Therapieende

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Ephemera
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Registriert: 10. Jan 2022, 19:31

Therapieende

Beitrag von Ephemera »

Hallo zusammen.

Für das nächste Jahr steht das Ende meiner ambulanten Psychotherapie an.
Es war eine Langzeittherapie über 80 Stunden und in direktem Anschluss wurden mir weitere 60 Stunden ermöglicht - wie das alles kam würde den Rahmen hier sprengen.
Wir haben noch 30 Stunden offen. Ich dachte wir würden dann ab März/April die Zeiträume zwischen den Sitzungen ausdehnen, auf 2 und dann 4 Wochen um es langsam ausklingen zu lassen. So habe ich es schon oft gelesen und das kam mir sinnvoll und logisch vor. Und schon der Gedanke daran war mir unangenehm, aber doch erträglich. Und genau besprochen hatten wir es noch nicht, weil 30 Stunden schon bei wöchentlichen Terminen noch eine lange Zeit sind. Eventuell wären auch nochmal weitere 20 Stunden möglich gewesen…

Nun habe ich gestern erfahren, dass zu März die Therapie enden wird, da meine Therapeutin dann für 6 Monate nicht praktizieren wird.
Das heißt: alle Stunden bekommen wir selbst bei wöchentlichen Treffen bis zum bitteren Ende nicht unter - und die Idee mit größeren Abständen zum Ende hin würde nur dazu führen, dass mir noch mehr Termine verlorengehen.

Wie würdet ihr in so einer Situation vorgehen?
Noch so viele Termine wie möglich wahrnehmen - mit der Gefahr dann ab März vor dem nichts zu stehen?
Oder trotzdem gegen Ende (also ab 2025) auf größere Abstände gehen um einen sanfteren Ausstieg zu finden?

Ich fühle mich seit ich es weiß extrem gestresst und unter Druck, nun irgendwie endlich einen großen Durchbruch oder Fortschritt zu schaffen - dabei läuft es gerade durch verschiedene Umstände nicht wirklich gut und ich habe in keiner Weise Zutrauen, alleine mit mir und meinen Gedanken und Gefühlen zurechtkommen zu können. Es hapert immer noch an so vielen ganz grundsätzlichen Dingen… Selbstwert zum Beispiel. Und damit zusammenhängend Selbstfürsorge. Bedürfnisorientiertes Verhalten…

Es wird mein erstes ambulantes Therapieende - stationär weiß man ja schon im Voraus recht genau, dass es um eine sehr begrenzte Zeit gehen wird und kann sich nicht so sehr an einen Behandler gewöhnen - also ist es ohnehin sehr verunsichernd und sorgenvoll…

Wie habt ihr Eure Therapieenden erlebt und/oder gestaltet?
Kiwi78
Beiträge: 96
Registriert: 8. Feb 2022, 11:36

Re: Therapieende

Beitrag von Kiwi78 »

Hallo Ephemera,
Gäbe es eventuell die Möglichkeit übrige Stunden nach der 6-monatigen Pause noch zu nehmen? Dann könntest du zum März hin die Abstände vergrößern und hättest kein endgültiges Ende. In den 6 Monaten könntest du schauen, wie es läuft ohne Hilfe und dann die restlichen Stunden in großen Abständen noch nehmen. Meine Therapie ist schon länger rum, aber ich gehe 1x im Monat für 25 Minuten hin um aktuelle Probleme kurz zu besprechen und um nicht komplett allein dazustehen.
Senif
Beiträge: 1871
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Therapieende

Beitrag von Senif »

Hallo Ephemera,

ich habe die emotionale Abhängigkeit zu meiner Therapeutin nicht mehr. Während den depressiven Phasen hatte ich sie auch nicht, während den borderlinischen Phasen schon.
Meine Therapeutin war sehr lange krank gewesen und in dieser Zeit habe ich gemerkt, wie gut ich ohne zurecht komme. Allerdings war da am Anfang noch die hypomanische Phase, die sich später auch wieder relativierte. Aber alles in allem spürte ich meine Selbstwirksamkeit und wollte das Leben genießen ohne Abhängigkeiten. Und es ging. (obwohl am Anfang Widerstand gegen das Therapieende da war)
Vielleicht musst du auch nur die Erfahrung machen, dass du jetzt ohne klar kommst und dein Leben gestalten kannst. Weil im Grunde bewirkt ja auch so eine Abhängigkeit, dass nicht unbedingt das Zutrauen wächst.
Manchmal wirkt eine Therapie auch viele Monate danach noch und kann einen Durchbruch bedeuten. Du musst das jetzt nicht in der Zeit schaffen.
Was die Selbstfürsorge anging, hab ich das eigentlich über einen langen Zeitraum geübt. Es war eines der Basics, was ich auch nur alleine umsetzen konnte. Man muss es halt anpacken - es sei denn man ist in einer schweren Episode, bei der das Aufstehen schon ein Akt ist.
Also so von der Warte aus, würde ich versuchen, alle Stunden bis dahin zu nehmen.

