oder an den Umständen?

Beitrag von Malschauen »

Mariesa hat geschrieben: 11. Okt 2024, 12:29 Warum beschäftigt Dich das denn so sehr ?
Also extrem sehr nicht. Es ist eher so, dass ich mich, wie gesagt, in Seelendiagnosen kaum ganz wieder gefunden habe - und ich habe oft versucht, heraus zu finden, was davon bei mir passen könnte.
Dann hat mich ein Klinikaufenthalt Letztens dazu gebracht, mich damit zu beschäftigen, was nun eigentlich ist. In der Klinik gab es z.B. auch Vorträge zum Antrag auf Überprüfung eines GdB. ...und ich fragte mich dann, was eigentlich bei mir ist? Was bin ich nun, gesund oder krank, brauche ich eine GdB-Feststellung und was ist überhaupt mit mir?
...und auch wenn ich weiß, dass es nicht gut ist (weil man auf sich achten soll), kommen manchmal solche Fragen auf, ob ich nun x und y einfach probieren soll, weil ich (z.B.) ja vom Alter her noch arbeiten gehen sollte oder ob ich mehr auf mich Rücksicht nehmen und auf die Bremse treten soll.
Also: Was ist denn jetzt mit mir und wie soll, darf, will,..ich mit mir umgehen?
Katerle hat geschrieben: 11. Okt 2024, 14:08 Und ich bin auch gerne mal zu ner Veranstaltung und ebenso benötige ich auch mal wieder Ruhe für mich, so das ich mich auch gerne mal zurückziehe, was ja nicht bedeutet, NUR allein zu sein.
So geht es mir auch.
Katerle hat geschrieben: 11. Okt 2024, 14:08 Heute gibt es bei mir auch noch einige schöne Momente und dafür bin ich auch sehr dankbar.
Ja, das ist auch gut so: die schönen Dinge auch sehen und dankbar sein können.
Katerle hat geschrieben: 11. Okt 2024, 14:08 Mich macht das auch sehr glücklich.
Auch unsere Kleine ist ebenfalls gerne da.
;)
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