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Nicht-Einsicht aushalten

Verfasst: 7. Sep 2024, 12:14
von MissDKD
Liebe Alle,

es geht um meinen (Wieder-)Freund, meine Jugendliebe und Vater meiner erwachsenen Tochter. Alles dieselbe Person :D aber wir hatten jahrelang keinen Kontakt... Jetzt haben wir so eine Art Fernbeziehung und können uns leider nur 1x wöchentlich sehen.

Alle Details wären zu lang fürs Internet, aber kurzum: Ich weiß erst seit diesem Jahr, dass er schon seit vielen Jahren mit Depression und verschiedenen Süchten und körperlichen Schmerzen kämpfen muss/te. Er ist seit vielen Jahren trockener Alkoholiker, hatte aber leider in diesem Jahr einen einmaligen Rückfall. Er 'vermutet' eine Depression, hat sich aber immer irgendwie damit rausgeredet, dass es ja gar nicht diagnostiziert wurde. Logisch, wenn er nie zum Arzt geht. :? Ich komme aus dem medizinischen Bereich, bin keine Psychologin, aber alle Symptome treffen auf ihn zu und ich glaube, so langsam hat er das auch verstanden. Unklar ist natürlich, was zuerst da war, die Süchte wegen der Depression oder erst Depression durch seine Abstinenzen bei den Süchten. Ist mir persönlich nicht so wichtig, ich will ihm einfach nur helfen, jetzt da ich es (endlich) weiß... :cry:

Unsere Tochter hat ihre Depression mittels Therapie überwunden. Er weiß das. Sie darf aber umgekehrt nicht wissen, wie schlecht es ihm geht.

Ein Therapie schließt er leider kategorisch aus (Angst: Mit Fremden über sein Innerstes reden geht gar nicht). Und Arzttermine vereinbaren ist utopisch (Angst: Von Fremden körperlich berührt zu werden geht auch nicht). Ausreden finden kann er hingegen super, wenn ich mal einen Termin vorschlage... Seine Ängste nehme ich durchaus ernst, sage aber trotzdem ganz klar, dass er sich denen stellen muss und ich ihn gerne bei jedem Schritt begleiten würde, wenn ihm das hilft.

Ich weiß, dass ihn 'überzeugen' und erpressen oder zwingen natürlich gar nichts bringt, weil die Einsicht von ihm selbst kommen muss. :cry:

Habt ihr vielleicht Tipps, wie ich diese Zeit und seine Nicht-Einsicht sozusagen aushalten kann, ohne selbst daran kaputtzugehen? Ich will hartnäckig bleiben, aber ihm nicht zu viel Druck machen und unsere wenige gemeinsame Zeit nicht versauen. Aber ich kämpfe gegen Windmühlen, egal was ich vorschlage, was er ausprobieren könnte o.ä., es ist ein ständiger (ruhiger, aber anstrengender) Kampf, wann immer unser Gespräch auf diese Themen kommt. Einfach nur zugucken, wie schlecht es ihm geht oder wie er gerne mal die Situation runterspielt ('wird schon wieder'), kann ich aber auch nicht... oder?

1000 Dank und viele Grüße

Re: Nicht-Einsicht aushalten

Verfasst: 7. Sep 2024, 19:56
von MySun
MissDKD hat geschrieben: 7. Sep 2024, 12:14 Ein Therapie schließt er leider kategorisch aus
Willkommen hier im Forum

Dein Freund muss sich selbst eingestehen können, dass er ein Problem hat und eine Therapie ihm helfen kann.
Du wirst ihn nicht zu einer Therapie überreden können.

Erst wenn sein Leidensdruck unerträglich wird, und er die Einsicht und die Motivation für eine Therapie besitzt, könnte er seine psychischen Probleme lösen.
Das hast du ja genau richtig erkannt.
MissDKD hat geschrieben: 7. Sep 2024, 12:14 Habt ihr vielleicht Tipps, wie ich diese Zeit und seine Nicht-Einsicht sozusagen aushalten kann
Du könntest dich z.B. mit den Themen Selbstfürsorge, Selbstliebe, Selbstwertschätzung und Achtsamkeit beschäftigen.
„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ setzt ja schon voraus, dass wir alle Selbstliebe praktizieren.

Ich wünsche Dir alles Gute
LG MySun

Re: Nicht-Einsicht aushalten

Verfasst: 8. Sep 2024, 19:47
von MissDKD
Danke für deine Antwort, MySun!
MySun hat geschrieben: 7. Sep 2024, 19:56 Erst wenn sein Leidensdruck unerträglich wird, und er die Einsicht und die Motivation für eine Therapie besitzt, könnte er seine psychischen Probleme lösen.
Das ist eine furchtbare Vorstellung, dass es ihm erst noooooch schlechter gehen muss als jetzt bevor es wieder bessern kann. Aber ja, sowas in der Richtung befürchte ich auch.

Erst letzte Nacht hatte er ein schlimmes Tief. Ich wurde wach und er saß sehr angespannt und niedergeschlagen da. Ich habe versucht, für ihn da zu sein, war aber auch falsch. Stattdessen hätte ich seiner Aussage nach einfach alleine weiterschlafen sollen. Und ich frage mich, wie?? Wie soll ich seelenruhig einschlafen können, während ich weiß, dass es ihm 1m neben mir so schlecht geht. Dabei sagt er mir in der Situation nicht mal, wiiiie schlecht es ihm geht und vesucht noch, mir irgendwie entgegenzukommen, was ihn wiederum noch mehr stresst.
MySun hat geschrieben: 7. Sep 2024, 19:56 Du könntest dich z.B. mit den Themen Selbstfürsorge, Selbstliebe, Selbstwertschätzung und Achtsamkeit beschäftigen.
Ich habe einen stressigen Alltag mit Kindern und allem drum und dran. Aber ich weiß, dass das für mich natürlich wichtig wäre, du hast Recht. In der Vergangenheit habe ich schon andere Situationen mental gemeistert. Aber noch nie war ist rational und emotional so zerrissen. So hilflos. Weil ICH die Situation nicht ändern kann, sondern nur zusehen kann, wie er leidet, so fühlt es sich manchmal an...

Es sei denn, ich schleppe ihn zu einem von mir vereinbarten Termin, aber das kann ja auch nicht Sinn der Sache sein. ...Oder? :cry: