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Trauer und Depression

Verfasst: 15. Sep 2024, 14:16
von Herd04
Hallo, ihr Lieben,

nach langer Zeit möchte ich ein neues ( oder vielleicht doch nicht neues) Thema ansprechen, das mich aktuell sehr bewegt.

Vielleicht erinnern sich einige von euch daran, dass mein Mann Anfang Juli nach monatelangem Kämpfen und Bangen den Kampf gegen den Krebs verloren hat.

Es ist schwer zu beschreiben, wie belastend und leider auch wenig hoffnungslos das letzte Jahr für uns alle , also für ihn , unsere ganze Familie und für mich ,war.
Wenn nicht gerade Therapien anstanden, hat er den ganzen Tag im Pflegebett verbracht. Seine körperlichen Kräfte ließen ganz stark nach, sodass er zuletzt das Bett gar nicht mehr verlassen konnte.
Wenn es auch wie eine Floskel klingt , war sein Tod eine Erlösung.

Trotzdem trauere ich sehr um meinen kranken Mann, aber vor allem auch um meinen Fels in der Brandung, der er vor seiner Erkrankung war. In meinen Depressionsphasen hat er mich aufgefangen, mich gehalten und mir immer wieder Mut zugesprochen.

Während der ganzen Zeit seiner Erkrankung war ich zwar dauerangespannt und rastlos , aber überhaupt nicht depressiv.

Nachdem ich nun seit Juli und vor allem.nach der Trauerfeier im August etwas zur Ruhe und vor allem entspannen konnte und nachdem ich mir selbst Gutes tun konnte, schlägt seit gestern die Depression wieder mit voller Wucht zu.
Sie kam nicht unerwartet; und trotzdem bin ich fassungslos.
Natürlich ist auch wieder ganz viel Angst dabei .
Ich weiß, dass diese Phase wieder vorbeigehen wird . Aber wie lange wird es dauern, wenn doch nun mein Mann nicht mehr da ist , wenn ich auch noch sehr um ihn trauere?

Ich habe in den letzten Wochen versucht , so oft wie möglich etwas Nützliches zu tun und auch schöne Erlebnisse zu genießen ich konnte wieder mehr für die Enkel da sein, sie von der Schule abholen, mit ihnen spielen oder der kleinen Enkeltochter bei Auftritten mit ihrer Tanzgruppe zuschauen. Ich war mit ihnen baden, habe mich mit Freundinnen oder meiner Schwester getroffen .
Schwergefallen ist mir , auf bewusste Ruhepausen zu achten. Die konnte/ kann ich ganz schwer aushalten.

Ist nun die Depression "die Strafe" dafür? Das ist sicher Quatsch.

Wer von euch hat Erfahrungen mit Depressionen in der Trauerzeit? Ich bin für jede Idee offen und dankbar zugleich.
Habt ihr es geschafft, allein wieder rauszukommen oder brauchtet ihr spezielle professionelle Hilfe dafür.

Ich bin ja in psychiatrischer Behandlung, Ich denke daran, eine Trauer-Kur zu beantragen. Wenn es gar nicht anders geht, würde ich auch in eine Klinik gehen, auch um endgültig von Tavor loszukommen, wobei ich aber da schon auf einem guten Weg bin.

So gern möchte ich weitestgehend ohne Depressionen um meinen Mann und auch um meine Mutter, die im.letzten Jahr verstorben ist, trauern .

Aber geht das?

Liebe Grüße, Edda

Re: Trauer und Depressio

Verfasst: 15. Sep 2024, 16:47
von Katerle
Liebe Edda,

ja ich erinnere mich noch sehr genau an dieses sehr traurige und schmerzvolle Ereignis. Freue mich aber von dir zu lesen... Den Tod als Erlösung zu sehen, hilft einigen, damit umzugehen...
Verständlich, dass du um deinen Mann sehr trauerst... Und das braucht auch so seine Zeit und Geduld.

Als ich damals einen sehr liebenswerten Menschen verloren hatte (und ich vorher noch für ihn da gewesen war), ging es mir auch garnicht gut. Nun, da kamen noch andere Dinge zusammen und ich hatte einen Zusammenbruch. Ich ging in die Klinik und danach noch in eine weitere Klinik, in der ich auch meine Trauer bearbeiten und ich nach langer Zeit, wieder Tränen zulassen konnte.