LG Senif :hello:
SonneundDunkenheit
Beiträge: 806
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Re: Therapieende

Beitrag von SonneundDunkenheit »

Hallo emphemera,

dass Therapien endlich sind, ist von vornherein klar, aber das macht es im konkreten Fall nicht besser auf der Gefühlsebene.

Ich war vor 1,5 Jahren in einer ähnlichen Situation und musste davon ausgehen, dass die Therapie zu einem Zeitpunkt endet (weil die KK nicht mehr zahlen wollte), wo für mich Vieles noch ungeklärt erschien. Ich hatte große Angst allein mit meinen Gedanken und Gefühlen zurück zu bleiben. Diese Verlustangst war dann auch Thema der Stunden. Eine Therapie hat Grenzen und Abhängigkeiten sollten eigentlich nicht entstehen... passiert aber trotzdem aus verschiedenen Gründen nicht selten. Wir klammern uns am Strohhalm Therapie fest, statt einfach los zu schwimmen.

Ist sicher, dass die Therapie nach den 6 Monaten fortgesetzt werden kann mit den restlichen Stunden?
Ich persönlich würde spätestens mit Jahresbeginn (vielleicht schon im Dezember) die Frequenz senken, zunächst aller 2 , dann 3 Wochen. Dann ist die Therapeutin im Notfall noch an deiner Seite.
Du hast ja in der langen Therapiezeit mit Sicherheit auch schon Phasen erlebt, wo du nicht wöchentlich Termine hattest. Wie ging es dir zu der Zeit?

Ich kann für mich einschätzen, dass mir die Unstellung auf größere Abstände sehr schwer gefallen ist, aber ich letztlich aus eigener Kraft immer einen Weg gefunden habe mit schwierigen Situationen klar zu kommen. Das Wissen aus den vielen Stunden hat mir geholfen.

Ich habe mich in der Therapie übrigens auch oft "gestresst" gefühlt, weil ich dachte ich müsste doch schon viel weiter sein, dieses oder jenes endlich anders bewerten, endlich von schambesetzten Dingen berichten..... mittlerweile weiß ich, dass jede Stunde egal wie sie verläuft mich voran gebracht hat und dafür bin ich dankbar.

Ich wünsche dir Zuversicht.
Suchende2
Beiträge: 1388
Registriert: 29. Sep 2020, 08:05

Re: Therapieende

Beitrag von Suchende2 »

Hallo Ephemera,

ich habe nächste Woche meine letzte Stunde und auch wenn ich mich freue, schaue ich doch auch mit großer Sorge darauf.
Ich konnte die Termine strecken, so daß ich zuletzt 1 x im Monat einen Termin hatte.
Für mich konnte ich feststellen, daß ich nach diesen langen Abständen immer etwas Schwierigkeiten hatte, in die Stunde wieder hereinzufinden. Effektiver (von dem, was ich in der Stunde bearbeitet hätte) wäre es für mich gewesen, ich hätte nicht diesen großen Abstand gehabt.
Aber dann hätte ich wahrscheinlich andere Probleme gehabt, durch die fehlende Streckung.
Welche besser sind? Ich weiß es nicht.

Wenn Du Deine restlichen Stunden nach dem 1/2 Jahr Pause weiterhin nehmen kannst, würde ich zum neuen Jahr auf größere Abstände gehen. Wenn Du diese nicht danach nehmen kannst, dann würde ich wahrscheinlich soviele Stunden wie möglich nehmen.

Mache Dir nicht den Streß, daß Du einen großen Durchbruch schaffen musst.
Mir haben die Therapiepausen (wenn meine Therapeutin Urlaub hatte) auch immer viel gebracht.
Und den großen Durchbruch kannst Du auch alleine schaffen (falls der notwendig ist), indem Du mit Deiner Therapeutin dazu die Grundlagen legst.

Meine Langzeittherapie ist zuende. Ich habe vieles verstanden und geändert. Ich habe immer noch viele offene Baustellen, zum Teil noch nicht einmal richtig betrachtet, sondern nur benannt. Aber ich weiß, ich kann zumindest einen Teil meiner Baustellen alleine schließen. Es wird länger dauern als mit meiner Therapeutin. Ihre klugen Anregungen und zum Teil auch ihre Ermutigung werden mir fehlen. Aber in meinem Tempo werde ich weitergehen und es hoffentlich schaffen.

Ich wünsche Dir, daß nachdem sich der Schreck über diese Nachricht gelegt hat, Du auch die Zuversicht in Dir finden kannst.

Alles Gute,
Suchende
ardFR62
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Registriert: 21. Aug 2024, 17:08
Wohnort: Düsseldorf

Re: Therapieende

Beitrag von ardFR62 »

Hallo Emphemera,

ich weiß nicht, ob dir das wirklich hilft, doch ich hätte da eine Idee die vielleicht eine Art Ersatz sein könnte:

Ich bin sehr Früh - neben den Therapeuten - den Weg der Selbsthilfegruppen gegangen um mich dort mit ebenfalls betroffenen auszutauschen und so vielleicht eine neue Sicht auf des ein oder andere zu bekommen...