Nach dem Klinikaufenthalt suchte ich mir ambulante psychotherapeutische Hilfe.

Es gibt aber auch Trauergruppen in einigen Orten, dort könntest du dich auch mal erkundigen.

Nachdem ich ja in diesem Jahr auch wieder einen sehr liebenswerten Menschen verloren hatte, kontaktierte ich erneut meine Therapeutin und das hilft mir auch weiterhin sehr, meine Trauer zu bearbeiten. Mir tun die Gespräche sehr gut.

Halte es für wichtig, Trauerarbeit zu leisten und dabei seine Gefühle zuzulassen. Ausserdem schrieb ich auch einen Brief, mich von all meinen Gedanken und Gefühlen dabei zu befreien.

Weiß zwar nicht, ob es für dich etwas hilfreich ist, aber ich wünsche dir weiterhin viel Kraft bei deinem weiteren Weg.

Liebe Grüße
Katerle

Re: Trauer und Depressio

Verfasst: 15. Sep 2024, 17:29
von mime
Hallo liebe Edda / Herd04,

es tut mir leid, dass du / ihr als Familie diese schmerzvolle Erfahrung machen musstest/musstet. Eins vorneweg: Die Trauer ist in den meisten Fällen ein Prozess, der mehrere Phasen durchläuft und dauert insgesamt unterschiedlich lange. Der Juli ist ja gerade mal ein paar Wochen her, also ist alles noch "frisch".

Ich finde es toll, dass du versuchst, Positives in dein Leben einzubauen, trotz allem, was passiert ist. Das eigene Leben geht weiter, auch wenn das in den ersten Wochen nach einem Todesfall in manchen Momenten schwer vorstellbar ist.

Dass die Depression in voller Wucht zurückschlägt, ist eine zusätzliche Belastung (und eigentlich ziemlich gemein, schließlich kämpft man ja noch an allen Fronten, um das Geschehene und die ganze Zeit der krankheitsbedingten Begleitung irgendwie einzuordnen und zu verarbeiten). Allerdings wundert es mich nicht: jetzt, da einiges geklärt ist und die Zeit, in der du sicherlich phasenweise überbelastet warst, ist jetzt langsam vorüber. Da meldet sich die Seele mit Alarm zurück, so unter dem Motto: "Ich bin auch noch da und war sehr angestrengt die ganze Zeit".

Es tut mir leid, dass es dir jetzt so geht. Ich finde die Idee mit einer Trauer-Kur (ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt) gut, ggf. auch den Anschluss in einer Trauergruppe zu suchen, wie Katerle es schreibt, auch.

Abschließend zu meiner familiären Erfahrung: Als 2. Mann meiner Mutter vor langer Zeit relativ plötzlich verstarb (beide waren noch unter 60 Jahre alt), war dies ein sehr einschneidendes Erlebnis mit vielfältigen Auswirkungen hier. Ich hätte meiner Mutter damals jemand zum Reden und zum Verarbeiten gewünscht (was über die Möglichkeit als Tochter hinaus gegeangen wäre). Doch sie meinte, sie wäre damals gar nicht in der Lage gewesen, sich jemandem anderen anzuvertrauen bzw. das in Worte zu fassen, was sie bewegte.

Es hat sehr lange gedauert (mehrere Jahre), bis die Trauer nachließ und der Schock geringer wurde, der so tief saß, dass sie viel "neben sich stand" über Monate. Ich nehme an, dass bei ihr auch eine nicht diagnostizierte Depression vorliegt und dann kam die Trauer noch obendrauf.
Hätte sie sich Unterstützung gesucht, wäre es bestimmt etwas leichter geworden für alle - doch jede Trauer ist unterschiedlich in der Verarbeitung, und sie konnte es einfach nicht, und es dauerte sehr, sehr lange, bis es etwas besser wurde.

Warum ich das überhaupt geschrieben habe (es fällt mir nicht gerade leicht, hier in einem Forum) und was ich damit sagen möchte: Ich möchte dir etwas Mut machen, dir Unterstützung zu suchen, wenn es dir möglich ist (jetzt oder später irgendwann). Sei es wegen der Depression und/oder der Trauer um deine 2 lieben Menschen in kurzer Zeit. Ob das Trauern ohne Depression möglich sein wird, weiß ich nicht, aber vielleicht gibt es Hilfreiches für beides, das oft gar nicht so einfach auseinander zu dröseln ist (wie ein Wollknäuel).

Ich wünsche dir, dass du dir die Zeit nehmen kannst, die es braucht, mit allem so umzugehen, dass deine liebe Seele mitkommt und dass du einen dir gut tuenden Weg für alles findest.

Ganz liebe Grüße
Mime

Re: Trauer und Depressio

Verfasst: 15. Sep 2024, 19:32
von Mariesa
Liebe Edda,
mein aufrichtiges Mitgefühl zu Deinen schweren Verlusten. Auch wenn es manchmal eine Erlösung ist, leichter macht es die Trauer nicht.

Ich habe kurz hintereinander meine lieben Eltern verloren. Mein Papa verstarb zuerst, danach bin ich wochenlang jeden Tag einige Stunden nur gelaufen. Ich habe sehr viel geweint, sehr viel geredet, und mich in einem Trauerforum angemeldet und dort sehr viel geschrieben. Das alles hat mir geholfen. Die Depressionen waren schon da, aber nicht erkannt als solche. Ich hätte mir sonst wohl eher professionelle Unterstützung geholt.
Um meine Mama konnte ich nicht in diesem Maß trauern. Ich weiß nicht weshalb. Ob die Depression so schlimm war im Hintergrund oder ob es einen anderen Grund gibt.

Ich halte Trauerbewältigung für eine sehr schwere Aufgabe. Deshalb würde ich mir heute mit der mir bekannten Diagnose sofort Hilfe holen. Egal in welcher Form.
Trauer an sich ist gesellschaftlich nicht wirklich anerkannt, deshalb rate ich Dir alles anzunehmen, was Dich unterstützt, was Dir gut tut.
Ich wünsche Dir Mut und Kraft für die kommende Zeit.
Mitfühlende Grüße von Mariesa

Re: Trauer und Depressio

Verfasst: 15. Sep 2024, 20:09
von Herd04
Liebe Katerle, liebe Mime und liebe Mariesa,

ich danke euch sehr für eure so empathische und hilfreiche Antworten. Bitte seid mir nicht böse, wenn ich nicht auf jede einzelne eingehe. Ich schaffe es einfach noch nicht.

Auf alle Fälle habt ihr mir den letzten Impuls gegeben, mich nun sehr bald um einen Termin bei meiner Psychologin zu bemühen. Meine Therapie ist schon seit längerem vorbei, aber ich darf mich jederzeit bei ihr melden.
Bis jetzt habe ich immer gedacht, dass ich das allein schaffe. Ich weiß zwar nicht , ob die Depression jetzt um mich einen Bogen gemacht hätte, wäre ich schon eher bei der Psychologin gemeldet.
Über die Möglichkeit , eine Trauerkur zu beantragen , hatte mich eine liebe Bekannte informiert . Das geht wohl über das Müttergenesungswerk. Das will ich demnächst angehen. Meiner Bekannten haben zwei Kuren sehr gut geholfen.

Mir kommt es auch so vor, als hätte die Depression nur darauf gewartet, dass wieder Platz dafür im Kopf frei ist. Das ist wirklich so gemein.
Bei aller ganz großen Trauer um meinen geliebten Mann und auch über meine Mutti, dachte ich, ich könnte bisschen durchatmen.
Nun ist der 2. Grund, dass das noch nicht möglich ist , eingetreten. Der erste sind die immer noch nicht abgeschlossenen Abrechnungen der SIGNAL und der Beihilfe. Das nervt...aber das nur nebenbei.

Ich danke euch noch einmal für eure wertvollen Antworten.

Edda

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 16. Sep 2024, 13:55
von Herd04
Hallo, ihr Lieben,

ich bin es nochmal.
Einen ersten Schritt habe ich getan. Ich habe meine Psychologin angerufen, warte aber noch auf Ihren Rückruf.