Inzwischen bin ich zum Beispiel (mit Zustimmung meines Therapeuten) nur noch einmal im Monat beim Therapeuten doch zweimal in der Woche in einer Selbsthilfegruppe und zusätzlich dann natürlich auch noch leidenschaftlich gern hier im Forum...

Vielleicht hilft dir das nicht wirklich - ist aber vielleicht auch eine Überlegung wert...

Gruß

ardFR62
Und diese Reise des Lebens
ist noch lange nicht zu Ende...
GuntherBandel
Beiträge: 173
Registriert: 29. Dez 2020, 13:07

Re: Therapieende

Beitrag von GuntherBandel »

Hallo,

mit einer Selbsthilfegruppe habe ich auch gute Erfahrungen gemacht. Bin zwar momentan auch noch in Therapie und das Ende ist noch nicht akut zeitlich. Aber ich hoffe, dass ich nach Ende der Therapie über den Austausch in der Selbsthilfegruppe an Stabilität und Zuversicht gewinne bzw. erhalte.

VG
G.
Ephemera
Beiträge: 112
Registriert: 10. Jan 2022, 19:31

Re: Therapieende

Beitrag von Ephemera »

Ganz vielen lieben Dank für eure netten und hilfreichen Antworten!

Ich nehme sehr viel daraus mit.
Zum einen werde ich am Dienstag bei der nächsten Sitzung klären, ob es von ihr aus möglich ist, die restlichen Stunden nach den 6 Monaten zu „verbrauchen“. Falls ja, muss ich das dann noch mit dem Kostenträger (70% Beihilfe) klären - denn die haben da sicher eigene Vorstellungen und sagen vielleicht „nein, bei einer so langen Unterbrechung müssen sie das neu beantragen - mit naturgemäß offenem Ausgang“.

Ich würde trotzdem dieses Jahr noch so viele Termine wie möglich wahrnehmen. Falls eine Fortsetzung nach der Pause möglich ist, aber ab dem kommenden Jahr zumindest auf einen 2 wöchigen Rhythmus wechseln.

Wir hatten durch ungünstig aneinandergereihte Urlaube mal eine Pause von 6 oder 7 Wochen… sonst auch mal 4 oder 5 Wochen im Sommer. Und ehrlich gesagt waren das immer sehr schwierige Zeiten für mich. Ohne die wöchentliche „Kontrolle“ und die Sorge, Versäumnisse in der Selbstfürsorge oder Rückfälle in selbstschädigendes Verhalten „beichten“ zu müssen falle ich zurück in altes Verhalten… Es merkt ja niemand. Es schadet nur mir. Also ist es egal… dass das so nicht stimmt und wenig hilfreich ist weiß ich - komme aber kaum dagegen an. Weil dieser Selbsthass in mir die Oberhand gewinnt, sobald der gesunde/vernünftige Anteil nicht aktiv nach vorne „gezwungen“ wird und Unterstützung bekommt.

Selbsthilfegruppe - darüber habe ich schon viel gegrübelt und hatte mir auch schonmal welche rausgesucht.
Mein „Kernproblem“ ist eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung - die hat die Depression quasi zur Folge. Es gäbe sogar eine Gruppe für Sozialphobiker in meiner Stadt - da würde ich sicher reinpassen. Auch eine für Depressionen. Nur macht mir das so unfassbar viel Angst den Schritt dorthin zu gehen, dass es mir (zumindest im Moment) noch unmöglich ist. Immer wenn ich mich an das Thema rangewagt habe hatte ich entweder Panik oder bin komplett dissoziiert und konnte gar nichts mehr machen… nichtmal den Weg zum jeweiligen Ort antreten.

Es bringt sicher nichts, mich jetzt unter Druck zu setzen und mich zu überfordern. Also mache ich weiter meine winzig kleinen Schritte… und versuche die 6 Monate dann vielleicht als „Praxisphase“ zu sehen. Im Wissen, dass nicht alles klappen wird und auch nicht alles klappen muss. Dass es aber trotzdem weitergeht und nicht alles wieder wird wie früher, nur weil es gerade keine Therapie gibt.

Vielleicht kann ich in der Zeit auch häufiger zu meinem Psychiater - so als „Notanker“ für kurze Gespräche einmal im Monat oder so.
Senif
Beiträge: 1871
Registriert: 23. Jul 2023, 21:42

Re: Therapieende

Beitrag von Senif »

Hallo Ephemera,

Vielleicht kann ich in der Zeit auch häufiger zu meinem Psychiater - so als „Notanker“ für kurze Gespräche einmal im Monat oder so.

Das ging bei mir damals sogar. Mein Psychiater hat das gemacht.

LG Senif :hello:
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