Mir ist schon klar, dass diese Episode die "besten Voraussetzungen" hatte loszulegen. Nachdem ich lange Zeit gemeinsam mit meiner Schwester unsere Mutter gepflegt hatte, ging es mit meinem Mann weiter. Es ist gar keine Frage, dass ich das gern für ihn gemacht habe, wusste ich doch; er hätte es für mich auch getan.
Es war ein 24 -Stunden-Job Neben der direkten Pflege musste ich ständig organisieren, Krankenwagen bestellen, wieder abbestellen, zum Hausarzt fahren, Rezepte holen,
Termine koordinieren und und und . Dazu kam , dass ich die ganze Abrechnerei , bei der es oft um 4-stellige Summen ging, nicht aus den Augen verlieren durfte...einreichen bei Kasse und Beihilfe, oftmals wochenlang auf Abrechnung warten, telefonieren und fragen, wann das Geld ausgezahlt wird, die Apotheken, Radiologien , Labore, Ärzte anrufen und um Zahlungsaufschub bitten....und das alles mehrmals

Immer saß mir die Angst im Nacken, selbst krank zu werden..

Das bin ich jetzt , einfach fix und fertig und vor allem depressiv. Nun frage ich mich, ob ich vielleicht glimpflicher davongekommen wäre, hätte ich mir nach der Trauerfeier nicht zu viel vorgenommen. Ich wollte so viel nachholen und war froh, dass das auch ging und mir guttat.

Darüber nachzudenken, hat eigentlich keinen Sinn mehr.
Ich hoffe ja, dass ich aus dieser Phase auch wieder rauskomme. Den Glauben daran habe ich nie verloren.

Aber wie kann es dann weitergehen? Vermutlich langsamer und Schritt für Schritt, oder ?

Mein Mann fehlt mir so sehr. Es tut so weh, ihn nicht mehr in die Arme nehmen zu können, von ihm gehalten zu werden, mit ihm zu reden und zu lachen.....und so viele andere Dinge gemeinsam zu erleben.

Ganz liebe Grüße, Edda

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 16. Sep 2024, 15:04
von Suchende2
Liebe Edda,

Du hast die vergangene Zeit funktioniert. Dein Körper und Deine Seele waren so im Streß, daß kein Platz für die Depression da war (obwohl sie gerne gesehen werden wollte). Es ist klar, daß sie jetzt, wo es für Dich ruhiger wird, zurückkehrt.
Du warst auch in der vergangen Zeit so damit beschäftigt, das gemeinsame Leben zu wuppen und für Deinen Mann da zu sein, daß Du Dich nicht angemessen um Dich kümmern konntest und Du Dir keine Gedanken machen konntest, wie Dein Fels in der Brandung zumindest teilweise ersetzt werden kann.

Jetzt trauerst Du und die Depression ist wieder da und Du kannst nicht mehr auf ein altbewährtes Hilfsmittel zurückgreifen, daß Dich in der Vergangenheit gestützt hat. Ich finde es gut, daß Du Deine Psychologin angerufen hast und über eine Trauerkur nachdenkst.

Die Depression und Trauer haben einige gemeinsame Merkmale. Vielleicht fällt es Dir mit diesem Wissen leichter, die Symptome anzunehmen, da sie sicherlich auch von der Trauer geprägt sind. Und unsere Vorfahren hatten nicht ohne Grund das Trauerjahr. Gestehe Dir dieses auch zu.

Ich fühle mit Dir und wünsche Dir die notwendige Kraft, Dein Leben in Deinem Tempo neu auszurichten.

Alles Gute,
Suchende

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 16. Sep 2024, 15:55
von Herd04
Liebe Suchende,

deine Antwort berührt mich gerade so sehr, und mir laufen die Tränen.Aber das ist gut so.
Genauso, wie du es beschrieben hast ( und die anderen auch) , ist es.
Ich habe nur funktioniert. Zu all dem, was ich schon aufgezählt habe, kam ja auch noch der Wohnungsumbau dazu. Aber das nur " nebenbei"...

Bei allen Depressionsphasen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Geduld, Annehmen und der Versuch auszuhalten mich am besten aus der Krise rausgeführt haben. Aber da stand eben immer mein Mann am Rand und am Ziel.

Dass er es nicht mehr sein kann, wusste ich schon von Beginn seiner Krankheit an.

Ich habe von meiner Psychologin noch keinen Rückruf erhalten. Da sie aber immer zuverlässig ist, meldet sie sich bestimmt noch .
Jetzt, wo es mir nicht gutgeht, erinnere ich mich auf einmal an Demut. Ich sollte mich eigentlich glücklich schätzen, dass ich nicht allein bin, weder in der Depression noch in der Trauerphase. Meine Kinder und meine Schwester sind für mich da.

Leider habe ich , wie jedes Mal, Angst davor, dass es so lange dauert, bis die Episode abklingt und dass ich eben vielleicht doch nicht das machen kann , was ich mir vorgenommen habe.

Aber irgendwann kommt das auch wieder. Ich habe so viel geschafft, also schaffe ich den nächsten Schritt auch.

Liebe Grüße, Edda

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 16. Sep 2024, 17:37
von mime
Hallo liebe Edda,

danke für deine Rückmeldung an uns gestern und heute. Ich hatte meiner Mutter damals immer wieder gesagt: "Schrittchen für Schrittchen", das hat sie sich bis heute gemerkt. Es hat ihr irgendwie Mut machen können, dass niemand (bzw. ich als Tochter) nicht erwartet hat, dass alles schnell wieder so wäre, als sei nichts geschehen. Und das wird deine Familie auch nicht, sie weiß doch um deinen Verlust und müssen den ihren ja auch stemmen.

Man selbst lernt im Laufe der Zeit auch, dass Vieles, was früher schneller und besser von der Hand ging, ggf. langsamer anzugehen sein wird.

Die Seele und das Herz brauchen ihre Zeit. Du hast geschrieben, dass anfangs alles noch ging und jetzt nicht mehr, das ist, finde ich, ganz normal: Anfangs hat man so viel zu organisieren und muss "nach außen hin" tätig und präsent sein. Dann folgt die stille Phase und Ruhe und man spürt es so, wie du es schreibst: dass du deinen Mann und alles, was ihn ausmachte, sehr vermisst.

Du fragst dich, was "dann sein" wird. Das ist - denke ich - in vielen Fällen nicht einfach so denkbar: denn alles ist plötzlich anders als vorher. Das, was man zu zweit gemacht und erlebt hat, ist nicht mehr möglich, auch das ist Teil der Trauer. Alles übersteigt eigentlich sämtliche bisherige Erfahrung und ggf. auch Vorstellungskraft.

Vielleicht sind diese Gedanken noch zu weit weg und müssen und können erst noch so nach und nach reifen. Hab Geduld mit dir. Es ist schön, dass du deine Psychologin kontaktiert hast, ich wünsche dir, dass du bald Rückmeldung bekommst.

Es ist gut, dass deine Kinder und deine Schwester für dich da sind (meine Mutter war damals auch froh, dass ich für sie da war). Sie können dich begleiten, dich vielleicht bei dem ein oder anderen noch unterstützen (z. B. durch praktische Hilfe), doch eines können sie sehr wahrscheinlich nicht: deine Trauer mildern oder dir abnehmen. (Das war bei uns auch so, und man würde der Mutter den Schmerz so gerne abnehmen, aber kann es nicht...).

Vielleicht entlastet dich der Gedanke, dass sie wissen, dass sie für dich da sein können; du brauchst im Moment alle Kraft für dich und auch das "glücklich schätzen" muss im Moment nicht spürbar sein.
So wie ich dich einschätze, wird auch irgendwann das Gefühl wieder da sein, wenn du wieder sicheren Boden unter den Füßen hast, der dir im Augenblick des Todes weggerissen wurde, dass du dankbar bist, sie an deiner Seite zu wissen / zu haben. Sie können deinen Mann nicht ersetzen, niemand kann das, er hat eine ewig währende Sonderstellung in deinem Herzen, du warst für ihn da, als er dich brauchte, das bindet ganz eng und niemand vermag das auseinander zu bringen.

Und doch wird es eine Tages etwas anders mit der Zeit, die vergehen wird. Jeder Trauernde findet seinen persönlichen Weg, mit dem Unfassbaren zu leben und manchmal wird es auch wieder ein bisschen leichter ums Herz (zumindes an manchen Tagen, an denen die Seele wieder aufatmen lernt). Es dauert halt seine Zeit.

Alles so nach und nach, Schrittchen für Schrittchen.

Alles Liebe
Mime

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 16. Sep 2024, 18:43
von Katerle
Hallo liebe Edda,

deine Psychologin wird sich bestimmt bald bei dir melden. Drücke dir ganz fest die Daumen!

Ist doch ganz verständlich, dass dir dein Mann sehr fehlt... Ausserdem hast du bis jetzt ganz viel bewältigt und wie bereits schon geschrieben wurde, funktioniert.

Jetzt ist es an der Zeit, auch mal an dich zu denken und was im Interesse deiner Gesundheit zu tun und das geht auch nur Schritt für Schritt.

Alles Liebe und ganz viele Sonnenstrahlen,
Katerle

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 16. Sep 2024, 19:47
von Herd04
Liebe Katerle und liebe Mime,

"Schrittchen für Schrittchen" ist ein sehr guter Ratschlag. Danke dafür. Meine Schritte sind für meine Seele wohl zu groß gewesen, und das liegt sicher nicht an meiner Körpergröße von 1,80 m. Weil in den letzten Wochen alles recht entspannt möglich war, glaubte ich fest daran, dass es auch mit einem zweitägigen Besuch bei meiner Freundin klappen wird. Ich war mir so sicher und habe mich wirklich darauf gefreut Morgen sollte es losgehen...

Das geht nun natürlich nicht, und meine Freundin hat volles Verständnis dafür.

Auch wenn ich schon seit über einem Jahr mich sehr schmerzhaft mit dem Gedanken befassen konnte, wie es wohl ohne meinen Mann weitergehen wird, war das auf einer ganz anderen Ebene als seit Anfang Juli die bittere Realität. Dabei war uns beiden klar, dass es kein erfreuliches Ende geben wird.

Es stimmt natürlich , dass meine Töchter und meine Schwester mir die Trauer nicht abnehmen können.
Das möchte ich auch gar nicht. Aber sie hören mir zu und helfen tatsächlich mit praktischen Dingen. Meine Schwester lädt mich oft zum Essen ein. Meine Kinder kümmern sich zum Beispiel mit um den Garten und helfen mir auch in anderen Bereichen.. Sie wissen, dass ich nicht gern einkaufe ..
Also , ich werde jetzt versuchen, Tempo rauszunehmen und Geduld mit mir selbst zu haben.

Liebe Grüße , Edda

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 16. Sep 2024, 22:10
von Mariesa
Liebe Edda,
ehrlich gesagt staune ich, wie gefasst Du bist trotz Trauer und Depression. Kannst hier sehr präzise schreiben. Bist Du ein positiver Mensch ? Klingt das komisch bei depressiven Menschen ? Aber irgendwie vermittelst Du in Deinen Posts so eine feine positive Grundstimmung. Ich finde das sehr angenehm. Das musste ich Dir schnell noch schreiben.
Liebe Grüße

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 17. Sep 2024, 16:03
von Herd04
Ach, liebe Mariesa, das hast du so schön geschrieben. Danke . Ich glaube nicht,dass ich ein durchweg positiv denkender Mensch bin. Wäre ich das, hätte ich vermutlich keine generalisierte Angststörung . Darum ging es in meiner letzten Therapie. Da habe ich schon einiges gelernt, was mir hilft.
Übrigens hat meine Therapeutin angerufen. Ich kann schon nächsten Montag zu ihr kommen.

Ich bin auf keinen Fall jemand, die sagt :"Das wird schon." Eher sage ich: "Erstmal abwarten" oder :" Was, wenn nicht?"

Was mich eventuell stärker und gefasster erscheinen lässt, sind meine Erfahrungen vom letzten Jahr. Ich habe viel mehr geschafft bzw schaffen müssen, als ich es jemals geglaubt hätte. Und nun hoffe ich , dass mir das auch in der Trauerbewältigung gelingt. Große Angst habe ich vor dem Ungewissen, wie lange die Depression dauert und ob die Trauer alles nach hinten verschiebt . Aber ich kann es kaum beeinflussen.

Gelassen wirke ich vielleicht auch, weil ich alles, was geschieht, irgendwie ins Große und Ganze einzuordnen versuche. Was ich mal in meinem Beruf gelernt habe, versuche ich , auf mich selbst anzuwenden. Meine Beurteilungen meiner Schüler begannen immer mit etwas Positiven . Auch wenn ich gerade an meiner jetzigen Situation nun nicht gerade etwas Positives erkennen kann, versuche ich, mir selbst Mut zu machen. Aber das ist leider gar nicht leicht..
Ganz liebe Grüße; Edda

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 17. Sep 2024, 16:45
von mime
Liebe Edda,

es freut mich, dass deine Therapeutin angerufen hat und du zeitnah die Möglichkeit eines Termins hast.

Es liest sich auch positiv, dass du praktische Unterstützung von deinen Töchtern und deiner Schwester bekommst.

Abschließend noch eine kleine Klarstellung, was ich in meinem letzten Post gemeint habe: Manchmal steht man als naher Angehöriger recht hilflos neben der trauernden Person und man würde so gerne etwas tun, um die Trauer zu mildern. Doch leider geht das nicht, das hatte ich gemeint mit dem "Trauer abenehmen".

Das mit der Angststörung ist echt fies (eine Bekannte von mir ist in ähnlicher Situation) - Hut ab vor allem, was du auch diesbezüglich schon geschafft hast. Vielleicht hilft der Gedanke, dass immer wieder neue Lichtblicke geben kann (oder Lichtpunkte - so wie z. B. die Hilfe deiner Töchter oder Schwester momentan) und irgendwann bist du vielleicht auch in der Lage, sie zu sehen; auch solche Kleinigkeiten können der Seele manchmal gut tun.

Was das Mutmachen betrifft: Schrittchen für Schrittchen - du hast schon mal einen Termin nächste Woche, in dem alles von professioneller Seite mitgetragen werden kann. Das ist toll, dass du dich darum schon kümmern konntest. Und deine Haltung: "Mal abwarten" kenne ich auch, und das ist, denke ich, nicht die schlechteste sondern eine realistische. Ich wünsche dir, dass dir neben allem Schweren derzeit auch viel Gutes und Hilfreiches widerfährt in nächster Zeit.

Liebe Grüße
Mime

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 17. Sep 2024, 19:47
von Herd04
Liebe Mime,

es ist alles , was du geschrieben hast, genau richtig. Bei aller nur möglichen Hilfe für mich durch meine Kinder darf ich nicht vergessen, dass sie selbst auch trauern.

"Das Gute" daran ist, dass wir uns noch haben und über so vieles reden , zusammen zum Friedhof gehen und vor allem wieder Erinnerungen austauschen können.
Ich weiß, es gibt überhaupt kein Rezept fürs Trauern. Trotzdem hoffe ich schon, dass mir die Depression nicht zu viel Kraft nimmt. Insofern bin ich über den Termin bei meiner Therapeutin nächsten Montag sehr froh.

Einen schönen Abend wünscht dir Edda

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 20. Sep 2024, 05:06
von Katerle
Liebe Edda,

freut mich ebenfalls, dass du nächste Woche einen Termin bekommen hast bei deiner Thera. LG

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 20. Sep 2024, 16:45
von Herd04
Ja, liebe Katerle,

Ich bin auch froh über den zeitnahen Termin bei meiner Therapeutin. Ich hätte sogar heute schon kommen können. Aber meine Tochter hatte nich schon vor einiger Zeit gebeten, meinen großem Enkel zum Hautarzt zu begleiten.
Das wollte ich auch unbedingt machen, war mir in den letzten Tagen jedoch gar nicht sicher, ob ich das schaffe.

Aber manchmal wachsen einem eben doch Flügel. Nach dem Mittag sank dann mein Stimmungsbarometer unter 0. Wie meistens waren auch einmal wieder sämtliche Ängste zurück.

Ich wollte heute eigentlich einiges im Haus ( z.B.Putzen) oder im Garten erledigen. Aber nichts geht. Ich fühle mich wie gelähmt und möchte doch nur, dass der Antrieb zurückkommt. Wenigstens ein bisschen....

LG, Edda

Re: Trauer und Depression

Verfasst: 20. Sep 2024, 17:06
von Katerle
Hallo liebe Edda,

hab ruhig Geduld mit dir. Es reicht doch, schon, dass du deinen Enkel zum Hautarzt begleitet hast. Mit dem Antrieb kommt auch wieder und das braucht Zeit. Und das Putzen bzw. der Garten laufen ja auch nicht weg. Ich schaffe auch nicht immer alles und da ist es angebracht, dass halt so zu akzeptieren.

LG Und einen angenehmen Abend.
Katerle